23. Zauberer und Priester
»Deiara.« Malia sprach den Namen halblaut aus und horchte dem Klang nach, während sie die Salbe anrührte.
Eine Göttin.
Wie kam es, dass sie ihren Namen bis vor kurzem noch nie gehört hatte – und neuerdings schien jeder ihn aus irgendeinem Grund zu erwähnen? Außer den acht Hauptgöttern, deren Namen jeder kannte, gab es unzählige Götter. Tausende Gottheiten, die für dies und jenes zuständig waren, viele von ihnen besaßen eine kleine Schar von Verehrern, die ihren Namen anriefen. Amulette waren verbreitet, mit denen die Gläubigen Schutz oder andere Gefälligkeiten der Gottheiten auf sich herabzuziehen hofften, und jedes Handwerk hatte seinen speziellen Gott. Dass es eine Göttin gab, die sich für wahre Liebe zuständig fühlte, überraschte Malia daher nicht. Außerdem klang das, was die Königin über Deiara erzählt hatte, so vertraut, als würde Malia sie schon ewig kennen.
»Deiara, hörst du mich? Bin ich wirklich deine Priesterin?« Alle Segenssprüche, die sie normalerweise sonst während der Herstellung der Arznei gesprochen oder gesungen hätte, waren aus ihrem Gedächtnis verschwunden. Dafür waren ein Dutzend Fragen an ihre Stelle getreten. »Bist du da? Bist du es?«
Natürlich würde die Göttin nicht antworten, aber möglicherweise könnte sie ihr irgendein Zeichen geben? Oder war es schon Zeichen genug, dass die Königin ihr auf einmal vertraute und sogar ihr Leben und ihre Gesundheit in die Hand einer fremden Liebeszauberin gab?
Malia atmete tief durch. Die Aufgabe, blaue Flecken zu behandeln, war keine große Herausforderung – wenn es nicht ausgerechnet um die Prellungen der Königin gegangen wäre.
»Es gibt doch sicherlich Zauberer hier im Palast, die sich aufs Heilen verstehen?«, fragte sie, um irgendetwas zu sagen und ihre Nervosität zu überspielen. »Ist Meister Jadden nicht Euer Meisterheiler?«
»Ich habe meine Gründe«, sagte Le-Iva, ohne ihr zu verraten, welche das waren. Sie entblößte ihren Oberkörper und wandte Malia den Rücken zu.
Malia schlug die Hand vor den Mund. Nicht wegen der sicherlich sehr schmerzhaften blauschwarzen Verfärbung am Schulterblatt, die die Königin dem unfreiwilligen Flug quer durch den Hof verdankte. Sondern wegen des wie mit einem feinen weißen Stift auf die Haut gemalten Musters.
»Kannst du das entfernen?«, fragte Le-Iva. »Die Zauberer können es nämlich nicht.«
»Es ist wunderschön! Warum wollt Ihr es loswerden?« Oh, zu frech. Warum musste sie immerzu ihren Gefühlen Luft machen? Sie rechnete nicht mit einer Antwort, eher noch mit einer Zurechtweisung, aber die Königin antwortete ihr. Sie klang sogar ein wenig amüsiert.
»Weil es das Symbol des Feindes ist.«
»Es ist das Schönste, was ich jemals gesehen habe. Das hat ein wahrer Künstler vollbracht. Es ist herrlich. Es schmückt Euch besser als jeder ... Schmuck.« Atme, Malia. Und beruhige dich. Und besinne dich darauf, dass das die Königin ist und dass sie einen Wunsch geäußert hat. »Also, Ihr wollt es entfernt haben. Ich verstehe.«
»Wirklich?«, murmelte Le-Iva.
