15. Das Kloster
Das Kloster thronte hoch oben auf dem Berg, umgeben von Schnee und nacktem Fels, eine Monstrosität aus grauem Stein. Mit dem Königspalast unten im Tal hatte es nichts gemein. Kein Licht schien aus den Fenstern. Keine verspielten Erker und Balkone, keine Fahnen, nicht einmal Wachen waren zu sehen. Die Mauern schienen mit dem Berg zu verschmelzen, das Eingangstor war an die fünfzig Lanzen hoch. Ein Tor für einen Gott, und da es zu schwer war, um es zu bewegen, stand es Tag und Nacht offen.
Sie würden es mit Hilfe von Magie schließen, wenn die Mönche sich jemals bedroht fühlen sollten. Doch wer würde es wagen, herzukommen und den Orden des Eises zu bedrohen? Allein der Gedanke war lächerlich. Niemand kam hierher, niemand griff an. Gegen ein Kloster des Ordens zu Felde zu ziehen, das würden nur Wahnsinnige wagen.
In den gigantischen Hallen und Sälen verloren sich Ke-Achans Schritte. Nirgends fühlte er sich kleiner als hier. Die unbarmherzige Bergwelt draußen zeigte einem Menschen seine Grenzen auf, vermochte es, ihn mit Ehrfurcht zu erfüllen und zum Schweigen zu bringen. Doch das Kloster war auf eine Weise einschüchternd, die damit kaum zu vergleichen war. Das Gebirge war schön. Die verschneiten Hänge in der eisigen Kälte waren erhaben, sie atmeten Stille.
Doch dieser Ort, diese Mauern und die Leere in den hallenden Räumen, war mehr als einschüchternd. Die kahlen Wände, die leeren Flure, die Kälte, die in diesem Gebäude wohnte – es war ein Haus ohne Seele. Der Palast unten in Berrin hatte Ke-Achan besser gefallen. Die überbordende Pracht war zwar beinahe zu viel für seine Sinne, die an die Leere des Klosters und das eintönige Schneeweiß der Bergwelt gewöhnt waren, doch er konnte nicht leugnen, dass er es auch genossen hatte. Die vielen Menschen in ihren hübschen Kleidern, mit ihren albernen kleinen Geheimnissen und Affären. Die stolze Königin, die so entsetzt gewesen war über das, was er ihr angetan hatte. Sie war schön und stark, weder zum Jammern noch zum Klagen aufgelegt, entschlossen und zornig. Das konnte er respektieren. Es hieß, sie würde immerzu weinen, und oft genug hatten er und seine Brüder sich darüber lustig gemacht, über diese jämmerliche Königin der Tränen, die in ihrem Palast hockte wie eine gemästete Taube und in ihrem Unglück schwelgte.
So war Le-Iva nicht. Ganz und gar nicht. Sie hatte nachdenklich aus dem Fenster gesehen, in Gedanken verloren, aber er hatte keine einzige Träne gesehen.
Und als er sie mit der Eisblume gezeichnet hatte, war sie vor allem wütend gewesen. Nicht erschrocken, nicht in Panik, ohne irgendein Zeichen von Angst. Nur wütend und zu allem entschlossen. Sie war nicht seine Mutter. Das war völlig unmöglich. Was für einen Unsinn diese silberhaarige Göttin geredet hatte.
Ke-Achan stieg die Treppe hinunter, die vom Thronsaal zur Eingangshalle führten. Die Treppe war so breit wie hoch, an die hundert Lanzenlängen, und er kam sich winzig vor. Wenigstens waren die Stufen an beiden Seiten klein genug für menschliche Beine. Die Stufen in der Mitte waren mannshoch, nur für einen Gott zu beschreiten. Doch es kam selten vor, dass der Gott sie benutzte. Er pflegte nicht durch das Kloster zu wandern wie ein schlafloser Monarch oder sich gar auf den gigantisch großen Thron im Saal zu setzen. Wenn, dann kam Keioron ins Heiligtum, um die Luft dort mit seiner Gegenwart zu verpesten – mit seiner Kälte, seiner schlechten Laune, seiner ewigen Unzufriedenheit. Selbst das Heiligtum betrachtete er stets mit unverhohlener Verachtung. Für Keioron, den Gott des Eises, war nichts jemals gut genug. Ihre Bemühungen, ihre Opfer, ihr Leiden waren für ihn genauso wertlos wie das Kloster, für dessen Errichtung das Blut Zehntausender vergossen worden war.
