Kapitel 17

Maddie

Mir war, als würde mir das Herz aus der Brust springen, als ich auf Flames Antwort wartete. So wenig ich glaubte, dass ich das tun konnte, seine Hand zu berühren oder gar mehr, so sehr wollte ich es versuchen. In diesem Augenblick, nachdem ich ihn innerlich so zerrissen gesehen hatte, zurückgefallen in die Erinnerungen, die ihn hinter hohen Mauern eingesperrt hielten, wollte ich ihn unbedingt im Arm halten können. Er verdiente meine Zuneigung.

Und ich glaubte, dass ich auch Zuneigung verdiente.

Flames Nasenflügel bebten, als er auf meine Zeichnung starrte. Ich schaute sie mir auch an und sah darin die Hoffnung, der ich mich an den meisten Tagen hingab.

Und dann, als ich schon glaubte, dass Flame nicht in der Lage sein würde, es zu versuchen, legte er das Skizzenbuch hin und atmete tief durch. Als seine dunklen Augen meinem Blick begegneten, schauderte ich. Er zog die Brauen nach unten. »Wieso zitterst du?«

Ich fuhr mir mit den Händen über die bloßen Arme und antwortete: »Mir ist kalt.«

Flame warf einen Blick über die Schulter zum Feuer, das ich entzündet hatte, kurz bevor er hereinkam, und stand auf. Ich konnte sehen, wie geschwächt er noch war, nachdem er sich auf dem Boden seiner Hütte verausgabt hatte. Und ich konnte mir vorstellen, dass die Bedeutung dessen, was wir versuchen wollten, ihn genauso nervös machte wie mich.

»Gehen wir zum Feuer, da ist es wärmer«, meinte Flame und bedeutete mir, dorthin zu gehen. Ich stand auf und folgte ihm langsam, und jeder Schritt fühlte sich an, als würde alle Kraft, die ich hatte, ein Stück mehr entgleiten.

Bei jedem Schritt sah ich nur Moses’ Hand, die an meinem Bein nach oben fuhr. Ich fühlte, wie seine Hand zwischen meine Beine fasste und er einen Finger in mich stieß. Ich sah wieder vor mir, wie alle Jünger nach Maes Flucht kamen, um mich zu holen. Ich konnte ihre Hände an meinen Handgelenken und Knöcheln fühlen, als sie mich auf einen Tisch niederdrückten, und ich konnte kalte Luft auf meiner Haut spüren, als sie mir das Kleid vom Leib rissen, meine Beine spreizten und mich immer wieder nahmen. Häufig wurde ich dabei ohnmächtig, nur um durch einen harten Stoß in mich wieder zu erwachen, während die Jünger sich alle Mühe gaben, die Sünde aus meiner Seele zu tilgen.

Doch ihre Hände, ihre harten und groben Hände auf meiner Haut waren das, was ich nicht ertragen konnte. Ihre Finger, die meine Brüste umfassten, sich grob zwischen meine Schamlippen drängten und in mich stießen.

»Maddie?« Flames tiefe, raue Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Als ich aufblickte, saß er vor dem Feuer, den großen Körper vornübergebeugt, als sei er gebrochen: als sei seine Furcht so groß wie meine.

Und die Ungerechtigkeit brach mir das Herz. Die Ungerechtigkeit, dass wir beide solche Angst davor hatten, welche Albträume die willentliche Berührung eines anderen Menschen wohl wecken mochte.

»Ich … ich finde den Gedanken an Berührung … beängstigend«, flüsterte ich. Flame ließ die Schultern noch mehr hängen.

»Ich auch«, gestand er so leise, dass ich es fast nicht hörte.

Ich holte tief Luft, ging zu ihm und setzte mich vor ihn hin. Sofort wärmte die Hitze des Feuers meine Haut.

In der Wärme legte ich mich auf die Seite, die Hand flach auf dem Boden, genau vor meinem Gesicht. Aber ich ließ Flame nicht aus den Augen, und er beobachtete mich die ganze Zeit mit leicht schief gelegtem Kopf, wie voll Staunen.

