Kapitel 9:
Mataha

Auf dem Rücken liegend schaute Tom zu der Öffnung, durch die er gerade gefallen war. Er entdeckte ein Stück Nachthimmel, Sterne und das besorgte Gesicht von Mimi.

»Alles okay, glaub ich«, rief er nach oben. Er konnte von Glück sagen, dass im Lauf der Jahrhunderte genug Sand durch die Öffnung gerieselt war, um ihn halbwegs weich fallen zu lassen. Dennoch blieb er erst einmal liegen, nur zur Sicherheit.

Hm. Ihm tat nichts weh. War er mit einem Schrecken davongekommen oder dauerte es einfach nur eine Weile, bis der Schmerz einsetzte?

Nahezu gleichzeitig bemerkte er, dass Etwas neben ihm saß und seine Gelenke abtastete. Tom wusste sofort, dass er keine Angst vor dem Etwas haben musste, denn er hatte den angenehm würzigen Duft nach selbst angerührten, orientalischen Hautpflegeprodukten sofort erkannt.

»Hop-Tep? Hab ich mir was … gebrochen?«

»Alles in Ordnung, mein junger Freund«, sprach die Stimme des ägyptischen Prinzen direkt in seinem Kopf.

Tom blickte noch einmal hinauf zu der weit entfernten Öffnung über ihm. »Aber … Das waren mindestens zehn Meter!« Die Mumie unterbrach ihre Untersuchung und sah Tom an. »Nun denn, fühlst du irgendwo Schmerz?«

»Also … ich weiß nicht, fühlt sich alles erstmal okay an. Aber … nach diesem Sturz … das kann doch nicht … oder ist das nur der Schock, verdammt.« Toms Atem ging schneller. »Vielleicht steh ich unter Schock!«Da erschien Mimi direkt neben ihm. »Tom!? Tom! Wie geht’s dir!?« Dem Geistermädchen war ihre Sorge deutlich anzusehen.

»Ich steh vielleicht unter Schock!«, rief Tom mit leicht überschlagender Stimme.

»Kannst du alles bewegen, spürst du deine Beine, schau mich mal an, schielst du, siehst du mich scharf oder unscharf?«

»Unscharf … Ich seh nur irgendwelche grünen Wischer …«, stöhnte Tom.

Mimi schlug bestürzt die Hände vor den Mund. »Oh nein, deine Augen, dein Kopf, es ist was mit deinem Kopf!«

Dann rief sie laut hinauf zu der Öffnung: »Vlarad, Welf, kommt schnell runter!« und wandte sich dann ärgerlich der Mumie zu. »Und du, Hop-Tep, du bist schuld, weil du dich heimlich hierher gedingst hast! Wir waren nicht vorsichtig genug, weil in Hektik und jetzt ist was mit Toms Kopf! Was kann ich tun!? Was …«

»Mimi …«, unterbrach Tom sie matt. »Ich glaube … du kannst was tun, damit diese grünen Wischer aufhören.«

»Ja? Was denn? Oh Tom, bitte sag schon, was soll ich machen, wie kann ich …«

»Einfach weniger hektisch vor mir hin- und herflattern!«

Mimi verstand. Und stoppte. »Oh … okay.«

»Ah. Danke.« Tom atmete erleichtert durch und setzte sich mühsam auf. Da landeten Vlarad und Welf elegant vor ihm im Sand. »Ihr … ihr seid da einfach … runtergesprungen!?«

»GMMMMH …«, ließ sich Wombie neben ihnen vernehmen.

»Wombie? Du auch, ich hab dich gar nicht …« Tom sah fassungslos von einem zum anderen.

Welf deutete geringschätzig mit der Hand aufwärts und schnaufte dabei. »Naja, für die zwei Meter fuffzich runter in’n Sandkasten hättest du auch keine Treppe gebraucht.«

»Zwei M… hm.« Tom wünschte sich noch weitere zwei Meter fünfzig, um im Erdboden zu versinken. »Hätt’ jetzt gedacht, das wär höher.«

»Nun, lass es zwei Meter dreiundfünfzig sein«, erklärte Vlarad trocken. »Aber mehr als das hielte ich für vollkommen übertrieben. Wie geht es dir?«

»Dreiund … mir gehts … ganz gut. Danke«, stammelte Tom und räusperte sich umständlich. »Und was ist jetzt mit dem Schock?«, fragte das Geistermädchen nachdrücklich.

