Phantastisches Spielen
ALONE
– Einsames Erwachen: Die Umkehr bekannter Spielmechaniken
von Peter R. Krüger
Bei ALONE
handelt es sich um einen Science-Fiction Dungeon Crawler der anderen Art. Der Titel verrät die Besonderheit bereits, denn es gibt hier, anders als in anderen Spielen, nur einen einzigen Helden, dafür aber bis zu drei Mitspieler, die versuchen können, den einsamen Helden in diesem Spiel zu erledigen.
Zunächst sei anzumerken, dass die aktuelle Lage rund um den Corona-Virus es mir und meinen Spielkomplizen bisher unmöglich gemacht hat, dieses Spiel tatsächlich auf Herz und Nieren zu testen. Und dennoch soll ALONE
nicht totgeschwiegen werden, bis sich die Lage normalisiert. ALONE
bietet einiges Potential, um die Zeit bis zur gemeinsamen Spielrunde gut überbrücken zu können.
Der Inhalt
Wie in vielen anderen getesteten Spielen der letzten Zeit weist auch ALONE
eine Vielzahl an Material auf, das das Spielerherz höherschlagen lässt: 23 Miniaturen, 3 Regelhefte, 1 Szenarioheft, 1 Heldentableau, 1 Sichtschirm, 8 Würfel, 2 Kartenteile, 21 Ausrüstungskarten, 4 Charakterkarten, 104 Reaktionskarten, 24 Missionskarten, 4 Referenzkarten, 1 Kompassmarker, 10 Türen mit Standfüßen, 1 Anführermarker, mehr als 100 weitere Marker und mehr als 30 Sektorteile. Für Ordnung in der Box sogen mehrere Plastikschalen, die die Grundbedürfnisse ordnungsliebender Spieler zufriedenstellen dürften. Aufmerksamkeit erregen hier vor allem aber die 3 Regelhefte, das Szenarioheft und die 23 detaillierten Miniaturen.
Die Regelhefte
Der Heidelberger Spieleverlag bietet den Service, sich alle Regelhefte und auch das Szenarioheft herunterladen zu können, so dass sich alle Mitspieler separat in ihre Rollen einlesen können. Als erstes steht hierfür ein Regel-Intro bereit. Ein Regelheft für alle Spieler, das den Aufbau und die Grundregeln erklärt. Danach wird es spezifischer. Das Heldenkompendium und das Gegenstück, das Kompendium der bösen Mächte, stimmen die Spieler auf ihre Rollen am Spieltisch ein. Schließlich folgt dann noch das Szenarioheft, um die richtige Stimmung aufzubauen und eine richtige Abenteuerkampagne zu präsentieren.
Das Spiel
Hier handelt es sich um ein Zukunftsszenario. Das Raumschiff, in dem die vier Heldencharaktere zu einem fernen Planeten unterwegs waren, havarierte und so musste die Mannschaft mit ihren Rettungskapseln notlanden. Nur ein Charakter wacht nach der Notlandung auf, doch wo sind die anderen? Was ist mit ihnen geschehen?
Nach und nach wird die Kampagne den Weg weisen und allen Spielerfiguren ihren Platz in der Kampagne bieten. Es ist möglich, dass entweder ein Spieler alle Szenarien allein als einer der Helden spielt (je nach Szenario unterschiedlich) oder dass der Spieler mit dem jeweiligen Charakter wechselt, so dass alle Mitspieler in den Genuss kommen, sowohl Held als auch finsterer Schurke zu sein.
Ein entscheidendes Element des Spiels besteht darin, dass der
Heldencharakter nicht wie wild um sich ballert. Er kommt besser weiter, wenn er Hinweise sammelt und versucht, Hinterhalte der bösen Mächte zu umgehen.
Die Miniaturen
Von den vier Helden bis hin zum scheußlichen Bossgegner sind alle Plastikminiaturen schön detailliert gestaltet. Gerade jetzt, da gemeinsames Spielen noch eingeschränkt ist, kann man die Zeit hervorragend nutzen, um den Miniaturen mit etwas Grundierung und Acrylfarben Leben einzuhauchen. Denn dafür bieten sie sich regelrecht an.