Ich sagte nichts, und das Knistern des Holzfeuers war das einzige Geräusch, bis Flame sich rührte und sich vor mir hinlegte. Seine Hand legte sich flach auf den Boden, nur wenige Zentimeter von meiner entfernt. Doch unsere Blicke hielten einander gefangen.

Ich fühlte mein Herz tanzen und fragte: »Hast du Angst?«

Flame biss die Zähne zusammen und nickte. »Ja«, antwortete er heiser. »Ich habe eine Scheißangst, dass ich dir wehtue.« Er stieß den angehaltenen Atem aus und fuhr fort: »Aber ich will wissen, wie du dich anfühlst. Ich will wissen, wie sich deine Hand auf meiner anfühlt. Wie in deinem Bild.« Er senkte den Blick und sagte: »Ich kriege dieses Bild nicht mehr aus dem Kopf.«

Ich krümmte die Finger, streckte sie wieder und legte sie vorsichtig erneut auf den Boden. Und weil ich das Gefühl hatte, etwas sagen zu müssen, erzählte ich ihm Folgendes: »Außer von dir«, ich holte Luft und kämpfte gegen meine Nervosität an, um fortzufahren, »wurde ich bloß von Männern berührt, die mir wehtun wollten.« Flame versteifte sich, und am raschen Heben und Senken seines Brustkorbs erkannte ich, dass er wütend wurde. »Jede Nacht, wenn ich schlafe, fühle ich, wie sie mich anfassen. Ich wache schweißgebadet auf, mit durchgeschwitztem Nachthemd, weil ich wieder durchlebe, was sie mir angetan haben. Ich fühle den Schmerz, ihre unerwünschten intimen Berührungen, das Brennen, die Striemen … den blendenden Schmerz.« Bei dem Gedanken daran schnürte es mir die Kehle zu. Doch ich schaffte es trotzdem, leise zu sagen: »Aber ich will, dass es aufhört. Und ich weiß nicht wie. Ich sehe Mae und Lilah mit Styx und Ky, und ich sehe, dass sie einen Weg gefunden haben. Sie haben einen Weg durch Liebe gefunden.«

Ich starrte auf meine Hand, schob meine Finger langsam näher an die von Flame heran und spürte dabei die wellenartige Anspannung, die von ihm ausging. Ich betrachtete meinen kleinen Finger, der so nahe an seinem lag, und fuhr fort: »Und ich will ihre Berührung durch deine ersetzen. Ich will mit deinem Arm um meine Taille aufwachen, der mir Sicherheit gibt.«

»Maddie«, stöhnte Flame, doch es klang nach Schmerz und Bedauern, »ich weiß nicht, ob …«

»Aber ich will zufrieden sein mit deinen Fingern, mit meinen verschränkt. Ich wäre zufrieden damit, aufzuwachen und zu wissen, dass du mich ein klein wenig festhältst.«

Flames Augen huschten hin und her, verloren in Gedanken. Ich schob mich näher zu ihm, bis unsere Gesichter nur noch einige Zentimeter voneinander entfernt waren. Ich konnte Flames rasche, warme Atemzüge über meine Wange wehen fühlen. Ich kämpfte den Drang nieder, zurückzuweichen. »Ich weiß nicht, wer dich jede Nacht heimsucht. Und ich weiß nicht, was er dir angetan hat. Aber ich glaube …« – ich schüttelte den Kopf und wehrte mich gegen die finstere Leere, die sich in meinem Herzen formen wollte – »… aber ich glaube, es ist so ähnlich wie das, was mir angetan wurde. Und ich glaube, dass mit meiner Berührung vielleicht auch er aus deiner Welt verschwinden kann.«

