U
nabhängig davon, in welchem Bereich Sie tätig sind: Allgemein gesprochen geben Sie schlicht Ziele vor und bauen Maschinen, die Ihnen dabei helfen sollen, die Ziele zu erreichen. Ich habe die Maschine Bridgewater gebaut, indem ich kontinuierlich ihre tatsächlichen Ergebnisse mit meiner kognitiven Karte dazu verglichen habe, welche Ergebnisse sie produzieren sollte
– und dann Möglichkeiten für ihre Verbesserung gefunden habe.
Ich möchte hier nichts Konkretes darüber schreiben, wie Sie die Ziele Ihrer eigenen Organisation definieren sollten. Nur so viel: Die Prinzipien der höheren Ebene (die abstrakten Prinzipien) für die Zielsetzung, die ich in den Prinzipien für das Leben
erläutert habe, gelten für Personen und Organisationen gleichermaßen. Und ich weise darauf hin, dass Sie und Ihre Mitarbeiter beim Tagesgeschäft in Ihrer Organisation genau wissen müssen, wie sich Ihre konkreten Ziele – ob kostengünstige Produktion, höhere Kundenzufriedenheit, Unterstützung einer bestimmten Zahl von bedürftigen Menschen, was auch immer – aus Ihren abstrakteren Zielen und Werten ergeben.
Egal wie gut Sie sie geplant haben, bei Ihrer Maschine werden früher oder später Probleme auftreten. Sie oder ein anderer fähiger Mechaniker müssen diese Probleme identifizieren und die Ursachen diagnostizieren, indem Sie einen Blick in den Maschinenraum werfen. Sie oder wer auch immer die Diagnose für Sie durchführt, müssen verstehen, wie die Teile der Maschine – die Konstruktion und die Menschen – beschaffen sind und wie diese im Zusammenspiel die Ergebnisse produzieren. Die Menschen sind der wichtigste Teil, weil fast alles, einschließlich der Konstruktionen selbst, von ihnen kommt. Wenn Sie kein klares Verständnis von Ihrer Maschine auf einer abstrakten Ebene haben, und wenn Sie nicht alle Ihre Teile und ihr Ineinandergreifen visualisieren können, werden Sie bei der Diagnose unweigerlich versagen und Ihr Potenzial nicht nutzen.
Bei Bridgewater liegt das abstrakte, höhere Ziel aller unserer Maschinen darin, exzellente Ergebnisse für unsere Kunden zu produzieren – natürlich bei der Anlagerendite, aber auch in Bezug auf die Qualität unserer Beziehung und unsere gemeinsamen
Überlegungen über globale Volkswirtschaften und Märkte allgemein. Bevor es irgendetwas sonst bei Bridgewater gab, hatten wir schon diese Festlegung auf Erstklassigkeit. Diese extrem hohen Standards zu bewahren, war stets eine Herausforderung, vor allem als sich das Tempo von Wachstum und Wandel erhöhte. In den nächsten Kapiteln möchte ich mit Ihnen einen Fall durchgehen, bei dem unser Kundenservice nachzulassen begann; ich zeige, wie wir den Fünf-Schritte-Prozess zur Verbesserung unserer Maschine genutzt haben.
Zunächst aber möchte ich mit Ihnen einige abstrakte Prinzipien für den Bau und die Weiterentwicklung der Maschine teilen, als die man jede Organisation ansehen kann.
10.1
Die Maschine und sich selbst von einer höheren Warte aus als Teil davon betrachten
Denken von einer höheren Warte aus ist nichts, was nur höhere Wesen beherrschen würden. Es bedeutet schlicht, sich Dinge von oben nach unten anzusehen. Stellen Sie sich vor, Sie würden vom Weltall aus auf ein Foto von Ihnen selbst und der Welt um Sie herum blicken. Aus dieser Perspektive erkennen Sie, wie Kontinente, Länder und Meere zusammenhängen. Dann zoomen Sie auf eine nähere Ansicht Ihres Landes, Ihrer Stadt, Ihres Viertels und schließlich auf Ihre unmittelbare Umgebung heran, Ihr Blick wird detaillierter. Die anfängliche Makroperspektive liefert Ihnen viel mehr Erkenntnisse, als Sie bekommen würden, wenn Sie sich nur mit Ihren eigenen Augen in der Umgebung Ihres Hauses umschauen würden.
a.
Ständig die Ergebnisse mit den Zielen vergleichen.
Sie müssen stets versuchen, gleichzeitig das Ziel zu erreichen und die Maschine (die Menschen und die Konstruktion) zu evaluieren, denn alle Ergebnisse beruhen auf der Funktionsweise der Maschine. Immer wenn Sie ein Problem bei der Maschine wahrnehmen, müssen Sie diagnostizieren, ob es die Folge eines Fehlers in ihrer Konstruktion ist oder an der Art und Weise liegt, wie Ihre Mitarbeiter mit ihren
Aufgaben umgehen.
Wichtig dabei ist die Größe der Stichprobe. Jedes Problem kann Ausdruck einer einmaligen Schwäche sein oder ein Symptom, das heißt ein Hinweis auf Ursachen, die immer wieder zu Problemen führen werden. Wenn Sie sich mit genügend Problemen beschäftigen, wird klar, um welche Variante es sich jeweils handelt.
b.
Verstehen, dass ein hervorragender Manager im Wesentlichen ein Organisationsingenieur ist.
Hervorragende Manager sind weder Philosophen noch Entertainer noch Macher noch Künstler. Sie sind Ingenieure. Sie sehen ihre Organisation als Maschine an und arbeiten unermüdlich daran, sie zu warten und zu verbessern. Sie erstellen Prozessablaufdiagramme, um zu zeigen, wie die Maschine funktioniert und um ihre Konstruktion zu bewerten. Sie entwickeln Kennzahlen, die beleuchten, wie gut jeder der einzelnen Teile der Maschine (am wichtigsten die Menschen) und die Maschine insgesamt funktionieren. Und sie experimentieren ständig mit ihrer Konstruktion und ihren Menschen, um sie zu verbessern.
Das tun sie nicht willkürlich, sondern systematisch und immer mit den Ursache-Wirkungs-Beziehungen im Hinterkopf. Und obwohl ihnen die beteiligten Menschen sehr am Herzen liegen, lassen sie nicht zu, dass ihr Wunsch, ihnen Unannehmlichkeiten zu ersparen, der beständigen Verbesserung der Maschine im Weg steht. Eine andere Vorgehensweise wäre weder gut für die Personen im Team noch für das Team, zu dem die einzelnen Personen gehören.
Natürlich werden Vision und Kreativität umso wichtiger, je weiter oben in einer Organisation Sie stehen. Trotzdem müssen Sie immer noch in der Lage sein, gut zu steuern, also zu orchestrieren. Manche jungen Entrepreneure beginnen mit Vision und Kreativität und entwickeln dann ihre Managementkompetenzen; andere fangen mit Managementkompetenzen an und entwickeln Vision, während sie auf der Karriereleiter aufsteigen. Doch so wie hervorragende Musiker verfügen auch alle hervorragenden Manager sowohl über Kreativität als auch über technische Kompetenz. Und kein Manager auf irgendeiner Ebene sollte damit rechnen, Erfolg zu haben, wenn er nicht über die Kompetenzen eines Organisationsingenieurs verfügt.
c.
