Kapitel 21

Flame

Ich wusste, dass etwas nicht stimmte.

Ich saß an dem Fenster, an dem Maddie immer saß, und mir war klar, dass etwas nicht stimmte. Zwei Stunden waren vergangen, dann drei, dann vier. Als es schließlich Nacht geworden war und ich ihre Zeichnung unserer Umarmung, die ich fest umklammert hielt, nicht länger betrachten konnte, wusste ich, dass etwas ganz gehörig falsch war.

Unfähig, noch eine Minute länger in der Hütte herumzusitzen, warf ich meine Kutte über, schnappte mir meine Messer und marschierte zur Tür hinaus. Ich ging in meine Scheune, ließ mein Motorrad an, und ließ es aufheulen, bis ich das Quartier erreichte.

Dort war alles ruhig. Keine Musik, die durch die Vordertüren plärrte, keine Schlampen, die draußen herumhingen. Ich sprang von der Maschine, stürmte rein – und sah meine Brüder alle total still herumstehen. Mein Blick fixierte sich sofort auf AK, Viking, Hush und Cowboy, und ich runzelte die Stirn. Sie sollten eigentlich unterwegs sein. Sie sollten noch gar nicht zurück sein.

Dann sah ich den Präs und den VP vorn ihm Raum stehen. Ihre Gesichter waren anders als sonst. Und Ky tigerte hin und her, fluchte und rauchte eine Kippe nach der anderen. Sein langes blondes Haar stand in alle Richtungen ab.

Die Flammen fingen zu lodern an. Sie leckten über mein Blut und wurden unerträglich. Es war zu still im Raum. Alles war viel zu still.

Ich holte mein Messer heraus, blickte auf und sah, dass die Brüder mich bemerkt hatten.

»Fuck!«, schimpfte Ky. Styx stand wortlos auf.

Ich blickte von einem Bruder zum anderen – Tank, Smiler, Bull, der Präs, Ky, Hush, Cowboy, und dann AK und Viking.

AK fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar und machte einen Schritt auf mich zu. Tank griff ihn am Arm und schüttelte den Kopf, doch AK riss sich los. »Ich muss es ihm sagen«, verkündete er.

AK kam vier Schritte auf mich zu. Ich zählte jeden Schritt mit und fauchte schließlich: »Was ist hier los, verdammt?«

AK atmete aus und sagte: »Es geht um deine Kleine, Bruder. Maddie und ihre Schwestern sind aus der Kirche verschwunden. Ky war dort, um nachzusehen, als seine Old Lady ewig nicht anrief, damit er sie abholt, und die Kirche war leer. Pastorin, Bräute, das Mädchen, alle weg. Wir glauben, dass sie entführt wurden. Deshalb wurden wir früher von der Fahrt zurückgerufen. Wir sind gerast wie die Irren, um herzukommen, für den Fall, dass wir irgendwem einen Besuch abstatten müssen. Und wir wissen verdammt genau, wer das wohl gewesen sein muss. Klan oder Bibelfreaks.«

»Nein«, flüsterte ich und spürte, wie mein Herz das Höllenfeuer schneller durch meine Adern pumpte. Meine Muskeln spannten sich an, als ich daran dachte, was er gesagt hatte. Maddie. Meine Maddie. Die Kirche. Diese verdammte Kirche. Die hatten ihr wehgetan. Sie hatten ihr Schmerzen zugefügt – hatte ich es doch gewusst.

»Die werden ihr wehtun«, zischte ich und merkte, dass ich am ganzen Leib zitterte. »Die haben sie mir weggenommen. Und sie werden ihr wehtun.«

AK trat zurück, und ich sah, dass alle anderen Brüder mich musterten. Ich spürte, dass alle Augen auf mich gerichtet waren. Voll Spott.

Aber der Zorn, der Zorn packte mich. Ich ballte die Hände zu Fäusten, rasende Wut machte sich in mir breit, und dann legte ich den Kopf in den Nacken und gab ein lautes Brüllen von mir. Doch das reichte nicht, denn die Flammen brannten immer heißer, und mein Blut war dick und heiß wie Lava.