»Darf ich Euch anfassen?«
»Bitte sehr«, meinte die Königin trocken. »Nur zu.«
Mit den Fingerspitzen berührte Malia die vernarbte Haut. Sie hatte erhabene Stellen erwartet, aber der Rücken vor ihr fühlte sich vollkommen glatt an. »Es ist bereits verheilt. Ich glaube nicht, dass ich da etwas tun kann. Allerdings ... Die Narben sind kühler als Euer übriger Körper. Vielleicht könnte ich tatsächlich ...« Sie wollte keine Hoffnung wecken, die sie vielleicht nicht einlösen konnte. »Aber zuerst kümmere mich um das hier.« Mit den Fingerspitzen strich sie über die böse Prellung. »Es tut mir so unendlich leid, dass ich daran schuld bin.«
»Angriffe abzufedern ist eine Kunst für sich. Auch das sieht Deiara ähnlich. Sie streitet nicht. Jedes böse Wort und jede böse Tat fällt auf den anderen zurück. Die Liebe ist wie ein Spiegel. Liebe mit ganzem Herzen und hoffe darauf, dass deine Liebe erwidert wird. Sprich freundlich, und Freundlichkeit kommt zu dir zurück. Verschenke dich und es wird dir vergolten. Oder säe Eifersucht und Misstrauen und du erntest Verrat und Täuschung. Das gehört ebenfalls«, Le-Iva verzog das Gesicht, als Malia die Salbe auftupfte, »zu ihren Geheimnissen.«
»Ihr klingt wie meine Mutter. Sie wusste sehr viel über diese Gottheit, obwohl sie mir nie gesagt hat, woher die Kraft kommt, mit der wir arbeiten. Sie hat Deiara nie erwähnt.«
Die Königin schloss die Augen, um ihren Schmerz zu verbergen. Letztlich war sie auch nur ein Mensch, der litt. Eine Kranke, der du hilfst, schärfte Malia sich ein. Konzentrier dich. Wenn du nicht endlich vergisst, wer sie ist, bekommst du gar nichts zustande.
»Kannst du Dinge schweben lassen?«, fragte Le-Iva unvermittelt.
»Was?« Verflucht. Eine Königin fragte man nicht »was«. Es war wohl doch besser, nicht zu vergessen, wer diese Kranke war. »Ihr meint, Dinge schweben lassen?«
»Auf meinen Reisen durch die Länder des Ostens bin ich Priesterinnen begegnet, die Deiara gedient haben. Die eine konnte Gegenstände durch die Luft schweben lassen, wenn sie nicht allzu schwer waren. Sie hat es mir erklärt – die wahre Liebe verleiht eine unglaubliche Leichtigkeit, ein Gefühl des Schwebens. In diesem Gefühl ist so gut wie alles möglich. Es mag etwas verquer klingen, aber die Kraft der Göttin kann also tatsächlich dafür eingesetzt werden.«
»Das ist eine Prüfung, oder? Ob ich wirklich Deiaras Kraft nutze.«
Die Königin grinste. Malia hatte nicht gewusst, dass Könige grinsen konnten; es machte Le-Iva jedenfalls noch eine Spur menschlicher. »Und, kannst du es?«
»Ich habe es noch nie versucht. Soll ich es jetzt ausprobieren oder wollt Ihr erst zu Ende verarztet werden?«
Le-Iva seufzte, als hätte man einem Kind verboten zu spielen. »Na schön. Eins nach dem anderen.«
***
Malia tanzte.
Ke-Achan hatte nie jemanden wie sie gesehen. Auch die Königin in ihrem Versteck hinter der Wand war fasziniert; es wirkte nicht, als wollte sie so schnell wieder gehen. Le-Iva hatte dem Mädchen Anweisungen erteilt und war gegangen, als der Versuch, etwas schweben zu lassen, so gar nicht klappen wollte. Doch weit hatte Le-Iva sich nicht entfernt. So schnell wie möglich hatte sie die nächste verborgene Tür zu den geheimen Gängen zwischen den Räumen aufgesucht, um die blonde Priesterin weiter zu beobachten. Ke-Achan war ihr wie ein Schatten gefolgt, lautlos und für die Augen aller anderen unsichtbar, da die meisten Menschen es einfach nicht fertigbrachten, zu sehen, was da war.
Bisher war es seine größte Freude gewesen, die tapfere, trotzige Königin zu beobachten und ihren trockenen Bemerkungen zu lauschen. Doch das goldhaarige Mädchen faszinierte ihn auf eine Weise, die er nicht für möglich gehalten hätte.