Gute Kennzahlen entwickeln.
Kennzahlen zeigen, wie die Maschine arbeitet, indem sie Daten liefern und wenn nötig Warnlampen aufleuchten lassen. Kennzahlen sind eine objektive Methode für die Beurteilung und haben tendenziell positive Auswirkungen auf die Produktivität. Wenn Ihre Kennzahlen gut genug sind, liefern sie Ihnen einen derart vollständigen und präzisen Blick darauf, wie Ihre Mitarbeiter sich entwickeln, dass Sie das Unternehmen fast allein mit den Kennzahlen leiten können.
Denken Sie bei der Entwicklung Ihrer Kennzahlen an die wichtigsten Fragen, auf die Sie Antworten brauchen, um die aktuelle Situation zu kennen, und überlegen Sie, welche Zahlen Ihnen diese Antworten liefern werden. Schauen Sie nicht auf die Zahlen, die Sie schon haben, und versuchen Sie nicht, sie für Ihre Bedürfnisse anzupassen, denn dann bekommen Sie nicht, was Sie brauchen. Fangen Sie stattdessen bei den wichtigsten Fragen an und stellen Sie sich die Kennzahlen vor, die sie beantworten werden.
Bedenken Sie aber, dass jede einzelne Kennzahl in die Irre führen kann: Um Muster zu identifizieren, brauchen Sie ausreichend Informationen. Und natürlich muss überprüft werden, ob die Daten, die in die Kennzahlen einfließen, korrekt sind. Eine mögliche Scheu vor kritischer Beurteilung lässt sich aufdecken, indem man sich ansieht, welche Durchschnittsnote jeder Bewertende vergibt; wer im Durchschnitt bessere Noten vergibt, dürfte weniger streng sein, und umgekehrt. Ähnlich hilfreich sind »erzwungene Ranglisten«, bei denen die Leistung von Kollegen vom besten bis zum schlechtesten eingestuft werden muss. Erzwungene Ranglisten sind ungefähr das Gleiche wie »Notenvergabe nach einer Normalverteilung«. Kennzahlen, die eine unabhängige Bewertung über Abteilungen und Gruppen hinweg ermöglichen, sind besonders wertvoll.
d.
Nicht zu viel Aufmerksamkeit auf das richten, was auf Sie zukommt, und nicht zu wenig auf Ihre Maschine.
Wenn Sie sich immer nur auf jede einzelne Aufgabe konzentrieren, werden Sie sich unweigerlich festfahren. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit stattdessen dem Aufbau und Management Ihrer Maschinen widmen, werden Sie viele Male dafür belohnt.
e.
Nicht von Glimmer ablenken lassen.
Egal wie vollständig ein Projekt oder Plan ist, es wird immer Dinge geben, die aus dem Nichts kommen und den Eindruck erwecken, sie seien das Wichtigste oder Dringlichste oder Attraktivste, auf das Sie sich konzentrieren müssen. Solche Glitzerdinge können Fallen sein, die Sie davon ablenken, in Maschinenkategorien zu denken. Hüten Sie sich davor und lassen Sie sich nicht verführen.
10.2
Daran denken, dass Sie bei jedem Fall, mit dem Sie zu tun haben, zwei Absichten verfolgen sollten …
… Er soll Sie (1) Ihrem Ziel näher bringen und 2) Ihre Maschine trainieren und testen (also Ihre Menschen und Ihre Konstruktion).
Die zweite Absicht ist wichtiger als die erste, weil man mit ihr eine robuste Organisation aufbauen kann, die in allen Fällen gut funktioniert. Die meisten Menschen konzentrieren sich jedoch stärker auf die erste Absicht, was ein großer Fehler ist.
a.
Alles ist eine Fallstudie.
Denken Sie darüber nach, um welche Art von Fall es sich handelt und welche Prinzipien auf diese Art von Fall zutreffen. Indem Sie das tun und andere dabei unterstützen, das zu tun, werden Sie besser im Umgang mit Situationen, weil diese sich mit der Zeit vielfach wiederholen.
b.
Bei einem Problem die Gespräche auf zwei Ebenen führen: 1) auf der Maschinenebene (Warum ist das Ergebnis entstanden?) und 2) auf der Ebene des vorliegenden Falls (Was ist deswegen zu tun?).
Machen Sie nicht den Fehler, nur über den vorliegenden Fall zu diskutieren, denn dann betreiben Sie Mikromanagement (Sie denken für Ihren Untergebenen, der daraufhin zu der irrigen Ansicht gelangen wird, dass das so in Ordnung ist). Wenn Sie die Diskussion auf Maschinenebene führen, überlegen Sie genau, wie die Dinge hätten laufen sollen, und erkunden Sie, warum es nicht so gekommen ist. Wenn Sie eilends festlegen müssen, was zu tun ist, und dies der
Person mitteilen müssen, die für Sie arbeitet, erklären Sie ihr unbedingt, was Sie tun und warum.
c.
Beim Festlegen von Regeln die Prinzipien dahinter erklären.
Sie wollen nicht, dass die Menschen, mit denen Sie arbeiten, nur Lippenbekenntnisse zu den Regeln Ihrer Gemeinschaft abgeben. Sie sollten ein starkes Gefühl der Moral haben, das dafür sorgt, dass Sie die Regeln wirklich einhalten und andere dazu anhalten wollen; gleichzeitig sollten Sie sich für die Perfektionierung der Regeln einsetzen. Erreichen lässt sich das über Prinzipien, die solide sind und in offenen Diskussionen getestet wurden.
d.
Regeln sollten natürliche Folgen Ihrer Prinzipien sein.
Prinzipien sind hierarchisch – manche sind von überragender Bedeutung und andere weniger wichtig. Jedes von ihnen aber sollte die Grundlage für die Regeln bilden, die Ihre einzelnen Entscheidungen leiten. Es lohnt sich, diese Regeln zu durchdenken, um sicherzustellen, dass sie miteinander und mit den Prinzipien, von denen sie abgeleitet sind, vereinbar sind.
Wenn Sie es mit einem Fall zu tun haben, für den Sie nicht über klare Regeln verfügen (zum Beispiel einen Mitarbeiter, dessen Job Reisen erfordert, die aber Gesundheitsrisiken für ihn bedeuten), können Sie nicht einfach eine Antwort herbeizaubern, ohne dabei an Ihre Prinzipien der höheren Ebene zu denken. Entscheider müssen Richtlinien auf dieselbe Weise entwickeln wie im Fallrecht des anglo-amerikanischen Rechtskreises: durch die Beschäftigung mit vergleichbaren Fällen und durch Interpretation der geltenden Gesetze.