Ich steckte das Messer in meinen Gürtel, machte einen Satz nach vorn und packte den Tisch vor mir. Ich warf ihn um und hörte, wie er krachend umfiel, aber es war nicht genug. Danach kam ein Stuhl. Ich hob ihn hoch und warf ihn an die Wand, wo das Holz in Stücke zerbarst. Die Wut war allerdings nach wie vor da. Ich packte noch einen Stuhl, dann noch einen und zerschlug sie einen nach dem anderen. Doch das brachte keine Erleichterung. Alles, was ich in meinem Kopf sehen konnte, war Maddies Hand in meiner. Ihre Lippen auf meine gepresst. Ihre Arme um meine geschlungen. Das war alles, was ich sah. Ich tigerte auf dem Holzboden hin und her und sah nur ihr Gesicht vor mir.

Und daraufhin sah ich sie gefesselt in der Kirche. In dieser gottverfluchten Kirche! Ich konnte vor mir sehen, wie sie schrie. Ich konnte sehen, dass sie Schmerzen hatte. Und ich ertrug es nicht. Ich hielt das verdammt noch mal nicht aus!

Dann dachte ich daran, dass sie verschwunden war, nicht mehr an meiner Seite, und blieb wie angewurzelt stehen. Keine Maddie in meiner Hütte. Keine Maddie, die neben mir lag und mir half, einzuschlafen. Und keine Maddie, die meine Hand hielt, mein Gesicht streichelte und für mich sang …

Unfähig, das Gefühl zu ertragen, das mich von innen zerriss, fiel ich auf die Knie, und alles Feuer verschwand aus meinem Blut.

Auf Knien wiegte ich mich vor und zurück, und mein Herz schmerzte, weil sie weg war. Ich griff nach dem Messer, aber dieses Gefühl in mir war etwas Neues, das ich nicht ausblenden konnte. Es waren nicht die Flammen. Es war nichts, das ich mit meiner Klinge freilassen konnte. Es war mein Herz ohne sie. Ohne sie war es finster und leer. Und ich konnte nichts tun, um das Gefühl zu vertreiben.

Mir wurde so eng in der Brust, dass ich keine Luft bekam, und anschließend kamen Geräusche aus meinem Mund. Geräusche, die ich nicht kannte.

Im Raum war es ganz still geworden, bis auf die Laute von mir. Dann hörte ich: »Fuck, Flame … Bruder …«

AK und Viking fielen vor mir auf die Knie. »Flame, Shit.«

Ich wiegte mich vor und zurück und presste die Hand über mein Herz. »Sie ist weg«, krächzte ich und sah meine besten Freunde an. »Und ich kann nicht atmen. Hier drin ist es finster und leer, und sie ist weg. Ich kriege das Gefühl nicht weg.«

»Was ist los, verdammt?«, hörte ich jemanden fragen.

»Er hat Anspruch auf Madds erhoben«, antwortete AK, ohne mich aus den Augen zu lassen, und zog seine ausgestreckte Hand zurück, die mich fast berührt hatte. »Endlich sind die beiden zusammen, und jetzt ist sie weg. Wie du sehen kannst, kommt er damit nicht besonders gut klar.«

»Ja, leck mich doch. Flame und Madds?«, brummte jemand. Ich hob den Blick und sah Ky und Styx auf uns zukommen.

»Sie gehört mir«, sagte ich und sah Ky nicken.

»Wissen wir, Bruder«, antwortete er heiser.

»Wir müssen sie zurückholen. Ich brauche sie zurück. Ich kann nicht ohne sie leben.«

Styx wandte sich ab, barg den Kopf in den Händen, und Ky erklärte heiser: »Ich weiß. Und mir geht es verdammt genauso. Wir fühlen alle dasselbe.« Aber das konnte er gar nicht. Keiner von ihnen. Denn er hatte die Flammen nicht in sich. Er hatte nicht meine Flammen in sich, die nur Maddie fernhalten konnte.

Die Stille hing schwer im Raum, als plötzlich Tanner hereinstürmte.

»Was?«, fragte Ky barsch.

»Ich habe sie. Das GPS-Signal ist jetzt aus, wurde wahrscheinlich zerstört, aber zuletzt habe ich sie etwa eine Stunde nördlich von hier aufgespürt. Der letzte Messwert ist nur ein paar Minuten alt. Ich habe auf die Karte gesehen, das ist irgendeine Geisterstadt. Das Signal kam aus der Fabrik.«

»Shit. Das ist da, wo wir immer die Übergaben mit den Russen gemacht haben«, sagte Ky zu Styx, als er auf die Karte sah, die Tanner ihm hinhielt.