»Schock?«, erkundigte sich Vlarad verwundert.

»Von dem kleinen Plumpserle oder was?«, schnaubte Welf.

»Ich … dachte, weil mir nix weh tut, vielleicht… stehichunterschockegal!«, nuschelte Tom verlegen und rappelte sich auf. Dann klopfte er den Sand aus Klamotten und Haaren und breitete dann die Arme aus. »So. Alles gut. Tadaa. Hop-Tep, was hältst du davon, wenn wir deinen Versuch, uns abzuhängen, vergessen und du uns einfach sagst, wo wir lang müssen, wenn wir Dada finden wollen?«

Die Mumie verbeugte sich leicht vor ihm und legte dabei eine Hand auf ihre Brust. »Den ersten Vorschlag will ich gerne annehmen, junger Freund. Was die Wegfindung angeht, muss ich dich jedoch enttäuschen, denn dieser Ort ist mir gänzlich unbekannt.«

»Oh …«, machte Tom nur, denn damit hatte er am allerwenigsten gerechnet.

»Natürlich lag es nahe, dass mein Vater, der Pharao, ein geheimes Labor unterhält. Aber dass es sich in der Schwarzen Wüste hier unter dem Gebel-el-Marsus-Massiv befindet, habe auch ich erst heute, viele tausend Jahre zu spät, erfahren.«

»Aber … du kennst dich mit solchen Dingen gut aus, oder?«, fragte Tom vorsichtig.

Die Mumie legte verwundert den Kopf zur Seite. »Mit ›solchen Dingen‹?«

»Na, mit Fallen in ägyptischen, unterirdischen Tunnelsystemen.«

Hop-Tep nickte zustimmend. »Selbstverständlich sind mir die Klassiker geläufig: Pachets Pendel, Repits Biss oder Badjedets Blutzoll …«

Tom stöhnte auf. »Eure Fallen haben Vornamen?«

»Nein, sie sind zu Ehren der Götter benannt«, telepathierte die Mumie zurück. »Allerdings liegt es in der Natur einer wirklich exzellenten Falle, dass sich damit niemand ›gut‹ auskennt, außer dem Fallensteller selbst. Und ich habe keine Zweifel, dass mein Vater zu den besten Fallenkonstrukteuren seiner Zeit gehörte. Nicht nur verfügte er über das technische und das magische Wissen – er war auch gefühllos und brutal genug, um 1001 Todesarten für all diejenigen zu entsinnen, die es wagen würden, diese Tunnel zu betreten.«

»Tausendundein … okay«, staunte Tom, doch Welf ließ ein missmutiges Knurren hören.

»Hop-Tep, du übertreibst.«

»Weniger als du denkst, mein Freund«, antwortete die Mumie in sachlichem Tonfall.

»Okay. Dann schmück weniger aus«, grollte Welf zurück. »Du machst dem Jungen Angst.«

»Also … Angst würd ich das jetzt nicht nennen«, beeilte sich Tom zu erklären. »Vielleicht Respekt oder … oder vorbereitende … Überlegungen oder …«

»Oder Angst«, ergänzte Vlarad ungerührt.

»Äh … ja, oder Angst«, gab Tom schließlich zu. Dann atmete er tief durch und erklärte laut: »Aber bevor irgendwer auf die Idee kommt, mich deswegen hier zu lassen, sag ich euch gleich: Das könnt ihr vergessen! Ich komm auf jeden Fall mit, und egal, was ihr sagt – nichts und niemand hält mich davon ab!«

Niemand antwortete. Für einen Moment war es totenstill in dem ägyptischen Tunnel.

»Ihr sagt ja gar nichts«, stellte Tom erstaunt fest.

Vlarad sah ihn verwundert an. »Du hast doch gerade gesagt, es ist egal, was wir sagen.«

»Außerdem hatten wir gar nicht vor, dich hier zu lassen«, knurrte Welf.

»Nein?«, fragte Tom verdattert.

»Nein.« Hop-Tep deutete eine Verbeugung an. »Wir brauchen deine Hilfe, junger Prinz. Niemand von uns ist in der Lage, so kreativ um mehrere Ecken zu denken, wie du es vermagst.«

»Äh … echt jetz’?«, stammelte Tom wenig eloquent.