Tabletopspieler kennen das Prozedere aus dem FF, für Brettspieler gehört das Bemalen von Spielfiguren nicht unbedingt zum Standard. Doch es ist weniger schwer, als es den Anschein hat. Etwas Übung braucht man jedoch schon.
Das ganze Spiel kann man natürlich einfach so auspacken und drauflos spielen. Keine Frage.
Doch da ja gerade sowieso das gemeinsame Spielen mit Freunden aktuell wenig bis gar nicht möglich ist, wie wäre es denn damit, die Miniaturen schonmal stimmungsvoll zu bemalen?
Sie wissen nicht wie? Dann folgen hier ein paar grundlegende Tipps:
Ein paar Sachen benötigen Sie. Dünne Pinsel, eine Farbpalette (eine, die man auf den Tisch abstellen kann, weil Sie beide Hände zum Bemalen benötigen – ansonsten gehen auch kleine Schälchen, die Sie »versauen« können), Grundierungsfarbe (ein sogenannter »Primer«) und dann noch die gewünschten Acrylfarben. Nehmen Sie bloß keine Lackfarben, die sind für diese Art der Bemalung nicht geeignet. Eine Standlupe kann sich auch gut machen, um die Details beim Bemalen besser abgrenzen zu können. Stellen und legen Sie sich dann noch ein Schälchen mit Wasser und ein fusselfreies Tuch bereit,
um den Pinsel zwischendurch zu säubern. Das Tuch wird definitiv sehr bunt werden, also nehmen Sie besser nicht das Lieblingsgeschirrhandtuch, sondern das, was sowieso bald weggeworfen gehört.
Ein, zwei Übungsfiguren können auch nicht schaden, um ein Gefühl für die Sache zu bekommen. Suchen Sie einfach nach Tabletop Miniaturen.
Haben Sie alles zusammen, können Sie loslegen. Als erstes müssen die Figuren grundiert werden. Sie fragen sich warum? Weil die Farbe sonst nicht auf dem Untergrund hält. Der Primer besitzt eine besondere Konsistenz, um die Oberfläche der Figuren vorzubereiten und die Farben gut aufzunehmen. Gerade wenn Sie sich neu mit diesem Thema befassen, ist weißer Primer zu bevorzugen, damit Sie die Details beim eigentlichen Bemalen besser erkennen können.
Lassen Sie stets die Figuren trocknen, bevor Sie den nächsten Schritt gehen.
Nach dem Grundieren ist das eigentliche Bemalen dran. Lassen Sie sich dafür Zeit, es ist nicht schlimm, wenn Sie für einzelne Figuren mehrere Tage brauchen. Hier kommt es nicht auf Schnelligkeit an. Das Ergebnis soll ja gut werden.
Haben Sie alles nach Ihren Vorstellungen bemalt, können Sie dem Ganzen noch das i-Tüpfelchen verpassen. Hier heißt das Zauberwort »Shader«, mit dem Sie für akzentuierte Schattierungen sorgen können. Die Kunst dabei liegt in der Menge des benutzten Shaders. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Probieren Sie auch das lieber erst einmal an Ihren Übungsfiguren aus, um auch dafür ein Gefühl zu entwickeln.
Zu guter Letzt sollten die Figuren noch versiegelt werden, damit sich die Farbe nicht gleich wieder abgreift, sobald das Spiel startet. Auch hier gibt es professionelle Versiegelungsfarben, aber eine einfache und effiziente Methode ist es, die Figuren abschließend rundum mit Haarspray einzusprühen. Kostet weniger und funktioniert genauso gut.
Wer hierbei eine neue Leidenschaft entdeckt hat, für den sind dann auch die Erweiterungspacks von besonderem Interesse.
Die Erweiterungen
Drei stimmungsvolle Erweiterungen gibt es für das ALONE
Grundspiel. Die »Alpha Expansion«, »Avatar Expansion« und die »Deep Expansion«.
Zusammengenommen warten hier nochmal insgesamt 18 neue Miniaturen, erweiterte Spieloptionen für beide Seiten und neue Missionen auf die Spieler, um eigene Szenarien zu kreieren und sich daran auszuprobieren.