Genau so habe ich vorzugehen versucht. Wenn ein Fall auftritt, lege ich die Prinzipien für meinen Umgang damit dar und synchronisiere mich mit anderen, um herauszufinden, ob wir uns über diese Prinzipien einig sind oder ob wir sie verbessern müssen. Im Großen und Ganzen sind alle Prinzipien und Richtlinien bei Bridgewater auf diese Weise entstanden.
e.
Gute Prinzipien und Regeln bieten zwar fast immer gute Orientierung, doch es gibt zu jeder Regel Ausnahmen.
Jeder hat
das Recht, sich selbst einen Reim auf das Geschehen zu machen – und ist sogar verpflichtet, Prinzipien und Richtlinien infrage zu stellen, wenn sie in Konflikt mit dem stehen, was er für die beste Vorgehensweise hält. Doch das ist nicht das Gleiche wie das Recht, sie zu verändern. Veränderungen bei Regeln müssen von denjenigen genehmigt werden, die sie aufgestellt haben (oder von jemandem, dem die Verantwortung für ihre Weiterentwicklung übertragen wurde).
Wenn jemand bei Bridgewater eine Ausnahme von einer wichtigen Regel möchte, muss er einen Vorschlag für eine alternative Regel formulieren und das Thema auf die Ebene des Management Committee bringen.
Ausnahmen sollten extrem selten sein, denn Regeln mit vielen Ausnahmen sind ineffektiv. Wenn eine Ausnahme vorgeschlagen wird, beschäftigt sich unser Management Committee offiziell damit, weist den Vorschlag zurück, ändert ihn oder nimmt ihn an.
10.3
Die Unterschiede zwischen Management, Mikromanagement und Nichtmanagement verstehen
Hervorragende Manager orchestrieren eher, als dass sie handeln. Wie ein Dirigent eines Orchesters spielen sie kein Instrument, sondern leiten ihre Spieler so an, dass schöne Musik entsteht. Mikromanagement dagegen bedeutet, den Menschen, die für Sie arbeiten, genau zu sagen, welche Aufgaben sie erledigen sollen, oder das für sie zu tun. Nichtmanagement bedeutet, jeden seinen Job machen zu lassen, ohne dass Sie ihn kontrollieren oder unterstützen. Um Erfolg zu haben, müssen Sie diese Unterschiede verstehen und die richtige Ebene für Ihre Managementarbeit wählen.
a.
Manager müssen dafür sorgen, dass das, wofür sie verantwortlich sind, gut funktioniert.
Dazu können Sie 1) ein guter Manager für andere sein (wie oben erklärt), 2) in Arbeit abgleiten, für die sie nicht zuständig sind, weil andere sie nicht gut
erledigen, oder 3) Managementangelegenheiten, mit denen sie nicht gut zurechtkommen, einer höheren Ebene vorlegen. Die erste Möglichkeit ist optimal. Die zweite zeigt, dass wahrscheinlich eine Veränderung bei den Menschen und bei der Konstruktion nötig ist. Die dritte ist schwieriger, aber trotzdem erforderlich.
b.
Management von Untergebenen sollte sich anfühlen wie zusammen Ski fahren.
Wie ein Skilehrer müssen Sie engen Kontakt zu Ihren Leuten auf der Piste haben, damit Sie ihre Stärken und Schwächen einschätzen können, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Es sollte einen guten Austausch geben, während sie durch Versuch und Irrtum lernen. Mit der Zeit werden Sie unterscheiden können, mit was ein Mitarbeiter allein zurechtkommt und mit was nicht.
c.
Ein exzellenter Skifahrer dürfte ein besserer Lehrer sein als ein Neuling.
Glaubwürdigkeit gilt auch für das Management. Je besser Ihre Erfolgsgeschichte, desto mehr Wert können Sie als Trainer schaffen.
d.
In der Lage sein, Details zu delegieren.
Wenn Sie sich ständig in Details verlieren, liegt entweder ein Management- oder ein Schulungsproblem vor, oder Sie haben die falschen Leute für die zu erledigenden Aufgaben. Das wahre Merkmal eines meisterhaften Managers ist, dass er selbst keine praktischen Arbeiten erledigen muss. Manager sollten es als Warnzeichen verstehen, wenn sie sich mit kleinen Details beschäftigen müssen.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass Sie glauben, Sie würden Details delegieren, obwohl Sie in Wirklichkeit zu weit entfernt von dem sind, was wichtig ist, sodass Sie im Prinzip gar keine Managementarbeit leisten. Gute Manager kennen den Unterschied. Sie streben danach, so einzustellen, zu schulen und zu leiten, dass andere bestens in der Lage sind, sich um so vieles wie möglich selbst zu kümmern.
10.4
Wissen, wie Ihre Mitarbeiter sind und
was sie antreibt, denn sie sind Ihre wichtigste Ressource
Entwickeln Sie ein vollständiges Profil der Werte, Fähigkeiten und Kompetenzen jeder Person. Diese Merkmale sind die wahren Treiber für Verhalten. Wenn Sie sie genau kennen, verraten sie Ihnen, welche Aufgaben jemand gut und nicht gut erledigen kann, welche Aufgaben jemand gar nicht erledigen kann, und wie er geschult werden sollte. Diese Profile sollten sich mit der Zeit verändern, denn auch Menschen verändern sich.
Wenn Sie Ihre Mitarbeiter nicht gut kennen, wissen Sie nicht, was Sie von ihnen erwarten können. Sie fliegen blind und können niemandem die Schuld geben als sich selbst, wenn sich nicht die von Ihnen erwarteten Ergebnisse einstellen.
a.
Regelmäßig bei jeder Person, die wichtig für Sie und die Organisation ist, nachbohren.
Bohren Sie bei Ihren wichtigsten Leuten nach und drängen Sie sie, alles anzusprechen, was sie stören könnte. Dieser Probleme sind Sie sich möglicherweise nicht bewusst, oder es könnte sich um Missverständnisse auf Seiten der Person handeln, die sie anspricht. Egal um was es geht – verzichten Sie keinesfalls darauf, es ans Tageslicht zu holen.
b.
Herausfinden, ob Sie Vertrauen in Ihre Mitarbeiter haben können – nicht einfach davon ausgehen.
Kein Manager sollte Verantwortung an Personen abgeben, die er nicht gut kennt. Es dauert seine Zeit, Menschen kennenzulernen und herauszufinden, wie viel Vertrauen man in sie setzen kann. Manchmal sind neue Mitarbeiter beleidigt, wenn ihre Manager nicht darauf vertrauen, dass sie ihre Aufgaben gut erledigen werden. Sie empfinden das als Kritik an ihren Fähigkeiten, obwohl der Manager lediglich realistisch in Bezug auf die Tatsache ist, dass er noch nicht genügend Zeit oder direkte Erfahrungen mit ihnen hatte, um sich eine Meinung zu bilden.
c.
Die eigene Involvierung nach dem Grad der Zuversicht richten.