In Sekundenschnelle war ich auf den Beinen.

»Warte!«, rief Tanner, und ich blickte zurück und wippte auf den Füßen. »Könnte eine Scheißfalle sein, Flame.«

»Ist mir scheißegal«, fauchte ich. »Ich hole meine Maddie. Und die Wichser, die dafür verantwortlich sind, gehören mir. Ich will ihr Blut. Ich will ihren Tod. Sie sollen durch meine Hände sterben.«

So schnell war ich noch nie im Leben gefahren. Meine Harley fraß Asphalt wie ein gottverfluchter Dämon.

Ich konnte hören, wie meine Brüder hinter mir auch Gas gaben, aber ich fuhr an der Spitze. Ich pfiff auf die übliche Clubformation und darauf, dass eigentlich Styx vorne fuhr. Ich konnte nur noch an Maddie denken. Ich fragte mich, ob sie verletzt war. Ob sie immer noch dort war. Ob die sie getötet hatten.

Meine Hände am Lenker zitterten, als ich die Maschine hochjagte, aber es war nicht mehr weit, denn die Hauptstraße wich schon der Straße in die Geisterstadt. Genau die Geisterstadt, wo sie auf mich wartete.

Die ersten verfallenen, leeren Häuser kamen in Sicht – alte Häuser, Läden und Kirchen. Die Fabrik war weiter draußen. Ich gab Gas und trieb meine Maschine ans Limit, als ich über die Hauptstraße röhrte, und dann sah ich in der Ferne die Umrisse des alten grauen Fabrikgebäudes.

Ich hatte Herzklopfen, als ich näher kam. Ich wurde langsamer und sah mich suchend nach Maddie um. Doch da standen nur zwei grinsende Wichser in Schwarz.

Und ich ließ die Flammen Besitz ergreifen.

Und mit ihnen die Mordlust.

Ich bog auf den Schotterweg ein, der zur Fabrik führte, machte den Motor aus und schwang mich vom Motorrad. Hinter mir hörte ich noch mehr Maschinen ausgehen, aber meine Beine trugen mich vorwärts. Die Männer in Schwarz kamen auf uns zu, Skimasken über dem Kopf, doch ich blieb nicht stehen, um mir anzuhören, was auch immer die mir zuschrien. Mein Blut rauschte und übertönte jedes Geräusch bis auf meinen Herzschlag und meine heftigen Atemzüge.

Nur noch wenige Schritte entfernt, griff ich nach den Messern im Gürtel und packte sie mit beiden Händen. Ich stürmte los, schlitzte dem ersten Wichser die Kehle auf und jagte dem anderen das Messer in die Brust.

Der mit der aufgeschlitzten Kehle stolperte rückwärts und fiel zu Boden. In Sekundenschnelle saß ich auf seinem Brustkorb und riss ihm die Skimaske vom Kopf, um sein Gesicht zu sehen. Als sein sterbender Blick meinem begegnete, hob ich das Messer, drückte es auf seine Stirn und trieb es ihm direkt durch den Schädel.

Ich riss das Messer aus der Leiche und wandte mich dem nächsten Scheißkerl zu – der stand schon mit einem Bein im Hades beim Fährmann.

Ich zog die Klinge aus seiner Brust, und mit einem Messer in jeder Hand fing ich an, auf seinen Oberkörper einzustechen: Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, elf …

Ich keuchte und mein Blick fokussierte sich wieder, sah aber nichts als einen aufgerissenen Brustkorb, bis eine Bewegung hinter mir meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Styx und Ky an der Fabrik. Styx und Ky, die ihre Mädchen in den Armen hielten. Ich sprang auf, wischte die Klingen am Gras ab, steckte sie wieder in den Gürtel und schrie: »Maddie!«

Ich rannte zum Fabrikgebäude, und da stürzte eine kleine Gestalt auf mich zu. Maddie … und sie kam genau auf mich zu.

»Flame!«, hörte ich sie nach mir rufen. Mein Herz schlug schneller, weil ihre Stimme so brüchig und traurig klang. Sie hob ihr Kleid an und rannte durch das hohe Gras, und Sekunden später sah ich ihr Gesicht.

Sie war ganz blass. Ihre grünen Augen waren müde und gerötet, aber sie sah nicht verletzt aus. Zum Glück tat sie das nicht. Als sie näher kam, pochte auch mein Puls immer stärker. Als sie bloß noch wenige Schritte entfernt war, blieb ich wie angewurzelt stehen. Sie auch.