Das Eingangsportal stand weit offen, um Wind und Schnee hereinzulassen. Ein Eiswolf lag auf der Schwelle und gähnte, wobei seine funkelnden Eiszähne sichtbar wurden. Er war kein richtiges Tier aus Fleisch und Blut, sondern ein Wesen aus Eis und Schnee, geschaffen von der göttlichen Kraft. Solange er sich keiner Wärmequelle näherte, würde er sein kleines, seelenloses Leben leben können – oder bis ihn einer der Brüder beim Kampftraining in Stücke schlug. Eine spiegelglatte Eisfläche überzog den Eingangsbereich. Ein gewöhnlicher Mensch wäre ausgerutscht, doch Ke-Achan schritt darüber hinweg, als wäre kein Eis zwischen seinen Schuhsohlen und den steinernen Fliesen. Er stieg über den Eiswolf, der träge blinzelte, und trat hinaus in den Hof.
Der Himmel war von einem blassen Blau, so hell, dass es in den Augen schmerzte. Zu seiner Rechten und zu seiner Linken fanden Trainingskämpfe statt, doch Ke-Achan blieb nicht stehen, um den Mönchen dabei zuzusehen, wie sie wilde Tiere aus Eis erschufen und dann gegen die mit spitzen Zähnen und überlangen Krallen bewehrten Ungeheuer kämpften. Ein Löwe aus Eis brüllte, es klang, als würden Eisschollen gegeneinanderkrachen. Ein Adler, so durchsichtig, als bestünde er aus Glas, schwebte über den Kämpfern und hackte mit einem Schnabel, der Schädel spalten konnte, gegen einen jungen Mönch, der elegant um seine eigene Achse wirbelte, dem Schnabel und den furchterregenden Krallen auswich und den Vogel mit einem wohlplatzierten Tritt zerschmetterte. Zwei Brüder setzten sich gegen einen Schneeriesen zur Wehr, der doppelt so groß war wie sie. Er mochte schnell sein, doch sie waren schneller, und eine Erschütterung ließ den Boden vibrieren, als das künstliche Geschöpf auf den Rücken prallte und zu einem Schneehaufen zerfiel.
Sie kämpften gegen Monster, die keine Gnade kannten. Echte Tiere und Menschen waren dagegen kaum noch eine Herausforderung. Und doch konnte es dem besten Krieger zum Verhängnis werden, wenn er seinen Gegner unterschätzte und sich selbst für unbesiegbar hielt.
Ke-Achans Dienstplan sah vor, dass er später einige der jüngeren Brüder unterrichten würde, doch noch blieb ihm ein wenig Zeit für sich. Er hatte nicht vor, auch nur eine Stunde mehr zu opfern, als er musste. Wenn er sich beeilte, würde er es bis hinunter ins Tal schaffen, wo er den Palast von seinem Aussichtspunkt aus beobachten konnte. Eine Tätigkeit, an der er mehr und mehr Gefallen fand. Wenn er Glück hatte, würde er die Königin sehen, die im Hof ihren Soldaten beim Manöver zuschaute. Sie rief Soldaten zusammen – wie niedlich. Le-Iva zu beobachten war eine besondere Art von Vergnügen. Ihr Zorn fachte etwas in ihm an, das er seit Langem verschüttet geglaubt hatte – seinen eigenen Zorn. Zu sehen, wie sie gegen die Angst ankämpfte – denn niemand konnte ihm erzählen, dass sie überhaupt keine Angst empfand –, war inspirierend.
Sie konnte nicht seine Mutter sein. Er war eine Waise, eins der Kinder, die man dem Kloster geopfert hatte. Was Nara ihm erzählt hatte, ergab überhaupt keinen Sinn.