Management besteht hauptsächlich darin, alles, wofür man verantwortlich ist, im Auge zu behalten und zu kontrollieren, um verdächtige Anzeichen zu erkennen. Abhängig von dem, was Sie wahrnehmen, sollten Sie unterschiedlich intensiv weiterforschen: stärker bei Personen und Bereichen, die verdächtig wirken, und weniger, wo ihre Beobachtungen Sie zuversichtlich machen. Bei Bridgewater gibt es eine Reihe von Werkzeugen (Issue Logs, Kennzahlen, tägliche Updates, Checklisten), die objektive Leistungsdaten hervorbringen. Manager sollten sie regelmäßig durchgehen und mittels Stichproben überprüfen.
10.5
Klare Verantwortlichkeiten zuweisen
Beseitigen Sie jegliche Verwirrung in Bezug auf Erwartungen und sorgen Sie dafür, dass Mitarbeiter es als persönliches Versagen betrachten, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Aufgaben zu Ende zu bringen und ihre Ziele zu erreichen. Die wichtigste Person in einem Team ist diejenige, bei der die Gesamtverantwortung für das Erfüllen der Mission liegt. Diese Person muss sowohl über genügend Vision verfügen, um zu sehen, was getan werden sollte, als auch über die Disziplin, um dafür zu sorgen, dass es getan wird.
a.
Daran denken, wer welche Verantwortlichkeiten hat.
Das mag selbstverständlich klingen, doch vielen Menschen gelingt es nicht, bei ihren Verantwortlichkeiten zu bleiben. Selbst hochrangige Personen in Organisationen benehmen sich wie kleine Kinder, die gerade lernen, Fußball zu spielen: Sie rennen hinter dem Ball her, um zu unterstützen, vergessen aber, auf welcher Position sie spielen sollten. Dies kann der Performance eher abträglich sein als ihr zugutekommen. Sorgen Sie also dafür, dass jeder weiß, wie das Team funktionieren soll, und dass jeder die eigene Position gut kennt.
b.
Auf »Jobrutsch« achten.
Jobrutsch tritt auf, wenn sich eine Funktion verändert, ohne dass dies explizit durchdacht und abgesprochen worden wäre; meist kommt es dazu aufgrund veränderter Umstände oder vorübergehender Notwendigkeit. Das
Ergebnis ist häufig, dass die falschen Leute mit den falschen Aufgaben zu tun haben und dass Verwirrung darüber entsteht, wer was zu erledigen hat.
10.6
Engagiert nachbohren, um zu lernen, was Sie von Ihrer Maschine erwarten können
Bohren Sie bei den Menschen, die für Sie arbeiten, ständig nach und sorgen Sie dafür, dass sie wissen, dass es gut für sie und alle anderen ist, ihre Probleme und Fehler ans Tageslicht zu bringen. Das ist nötig, um sicherzustellen, dass Sie bekommen, was Sie wollen – auch bei denjenigen, die ihren Job gut machen (wobei diese etwas mehr Freiraum bekommen können).
Das Nachbohren sollte nicht nur von oben nach unten erfolgen. Die Personen, die für Sie arbeiten, sollten auch Sie ständig herausfordern, damit Sie so gut werden, wie Sie sein können. Wenn das passiert, werden die Mitarbeiter erkennen, dass sie nicht weniger verantwortlich für das Finden von Lösungen sind als Sie selbst. Es ist für Menschen viel einfacher, Beobachter zu bleiben, statt selbst zu spielen. Sie auf das Spielfeld zu drängen, stärkt das gesamte Team.
a.
Ein Mindestniveau an Informiertheit erreichen.
Wenn Sie als Manager für einen Bereich zuständig sind, müssen Sie einen reichhaltigen Wissensschatz über die Menschen, Prozesse und Probleme um Sie herum ansammeln, um gut informierte Entscheidungen treffen zu können. Ohne dieses Wissen werden Sie den Geschichten und Ausreden glauben, die man Ihnen auftischt.
b.
Sich nicht zu weit entfernt halten.
Sie müssen Ihre Mitarbeiter extrem gut kennen, regelmäßig Feedback sowohl geben als auch annehmen und hochwertige Diskussionen führen. Zudem wollen Sie sich zwar nicht von Klatsch ablenken lassen, aber Sie müssen in der Lage sein, sich von den richtigen Personen kurz auf den neusten Stand bringen zu lassen. Ihre Arbeitsplanung muss Zeit für solche Dinge vorsehen. Wenn nicht, besteht die Gefahr, dass Sie keine Managementarbeit leisten. Die Werkzeuge, die ich entwickelt habe,
liefern mir Erkenntnisse darüber, was Menschen tun und wie sie sind, und wenn es Probleme gibt, gehe ich ihnen nach.
c.
Tägliche Updates nutzen, um auf dem Laufenden darüber zu bleiben, was Ihre Mitarbeiter machen und denken.
Ich bitte jede Person, die mir unterstellt ist, sich etwa 10 bis 15 Minuten Zeit zu nehmen, um kurz aufzuschreiben, was sie an einem Tag gemacht hat, mit welchen Problemen sie zu tun hatte und was ihre Meinung dazu ist. Indem ich diese Updates lese und abgleiche (ich lese, was andere Leute über Aufgaben schreiben, die zusammen erledigt wurden), kann ich einschätzen, wie die Zusammenarbeit funktioniert, wie die Stimmung ist und an welchen Fäden ich ziehen sollte.
d.
Nachbohren, um zu erfahren, welche Probleme auftreten dürften, bevor sie tatsächlich auftreten.
Wenn Sie von Problemen überrascht werden, liegt das wahrscheinlich entweder daran, dass Sie zu weit weg von Ihren Mitarbeitern und Prozessen sind, oder daran, dass Sie nicht richtig visualisiert haben, wie Ihre Mitarbeiter und Prozesse unterschiedliche Ergebnisse herbeiführen könnten. Wenn sich eine Krise andeutet, sollte der Kontakt so eng sein, dass es keine Überraschungen gibt.
e.
Auch unterhalb der Ebene der Mitarbeiter nachbohren, die Ihnen direkt unterstellt sind.
Sie können nicht verstehen, wie die Person, die an Sie berichtet, andere führt, wenn Sie nicht ihre direkten Untergebenen kennen und deren Verhalten beobachten können.
f.
Mitarbeiter, die an Ihre Untergebenen berichten, ihre Probleme direkt bei Ihnen selbst vortragen lassen.
Dies ist eine hervorragende und nützliche Form von Rechenschaftspflicht auch für Vorgesetzte.
g.
Nicht davon ausgehen, dass Antworten korrekt sind.
Bei den Antworten von Mitarbeitern kann es sich um falsche Theorien oder Verdrehungen handeln, also müssen Sie sie gelegentlich überprüfen, vor allem wenn sie fragwürdig klingen. Manche Manager machen das nur ungern, weil sie das Gefühl haben, sie würden damit zeigen, dass
sie kein Vertrauen haben. Diese Manager müssen verstehen, dass es bei diesem Prozess darum geht, Vertrauen zu verdienen oder zu verlieren. Ihre Mitarbeiter werden lernen, sich Ihnen gegenüber sehr viel korrekter zu äußern, wenn sie das erkannt haben – und Sie werden erfahren, auf wen Sie sich verlassen können.
h.