Tränen liefen ihr über die Wangen, aber sie einfach zu sehen, vertrieb jedes schlechte Gefühl aus meinem Herzen. Und ich konnte atmen. Wir standen da, im hohen Gras, und starrten einander nur an. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich machte die Augen fest zu und zwang mich, einen Schritt nach vorn zu machen.

Und dann, als ich genau vor ihr stand, streckte ich die Hand nach ihr aus und nahm ihre. Maddie schnappte nach Luft, als wir uns berührten, und drückte meine Hand. Ich schaute ihr ins Gesicht, und meine Kehle war wie zugeschnürt. Sie war so wunderschön. Und ihr Gesichtsausdruck. Es war der Ausdruck, den sie hatte, als ich sie in meinen Armen gehalten hatte. Als ich sie geküsst hatte.

»Flame …«, flüsterte Maddie. Sie holte hastig Luft und sagte: »Ich brauche es jetzt, dass du mich in den Armen hältst. Ich muss deine Arme um mich spüren, damit ich mich sicher fühle. Denn im Moment tue ich das nicht.«

Mit einem tiefen Aufstöhnen zog ich an Maddies Arm und drückte sie an mich. Kaum lag sie in meinen Armen, machte ich mich auf das Unbehagen gefasst, doch das kam nicht. Die Flammen blieben weg, und Maddies Arme legten sich um meine Taille, dann unter meine Kutte, bis ihre bloßen Hände meine Haut berührten.

Ich zog zischend die Luft ein bei dem immer noch ungewohnten Gefühl, aber ich … ich mochte es … ich wollte sie nicht abschütteln …

»Flame …«, flüsterte Maddie. Ich hielt sie fester. »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen.« Sie löste sich von mir und sagte mit tränenschimmernden Augen: »Alles, woran ich denken konnte, als sie uns entführten, warst du.« Maddie nahm mein Handgelenk und hob es hoch. Sie nahm meine Hand, hob sie an ihren Mund und drückte mir einen Kuss auf den Handrücken.

Ich schloss die Augen, und mein Schwanz in der Hose zuckte bei ihrer Berührung. »Öffne die Augen«, befahl Maddie, und ich gehorchte. Sie war näher gekommen und blickte zu mir auf. »Küss mich«, flüsterte sie, während ihr noch eine Träne über die Wange lief. »Küss mich und beweise mir, dass du hier bist.«

Meine Hände wanderten an ihren Armen nach oben, und ich legte die Hände an ihre Wangen und drückte meine Lippen auf ihre.

Maddie stöhnte leise und kehlig, als unsere Lippen sich trafen, hielt sich am Saum meiner Kutte fest und zog mich näher zu sich. Dieser Laut aus ihrem Mund fuhr mir direkt ins Herz, das darauf loshämmerte wie eine Trommel.

Maddie löste sich wieder, und ihre Augen blinzelten, einmal, zweimal, dreimal. »Maddie«, flüsterte ich, und ein leises Lächeln spielte um ihre Lippen.

Neben uns war ein Räuspern zu hören, und ich hob ruckartig den Kopf und drückte Maddie an meine Seite. Ich sah mich suchend um und stellte fest, dass die Brüder alle um uns herumstanden und mich mit offenem Mund anstarrten. Offenbar waren sie geschockt. Maddie drückte den Kopf an meine Brust, und ich spürte die Wärme ihrer Wangen auf meiner bloßen Haut.

Ich fletschte die Zähne, drauf und dran, allen zu sagen, dass sie sich verpissen sollten, doch da kamen Styx und Ky mit Mae und Lilah auf mich zu.

Mae hatte sich an Styx gewandt. »Nein! Bitte! Verfolgt ihn nicht. Er hatte das nicht geplant. Und er hat uns gehen lassen. Ich habe mit ihm gesprochen. Er wirkte verwirrt und verloren … aber er hat uns freigelassen.«

»Wieso zum Henker hat er euch einfach gehen lassen?«, rief Ky.