Flame zog scharf die Luft ein und schloss die Augen. Er kämpfte offensichtlich gegen etwas in seinem Kopf an. Als er die Augen wieder öffnete, sah ich Tränen darin, und er sagte: »Er schimpfte mich Idiot. Weil …« – er atmete tief durch – »… weil ich die Dinge nicht so sah wie alle anderen.« Ich erstarrte und hörte ihm aufmerksam zu. Er erzählte weiter. »Ich weiß, dass ich anders bin. Ich wusste, dass er mich hasste, weil ich anders war. Andere Kinder lachten mich aus. Sie lachten immer, wenn ich etwas sagte oder tat. Und jedes Mal, wenn das passierte, war ich durcheinander, weil ich nicht wusste, was ich falsch gemacht hatte. Und dann wurde ich bestraft. Immer wieder wurde ich bestraft. Also hörte ich auf, mit irgendwem zu reden, denn ich wollte nicht, dass mich alle auslachten. Ich wollte nicht bestraft werden, was ihn allerdings noch wütender machte. Er wurde wütend, wenn ich etwas sagte, und dann wurde er wütend, weil ich nichts mehr sagte. Ich saß allein da und spielte mit meinen Sachen, und es machte ihn wütend. Aber die anderen Kinder wollten nie mit mir spielen, weil ich so war.«

Mir wurde es schwer ums Herz, und ich kämpfte mit den Tränen, als ich mir anhörte, was er als Kind durchgemacht hatte. Sein Gesicht wurde schweißfeucht. »Er wurde immer wütender auf mich, bis ich eines Tages mithörte, warum ich anders war. Weil ich das Böse in meiner Seele hatte und Flammen durch mein Blut liefen.« Flame schüttelte den Kopf. »Ich versuchte sie zu vertreiben, um ihm zu zeigen, dass ich mir Mühe gebe, damit er mich nicht mehr hasst, aber ich schaffte es nicht. Ich konnte sie nicht vertreiben.«

»Flame …«, flüsterte ich, und Tränen liefen mir über die Wangen.

»Also brachte er mich zu Pastor Hughes. Und der holte die Schlangen. Sie hielten mich fest, und die Schlangen krochen über meine Haut. Sie mussten sehen, ob ich böse war.«

Ich rang um Atem. Ich verstand nicht. »Schlangen? Sie haben dir Schlangen aufgelegt?«, fragte ich.

»Schlangen sind die Manifestation des Teufels, sagte Pastor Hughes immer. Wenn sie einen beißen, dann weil man ein Sünder ist.« Flames Augen wurden glasig, und er bekam Gänsehaut. »Und sie bissen mich. Sie taten mir weh. Sie spürten die Flammen in meinem Blut. Das Böse in meinem Blut zog sie an.«

»Nein …«, hauchte ich.

»Die Kirche tut Menschen weh. Sie halten einen fest und tun den Menschen weh. Und dann sagte er mir, dass er die Flammen vertreiben muss. Er kam jede Nacht, um sie zu vertreiben.«

Flames Körper wurde stocksteif. »Aber nichts half. Die Flammen waren immer noch da. Ich bin immer noch anders. Ich verstehe die Menschen nicht, und sie verstehen mich nicht.«

Ich holte tief Luft und konzentrierte mich auf jedes Wort von ihm. Dann sah er mir in die Augen und sagte: »Ich weiß, dass ich anders bin. Ich weiß, dass ich die Welt nicht so sehe wie alle anderen. Aber ich will deine Welt sehen, Maddie. Selbst wenn es die einzige ist, die ich je verstehen werde.«

Mein Herz schlug schneller, als seine dunklen Augen mich ansahen, und dann, als wir es spürten, wurden wir beide ganz still.

Mein Atem wurde schneller, wir sahen einander in die Augen, und als ich dann den Blick senkte, lag meine Hand auf seiner. Ganz sanft lag sie da, eine kleine Hand auf einer großen. Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben, und versuchte verzweifelt, keine Angst zu haben.