Das Ohr trainieren.
Mit der Zeit werden sich verbale Indizien dafür wiederholen, dass jemand eine falsche Meinung über etwas hat oder Prinzipien nicht richtig anwendet. Achten Sie zum Beispiel auf das anonyme »wir« als Hinweis darauf, dass jemand wahrscheinlich einen Fehler entpersonalisieren will.
i.
Lieber transparent nachbohren als im Privaten.
Dies hilft dabei, die Qualität des Nachbohrens sicherzustellen (weil andere zu ihren eigenen Einschätzungen kommen können), und es stärkt die Kultur von Wahrhaftigkeit und Transparenz.
j.
Nachbohren willkommen heißen.
Es ist wichtig, dass Sie Nachbohren bei sich selbst begrüßen, denn niemand ist in der Lage, sich selbst objektiv zu betrachten. Wenn jemand bei Ihnen nachbohrt, ist es entscheidend, dass Sie ruhig bleiben. Ihr emotionales »Ich der niedrigeren Ebene« wird wahrscheinlich mit einem Muster wie »Du bist ein Idiot, weil du gegen mich bist und dafür sorgst, dass ich mich schlecht fühle.« reagieren; Ihr überlegtes »Ich der höheren Ebene« dagegen sollte denken: »Es ist wunderbar, dass wir so vollkommen ehrlich sein können und uns so überlegt austauschen können, um sicherzustellen, dass ich alles richtig mache.« Hören Sie auf Ihr Ich der höheren Ebene und verlieren Sie nicht aus dem Blick, wie schwierig das Nachbohren für den Menschen sein kann, von dem es kommt. Wenn Sie sich durch das schwierige Nachbohren durcharbeiten, hilft das nicht nur der Organisation und Ihrer Beziehung zu der Person, die bei Ihnen nachbohrt, es trägt auch zur Stärkung Ihres Charakters und Ihres Gleichmuts bei.
k.
Nicht vergessen, dass Menschen, die Dinge auf eine bestimmte Weise betrachten und auf eine bestimmte Weise denken, sich oft
schwertun, mit Menschen zu kommunizieren und Beziehungen aufzubauen, die anders sind.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten einem Menschen ohne Geruchssinn beschreiben, wie eine Rose riecht. Egal, wie genau Ihre Beschreibung ausfällt, sie reicht nicht an die echte Erfahrung heran. Dasselbe gilt für Unterschiede bei der Art zu denken. Sie sind wie blinde Flecken, und wenn Sie einen blinden Fleck haben (so wie wir alle), kann es schwierig sein, zu sehen, was sich an dieser Stelle befindet. Solche Unterschiede abzuarbeiten, erfordert viel Geduld und Aufgeschlossenheit sowie Abstimmungen mit anderen, die dabei helfen können, das Bild zu ergänzen.
l.
An allen verdächtigen Fäden ziehen.
An allen verdächtigen Fäden zu ziehen, lohnt sich, denn: 1) kleine negative Situationen können Symptome für schwerwiegende Probleme dahinter sein; 2) das Klären von leicht unterschiedlichen Wahrnehmungen kann ein stärkeres Auseinanderklaffen von Meinungen verhindern; und 3) wenn man eine Kultur schaffen möchte, die Erstklassigkeit wertschätzt, muss man immer wieder betonen, wie wichtig es ist, Probleme – egal wie klein – anzusprechen und ihnen ins Auge zu blicken (ansonsten riskieren Sie, ein Beispiel für das Tolerieren von Mittelmäßigkeit zu setzen).
Priorisierung kann eine Falle sein, wenn sie dafür sorgt, dass Sie Probleme um sich herum ignorieren. Wenn Sie zulassen, dass kleine Probleme unbemerkt und unbearbeitet bleiben, entsteht der Eindruck, es sei akzeptabel, so etwas zu tolerieren. Stellen Sie sich vor, dass alle Ihre kleinen Probleme kleine Stücke Abfall sind, über die Sie steigen müssen, um auf die andere Seite eines Raumes zu kommen. Natürlich kann das, was sich dort befindet, sehr wichtig sein; aber es kann auch nicht schaden, auf dem Weg dorthin den Müll aufzusammeln; das stärkt die Kultur der Erstklassigkeit, und es wird positive Auswirkungen zweiter und dritter Ordnung haben, die sich in Ihrer gesamten Organisation verbreiten. Sie müssen nicht jedes Stück aufheben, sollten aber nie aus den Augen verlieren, dass unter Ihnen Abfall liegt, und auch nicht, dass es wahrscheinlich weniger schwierig ist, ein oder zwei Stücke aufzuheben, als Sie denken.
m.
Anerkennen, dass viele Wege zum Ziel führen.
Ihre
Einschätzung darüber, wie verantwortliche Personen ihren Job erledigen, sollte sich nicht danach richten, ob sie so vorgehen, wie Sie vorgehen würden, sondern danach, ob sie es gut machen. Seien Sie vorsichtig dabei, von einer Person, die Erfolg auf eine bestimmte Weise erreicht, eine andere Vorgehensweise zu erwarten. Das wäre so ähnlich, als würden Sie darauf bestehen, dass Babe Ruth seine Ausholbewegung verbessert.
10.7
Denken wie ein Eigentümer und erwarten, dass die Menschen, mit denen Sie arbeiten, dasselbe tun
Dass man sich für die Folgen des eigenen Handelns weniger verantwortlich fühlt, wenn man sie nicht zu spüren bekommt, ist eine grundlegende Wahrheit. Wenn Sie Angestellter sind und Ihr Gehalt dafür beziehen, dass Sie ins Büro kommen und es Ihrem Chef recht machen, wird Ihre Mentalität von dieser Ursache-Wirkungs-Beziehung unweigerlich konditioniert. Wenn Sie Manager sind, sollten Sie Anreize und Strafen so einsetzen, dass sie Mitarbeiter ermutigen, volle Verantwortung für das zu übernehmen, was sie tun, und es nicht kurz im Vorbeigehen zu erledigen. Dazu zählen ganz einfache Faktoren wie Geld so auszugeben, als wäre es das eigene, oder dafür zu sorgen, dass die Aufgaben eines Mitarbeiters nicht unerledigt bleiben, nur weil er nicht im Büro ist. Wenn Menschen erkennen, dass ihr eigenes Wohlergehen direkt mit dem ihrer Gemeinschaft verbunden ist, wird das Eigentümer-Verhältnis gegenseitig.
a.
Urlaub bedeutet nicht, dass man die eigenen Aufgaben vernachlässigen darf.