Mae, in Styx’ Arm, zuckte mit den Schultern. »Es war der Plan seines Zwillingsbruders, dass Sarai so tun sollte, als sei sie geflohen. Alles, was sie sagte, war eine Lüge, um einen Weg zu finden, uns aus dem Quartier zu locken, damit wir allein waren. Die Kirche war die perfekte Ausrede dafür. Ich denke … es wirkte, als hätte Cain absolut nichts davon gewusst. Er war wütend auf seinen Bruder. Und er war außer sich vor Zorn, weil Sarai uns hierhergebracht hatte.«

»Und Sarai hat Pastorin James getötet. Sie hat sie einfach in den Kopf geschossen, ohne jede Reue«, fügte Lilah hinzu. Ihre Stimme war leise und zitterte vor Schock.

Ky drückte sie an sich. »Also haben wir es jetzt mit verdammten Kindersoldaten zu tun? Na, perfekt!«

Styx gab Mae Handzeichen, und ich sah zu, wie er fragte: »Ich kapiere nur nicht, wieso Rider euch freigelassen hat. Er wollte dich doch schon seit Monaten. Ist das denn nicht der Grund, wieso wir ständig bei Übergaben angegriffen werden und der ganze Scheiß? Was ist mit ihm los?«

Lilah wandte sich an Mae. Die löste sich von Styx und schob sich das Haar aus dem Gesicht. Styx konzentrierte sich auf seine Braut. »Weil ich ihm etwas gesagt habe, das die Prophezeiung, dass ich seine Frau werde, geändert hat. Genau gesagt, hat es die Prophezeiung vollkommen vernichtet.«

»Und was in aller Welt war das?«, fragte Ky stirnrunzelnd.

Mae holte tief Luft, griff dann nach Styx’ Hand und drückte sie flach auf ihren Bauch. »Ich erwarte ein Kind.«

Ich sah Styx an, und sein Gesicht war komplett leer geworden. Sein Blick senkte sich auf seine Hand auf Maes Bauch. Er schluckte.

»Fuck, Styx«, flüsterte Ky. Darauf schaute Styx wieder in Maes Gesicht – und sein Mund verzog sich zu dem breitesten Lächeln, das ich je gesehen hatte. Er legte die Arme um Maes Nacken und drückte sie fest an sich. Ich konnte hören, wie er ihr etwas ins Ohr flüsterte, und Mae fing an zu schluchzen.

Ich drückte Maddie fester und spürte genau dieselben Gefühle in mir wie die beiden. Dann schloss ich die Augen, als Maddies Hand über meinen Bauch zu streicheln begann, und als ihre warmen Lippen einen Kuss auf meine Brust drückten, erstarrte ich.

Alle Brüder umarmten Styx, aber ich würde das nicht tun, und selbst wenn ich den Präs anrühren könnte, würde ich Maddie auf keinen Fall loslassen. Ich wollte sie nach Hause in unsere Hütte bringen, und ich wollte sie noch mehr küssen … ich wollte … ich wollte …

»Also warten wir jetzt einfach darauf, dass sie wieder angreifen?«, fragte Ky Mae. Sie schüttelte den Kopf.

»Ich denke nicht, dass Rider noch einmal auf uns losgeht. Ich kenne ihn, und ich konnte es in seinen Augen sehen. Ich denke nicht, dass sein Leben in Neu Zion ganz so ist, wie es sein sollte.« Mae holte tief Luft, blickte auf zu Styx, der mit einer total verständnislosen Miene immer noch die Hand auf ihren Bauch gelegt hatte, und sagte: »Ich denke, es könnte endlich vorbei sein für uns und den Orden. Ich spüre, dass Rider uns nicht mehr verfolgen wird und er vielleicht erkannt hat, wie falsch sein Weg war.«

»Der Wichser hat nach wie vor den Tod verdient«, widersprach Ky finster. Ich nickte zustimmend und knirschte mit den Zähnen bei der bloßen Vorstellung, dass ich dem Scheißkerl ein Messer ins Gesicht rammte.

Aber Styx antwortete nicht, sondern legte die Arme um seine Braut und marschierte zurück zu seiner Maschine.

Ky wandte sich an die Brüder. »Schätze, das ist unser Stichwort zu fahren. Der Präs will seine schwangere Frau zu Hause in seinem Bett haben!«

Ich verlor keine Zeit. Ich hob Maddie in meine Arme, marschierte durch das hohe Gras zu meiner Maschine und stellte sie daneben wieder auf die Füße. Smiler und Bull schleiften die Leichen weg, und ich war verdammt froh, dass Maddie nicht sah, was ich getan hatte.