Sie war ganz anders als die Königin. Wo diese zurückhaltend war, in sich gekehrt, manchmal aufbrausend, von Wut und Auflehnung erfüllt, war die junge Priesterin das genaue Gegenteil – zu unverschämt, zu fröhlich, zu traurig, zu glücklich, zu wild.
Malia ließ ein buntes Stoffband über sich schweben. Der Anblick erfüllte sie mit übersprudelnder Freude – sie klatschte in die Hände, sie sang, sie bewegte ihre Füße im Takt. Der weite Rock schwang um ihre Beine.
Dazu sang sie ein Lied, das gerade erst auf ihren Lippen zu entstehen schien, das direkt aus ihrem Herzen kam und sich in Worte verwandelte und in Musik. Ihre Wangen glühten.
Sie hätten noch viel mehr geglüht, vermutete Ke-Achan, wenn sie gewusst hätte, dass sie Zuschauer hatte. Die Königin nutzte den Geheimgang zum ersten Mal, seit Ke-Achan sie überwachte. Für gewöhnlich gehörten diese Gänge, die sich durch den ganzen Palast zogen, ihm allein. Er hatte sie ungeniert benutzt, nachdem Nara ihm den Eingang gezeigt hatte. Jetzt konnte er bloß hoffen, dass die Königin es sich nicht zur Gewohnheit machte, andere Leute in ihrem Palast zu beschatten, denn es wäre lästig, sie nicht mehr an ihren Lieblingsplätzen zu finden und niemals genau zu wissen, wo sie sich befand.
Zudem musste er nun noch vorsichtiger sein – und sich entscheiden, wen er eigentlich beschatten wollte, das Mädchen oder die Königin. Er konnte nur hoffen, dass er sie nicht jedes Mal zusammen antreffen würde. Dass Le-Iva schöne Mädchen zu schätzen wusste, war ihm keineswegs entgangen.
Wenn du es wagst, dachte Ke-Achan, wenn du sie anrührst … Hast du nicht schon genug Mätressen?
Er wusste nicht, was er in dem Fall tun würde. Sich Le-Iva gegen Keiorons ausdrückliche Anordnung offenbaren und sie zur Rede stellen? Das Messer dort ansetzen, wo es besonders wehtat? Sie töten?
Auf jeden Fall würde er nicht tatenlos zusehen, wie die Königin dieses unschuldige Mädchen verführte. Doch im Moment sah es nicht so aus, als hätte sie das vor. Le-Iva benahm sich seltsam ihr gegenüber, doch da sie dazu neigte, sich seltsam zu verhalten, war das keine besonders große Überraschung. An ihrem Interesse an der jungen Zauberin schien jedoch nichts Anrüchiges. Le-Iva lächelte mehr als sonst, ihre Augen hatten oft einen fiebrigen Glanz, aber sie wahrte Abstand. Sie berührte das Mädchen nicht. Sie stellte Fragen und hörte zu. Nein, die Königin war nicht auf eine neue Gespielin aus. Es war etwas anderes, was sie antrieb, aber Ke-Achan konnte sich nicht recht vorstellen, worum es hier ging.
Malia war anders als die anderen Edelfrauen, als die Fürstinnen und Prinzessinnen, die er bisher beobachtet hatte. Manche stopften den ganzen Tag Kuchen in sich hinein. Manche zerrissen sich stundenlang das Maul über ihre Bekannten, bis einem nur vom Zuhören übel wurde. Jede Dame in diesem Palast hatte ein zweites Gesicht, das sie nie jemandem zeigte. Traurig oder arrogant, voller Selbstzweifel oder gezeichnet von Hass und Missgunst. Doch diese junge Zauberin warf ihr blondes Haar zurück und tanzte, und die Freude, die sie ausstrahlte, war umwerfend. Er wünschte sich, dass ihr niemals jemand verriet, dass ihr lauter Gesang bestimmt bis in die Nebenzimmer zu hören war. Es wäre ein Verbrechen gewesen, ihr diese Unbeschwertheit zu nehmen.
Die Königin machte eine Bewegung, die Ke-Achan in der Dunkelheit mehr spürte als hörte. Wollte sie die geheime Tür öffnen und sich zeigen?