Zu denken wie ein Eigentümer, bedeutet, dafür zu sorgen, dass die eigenen Aufgaben gut erledigt werden, egal was passiert. Wenn Sie Ferien machen, ist es Ihre Verantwortung, sicherzustellen, dass nichts vergessen wird. Möglich ist das, indem Sie vor der Abreise gut planen und koordinieren und sich während Ihrer Abwesenheit auf dem Laufenden halten. Das muss nicht viel
Zeit kosten: Schon eine Stunde Nachfragen – und auch nicht jeden Tag – aus der Ferne kann genügen, sodass es sich meist dann erledigen lässt, wenn es Ihnen gerade passt.
b.
Sich selbst und die Menschen, die für Sie arbeiten, zu schwierigen Dingen zwingen.
Es ist ein grundlegendes Gesetz der Natur: Wenn Sie stark werden wollen, müssen Sie sich anstrengen. Sie und Ihre Mitarbeiter müssen miteinander umgehen wie Trainer im Fitnessstudio, um sich gegenseitig fit zu halten.
10.8
Schlüsselpersonen-Risiken erkennen und damit umgehen
Für jede Schlüsselperson sollte es mindestens eine Person geben, die sie ersetzen kann. Am besten ist es, diese Leute als mögliche Nachfolger zu designieren und sie als Lernende und Helfer schon vorher an den Aufgaben zu beteiligen.
10.9
Nicht jeden gleich behandeln, sondern angemessen
Menschen unterschiedlich zu behandeln, sei weder fair noch angemessen, heißt es oft. Doch um Menschen angemessen zu behandeln, müssen
Sie sie sogar unterschiedlich behandeln. Denn Menschen und ihre Umstände unterscheiden sich voneinander. Wenn Sie Herrenausstatter wären, würden Sie auch nicht jedem Kunden Anzüge in derselben Größe verkaufen.
Wichtig ist allerdings, Menschen nach demselben Satz von Regeln zu behandeln. Aus diesem Grund habe ich versucht, die Prinzipien von Bridgewater so tiefgehend zu formulieren, dass sie Unterschiede berücksichtigen. Wenn jemand zum Beispiel schon viele Jahre bei Bridgewater arbeitet, hat das Auswirkungen darauf, wie mit ihm umgegangen wird. Ähnlich finde ich zwar jegliche Unehrlichkeit intolerabel, behandle aber trotzdem nicht alle Fälle von
Unehrlichkeit und alle unehrlichen Menschen gleich.
a.
Sich nicht erpressen lassen.
Über die Jahre haben mir viele Mitarbeiter damit gedroht, zu kündigen, mich zu verklagen oder mich in der Presse vorzuführen. Zwar wurde mir in manchen Fällen geraten, es sei leichter, diese Angelegenheiten einfach aus der Welt zu schaffen, doch ich habe festgestellt, dass das fast immer kurzsichtig ist. Wenn Sie nachgeben, kompromittieren Sie nicht nur Ihre Werte, sondern signalisieren, dass sich die Regeln des Spiels verändert haben, und öffnen die Tür für weitere solcher Fälle. Dafür zu kämpfen, was richtig ist, kann kurzfristig natürlich schwierig sein. Aber ich bin bereit für diesen Kampf. Mir geht es darum, das Richtige zu tun, und ich interessiere mich nicht dafür, was die Leute von mir denken.
b.
Für die Menschen sorgen, die für Sie arbeiten.
Wenn Sie nicht mit Menschen arbeiten, die Ihnen am Herzen liegen und die Sie respektieren, haben Sie wahrscheinlich den falschen Job. Ich bin für jeden da, der mich wirklich braucht. Wenn eine ganze Gemeinschaft auf diese Weise funktioniert, ist das sehr mächtig und lohnenswert. Persönlicher Kontakt in Zeiten persönlicher Schwierigkeiten ist ein Muss.
10.10
Wissen, dass Führungsqualität meist anders aussieht, als behauptet wird
Um zu beschreiben, was ich tue oder was ich für richtig halte, verwende ich nicht das Wort »Führungsqualität«. Denn ich bin der Meinung, dass das, was die meisten Menschen unter »guter Führungsqualität« verstehen, nicht effektiv ist. Die meisten Leute glauben, eine gute Führungskraft sei eine starke Persönlichkeit, die Vertrauen bei anderen weckt und sie motiviert, ihr zu folgen – die Betonung liegt auf »folgen«. Stereotype Führungskräfte verstehen Nachfragen und abweichende Meinungen als Bedrohung und bevorzugen Menschen, die tun, was ihnen gesagt wird. In einer Erweiterung dieses Paradigmas tragen Führungskräfte die Hauptlast
der Entscheidungsfindung. Doch solche Führungskräfte sind nie so allwissend, wie sie erscheinen wollen, also kommt es tendenziell zu Ernüchterung und sogar Wut. Genau das ist der Grund dafür, dass Leute, die ihre charismatischen Führungskräfte einst geliebt haben, sie später oft loswerden wollen.
Das traditionelle Verhältnis zwischen »Anführern« und »Gefolgsleuten« ist das Gegenteil von dem, was meiner Meinung nach gebraucht wird, um möglichst effektiv zu sein; dabei ist maximale Effektivität das wichtigste, um das sich ein »Anführer« kümmern muss. Es ist praxisgerechter, ehrlich in Bezug auf die eigenen Unsicherheiten, Fehler und Schwächen zu sein, als so zu tun, als gäbe es sie nicht. Außerdem ist es wichtiger, gute Herausforderer zu haben als gute Gefolgsleute. Bedachte Diskussionen und Uneinigkeit sind nützlich, denn sie unterziehen die Führung einem Stresstest und lassen zutage treten, was ihrer Aufmerksamkeit entgeht.
Was Führungskräfte meiner Meinung nach keinesfalls tun sollten, ist manipulieren. Manchmal arbeiten sie mit Emotionen, um Mitarbeiter zu Dingen zu motivieren, die diese nicht tun würden, wenn sie genau darüber nachgedacht hätten. Beim Umgang mit intelligenten Menschen in einer Ideen-Meritokratie ist es unverzichtbar, stets an ihre Vernunft zu appellieren statt an ihre einfachen Emotionen.
Die effektivsten Führungskräfte arbeiten daran, 1) aufgeschlossen die besten Antworten zu suchen und 2) andere an diesem Entdeckungsprozess zu beteiligen. Auf diese Weise ist es möglich, zu lernen und sich zu synchronisieren. Eine wirklich große Führungskraft ist angemessen unsicher, aber gut in der Lage, mit dieser Unsicherheit umzugehen, indem sie aufgeschlossen Informationen sammelt. Wenn ansonsten alles gleich ist, würde ich sagen, dass eine Führungskraft, die handelt wie ein geschickter Ninja, stets besser ist als eine andere, die handelt wie ein muskulöser Actionheld.
a.
Stark und schwach gleichzeitig sein.
Manchmal kann es zu Unrecht schwach und unentschlossen erscheinen, wenn man Fragen stellt, um Einblicke zu gewinnen. Natürlich ist es das nicht. Es ist
erforderlich, um klug zu werden, und eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, stark und entschlossen zu sein.