Ich stieg auf das Motorrad und wies mit dem Kopf auf den Sitz hinter mir. »Steig auf.«

Maddie starrte auf den Sattel und schüttelte den Kopf. »Ich bin noch nie auf so etwas gesessen.«

Ich legte meine Hand in ihre und sagte: »Steig einfach auf und leg die Arme um meine Taille. Ich fahre langsam. Dir wird nichts passieren. Ich lasse nicht zu, dass du dir wehtust.«

Maddies Schultern sanken herab, und sie schaute mir in die Augen und sagte leise: »Ich weiß.«

Mein Herz fing wieder zu hämmern an, als Maddie hinten aufstieg. Ihr langes Kleid schob sich nach oben, und ihre bloßen Beine schmiegten sich an meine. Und ich konnte nicht wegsehen. Ich konnte nicht aufhören, auf ihre nackten Beine zu schauen, und mein Schwanz wurde hart und drückte gegen meine Hose. Dann legten sich ihre kleinen Hände um meine Taille und ich stöhnte hörbar auf.

Ich hörte Maddie nach Luft schnappen. Anschließend drückte sie mir einen Kuss auf die Schulter und hielt sich fester an meiner Taille. Ich machte die Augen zu und musste die Hände zu Fäusten ballen, um mich wieder zu beruhigen.

Ich war total durcheinander. Ich verstand die Gefühle nicht, die mir da durch den Leib tobten. Ich wusste nur, dass Maddie sich noch nie so perfekt angefühlt hatte wie genau jetzt, als sie mich umarmte. Und die Hitze in meinem Blut hatte nun einen anderen Grund. Keine Flammen, aber Hitze. Hitze, die mir genau in den Schwanz jagte.

Maddie holte abgehackt Luft und flüsterte: »Flame …« Ich versteifte mich, als ihr Tonfall anders wurde, und meine Lungen schnürten sich total zu.

Ich ließ die Maschine an und fuhr auf die Straße. Mit Maddie hinter mir fuhr ich langsam. Meine Brüder waren längst weg, und hier auf der Straße gab es bloß Maddie und mich. Ihre Hände lagen flach an meinem nackten Bauch, und ihr warmer Atem wehte mir ins Ohr.

Ich biss die Zähne zusammen, versuchte mich zu konzentrieren und zu Atem zu kommen, doch ich konnte nur noch daran denken, Maddies Lippen mit meinen zu berühren … und diese nackten Beine zu spüren. Die Beine, die ich unter ihrem langen Kleid noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Und dann fragte ich mich, wie sie wohl ganz ohne das Kleid aussehen würde. Ob ihre Haut überall glatt war, und wie es sich anfühlen würde, wenn ihr nackter Körper sich an meinen drückte.

Ich stöhnte, als mir das Bild durch den Kopf ging, aber dann wurde es mir schwer ums Herz, als ich daran dachte, was geschehen wäre, wenn Rider sie nicht freigelassen hätte. Wenn sie nie zu mir zurückgekommen wäre. Meine Hände umklammerten den Lenker. Wir hatten noch Meilen vor uns, bis wir zu Hause ankamen, doch ich musste anhalten. Das musste ich unbedingt.

Ich bog scharf nach links auf ein dunkles Erdfleckchen und machte den Motor aus. Ich atmete ein und aus, ein und aus, und Maddie saß immer noch hinter mir. Aber das Gefühl ging nicht weg, und ich stieg vom Motorrad. Ich lief neben der Maschine hin und her und hob den Blick. Maddies riesige grüne Augen schauten zu mir auf, und ihre Wangen waren gerötet und ihre Lippen voll. Und diese Beine, diese Beine waren direkt vor meiner Nase.

Ich stöhnte und fuhr mit der Hand durch meinen Iro, und dann blieb ich stehen. Mein Herz pochte so laut wie Donner, und ich konnte nicht aufhören, Maddie anzusehen … diese nackten Beine.

Schließlich stöhnte ich tief auf, stürmte zu meinem Motorrad und schwang ein Bein über den Sattel, den Rücken zum Lenker und den Blick zu Maddie. Sie schluckte, als ich so vor ihr saß, und ich rutschte näher zu ihr und hob die Hände an ihre Wangen. Maddie atmete schwer, und als ich ihre heißen Wangen an meinen Händen spürte, rutschte ich noch näher und drückte meine Lippen auf ihre.