Als ich aufblickte, waren Flames Augen groß wie Untertassen, und sein Kopf zuckte. »Maddie«, flüsterte er und atmete dann scharf aus.

Sein Blick huschte zu unseren aufeinanderliegenden Händen und dann wieder nach oben.

»Du fühlst dich warm an«, flüsterte ich, als ich die Wärme spürte, die seine Haut ausstrahlte. Mein Herz pochte, doch während ich auf unsere Hände starrte, strich ich mit dem kleinen Finger über seine Haut. Flame erstarrte und stöhnte zugleich auf. Aber er nahm die Hand nicht weg.

»Du bist weich«, fuhr ich fort und blickte kurz zu ihm auf. Flame musterte mich. Ich schluckte die Beklommenheit hinunter, die mich unter seinem starren Blick packen wollte. Dann presste er fest die Augen zu und atmete durch die Nase.

Ich beobachtete ihn, und mir wurde es schwer ums Herz, weil ich dachte, er würde die Hand wegziehen. Aber zu meiner vollkommenen Überraschung drehte er die Hand plötzlich um, und seine Handfläche traf auf meine. Ich schnappte nach Luft, als ich die ungewohnte Wärme fühlte. Doch dann spreizte Flame die Finger und verschränkte sie mit meinen. Anfangs war sein Griff sanft, kurz darauf spannten seine Finger sich um meine allerdings an … und wir atmeten einfach weiter.

Wir starrten uns an.

Aber wir atmeten.

Hingerissen von dem Anblick und überwältigt von so vielen Emotionen schwieg ich. Schließlich sagte Flame: »Es ist wie in deiner Zeichnung.«

Ich sah ihm in die Augen und schluckte. »Es ist wie in meiner Zeichnung«, flüsterte ich und hatte Schmetterlinge im Bauch. Ein Gefühl von Hoffnung überwältigte mich, und ich drückte unsere verschränkten Hände stärker.

Flame reagierte nicht.

»Ich kann atmen«, sagte er plötzlich. Licht wallte in mir auf. Ich sah deutlich die Ungläubigkeit in seinem Blick.

»Ich kann atmen«, wiederholte er. Und dann hörte ich ihn leise zählen; elf kleine federleichte Male, als er meine Hand drückte. Ich ließ ihn zählen und sah fasziniert zu, wie er geschockt ausatmete, als er bei elf ankam.

Dann weiteten sich seine Pupillen und er sagte heiser: »Du bist nicht verletzt … ich … ich habe dir nicht wehgetan …«

Ich brauchte mehr Nähe zu ihm, also schob ich mich weiter, sodass unsere Oberkörper sich beinahe berührten. »Ich bin nicht verletzt«, beteuerte ich. Ich spürte die Röte, die mein Gesicht überflutete, und gestand: »Tatsächlich war ich … noch nie im Leben so … zufrieden.«

»Maddie«, flüsterte Flame, und mir ging das Herz auf, als sein Daumen unbeholfen über meinen streichelte. Das Gefühl seiner rauen Fingerkuppe, die über meine Haut streichelte, jagte mir Schauer durch den Leib.

Und dann schnappte ich geschockt nach Luft, als ich spürte, wie sich diese Schauer zwischen meinen Beinen konzentrierten. Ich senkte den Kopf und sah, dass Flames freie Hand seine Hose richtete.

Diese Gefühle … diese Gefühle waren so neu. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Und das alles von nur einer Berührung.

»Maddie«, stöhnte Flame, doch der Tonfall seines Stöhnens hatte sich verändert. Es klang nicht mehr schmerzerfüllt, sondern tief und rau. Es war ein Stöhnen des Verlangens.

»Flame«, flüsterte ich als Antwort. Dann fuhr Flame mit der Zunge über seine Unterlippe, und meine Augen fixierten sich auf seinen Mund.

Ich neigte den Kopf nach vorn und suchte instinktiv nach dem, was mein Herz mich zu nehmen bat. Flame atmete schneller und fragte: »Maddie, was tust du denn da?«

»Ich … ich will wissen, wie sich deine Lippen anfühlen«, gestand ich leise. Flames Hand drückte ein wenig fester.