Suchen Sie stets den Rat von klugen anderen Personen und überlassen Sie denjenigen, die besser sind als Sie, die Führung. Das Ziel ist, so gut wie möglich zu verstehen, um die bestmöglichen Führungsentscheidungen zu treffen. Seien Sie aufgeschlossen und entschlossen gleichzeitig und synchronisieren Sie sich mit den Menschen, die mit Ihnen arbeiten. Erkennen Sie dabei an, dass manchmal nicht jeder oder nicht einmal die Mehrheit Ihrer Meinung sein wird.
b.
Nicht darüber nachdenken, ob Ihre Mitarbeiter Sie mögen oder nicht, und nicht erwarten, dass sie Ihnen sagen, was Sie tun sollten.
Kümmern Sie sich einfach darum, die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen, und erkennen Sie an, dass fast jeder glauben wird, dass Sie etwas – oder sogar vieles – falsch machen, ganz egal was Sie tun. Es liegt in der menschlichen Natur, dass Leute Sie von ihrer Meinung überzeugen wollen und dass sie ungehalten werden, wenn ihnen das nicht gelingt – selbst wenn sie keinen Grund zu der Annahme haben, dass ihre Meinung richtig ist. Wenn Sie also gut führen, sollten Sie nicht überrascht sein, wenn Mitarbeiter anderer Meinung sind als Sie. Wichtig ist, dass Sie logisch und objektiv die Wahrscheinlichkeit dafür einschätzen, dass Sie richtigliegen.
Zu glauben, dass Sie mehr wissen als die Durchschnittsperson, ist weder unlogisch noch arrogant, solange Sie angemessen aufgeschlossen bleiben. Tatsächlich ist es unlogisch, zu glauben, die Überlegungen einer Durchschnittsperson wären besser als das, was Sie und die kenntnisreichsten Menschen um Sie herum denken. Denn Sie haben sich Ihre überdurchschnittliche Position ja verdient, und die kenntnisreichen Menschen sind besser informiert als der Durchschnitt. Wenn das Gegenteil der Fall wäre, sollten weder Sie noch die Durchschnittsperson den Job haben, den Sie haben. Mit anderen Worten: Wenn Sie keine besseren Einblicke haben als der Durchschnitt, sollten Sie keine Führungskraft sein – und wenn Sie bessere Einblicke haben, kümmern Sie sich nicht darum, ob Sie etwas Unpopuläres tun.
Wie also sollten Sie mit Ihren Mitarbeitern umgehen? Sie können sie entweder ignorieren (was zu Unmut führt und dazu, dass Sie nicht wissen, was sie denken); Sie können blind das tun, was sie wollen (was keine gute Idee wäre); oder Sie können sie ermutigen, ihre abweichenden Meinungen ans Tageslicht zu bringen und sie so offen und vernünftig durchzugehen, dass jeder die relativen Vorteile Ihrer Überlegungen erkennen kann. Lassen Sie die offene Uneinigkeit zu und freuen Sie sich, egal ob Sie den Kampf der Gedanken gewinnen oder verlieren, solange sich die besten Ideen durchsetzen. Ich glaube, dass eine Ideen-Meritokratie nicht nur bessere Ergebnisse produziert als andere Systeme, sondern auch für mehr Übereinstimmung bei angemessenen, aber unpopulären Entscheidungen sorgt.
c.
Nicht Befehle geben und auf Gefolgschaft hoffen, sondern durch Synchronisierung versuchen, verstanden zu werden und andere zu verstehen.
Wenn Sie wollen, dass man Ihnen folgt, ob aus egoistischen Gründen oder weil Sie das für zweckdienlicher halten, werden Sie auf lange Sicht einen hohen Preis dafür bezahlen. Wenn Sie der Einzige sind, der für das Denken zuständig ist, geht das auf Kosten der Ergebnisse.
Autoritäre Manager entwickeln ihre Untergebenen nicht weiter, was bedeutet, dass diese abhängig von ihnen bleiben. Auf lange Sicht ist das schädlich für alle Seiten. Wenn Sie zu viele Anweisungen geben, werden die Leute wahrscheinlich Widerwillen dagegen entwickeln und sich widersetzen, wenn Sie gerade nicht hinsehen. Der größte Einfluss, den Sie auf intelligente Menschen ausüben – und der größte Einfluss, den diese auf Sie ausüben – stammt daher, dass Sie sich ständig darüber synchronisieren, was wahr und richtig und am besten ist, sodass alle dasselbe Ziel anstreben.
10.11
Sich selbst und Ihre Mitarbeiter in die Pflicht nehmen und es wertschätzen, wenn sie dasselbe Ihnen gegenüber tun
Menschen zur Verantwortung zu ziehen, bedeutet, sie und ihre Umstände gut genug zu verstehen, um einschätzen zu können, ob sie bestimmte Dinge anders machen könnten und sollten; über diese Frage muss man sich mit ihnen synchronisieren, und man muss sie aus ihren Jobs entfernen, wenn sie nicht in der Lage sind, richtig zu erledigen, was erledigt werden muss. Das heißt nicht, dass man Mikromanagement betreibt, und auch nicht, dass man von den Mitarbeitern erwartet, perfekt zu sein (von besonders beanspruchten Personen zu verlangen, dass sie alles exzellent erledigen, ist oft praxisfern und nicht zu vergessen unfair).
Allerdings können sich Menschen dagegen wehren, in die Pflicht genommen zu werden, und Sie wollen ihnen auch nicht die ganze Zeit über sagen müssen, was sie zu tun haben. Diskutieren Sie mit ihnen, damit sie den Wert von dem verstehen, was Sie tun, aber lassen Sie
sie niemals vom Haken.
a.
Wenn vereinbart wurde, etwas auf eine bestimmte Weise zu erledigen, dafür sorgen, dass es tatsächlich so erledigt wird – es sei denn, Sie synchronisieren sich über ein anderes Vorgehen.
Häufig werden Menschen unterbewusst in Richtung von Aktivitäten tendieren, die ihnen liegen, statt das zu tun, was erforderlich ist. Wenn sie ihre Prioritäten aus dem Blick verlieren, müssen Sie sie umleiten. Dies ist einer der Gründe dafür, dass es so wichtig ist, sich häufig Updates über Fortschritte geben zu lassen.
b.
Bei Misserfolgen unterscheiden, ob jemand seinen »Vertrag« gebrochen hat oder ob es gar keinen Vertrag gab.
Wenn Sie eine Erwartung nicht deutlich geäußert haben, können Sie Mitarbeiter nicht dafür verantwortlich machen, dass sie ihr nicht gerecht werden. Gehen Sie nicht davon aus, dass etwas implizit verstanden wurde. Gesunder Menschenverstand ist gar nicht so verbreitet – seien Sie explizit
. Wenn immer wieder Aufgaben durch die Maschen fallen, sollten Sie darüber nachdenken, die Konstruktion Ihrer Maschine zu verändern.
c.
Sich nicht nach unten ziehen lassen.