Maddie seufzte an meinem Mund. Mir gefiel ihr Mund an meinem, doch das reichte nicht. Ich wollte näher. Ich wollte ihr so nahe kommen, wie ich konnte. Die Flammen waren nicht da, und ich musste die Finsternis in meinem Herzen mit ihrem Licht vertreiben.

Als Maddies weicher Mund sich öffnete, drückte ich meine Zunge an ihre, und sie stöhnte auf. Sie war heiß und feucht, und meine Zunge bewegte sich schneller, aber es fühlte sich nicht so an, als sei es genug. Ich nahm eine Hand von ihrem Gesicht, strich über ihren Arm, ihre Taille und oben an ihren Oberschenkel. Dann fuhr ich noch tiefer, bis meine Hand ihren nackten Schenkel berührte.

Maddies Zunge wurde reglos, und ich wich zurück und starrte ihr in die Augen. Meine Hand lag flach auf ihrer bloßen Haut. Und ich konnte die Augen nicht von dem Anblick abwenden. Ihre Haut war so weich, so blass, und ich musste mit der Hand darüberfahren, um sie zu fühlen.

Meine Hand wanderte nach unten, und als ich an ihr Knie kam, wanderte sie wieder nach oben, bis ich das obere Ende ihres Oberschenkels erreichte und meine Finger unter ihr Kleid glitten. Maddies Hüften bewegten sich vorwärts, und sie schnappte geschockt nach Luft. Ihre grünen Augen funkelten, und mir wurde es schwer ums Herz.

»Hab keine Angst«, sagte ich und fuhr mit dem Finger über ihre Wange.

Maddie schloss die Augen und seufzte, doch als sie wieder aufgingen, holte sie tief Luft und flüsterte: »Ich habe keine Angst. Ich … ich kann nicht erklären, was ich gerade fühle.«

Mein Schwanz zuckte wieder, und ich schüttelte stöhnend den Kopf. »Maddie, ich … ich … ich brauche …«

»Ich weiß«, antwortete sie heiser. Sie hob die Hand an mein Gesicht. »Ich verstehe dich, Flame. Und ich fange an, mich selbst zu verstehen. Was du und ich füreinander bedeuten.«

»Und was ist das?«, fragte ich schroff.

Maddie senkte den Kopf. »Alles.« Mein Herzschlag setzte aus, und dann hob sie den Kopf und sagte: »Liebe.« Maddies Hand legte sich auf ihr pochendes Herz, und sie flüsterte: »Für mich bist du der Einzige, den ich je lieben könnte.«

Ich kämpfte gegen den Kloß in meinem Hals an. Aber nach dem, was sie mir gerade gestanden hatte, während meine Hand auf ihrem Bein lag, schaffte ich das nicht. Ich kriegte einfach keine Luft. Stöhnend presste ich wieder meine Lippen auf ihre, doch Maddie drückte die Hand an meinen Brustkorb und sagte einfach nur: »Flame, bring uns nach Hause.«

Ihre Wangen waren gerötet, aber ich nickte. Ich nahm die Hand von ihrem Bein und ballte sie zur Faust. Es fühlte sich anders an. Sie so intim zu berühren war etwas ganz Einzigartiges.

Dann lag Maddies Hand in meiner, und sie sagte: »Lass uns nach Hause fahren. Ich möchte«, sie holte tief Luft, lehnte sich vor, legte ihre Stirn an meine und fuhr fort, »ich möchte mit dir allein sein. Ich möchte … dich mehr berühren. Ich möchte mehr von dir sehen … ich denke, ich möchte … ich muss dir meine Liebe zeigen.«

Ich ließ ihre Hand los und drehte mich auf dem Sattel um. Meine Haut fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Meine Seele fühlte sich an, als stünde sie in Flammen. Doch dieses Mal wollte ich, dass die Hitze blieb. Denn sie brannte die schlimmen Erinnerungen in meinem Kopf weg und füllte mich mit Maddies Licht.

In meinem verkorksten Kopf war Maddies Licht.

Als ich die Maschine anließ, legte sich ihre Hand tief auf meinen Bauch, und mein Schwanz reckte sich nach ihrer Berührung. Und mit dem Mund an meinem Ohr sagte sie: »Nach Hause, Flame. Bring uns nach Hause.«

Darum musste sie mich nicht zweimal bitten.