Wie immer hatte er sein Messer dabei. Während das Geschehen unten im Palasthof zu weit entfernt war, um Genaues zu erkennen, würde er sich dennoch daran erfreuen, zu wissen, dass Le-Iva ihre Vorbereitungen traf, um in den Krieg zu ziehen. Er würde etwas schnitzen und als Geschenk dalassen – auf einem Weg, den die Kräuterkundigen nahmen oder die Heilmagier. Niemand sonst hatte einen Grund, so hoch hinauf in die Berge zu steigen. Bis jetzt hatte noch jede seiner Gaben ihren Weg zur Königin gefunden. Davon hatte er sich selbst überzeugt. Sie sammelte alles – jeden Stab, in den er Eisblumen geritzt hatte, jeden geschnitzten Eisfuchs, jedes Holzplättchen, in das er Gedichtzeilen oder die Gesetze der Götter eingravierte. Und hin und wieder ließ sie ihm ebenfalls Geschenke da – Steine, auf denen ihr Hofzauberer leuchtende Buchstaben hinterlassen hatte. Verse, Prophezeiungen, Drohungen. Alle ihre Gegengaben enthielten Drohungen.
Oh, war sie nicht einfach herrlich? Und wenn Keioron mit ihr fertig war – ja, es wäre ein Verlust. Ke-Achan versuchte, sich nicht vorzustellen, was er empfinden würde, wenn der Gott die Königin von Berrin vernichtet hatte. Bedauern, vielleicht sogar Trauer. Würdige Feinde waren so selten wie Blumen, die im Schnee überlebten.
Etwas Farbiges erregte seine Aufmerksamkeit. Im Grau der Mauern und dem Weiß des Schnees war etwas Buntes so herausstechend wie ein Blutstropfen auf nackter Haut. Er blieb stehen, während er die Fahne betrachtete, die sich im Wind entfaltete. Sie schimmerte golden im Licht, ein Fetzen Stoff mit zerfransten Kanten und dem Abbild einer Eisblume. Die fein gezeichnete rote Blume war ein Abdruck von Le-Ivas Wunden. Ke-Achan hatte den Vorhang durchgeschnitten und auf den Rücken der Schlafenden gelegt, als das Blut langsam sichtbar wurde. Er hatte die Trophäe Bruder Vindo gegeben, dem Alchimisten des Ordens, und seitdem nicht mehr daran gedacht.
Nun wehte das Blut der Königin an der Fahnenstange im Hof. Woher die Brüder die Holzstange hatten? Sie mussten sie irgendwo in den Tiefen der alten Lagerräume aufgestöbert haben. Das Kloster barg Schätze, die längst vergessen waren, Reichtümer, die nie jemand ausgab, Kunstwerke, an denen kein Auge sich je erfreute. Beute und Tribut. Es gefiel dem Gott, wenn seine Mönche töteten und stahlen, wenn sie einschüchterten und drohten und nahmen, was ihnen zusagte. Doch es war nicht die Beute an sich, die ihn interessierte, sondern die Angst in den Herzen der Menschen, ihre Wut und ihr Kummer und ihr Hass. Deswegen füllten die hoch ins Kloster gebrachten Schätze die Kammern, ohne dass sich weiterhin jemand darum scherte.
Keioron forderte Armut von seinen Dienern. Ein Leben in Luxus zu führen, an einem warmen Ofen, hübsche Bilder an der Wand oder Teppiche vor dem Kamin, Bücher oder Schmuck oder auch nur warme Kleidung, gehörte nicht zu dem Leben, das die Mönche erwartete.
Entbehrung. Kälte. Hunger.
Disziplin. Schweigen. Kampf. Strafe. Schmerz. Unglück. Wut. Leiden und noch mehr Leiden.
kral.
Und schließlich der Tod.