Er wusste nicht, was er getan hätte, aber zum Glück musste er es nicht herausfinden. Die Königin wandte sich ab und tastete sich durch den Gang fort, dorthin, wo der Ausgang in ihre eigenen Gemächer lag. Von der Anwesenheit des Mönchs hatte sie nichts mitbekommen.
Des Mönchs, ja. Er lachte lautlos. Fast hättest du vergessen, wer du bist, wie? Du kannst eine Frau nicht so ansehen, du solltest gar nicht in der Lage dazu sein. Der Gott hat alle Bedürfnisse und Wünsche deines Körpers verschlungen. Was also hat dich dieses Mädchen zu interessieren? Was berührt dich – ihr Gesang? Die Art, wie ihr das Haar schimmernd auf die Schultern fällt? Wie sie sich bewegt? Wie sie die Füße hebt und ihre Knöchel sichtbar werden?
Nichts davon, entschied er. Und was sein künstlerisches Wirken im Palast anging, sollte es keinen Unterschied machen. Heute Nacht würde er sie besuchen und ihr Keiorons Grüße überbringen.
Der Entschluss sagte ihm zu. Er bewies, dass an diesem Mädchen nichts Besonderes war. Sie war nur eine Zauberin, und die Götter hassten Zauberer. Ein Grund mehr, die Kleine zu erschrecken. Sollte die Königin ruhig merken, dass sie ihre Gäste nicht beschützen konnte.
Ob das Mädchen wohl an diesen hochgewachsenen Grafen dachte, der in der Zelle den Arm um sie gelegt hatte? Bestimmt war sie seine Geliebte.
Es fiel Ke-Achan schwer, sich die junge Zauberin als irgendjemandes Geliebte vorzustellen. Er hasste diesen Gedanken. Nein. Bestimmt war der blonde Adlige nur ein Freund, der sie überdies in Schwierigkeiten gebracht hatte.
Sie hätte niemals so fröhlich singen können, wenn sie an einen Mann gedacht hätte, den sie vermisste. Oder sangen Verliebte so? Er wusste es nicht, er war nie verliebt gewesen.
Und würde es auch nie sein.
Ke-Achan zwang sich dazu, sich abzuwenden und der Königin durch den dunklen Gang zu folgen. Zu Asatis Gemach? Das würde interessant werden.
***
»Es tut mir leid.« Asati wimmerte nicht. Sie warf sich nicht zu Boden oder umklammerte Le-Ivas Füße. Sie schenkte der Königin nur einen Blick aus ihren großen Rehaugen und ließ ihre Schönheit wirken.
»Es tut mir leid«, sagte sie noch einmal. Und dann: »Seid Ihr mir wirklich böse, dass ich es wissen wollte?«
Die Königin betrachtete sie mit unbewegter Miene. »Ich habe dir nie irgendetwas versprochen.«
»Nein, das habt Ihr nicht.« Asatis Stimme war so seidig, so verheißungsvoll. Ob Malia betroffen ausgesehen hätte? Le-Iva angeschrien hätte: Das hättet Ihr aber tun sollen!
Ke-Achan verbannte den Gedanken an Malia und das, was sie der Königin entgegnet hätte. Wissen konnte er es ja doch nicht.
»Ich werde nicht wieder heiraten«, sagte Le-Iva. »Und gewiss nicht dich. Also schlag dir diese Hoffnung aus dem Kopf.«
»Es geht mir nicht um den Thron oder um Eure Krone. Mir ist klar, dass ich Euch niemals den König ersetzen kann, den Ihr verloren habt.« Ah, sie ging zum Angriff über. »Ich wollte nur wissen, was Ihr für mich empfindet.«
Alles war möglich – dass Le-Iva einen Wutanfall bekam und Asati eine Ohrfeige versetzte, dass sie sich umdrehte und den Raum verließ, dass sie weinte, ja, vielleicht sogar das. Doch die Königin hatte sich vollkommen in der Gewalt. Ihr Gesicht verriet nichts.