Fazit
ALONE
macht im Vorfeld alles richtig. Es stellt bekannte Spielmechaniken auf den Kopf, indem es mehrere »Dungeonmaster« und nur einen Spieler gibt. Das weckt die Neugier.
Das Spielmaterial ist hochwertig und die Miniaturen sauber detailliert. Die Miniaturen lassen sich auch im bemalten Zustand gut aufbewahren, weil der Heidelbär den Packungen (auch den Erweiterungen) vorgeformte Plastikeinsätze spendiert. Die Regeln wirken in der Theorie verständlich, die praktische Umsetzung
konnte leider noch nicht getestet werden.
Für den Moment bleibt es bei der Tendenzeinschätzung und die sieht für ALONE
wirklich gut aus.
Die Empfehlung lautet, die Regelhefte kostenfrei beim Heidelbär herunterzuladen und durchzulesen. Wenn hier Interesse geweckt wird, kann man die Zeit durchaus mit dem Bemalen der Figuren überbrücken, oder einfach die Spielebox für den nächsten erlaubten Spieleabend bereitstellen.
Wettstreit der KIs: Black Angel
von Kai Melhorn
Black Angel
fällt ins Auge: große, schwere Box, auffallende Optik. Die Mechaniken sprechen für ein lupenreines Euro-Game, und die Autoren, die auch das viel gelobte Troyes
(mittelalterliches Setting) entworfen haben, für ein Spiel mit Tiefgang. Dazu noch ein Designer, dem es immer gelingt, den Kern des Spiels zu treffen. Kann da was schiefgehen? Das Ziel soll gewesen sein, kein 08/15-Weltraumspiel zu entwerfen. Das ist zweifellos gelungen.
Black Angel
erzählt die Geschichte des gleichnamigen Raumschiffs, welches sich auf einen beschwerlichen Weg zum Planeten Spes aufgemacht hat. Dieses Schiff hat keine geringere Aufgabe, als das Überleben der menschlichen Spezies zu sichern und das Erbgut der Menschheit bis zum neuen Heimatplaneten zu bringen. Die Steuerung des Schiffs wird gleich mehreren künstlichen Intelligenzen überlassen, denn die Nationen der Erde ließen es sich nicht nehmen, jeweils eine eigene KI zu entwickeln, die nun alle gleichzeitig für das Wohl des Schiffes und der wertvollen Fracht zuständig sind. Im Laufe der Jahre hat sich die Menschheit sowohl Freunde als auch Feinde gemacht, und daher werden die Ressourcen der Black Angel genutzt, um auf gemeinsame Missionen zu gehen und Handel zu betreiben. Die Feinde der Menschheit aber wittern ihre Chance, greifen das Schiff gnadenlos an und versuchen, es zu zerstören, bevor es auf Spes ankommt.
Im Rahmen dieser Geschichte übernehmen die Spieler die Rolle der KIs. Sie schicken Roboter auf Missionen, entwickeln Technologien, wehren die Reaver (die Angreifer) ab und reparieren das Schiff. So gesehen wäre das ein wunderbares Setting für ein kooperatives Spiel, in dem gemeinsam um das Überleben der Menschheit gekämpft wird. Das Spiel ist aber nicht kooperativ und dementsprechend wird es notwendig, dass die KIs miteinander im Wettstreit sind. Aber warum sollte es einen Wettstreit zwischen KIs geben? Und überhaupt ist die Vorstellung, eine künstliche Intelligenz zu spielen, nicht übermäßig reizvoll, oder? Die Antwort ist nicht einfach und wurde schon kontrovers diskutiert. Die effizienteste KI, die am Ende der Reise die
meisten Systemprotokolle (SP) gesammelt hat, darf die Menschheit auf Spes in ihre blühende Zukunft führen. Die Beste gewinnt. Das wars.
Ich bin von der Story nicht übermäßig begeistert, aber ich finde sie auch nicht schrecklich. Mit ein wenig Fantasie ist die Story auch noch ausbaubar und der Wettstreit sowie das Misstrauen der Nationen gegeneinander werden förmlich greifbar. Warum man jedoch auch gewinnen kann, wenn die Black Angel
zerstört wird, und warum man nach einer langen, guten Zusammenarbeit (der Flug soll laut Anleitung 1000 Jahre dauern) dann unbedingt alle bis auf eine KI abschalten will, sei dahingestellt.