All das gehörte zu den Dingen, von denen es hier oben reichlich gab. Die Fülle an Pein war die einzige Art von Fülle. Es war ein Leben, das niemand sich freiwillig ausgesucht hätte, darum bestand der Großteil der Ordensbrüder aus Zwangsrekrutierten, deren Wille längst gebrochen war. Sie waren Keiorons Sklaven. Was sie vorher gewesen waren, zählte nicht – Straftäter, die der Orden aus dem Gefängnis geholt hatte, Kinder und Jugendliche, die als ein Teil der Tributzahlungen aus den umliegenden Städten und Dörfern geopfert worden waren, entlaufene Sklaven aus anderen Königreichen, die irgendjemand an die Mönche verraten hatte. Einige wenige waren so dumm gewesen, aus eigenem Antrieb den Berg zu erklimmen, da sie glaubten, dass hier Ehre und Ruhm zu finden waren und nicht bloß Kälte und Schmerz unter der grausamen Hand des Gottes. Sie wurden schnell eines Besseren belehrt, doch für eine Umkehr war es zu spät; sobald sie durch das große Tor getreten waren, gehörten sie Keioron. Und dann gab es noch die, die durch eine bösartige Laune des Schicksals bereits als Säuglinge ins Kloster gelangt waren und die der Gott zu seinen besonderen Söhnen auserkoren hatte. Sie waren in der Kälte groß geworden und so gefährlich wie Eiswölfe; Waffen, tödlicher und schneller und geschickter als jeder andere Eismönch.
So wie er. Und so jemand wie Basdin, sein bester Freund.
»Da bist du ja, Ke-Achan. Konntest dich nicht von dem Spektakel fernhalten, was?« Basdin grinste und schlug ihm auf die Schulter.
»Es wird sich beim ersten Regen auswaschen«, prophezeite Ke-Achan.
»Wollen wir wetten?«
»Um was?«
Basdins Lächeln wurde breiter. Vielleicht mochte Ke-Achan ihn deshalb so gerne – weil er noch lächeln konnte. Und trotz allem, was sie durchgemacht hatten, war er ein optimistischer Mensch geblieben. »Ich will einen Trainingskampf, bei dem du mich nicht absichtlich gewinnen lässt.«
»Du willst also nicht gewinnen?«
»Oh doch. Aber ich will verdient gewinnen. Es soll Spaß machen, wenn ich dir den Arsch versohle.«
Seit Jahren erprobten sie ihre Kräfte aneinander, und Basdin hatte recht – Ke-Achan hielt sich zurück, um seinen Ordensbruder beim Training nicht zu verletzen. Es hatte seinen Preis, stärker und schneller zu sein als die anderen. Ein Kampf ohne diese Zurückhaltung konnte tödlich enden. Doch das würde er Basdin niemals verraten. Der Gott würde ihm ohnehin nicht erlauben, sein wahres Können zu zeigen.
»Das werden wir ja sehen«, sagte er und grinste zurück, während sich die Sorge wie eine eiserne Klammer um seinen Brustkorb legte.
»Nun, dann gilt es. Die Wette habe ich gewonnen.«
»Das wird sich erst zeigen.«
»Nein, wird es nicht. Vindo hat das Tuch vorher mit einem speziellen Mittel präpariert. Nun wird für immer das Blut der Königin über uns wehen.«
Ke-Achan schnaubte verärgert. »Du hast mich reingelegt.«
»Nur ein bisschen. Ab und zu muss man dir beweisen, dass du nicht der Größte bist.« Basdin blickte wieder hinauf zur Fahne, die der Wind mit einem Graupelschauer bearbeitete. Oben auf dem Wehrgang wäre sie innerhalb einiger Stunden zerfetzt worden, im Schutz der hohen Mauern konnte sie ein wenig länger bestehen. Wenn sie wirklich nach allen Regeln der Kunst magisch behandelt worden war, würde sie ewig hier hängen, ein Mahnmal menschlichen Versagens.
»Vindo hat mir versprochen, nichts zu sagen«, fügte Basdin hinzu. »Es sollte außerdem eine Überraschung sein. Er meinte, du seist von dieser Königin geradezu besessen.«
»Das bin ich nicht«, widersprach Ke-Achan. Das war er nicht, oder?