»Echt jetz’«, telepathierte Hop-Tep bestätigend und Tom glaubte, ein Lächeln unter den Bandagen zu erkennen. Mit einem Lob hatte er gerade am allerwenigsten gerechnet und Tom spürte, wie dieses unerwartete Kompliment dafür sorgte, dass er sich weniger wurstnasig, dafür aber umso motivierter fühlte. Er straffte die Schultern, sah sich um und musterte die gegenüberliegende Felsenwand. »Hm. Da drüben führen drei Gänge weiter unter den Berg, oder? Welchen nehmen wir denn? Den linken, den rechten oder den in der MittUMPFH?«

Tom hatte gerade mal einen halben Schritt nach vorne getan, da lag er auch schon wieder mit dem Gesicht nach vorne im Sand!

»Autsch!«, keuchte Tom erstickt. »Welf, was …«

Nahezu gleichzeitig sirrte und schwirrte etwas über ihm und Welf hin und her, als würden zwei Wespenschwärme gegeneinander eine Luftattacke fliegen, gefolgt von mehrstimmigem, hölzernem Klappern an den gegenüberliegenden Felswänden. Dann herrschte Stille.

»Sag bloß, du hast die Löcher nicht gesehen?«, knurrte der Werwolf, stand auf und hielt Tom eine Hand hin. Verdattert nahm Tom die Hilfe an und sah sich um.

»Löcher? Wo …?«

Seufzend deutete der Werwolf auf die Wände links und rechts von ihnen. »In den Hieroglyphen und der Verzierung von allen drei Eingängen, da, da und da drüben. Nein?«

»Nein«, ächzte Tom tonlos. Er war sich nicht einmal sicher, ob er diese Löcher jetzt tatsächlich erkennen konnte.

»Aber die Pfeile, die gerade über uns weggerauscht sind, die hast du gehört? Und wie sie da drüben eingeschlagen sind, das hast du auch mitbekommen?«, knurrte Welf ungeduldig.

»Oh Mann, ja, hab ich«, antwortete Tom, von sich selbst genervt.

»Wir sollten vielleicht etwas koordinierter vorgehen«, empfahl Vlarad sachlich. Tom nickte niedergeschlagen. Seine Motivation war schlagartig bis ins dritte Untergeschoß gesackt und über dem Knopf für den Aufzug stand »Hier drücken für Selbstzweifel«.

»Ja, du hast recht«, seufzte Tom und überlegte. »Wie wäre es denn, wenn Mimi vorausfliegt und immer erstmal alles überprüft?«

Mimi war sofort Feuer und Flamme: »Na klar, gerne! Pfeile, Falltüren und so’n Zeug machen mir doch nix aus!«

Vlarad schüttelte langsam den Kopf. »Ich würde dennoch davon abraten, oder was meinst du, Hop-Tep?«

»Du sprichst weise«, antwortete die Mumie. »Mein Vater wusste natürlich um die Fähigkeiten der Untoten – auch damals gab es Geister, oder ›Ashbah‹, wie mein Volk sie nennt. Und nicht alle waren Amenemhet wohlgesonnen.«

»Wem?«, fragte Mimi verwirrt.

»Amenemhet, Herrscher des mittleren Sonnenreichs in zwölfter Dynastie, Vater von drei Söhnen … einer davon war ich.«

Tom konnte sein Staunen nicht verbergen. »Also, dein Vater Amenemhet hat sein Labor mit Fallen geschützt, die sogar Mimi gefährlich werden können?«

Vlarad nickte und seufzte. »Mimi, Welf, mir, Hop-Tep und sogar Wombie.«

»GMMMHHH«, grunzte Wombie.

»Krass.« Tom war gleichermaßen beeindruckt wie besorgt. Dann aber fiel ihm etwas ein. »Moment mal, die Pfeil-Abschuss-Dingse in der Wand hast du doch sofort gesehen, Welf!«

Welf zuckte mit den Schultern. »Die waren dann wohl für die menschlichen Besucher gedacht.«

»Dafür spricht in jedem Fall der sehr eigenwillige Bodenbelag direkt vor uns«, merkte der Vampir trocken an und deute dann mit einer galanten Handbewegung zu Boden.

Tom schluckte. »W… was? Welcher …«

»Warte einen Moment. Ich mache dir etwas Licht, Junge«, sagte der Vampir, hob einen der schwarzen Steine vom Boden auf und umschloss ihn mit beiden Händen. Dann pustete er zwischen seinen Fingern hindurch auf den Stein und murmelte eine Beschwörungsformel.

