W
orte allein genügen nicht.
Das habe ich aus meiner Beobachtung gelernt, wie Menschen damit kämpfen, sich selbst dazu zu bringen, Dinge zu tun, die in ihrem eigenen Interesse liegen. Nachdem ich diese Prinzipien mit den Leuten bei Bridgewater geteilt und sie überarbeitet hatte, hat fast jeder die Verbindung zwischen den Prinzipien und unseren exzellenten Ergebnissen erkannt und wollte sie bei seiner Arbeit beachten. Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen etwas wollen
und tatsächlich dazu in der Lage sein. Davon auszugehen, dass Menschen das tun werden, was sie intellektuell tun wollen, ist das Gleiche, wie davon auszugehen, dass Menschen abnehmen werden, nur weil sie wissen, dass das von Vorteil für sie wäre: Es wird dazu nicht kommen, wenn nicht die richtigen Angewohnheiten entwickelt werden. In Organisationen lässt sich das mithilfe von Werkzeugen und Protokollen erreichen.
Nehmen Sie sich eine Minute Zeit, um darüber nachzudenken, in welcher Weise das für Ihre Lektüre dieses Buches gilt, oder für das Lesen von Büchern allgemein. Wie oft haben Sie ein Buch gelesen, in dem es um irgendeine Verhaltensänderung ging, die Sie selbst wollten, sind aber an der Umsetzung gescheitert? Wie viel Verhaltensänderung, glauben Sie, wird dieses Buch auslösen, wenn Sie keine Werkzeuge und Protokolle haben, die Ihnen dabei helfen? Ich würde schätzen, fast keine. So wie Sie viele Dinge nicht lernen können, indem Sie nur ein Buch lesen (Fahrrad fahren, eine Fremdsprache etc.), ist es auch fast unmöglich, eine Verhaltensweise zu ändern, ohne die Fähigkeit zur Änderung zu üben. Aus diesem Grund beabsichtige ich, die im Anhang beschriebenen Werkzeuge allgemein verfügbar zu machen.
15.1
Systematisierte Prinzipien in Werkzeuge zu integrieren, ist für eine Ideen-Meritokratie besonders wertvoll
Der Grund dafür ist, dass eine Ideen-Meritokratie unter Beachtung von gegenseitig vereinbarten Prinzipien arbeiten sowie
evidenzbasiert und fair sein muss, statt den stärker autokratischen und willkürlichen Entscheidungen eines CEO oder seiner Leutnants zu folgen. Die für den Betrieb der Organisation Verantwortlichen dürfen keineswegs über den Prinzipien stehen, sondern müssen so wie jeder andere in der Organisation bewertet, ausgewählt und – wenn nötig – ersetzt werden, auf evidenzbasierte Weise und geleitet von Regeln. Ihre Stärken und Schwächen müssen, wie die von jedem anderen, berücksichtigt werden. Objektive Daten über sämtliche Mitarbeiter zu sammeln, ist dafür unverzichtbar. Außerdem brauchen Sie gute Werkzeuge, um aus Daten mithilfe von gemeinsam vereinbarten Methoden Entscheidungen zu machen. Darüber hinaus geben die Werkzeuge den Menschen und dem System die Möglichkeit, auf symbiotische Weise zusammenzuarbeiten, um sich gegenseitig zu verbessern.
a.
Verstehen, dass es internalisiertes oder habituelles Lernen geben muss, um echte Verhaltensänderungen herbeizuführen.
Glücklicherweise hat Technologie dafür gesorgt, dass internalisiertes Lernen heute viel einfacher ist als früher, als Wissen noch hauptsächlich über Bücher weitergegeben wurde. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das Buch war eine mächtige Erfindung. Die Druckerpresse von Johannes Gutenberg ermöglichte die leichte Verbreitung von Wissen, was Menschen geholfen hat, auf den Erkenntnissen anderer aufzubauen. Trotzdem ist Lernen durch Erfahrung weitaus wirkungsvoller. Weil Technologie es heute so einfach macht, empirisch/virtuell zu lernen, glaube ich, dass wir am Rand einer weiteren dramatischen Verbesserung der Qualität des Lernens stehen. Sie wird so bedeutend sein wie die von Gutenberg ausgelöste, vielleicht sogar noch bedeutender.
Bei Bridgewater versuchen wir seit langer Zeit, Möglichkeiten für internalisiertes Lernen zu schaffen, daher hat sich unsere diesbezügliche Vorgehensweise stark weiterentwickelt. Weil wir fast alle unsere Meetings aufzeichnen, konnten wir virtuelle Lern-Fallstudien entwickeln, an denen jeder beteiligt werden kann, ohne tatsächlich im Raum zu sein. Die Teilnehmer beobachten den Verlauf des Meetings, als wären sie anwesend; dann wird die Aufzeichnung angehalten und sie werden nach ihrer Meinung zu dem behandelten
Thema gefragt. In manchen Fällen können sie ihre Reaktionen in Echtzeit eingeben, während sie zusehen. So oder so werden ihre Überlegungen aufgezeichnet und über Expertensysteme mit denen von anderen verglichen, sodass wir alle mehr darüber erfahren, wie wir denken. Mit diesen Informationen sind wir besser in der Lage, Lerninhalte und Aufgaben auf den Denkstil von Mitarbeitern abzustimmen.
Dies ist nur ein Beispiel für eine Reihe von Werkzeugen und Protokollen, die wir entwickelt haben, um unseren Mitarbeitern dabei zu helfen, zu lernen und nach unseren Prinzipien zu arbeiten.
b.
Werkzeuge nutzen, um Daten zu sammeln, und daraus Schlussfolgerungen und Maßnahmen ableiten.