»Das habe ich noch nie getan«, gestand er. »Ich habe so etwas noch nie getan.« Danach schloss er die Augen, und ich sah, wie seine Lippen bis elf zählten.

Als er bei elf ankam, öffnete er die Augen, doch die Ungläubigkeit war noch da. Er wich zurück und ließ den Blick prüfend über meinen Körper schweifen, als würde er nach Verletzungen suchen.

»Es geht mir gut, Flame«, beteuerte ich wieder, und er senkte den Kopf, sodass seine Stirn meine berührte. Bei dieser neuen Berührung erstarrten wir beide, aber keiner von uns wich zurück.

Und dann bewegte ich die Hand, die immer noch die von Flame umfasste. Sein Körper war steif wie hartes Metall. Allerdings musste ich sein Gesicht berühren, also strich ich mit dem Zeigefinger über seine bärtige Wange. Flames große, panikerfüllte Augen rührten sich nicht von der Stelle, und die Adern an seinem Hals traten hervor.

Als ich sein Kinn erreichte, nahm ich den Finger weg und machte dasselbe noch einmal. Und das elfmal. Als ich bei elf ankam, ohne dass etwas passiert war, zitterten seine Lippen.

»Du bist nicht verletzt«, stellte er fest, und Erleichterung klang in seiner brüchigen Stimme mit.

»Ich bin nicht verletzt«, bekräftigte ich flüsternd. Flames großer nackter Brustkorb rollte ein wenig zur Seite. Mit nach wie vor verschränkten Händen drückte ich meinen Oberkörper ganz leicht an seinen, und wir erstarrten.

Wir atmeten.

Wir starrten uns an.

Flame hob die freie Hand an meine Wange und ließ sie dicht über meiner Haut schweben. In seinen Augen sah ich, wie unbedingt er mein Gesicht berühren wollte. Also legte ich meine freie Hand sachte an seinen Handrücken und drückte seine Handfläche an meine Wange.

Und als er mein Gesicht berührte, befreite sich etwas in mir. Jahrelange Angst. Ich war befreit von der Angst vor Männern und davor, eine Lüge zu leben.

Ich konnte nicht anders als den Anblick vor mir einzusaugen. Unsere verbundenen Hände, an Flames Wange gedrückt, und unsere anderen Hände an meiner Wange. Wieder senkte ich den Blick auf Flames Mund. Als würde er wahrnehmen, dass meine Aufmerksamkeit sich verlagerte, spannten sich seine Bauchmuskeln an und seine Hüften zuckten. Trotzdem konnte ich nicht wegsehen.

Flames Hand an meiner Wange wurde fester, und als ich seine lodernden dunklen Augen auf meinen Mund starren sah, blitzte eine ganz neue Art von Spannung zwischen uns auf.

»Maddie«, stöhnte Flame schwer atmend.

»Flame«, antwortete ich flüsternd, und sein Name kam als belegtes Stöhnen über meine Lippen.

Und dann führte er mich abwärts. Mit der Hand an meinem Gesicht zog er mich nach unten, bis meine Brüste sich flach an seinen Brustkorb pressten. Bei der Berührung erstarrten wir beide.

»Atmen«, sagte ich, als Anweisung sowohl an Flame als auch an mich selbst.

Flame holte tief Luft, und ich tat dasselbe. Als ich innehielt, um den Moment in mich aufzunehmen, wurde mir die schiere Größe von Flames Oberkörper klar. Er fühlte sich größer an als er aussah … aber ich fühlte mich geborgen.

Als Flames Hand über mein Kinn strich, dachte ich wieder an seine Lippen. Meine Hand wanderte von seiner Wange an seinen Mund und fuhr seine Lippen mit der Fingerspitze nach. Flames Hüften zuckten bei der Berührung nach oben, aber er schloss die Augen.