»Du weißt nichts über den König.«
»Ich weiß, dass Ihr ihn geliebt habt! Und dass Ihr ihn immer noch liebt. Ich weiß, dass Ihr zu dem magischen Baum im Garten geht und um ihn weint. Ich weiß, dass Ihr niemals über König Avi sprecht, aber dass Ihr manchmal von ihm träumt und seinen Namen im Schlaf ruft. Ich weiß, dass ich ... dass ich niemals gegen ihn ankommen kann.« Asatis tränengetränkte Stimme rührte sogar Ke-Achan an. Am liebsten wäre er aus seinem Versteck herausgestürmt und hätte die Königin geschüttelt. Wer hätte gedacht, dass Liebe so wehtun könnte? Dass alles, was damit zusammenhing, so schrecklich schmerzhaft war und bloß zu noch mehr Schmerz führte?
»Du weißt gar nichts. Ich weine um mein Kind, das mir gestohlen wurde. Und ich rufe nach Avi, die mich im Stich gelassen hat und mir alles genommen hat, damit ich sie endlich zur Rede stellen kann.« Sie wandte sich zum Gehen.
Die?, fragte sich Ke-Achan. Und was für ein gestohlenes Kind? Es hieß, ihr einziges Kind sei gestorben. Sie konnte nicht seine Mutter sein; das war absurd.
»Was meint Ihr damit?«, rief Asati. »Majestät, bitte, erklärt mir das!«
Sei vorsichtig, beschwor Ke-Achan die Mätresse, doch sie konnte ihn natürlich nicht hören. Asati glaubte anscheinend, dass sie nichts mehr zu verlieren hatte.
»Seit wie vielen Jahren trauert Ihr um Euren Gemahl. Er ist tot, begreift das endlich! Ihr habt ihn verloren. Und wenn Ihr Eurem Herzen gestatten würdet, wieder zu lieben ... Ich könnte Euch glücklich machen, wenn Ihr mir eine Chance gebt. Bitte, Majestät.«
Sie redete gegen ein steinernes Gesicht an, gegen Zorn und Trauer. Gegen das Nichts im Gesicht der Königin. Ihr Beiname »die Königin der Tränen« passte nicht zu Le-Iva. »Die Versteinerte« würde es eher treffen. Oder »die Erfrorene«. Fast konnte man die Kälte spüren. Fast war es, als würde Eis in der Luft knistern und Schnee sich auf Le-Ivas Haar häufen. Keioron hatte diese Frau berührt – nicht erst jetzt, da Ke-Achan ihr die Eisblumen in den Rücken geritzt hatte, sondern schon viel, viel früher.
»Ich bin verflucht«, sagte Le-Iva leise. Selbst ihre Stimme klang schwarz und verdorrt. »Ich kann nie wieder lieben. Und mit mir wird Vandis Baum sterben.«
Asati wagte es doch tatsächlich, die Hand auszustrecken und nach der Hand der Königin zu greifen. »Ich möchte Euch Glück schenken. Ich möchte Euch mein Herz zu Füßen legen.« Tränen traten ihr sehr wirkungsvoll in die Augen. Es sah echt aus. Ob es das tatsächlich war, konnte Ke-Achan nicht beurteilen. »Werdet Ihr jemals mehr in mir sehen als ein schönes Gesicht und einen willigen Körper?«
Ke-Achan fragte sich, wie Le-Iva das aushielt. Asatis Schmerz oder ihre Lügen – beides war gleichermaßen unerträglich. Und es nicht mit Sicherheit zu wissen, wahrscheinlich das Allerschlimmste.
»Ihr habt also Euren Gemahl verloren. Ich sage ja nicht, dass ich nicht mit Euch fühle. Aber es muss doch heilen, nach so langer Zeit! Dafür … habt Ihr Malia etwa dafür in den Palast geholt? Damit sie Euer Herz heilt? Damit sie Euch tröstet? Ist sie die Nächste? Bekommt Ihr nie genug?« Ihre Stimme wurde immer lauter. Es hörte sich tatsächlich so an, als würde sie Le-Iva anschreien.
Doch auch jetzt reagierte die Königin äußerst gleichmütig. »Und wenn es so wäre, was ginge dich das an? Aber sei beruhigt. Ich brauche die neue Zauberin für den Kampf, nicht für mein Bett. Ich gehe jetzt schlafen. Wenn du dich beruhigt hast, kannst du zu mir kommen.«