Die Verpackung verspricht Spielspaß für ein bis vier Spieler ab zwölf Jahren und eine Dauer von 60 bis 120 Minuten. Diese Angaben sind
in meinen Augen realistisch, aber natürlich hängt die Spieldauer stark vom Grübelfaktor der Mitspieler ab. Es gibt eine Menge zu beachten und jede Entscheidung könnte man gleich schon wieder bereuen, wenn man nicht alles durchdacht hat. Dementsprechend kann man mit zwölf zwar wahrscheinlich schon mitspielen, aber meine erste Wahl wäre Black Angel
in dieser Altersgruppe eher nicht.
Das Material
Gut finde ich die gesamte Haptik und zu einem großen Teil die Optik. Die Würfel bilden das zentrale Element des Spiels und sind entsprechend wertig. Eine weitere wichtige Rolle übernehmen die Roboter und die Raumschiffe, und die sind tatsächlich ganz wunderbar. Die kleinen Robbis werden entweder an Bord der Black Angel
eingesetzt oder in ihren Raumschiffen auf Mission geschickt. Für die Missionen werden die Roboter in die Schiffe gesetzt und passen dort unglaublich gut hinein. Fertigungstechnisch toll gemacht, denn die Toleranz ist hier wirklich minimal und mir ist keine Kombination untergekommen, wo der Roboter nicht optimal in das Raumschiff gepasst hätte. Die Karten im Spiel werden auf vielfältige Art und Weise auf dem Tisch verbreitet und haben dafür die richtige Größe und Stärke. Die Pappteile, Marker und Diamanten sind auch ganz nett, wenn auch nichts Besonderes.
Der Aufbau der Spielfläche ist hingegen tatsächlich keine Alltagskost. Während das klassische Spielbrett das Innere der Black Angel darstellt, wo sich alles um Würfel, Aktionsfelder und die Invasion der Reaver dreht, liegt daneben ein eigenständiger Spielplan, der die Reise der Black Angel simuliert. Der Weltraum besteht aus Pappteilen, die aneinandergelegt werden und so eine große Fläche ergeben. Zu bestimmten Zeiten nimmt man eines dieser Pappteile von hinten weg, dreht es um und legt es auf der anderen Seite an. Dann rückt man die Black Angel, die in Form einer schönen Plastikminiatur in der Mitte Feldes aufgestellt wurde, ebenfalls ein Feld nach vorn. So bewegt sie sich immer weiter durch den Raum und schließlich taucht am Ende die neue Heimatwelt auf und das
Spiel nähert sich dem Ende. Die gestarteten Raumschiffe bewegen sich dort ebenfalls um das Mutterschiff herum, sodass neben dem Aktionsauswahlmechanismus noch ein weiterer Aspekt mit Bewegung im Weltraum hinzukommt.
Weniger überzeugt bin ich von der Anleitung, denn nicht immer ist mir klar, wo ich ein bestimmtes Detail nachlesen kann. Teilweise werden Aktionen auch nur im Anhang in der Detailtiefe erklärt, wie man es sich für die Hauptanleitung gewünscht hätte. Zudem lässt die Spielerhilfe eine ganz Aktion weg, die auch in der Anleitung schon zu kurz kommt. Ansonsten ist das kleine Heft aber durchaus verständlich geschrieben und übersichtlich gestaltet.
Die Farbwahl ist aber in jedem Fall gewöhnungsbedürftig, da sie mich doch arg an die alten Zeiten mit meiner CGA-Grafikkarte
erinnert. Weiß, pink, türkis und dunkelrot sind schon harter Tobak für die Spielerfarben. Allerdings hat diese seltsame Farbwahl den positiven Nebeneffekt, dass auch Farbenblinde damit gut auskommen müssten (zur Überprüfung habe ich eine App verwendet, die verschiedene Fehlsichtigkeiten im Farbspektrum simuliert). Am Schluss seien noch die ganzen Symbole erwähnt, die ein Spieler lernen muss. Es gibt reichlich davon und nicht alle sind sofort verständlich. Hier benötigt man etwas Zeit, um sich hineinzudenken, und man sollte den recht handlichen Anhang immer griffbereit haben, auf dem alle Karten und Plättchen einzeln erklärt werden.