»Volo ut luceant. Quod sulphuris. Quid ignis. Volo ut luceant.«

Vlarad reichte Tom den faustgroßen Stein. Dieser leuchtete nun so hell wie ein kleiner Mond, und als Tom ihn hoch über den Kopf hob, wurde alles in silbriges Licht getaucht.

»Yeah, der Gandalftrick.« Tom lächelte.

Der Vampir schüttelte missbilligend den Kopf. »Dieser Trick ist deutlich älter als diese Fantasiefigur.«

»Moment mal«, beschwerte sich Tom. »Gandalf trägt Züge des nordischen Gottes Odin, und der ist deutlich älter als …«

Vlarad unterbrach ihn schneller, als Tom seine Erklärung zu Ende bringen konnte. »Wenn du dir nun bitte den Boden direkt vor uns ansehen möchtest, vielen Dank.«

Tom senkte den Blick und erstarrte: Das, was er gerade noch für Steine und Geröll gehalten hatte, waren in Wirklichkeit menschliche Überreste. Zerbrochene Knochen, Schädelfragmente und … nun ja … weitere Stücke, die er nicht so recht zuordnen konnte. Der Boden der gesamten Höhle war damit bedeckt.

»Ach du Sch… das sind ja … wie viele sind das denn?«, stotterte Tom.

Mimi schwebte hin und her und musterte die Gebeine. »Boah, das ist schwer zu sagen. Vielleicht so fünfzig oder sechzig? Zumindest wenn man die zählt, von denen noch was übrig ist. Wie viele hier in den Jahrhunderten komplett versandet sind, kann ich natürlich nicht erkennen.«

Tom überlegte. »Hm … aber das ist doch irgendwie seltsam, findet ihr nicht?«

»Was meinst du, Tom?«, fragte das Geistermädchen verwundert.

»Naja, ich denk grad an die Klappe da oben und warum hier unten so viele Leute liegen.« Tom sah nach oben, und dann wieder auf den Boden, als sehe er so seinen eigenen Sturz und den der vielen vor seinem inneren Auge. So tief war es tatsächlich nicht …

Mimi zuckte mit den Schultern. »Na, hier liegen so viele Leute, weil eben viele da oben drauf getappt sind und das Ding entsprechend oft aufgeklappt ist?«

Zustimmend nickte Tom. »Ja eben! Ich meine, wenn man das zum Beispiel mit Pharaonengräbern oder sowas vergleicht – die sind nicht so einfach zu finden und drum stapeln sich da auch nicht die Leichen am Eingang.«

Welf zog nachdenklich die Brauen über der Nase zusammen. »Vielleicht wollte der alte Zausel damit Besucher abschrecken?«

Aber Tom schüttelte den Kopf. »Nein … Das fühlt sich irgendwie falsch an. Ich meine … Wozu der Aufwand, wenn er einfach die Tür zusperren könnte?«

»Hm … Stimmt«, nickte der Werwolf und schwieg.

»Ich verstehe, worauf du hinauswillst«, ließ sich Vlarad vernehmen. »Warum installierte der alte Amenemhet dort oben einen Zugang, der jeden hereinlässt, wenn er nur an der richtigen Stelle steht?«

»Genau«, stimmte Tom zu.

Da rief Mimi erstaunt: »Hey, schaut mal da! Da, direkt vor Welfs Füßen, was ist denn das?« Sie schwebte neugierig zu einer Erhebung, die direkt vor dem Werwolf aus dem Sand ragte.

Welf grunzte leise, bückte sich, zog das Objekt heraus und schüttelte vorsichtig den Sand ab. »Das is’n Fotoapparat.«

Tom leuchtete mit Vlarads magischem Stein und nahm das Gerät näher in Augenschein. »Aber es ist kein digitaler, sondern einer, in den man einen Film einlegen muss. Also entweder war der Besitzer Nostalgiker …«

»Und somit schon mal grundsätzlich sympathisch …«, unterbrach ihn Vlarad.

»… oder er ist vor Einführung der Digitalfotografie hier unten gelandet«, brachte Tom seinen Satz zu Ende.

Welf machte einen Schritt von den drei Tunneleingängen weg. »Da is noch mehr«, murmelte er und begann mit den Händen dort im Sand zu graben, wo sich weitere Erhebungen abzeichneten. Nach und nach förderte er weitere Gegenstände zu Tage. »Reiseführer, Wasserflasche, Sonnencreme … Das is’n Touri!«

Vlarad schloss sich der Suche des Werwolfs an. »Und der direkt daneben ebenfalls … und hier drüben … das … hohohoo, das sind die Überreste eines Pathé-Stativs!«, rief der Vampir begeistert.