Dies kann vorkommen, wenn sich ein Manager dazu verleiten lässt, die Aufgaben eines Untergebenen zu erledigen, ohne dieses Problem zu erkennen. Dieses Phänomen hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Jobrutsch, weil die Tätigkeiten des Managers in einen Bereich abgleiten, der anderen überlassen bleiben sollte. Doch während Jobrutsch eine Zeit lang sinnvoll sein kann, um ein Ziel zu erreichen, ist er meist auch ein Signal dafür, dass ein Teil der Maschine kaputt ist und repariert werden muss. Das Phänomen des Herunterziehens tritt auf, wenn ein Manager es chronisch versäumt, einen Verantwortungsbereich so umzugestalten, dass nicht mehr er selbst den Job erledigen muss, den andere gut beherrschen sollten. Sie können dieses Problem daran erkennen, dass sich ein Manager stärker darauf konzentriert, dass Aufgaben erledigt werden, statt darauf, seine Maschine zu bedienen.
d.
Auf Mitarbeiter aufpassen, die Ziele mit Aufgaben verwechseln, denn wenn sie beides nicht unterscheiden können, dürfen Sie ihnen keine Verantwortung geben.
Menschen, die Ziele erkennen können, sind meist auch in der Lage, zu synthetisieren. Eine Möglichkeit zur Überprüfung ist: Wenn Sie eine abstrakte Frage wie »Wie sieht es bei Ziel XYZ aus?« stellen, wird eine gute Antwort zunächst erklären, wie XYZ in der Gesamtbetrachtung läuft, und das wenn nötig mit einer Aufzählung der Aufgaben unterfüttern, die dafür erledigt werden mussten. Wer dagegen die Aufgaben sieht, aber die Ziele aus den Augen verliert, wird nur die erledigten Arbeiten aufzählen.
e.
Auf unkonzentriertes und unproduktives »eigentlich müsste« aufpassen.
Ein »eigentlich müsste«
liegt vor, wenn Menschen davon ausgehen, dass andere oder sie selbst in der Lage sein dürften, etwas zu erledigen, obwohl sie in Wirklichkeit nicht wissen, ob das stimmt (wie in »Sally müsste eigentlich X, Y, und Z können.«). Denken Sie daran: Um Dinge wirklich zu Ende zu bringen, brauchen Sie glaubwürdige verantwortliche Personen, die eine Erfolgsgeschichte im relevanten Bereich aufweisen.
Eine ähnliche Situation tritt ein, wenn Menschen darüber diskutieren, wie ein Problem zu lösen ist, indem sie vage und unpersönlich formulieren wie in »Wir sollten X, Y und Z tun.«. Es ist wichtig, mit der Nennung von Namen zu verdeutlichen, wer gemeint ist, statt das vage »wir« zu benutzen. Und man muss anerkennen, dass es in der Verantwortung der genannten Personen liegt, zu entscheiden, was zu tun ist.
Besonders sinnlos für eine Gruppe von Menschen ohne Verantwortung ist, wenn sie untereinander Aussagen treffen wie: »Wir sollten …« Stattdessen sollten sie mit der verantwortlichen Person darüber sprechen, was zu tun ist.
10.12
Den Plan deutlich kommunizieren und klare Kennzahlen nutzen, die zeigen, ob Sie Fortschritte damit machen
Jeder sollte die Pläne und Konstruktionen in seiner Abteilung kennen. Wenn Sie entscheiden, von einem vereinbarten Weg abzuweichen, sollten Sie Ihre Überlegungen dazu den relevanten Parteien kommunizieren und sich deren Meinung anhören, damit jeder Klarheit über die neue Richtung hat. Auf diese Weise erhalten Mitarbeiter die Möglichkeit, sich hinter den Plan zu stellen oder ihren Mangel an Vertrauen in ihn auszudrücken und Änderungen vorzuschlagen. Außerdem wird dadurch klar, was die Ziele sind und wer seinen Teil der Vereinbarung einhält und wer nicht. Ziele, Aufgaben und zugewiesene Verantwortlichkeiten sollten mindestens einmal pro Quartal bei Abteilungstreffen überprüft werden, vielleicht sogar einmal pro Monat.
a.
Perspektiven gewinnen, indem Sie erst rückwärts und dann nach vorn gehen.
Bevor Sie mit einem neuen Plan voranschreiten, sollten Sie sich Zeit nehmen, um darüber nachzudenken, wie die Maschine bislang funktioniert hat.
Manchmal haben Menschen Probleme damit, den aktuellen Zustand im Kontext zu sehen oder in die Zukunft zu projizieren. Manchmal vergessen sie, wer oder was dafür verantwortlich war, dass etwas gut oder nur langsam voranging. Indem Sie sie bitten, »die Geschichte zu erzählen«, wie die aktuelle Situation zustande kam, oder indem Sie das selbst tun, können Sie wichtige Punkte, die gut oder schlecht funktioniert haben, und ihre Folgen hervorheben. Außerdem können Sie die Aufmerksamkeit auf das Gesamtbild lenken, festlegen, wer für konkrete Ziele und Aufgaben verantwortlich ist, und dabei helfen, eine Einigung zu finden. In der Lage zu sein, all diese Aspekte auf mehreren Ebenen zu verbinden, ist unverzichtbar, wenn Ihre Mitarbeiter den Plan verstehen, Feedback dazu geben und letztlich an ihn glauben sollen.
10.13
Wenn Sie mit Ihren Aufgaben nicht richtig zurechtkommen, nach oben weiterreichen …
… und dafür sorgen, dass die Menschen, die für Sie arbeiten, proaktiv das Gleiche tun.
Nach oben weiterreichen bedeutet, klarzumachen, dass Sie nicht glauben, mit einer Situation erfolgreich umgehen zu können, und dass Sie den Job als verantwortliche Person an jemand anderen abgeben möchten. Die Person, an die Sie den Job weiterreichen, ist Ihr Vorgesetzter. Der kann als nächsten Schritt entscheiden, ob er Sie mit Coaching unterstützt, selbst die Kontrolle übernimmt, jemand anderen damit betraut oder etwas anderes tut.
Entscheidend ist, dass das Weiterreichen nach oben nicht als Versagen, sondern als Pflicht angesehen wird. Alle verantwortlichen Personen werden irgendwann auf Aufgaben stoßen, von denen sie wissen, dass sie mit ihnen nicht zurechtkommen; wichtig ist dann, dass sie ihre Bedenken äußern, sodass ihr Chef die Risiken kennt und sich mit ihnen darüber synchronisieren kann, was zu tun ist. Es gibt kein größeres Versagen, als eine Verantwortung, von der man weiß, dass man ihr nicht gewachsen ist, nicht nach oben weiterzureichen. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter proaktiv sind. Verlangen Sie, dass sie sich zu Wort melden, wenn sie vereinbarte Zwischenziele oder Termine nicht einhalten können. Derartige Kommunikation ist unverzichtbar, um sich sowohl über den vorliegenden Fall als auch über die Eigenschaften der Person zu synchronisieren, die sich darum kümmern soll.