Stellen Sie sich vor, dass sich fast alles Wichtige, das sich in Ihrem Unternehmen ereignet, in Form von Daten erfassen lässt und dass Sie Algorithmen entwickeln können, die den Computer instruieren, diese Daten zu analysieren und so zu nutzen, wie Sie es vereinbart haben – ähnlich wie Sie einen Mitarbeiter instruieren würden. Dann könnten Sie beziehungsweise könnte an Ihrer Stelle der Computer sich jede Einzelperson und alle Personen zusammen ansehen und maßgeschneiderte Empfehlungen geben, so wie Ihr GPS-Gerät Ihnen Orientierung gibt, weil es alle Verkehrsmuster und alle Wege kennt. Sie müssen es nicht zur Pflicht machen, diesen Empfehlungen zu folgen, können es aber. Allgemein gesagt, arbeitet das System wie ein Coach. Und der Coach kann über sein Team dazulernen: Durch das Sammeln von Daten über die Aktivitäten der einzelnen Personen wird erkannt, wenn sie geschickter oder weniger geschickt vorgehen, sodass neue Informationen einfließen und genutzt werden können, um Verbesserungen zu erzielen. Weil die Überlegungen hinter den Algorithmen jedem zugänglich sind, kann jeder die Qualität und Fairness der Logik überprüfen und dazu beitragen, sie zu definieren.
c.
Ein Umfeld der Zuversicht und der Fairness fördern mit klar formulierten Prinzipien, die in Werkzeugen und Protokollen umgesetzt sind, damit die gezogenen Schlussfolgerungen durch Nachvollziehen der Logik und Daten dahinter bewertet werden können.
In jeder Organisation werden manche der als ineffektiv
bewerteten Personen stets behaupten, dass diese Bewertung falsch sei. Wenn es dazu kommt, lässt ein auf Daten und Regeln basierendes System mit klar definierten Kriterien weniger Spielraum für solche Diskussionen und schafft mehr Vertrauen in die Fairness des Systems. Das System wird zwar nie perfekt sein, aber es ist deutlich weniger willkürlich – und kann viel leichter auf Verzerrungen geprüft werden – als die deutlich weniger explizite und deutlich weniger offene Entscheidungsfindung durch Personen aufgrund ihrer Position. Mein Ideal ist ein Prozess, bei dem jeder zu den Kriterien für gute Entscheidungsfindung beiträgt und bei dem diese Kriterien durch richtig ausgewählte (glaubwürdige) Menschen bewertet und beschlossen werden. Wenn das richtige Gleichgewicht zwischen Aufgeschlossenheit und Entschlossenheit gewahrt bleibt, sodass die Leute wissen, wann sie für eine bestimmte Entscheidung glaubwürdig sind und wann nicht, können solche offenen Diskussionen sehr hilfreich für den Aufbau und die Stärkung einer Ideen-Meritokratie sein.
Wir haben Werkzeuge in einer frühen Entwicklungsphase, mit denen diese Dinge möglich sind, und setzen uns dafür ein, sie zu verbessern, damit unser System für Personalmanagement so effektiv wird wie das für Anlagemanagement.
Trotz seiner Unvollkommenheit ist unser evidenzbasierter Ansatz für das Lernen über Menschen, das Bereitstellen von Empfehlungen und Bewertungen viel fairer und effektiver als das willkürliche und subjektive Managementsystem, das die meisten Organisationen immer noch nutzen. Ich glaube, dass die Kräfte der Evolution die meisten Organisationen in die Richtung von Systemen treiben werden, die menschliche und maschinelle Intelligenz vereinen, um Prinzipien in Algorithmen für eine substanziell verbesserte Entscheidungsfindung zu überführen.
Im Anhang finden Sie detaillierte Beschreibungen einer Reihe von Werkzeugen und Protokollen, die den Ansatz der Ideen-Meritokratie unterstützen und die Verhaltensweisen verstärken, die erforderlich sind, damit Menschen konsequent nach ihren Regeln arbeiten. Sie sind darauf ausgelegt, uns dabei zu helfen, unsere Ziele zu erreichen: 1) lernen, wie Menschen sind, 2) weitergeben, wie Menschen sind, 3)
personalisierte Trainings und Schulungen und Entwicklungsmöglichkeiten bereitstellen, 4) Orientierung und Kontrolle in bestimmten Situationen gewährleisten, und 5) Managern helfen, Mitarbeiter in die richtigen Positionen zu bringen oder aus dem Unternehmen zu entfernen, auf der Grundlage von dem, wie sie sind und was gebraucht wird.
Sie müssen für Ihre eigene Ideen-Meritokratie nicht dieselben Werkzeuge und Protokolle nutzen. Auf jeden Fall aber sollten Sie Methoden haben, die das internalisierte Lernen ermöglichen, das für sie erforderlich sein wird. Unsere eigenen Methoden haben sich erheblich weiterentwickelt, Ihre aber müssen nicht unbedingt so elegant oder automatisiert sein. Zum Beispiel können Sie ein einfaches Formular oder eine Vorlage bereitstellen, um Mitarbeiter durch die Schritte zu führen, die erforderlich sind, damit sie ihre Arbeit schaffen oder einen Prozess einhalten. Damit bekommen Sie bessere Ergebnisse, als wenn Sie davon ausgehen, dass die Mitarbeiter schon von selbst an alles Nötige denken – oder es herausfinden – werden.
Wie Sie Werkzeuge und Protokolle nutzen wollen, bleibt Ihnen überlassen. Ich möchte an dieser Stelle hauptsächlich einen Punkt betonen: Werkzeuge und Protokolle sind wichtig.