Zusammengefasst bin ich mit dem Material sehr zufrieden, die Anleitung und die Spielerhilfe sind jedoch nicht perfekt gelungen.
Das Spiel
Nachdem der Aufbau erledigt wurde, wirft jeder Spieler seine drei Startwürfel, je einen der drei verfügbaren Farben, und legt sie in den persönlichen Bereich. Jede Runde muss man sich dann zwischen zwei verschiedenen Phasen entscheiden. In der Phase, die normalerweise gespielt wird, führt man Aktionen aus, in der anderen setzt man Teile des Spielfeldes zurück, bewaffnet sich mit neuen Würfeln und bewegt das Raumschiff weiter. In der nächsten Runde geht es dann wieder mit der anderen Phase weiter, in der man einen Würfel einsetzt, die entsprechende Aktion durchführt und ihn dann wieder in den allgemeinen Vorrat zurücklegt. Der Wert des Würfels (null bis drei) bestimmt dabei die Stärke der Aktion, was natürlich dazu führt, dass man auch mal Pech haben kann.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, mehr aus seinem Ergebnis zu machen. Zunächst kann man eine bestimmte Ressource nutzen und einem anderen Spieler einen seiner Würfel abkaufen. Hat dieser nicht vorher schon ebenfalls eine Ressource investiert und den Würfel geschützt, kann er sich auch nicht dagegen zur Wehr setzen. Außerdem gibt es Schrott, der bei Reparaturen des Schiffes anfällt und gesammelt werden kann. Gibt man einen Schrottwürfel aus, lassen sich ausschließlich eigene Würfel auf die andere Seite drehen, die grundsätzlich um zwei Punkte stärker oder schwächer ist. Somit lässt sich also viel Pech kompensieren, und manchmal ist es sogar gut, weniger hohe Werte zu würfeln. Dieser Mechanismus funktioniert prima und hält das Spiel spannend. Der Blick aufs Brett zeigt recht schnell, mit welchen Würfeln man wahrscheinlich planen kann. Dennoch ist es immer wieder spannend, wenn die Gegner an der Reihe sind und sie sich für einen Würfel entscheiden. Es gibt
allerdings auch frustrierende Momente, in denen absehbar ist, dass man die letzte wichtige Aktion nicht mehr ausführen kann.
Die verfügbaren Aktionen sind insgesamt überschaubar. Man kann Raumschiffe starten und im All Missionen erledigen. Diese geben entweder später einen Bonus oder können ebenfalls per Würfel aktiviert werden. Dadurch bekommt man Ressourcen, Raumschiffe oder auch Roboter, und natürlich ist das auch eine gute Möglichkeit Siegpunkte zu erlangen. Diese beiden Aktionen stehen mit jeder Würfelfarbe zur Verfügung, sie müssen dann nur zu der Missionskarte passen, die zum Einsatz kommen soll.
Die dritte Aktion ist je Farbe individuell. Mit gelb kann man Technologien erforschen, mit grün marodierende Reaver vom Schiff vertreiben und mit grau kann man die Schäden reparieren, die sie dort angerichtet haben. Jede dieser Aktionen liefert ihren eigenen Beitrag für das Erlangen von Siegpunkten.
Abgesehen von Missionen kommt für den Gewinn von Punkten ein Technologiespielbrett ins Spiel, das jeder vor sich liegen hat. Dort werden Technologien platziert, die durch den Einsatz von Schrott aktiviert werden können. Es gibt auch Spezialtechnologien, die nur der Generierung von Siegpunkten dienen, aber leider nicht uneingeschränkt genutzt werden können. Nur wenn man sich durch Weltraummissionen bei anderen Völkern verdient gemacht hat, bekommt man mehr Siegpunkte. Dieser Mechanismus klingt reizvoll, will aber einfach nicht so recht in das Konzept passen und wirkt deswegen ein wenig zu sehr hineingepresst. Zudem scheint die Arbeit, die man investieren muss, für den Gewinn zu hoch zu sein.