Basdin senkte die Stimme. »Bist du in sie verliebt?«
»Was?« Ke-Achan brachte ein krächzendes Lachen heraus. »Das bin ich gewiss nicht. Ich empfinde Respekt für sie und ihre Haltung. Sie gibt keinen Zoll nach. Das weiß ich zu würdigen. Außerdem würde ich niemals einen solchen Frevel begehen.«
Sie war nicht seine Mutter. Er würde das nicht einmal in Erwägung ziehen.
Sein Freund nickte, aber sein Lächeln hatte sich verändert. Es war seltsam schief. »Liebe ist nichts, wofür man sich entscheidet. Es geschieht mit einem oder es geschieht nicht.«
»Keioron würde jeden von uns töten, der es wagt, Liebe zu empfinden.«
»Wenn er es herausfindet.« Basdin rieb sich die Oberarme. Sein Atem bildete weiße Wolken in der kalten Luft. Es kam selten vor, dass der junge Mönch sich anmerken ließ, dass er fror. »Und woher sollte er es wissen? Er kann nicht in unsere Herzen sehen. Es sind unsere Handlungen, die uns verraten, sonst nichts.«
»Ich bin nicht in die Königin verliebt«, wiederholte Ke-Achan. »Das ist absurd. Ich finde sie interessant, aber ich empfinde kein Begehren. Nicht den leisesten Anflug.«
»Gut«, sagte Basdin. Er klang ein wenig skeptisch.
»Glaubt Vindo das etwa auch?« Wenn sich solche Gerüchte verbreiten sollten, hatte Ke-Achan ein ernstes Problem. Er war sich keiner Schuld bewusst, aber der Gott war über solche Dinge wie Unschuld und Gnade erhaben. Falls er etwas davon mitbekommen sollte, würde er Ke-Achan dazu zwingen, das Gegenteil zu beweisen, indem er ihn dazu zwang, Le-Iva irgendetwas Grausames anzutun – vor ihren Augen jemanden zu töten, ihr einen Finger, eine ganze Hand oder eine Brust abzutrennen, sie zu schänden oder sie zu töten.
Allein die Vorstellung jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er wollte nichts davon tun.
Und auch das hatte keinerlei Bedeutung.
Indem Ke-Achan der Königin Blumen in die Haut geritzt hatte, war das Unheil, das der Gott geplant hatte, erst einmal abgewendet. Aber das bedeutete gar nichts.
Basdin zuckte mit den Schultern. »Mach dir keine Gedanken. Vindo wird nichts sagen.«
»Das will ich ihm auch geraten haben.«
Der Alchimist war der älteste Kriegermönch im Kloster. Er hatte das stolze Alter von Mitte vierzig erreicht – für einen Diener Keiorons eine Seltenheit. Kein Ordensbruder starb als Greis. Das Leben, das sie führten, war zu gefährlich und die Berge so gnadenlos wie ihr Gott. Ein kleiner Fehler, und es war aus. Unbedeutende Fehler gab es hier nicht. Nur einmal danebenspringen, einmal umknicken, einmal im Kampf unaufmerksam sein. Kletternd kam niemand in diese Höhe. Und der Gott des Eises ließ jeden fallen, der sich die kleinste Schwäche erlaubte. Es verlangte ihn nach ihren Seelen, solange sie jung und stark waren.
Vindo hatte bestimmt nicht so lange überlebt, ohne Keioron durch den einen oder anderen Verrat an seinen Brüdern zu erfreuen. Dennoch konnte Ke-Achan sich nicht vorstellen, dass Vindo ihm so etwas antun würde. Sie waren Freunde; an einem Ort wie diesem gab es nichts Wichtigeres.
»Ich rede mit ihm. Das ist nichts als Unsinn, aber womöglich muss er es aus meinem Mund hören.«
»Tu das«, sagte Basdin.
»Sie kommen!«, schrie jemand. »Sie kommen!«
Ein junger Mönch stolperte in den Hof, fiel auf die Knie, rannte weiter. Ke-Achan trat vor und packte ihn am Kragen. »Wer? Wer kommt?«
»Zauberer«, krächzte der Mann unter Aufbietung all seiner Kraft. »Es sind die Zauberer.«