»Eines was?«, fragte Tom irritiert. Diesen Begriff hatte er noch nie gehört.

»Pathé war eine der ersten Filmproduktionen in der Anfangszeit der bewegten Bilder«, erklärte der Vampir mit einer ungewohnten Leidenschaft. »Sie schickten Kameraleute in alle Teile der Welt, um den Hunger der Menschen nach dieser neuartigen Form der Berichterstattung zu befriedigen. Aber wo ist …«

Vlarad sah sich suchend um, bis er das fand, was er vermisst hatte. »Ohhh, da ist sie!«, jubelte er schließlich entzückt und hob tatsächlich eine alte Stummfilmkamera aus dem Sand.

Das Gehäuse klapperte leise, als Vlarad die alte Kamera hin und her drehte. »Eine original Pathé-Kamera mit Handkurbel von … 1912! So gut wie unversehrt, hohoho!« Testweise drehte er an der Kurbel, die dabei ein klackerndes Geräusch von sich gab. »Hörst du, sie funktioniert noch! Ja, damals baute man noch für die Ewigkeit!«

»Was rieselt denn da raus, aus der Kamera?«, fragte Tom verdutzt.

Vlarad drehte die Kamera zur Seite, bis er ebenfalls das pudrige Pulver entdeckte. Er strich mit der Hand über die Stelle, zerrieb die feinen Körner vorsichtig zwischen den Fingerspitzen und roch schließlich daran. »Oh, das ist … der Film …«

»Soweit die Ewigkeit«, sagte Tom ungerührt.

Vlarad winkte ab. »Der natürliche Zerfall von Filmmaterial aus Nitrozellulose sagt nichts aus über den handwerklichen Stolz der Firma Pathé!«

Tom grinste breit. »Nie würde ich den handwerklichen Stolz einer Firma kränken wollen, von der ich gerade zum ersten Mal gehört habe.«

»Das gehört zum Allgemeinwissen«, belehrte der Vampir Tom und wollte gerade zu einer längeren Erläuterung ansetzen, als ein erstaunter Ausruf des Geistermädchens ihn verstummen ließ.

»Ui! Hier liegen mehrere Rüstungen, mit Helmen und Schwertern und … ich glaube, das sind Kletterhaken, aber die Seile sind längst verrottet.«

»Kletterhaken?«, staunte Tom. »Dann sind die hier absichtlich gelandet! Wurde dieses Labor angegriffen?«

Die Mumie legte den Kopf schief. »Ich weiß nicht, was geschah, nachdem ich mich mit dem Serum in der Grabkammer eingeschlossen hatte. Aber ich hinterließ eine Nachricht an meinen jüngeren Bruder Sesostris, dem ich vertraute. Gut möglich, dass er Soldaten schickte, um unserem Vater zu folgen.«

»Also, ich freu mich ja auch wie blöd, dass ihr hier so einen Spaß habt mit dem alten Plunder«, knurrte Welf ungeduldig dazwischen. »Aber wie lange wollen wir jetzt hier noch im Sand buddeln?«

»Ich kann nachvollziehen, dass Tom erst einmal wissen möchte, womit wir es hier zu tun haben«, sagte Vlarad, stellte die alte Filmkamera behutsam auf das Stativ und besah das museale Gerät verzückt von allen Seiten.

»Könnt ihr das nicht auf dem Weg besprechen?«

»Ja, klar«, antwortete Tom. »Während wir uns vor Pfeilen ducken und vor Steinkugeln davonlaufen.«

»Zum Beispiel«, nickte Welf trocken.

Tom seufzte. »Du hast ja recht. Das Rätsel um die Knochen und die alten Sachen kann warten. Wir sind schließlich hier, um Dada zu finden. Kannst du uns denn sagen, wo sie langgelaufen ist, Welf?«

Welf schnüffelte prüfend in der Höhle umher. »Hm … ich kann sagen, dass sie hier war. Aber ob sie den ersten, den zweiten oder den dritten Gang genommen hat, kann ich erst sagen, wenn ich drinsteh.«

»Im Gang oder in der nächsten Falle«, befürchtete Tom.

»Beides.«