Mit stocksteifem Körper führte er mich die letzten paar Zentimeter tiefer, bis meine Lippen sich auf seine drückten. Bei dem fremdartigen Gefühl machte ich instinktiv die Augen zu. Bei der ersten Berührung blieben wir regungslos liegen, mein Gesicht über seinem, seine warmen feuchten Lippen unbeweglich auf meine gedrückt.

Anschließend streichelte sein Finger über meine Wange, und seine Lippen begannen sich ganz sanft an meinen zu bewegen. Und ich fühlte seinen Kuss bis in die Tiefen meiner Seele.

Flames Mund erforschte weiter meine Lippen, und dann fühlte ich zu meiner Überraschung seine Zunge sachte, zaghaft und nervös in meinen Mund gleiten, und er stöhnte leise auf.

Meine Wangen wurden glühend heiß, und mein Körper fühlte sich ganz anders als je zuvor – lebendig mit Licht und Feuer, und doch geborgen und voll Vertrauen. Ich trieb meine Nerven bis an ihre Grenzen, als meine Zunge scheu der von Flame begegnete. Schauer liefen mir über den Leib, als unsere Zungen vorsichtig miteinander spielten und wir beide die fremdartige neue Situation zu verstehen versuchten. Sanft und vorsichtig zu Anfang, aber dann immer lauter und erhitzter drang ein Stöhnen über Flames Lippen. Seine Zunge drang tiefer in meinen Mund und wurde schneller. Und mir war, als würde ich schweben, als unsere Lippen sich vereinten. Es fühlte sich an, als sei das nicht ich.

Ich war nicht Maddie.

Er war nicht Flame.

Doch schließlich ging mir das Herz auf, als ich mich daran erinnerte, dass das wirklich wir beide waren. Die Hand an meinem Gesicht war seine, und der Mund, der so hingebungsvoll meinen eroberte, gehörte Flame.

Meinem Flame.

Ein weiteres Stöhnen drang aus seinem Mund, und der Laut fuhr mir genau zwischen die Beine. Ich presste sie zusammen und versuchte die Hitze zu lindern. Aber sie ging nicht weg, und außer Atem und völlig durcheinander löste ich meinen Mund von Flames Lippen und schnappte nach Luft.

Flame holte tief Luft und öffnete die Augen. Sein Blick fixierte sich auf mich. Kein Wort fiel, als wir einander in die Augen starrten. Unsere Hände rührten sich nicht vom Fleck. Und wir hörten nicht auf, uns zu berühren.

Und dann zersprang mein Herz und gab sich vollkommen diesem Mann hin, als er ehrfürchtig flüsterte: »Maddie … ich kann dich berühren … ich kann …«

Mit einem kurzen Aufstöhnen schob Flame die Hand an meinen Hinterkopf und drückte mich an seine Brust. Ich konnte sein schmerzhaftes Stöhnen hören, als er gegen die Abscheu vor Berührung kämpfte, als unsere Haut sich berührte. Er schlang die Arme um mich und hielt mich fest. Er kämpfte gegen seine Abneigung vor Berührungen an. Er kämpfte dagegen an, um mich in den Armen zu halten.

Flames große Gestalt umfing meine, und sein starker Halt hielt mich grimmig umfangen. Meine Wange lag an seiner Haut, und mit zitternden Händen bewegte ich die Arme und legte sie um seine Taille, um auch ihn festzuhalten. Er versteifte sich, als meine Arme seine bloße Haut berührten, doch zum Glück hielt er mich fester und atmete lange, beruhigende Atemzüge in mein Haar.

So lagen wir wortlos da.

Und als ich zu fürchten begann, mein Herz würde zerspringen vor Glück und dem Gefühl der Befreiung, was wir gerade fertiggebracht hatten, flüsterte Flame: »Genau wie deine Zeichnung, Maddie. Ich halte dich in den Armen, genau wie in deiner Zeichnung.«