In Summe ergibt sich durch die Verzahnung aller möglichen Aktionen ein äußerst interessantes Puzzle. Wie in einem Spiel dieser Art meistens der Fall, hat man immer zu wenig Aktionen und immer hapert es an irgendwas. Dazu kommt die Planung der Aktionen, die auch immer die Möglichkeiten der anderen Spieler mit einbeziehen muss. Es ist auf der einen Seite wunderbar, könnte meiner Meinung nach für den einen oder anderen Spieler aber auch zu viel Verzahnung sein. Zu selten gelingt eine Aktionskette so, wie man es sich wünschen würde, niemals hat man das Gefühl, den großen Wurf geschafft zu haben. Dennoch krabbelt man an der Siegpunktleiste Stück für Stück nach oben und es kommt irgendwann zum spannenden Finale. Schließlich geht es den anderen Spielern häufig nicht viel besser. Auch der Solo-Modus hat seinen Reiz, und es gelang mir nicht auf Anhieb, den virtuellen Gegner zu schlagen. Ganz ohne glücklich gezogene Karten wäre mir ein Sieg bisher vielleicht gar nicht gelungen.
Fazit
Black Angel
ist ein außergewöhnlicher Titel. Die Interaktion in beiden Spielflächen, das Klauen der Würfel, der rotierende Spielplan und nicht zuletzt auch die Optik laden zu Diskussionen förmlich ein. Fast jeder Mechanismus und viele Designentscheidungen haben das Potenzial, die Spielerschaft zu spalten. Ich finde das Spiel trotz eines gewissen Frustpotentials und an einigen Stellen mechanisch wirkender Verzahnung aber gelungen und werde es gern noch einige Male spielen. Wem kann ich Black Angel
nun also ans Herz legen? Wer sich gern in komplexe Spiele hineindenkt und es mag, ein Spiel zu verstehen, seine Strategien zu optimieren und es schlussendlich meistern zu können, hat hier eine Nuss zu knacken. Ich bin jedenfalls noch dabei.
Black Angel
Brettspiel für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Sébastien Dujardin, Xavier Georges, Alain Orban
Asmodee 2019
EAN: 3558380065364
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 67,99
Gaia Project
: „Netter Planet – Den nehmen wir!“
von Peter R. Krüger
Das Zitat aus der Science-Fiction-Komödie Mars Attacks!
passt für dieses Spiel wie die besagte Faust aufs Auge. Schließlich gehört es in diesem Spiel dazu, sich mit seinem ausgewählten Volk von Weltraumfahrern in der Galaxie auszubreiten.
Doch aktuell stellt sich vielen Brettspielern die Frage, wie man derzeit eigentlich Spiele spielen kann, wenn man sich doch nicht treffen darf?
Eben diese Problematik betrifft auch Rezensionsexemplare. Meine Spielkomplizen hätten zwar Zeit, treffen ist aber derzeit nicht drin. Auch wenn es in den Fingern juckt: Vernunft geht vor!
Zum Glück gibt es aber bei manchen Spielen die Möglichkeit eines Solospiels. So auch beim Spiel Gaia Project
, für welches hier nun eine Rezension folgt.
Gaia Project
ist ein strategisches Aufbauspiel aus dem Hause Feuerland Verlagsgesellschaft mbH und wartet nicht nur mit einer Unmenge an Spielmaterial auf, sondern auch mit der sogenannten Automa-Solospiel-Variante.
Solospiel? Das klingt bei Brettspielen meist eher langweilig. Ist aber bei gut durchdachten Regeln nicht der Fall.
Worum geht es?
Jeder Spieler übernimmt in diesem Spiel eines von 14 wählbaren Völkern, um die Planeten einer Galaxie zu besiedeln, dabei Forschung zu betreiben und das eigene Volk weiterzuentwickeln. Spieler von einschlägigen Computerspielen mögen hier vielleicht gleich an Games wie Master of Orion
oder Galactic Civilizations
denken und liegen damit gar nicht so verkehrt. Diese Spiele gelten als
Vertreter des sogenannten 4X-Genres (engl. explore, expand, exploit, exterminate = Auskundschaften, Ausbreiten, Ausbeuten, Auslöschen).
Gaia Project
verfolgt ähnliche Strategien, allerdings muss man die Formel hier auf 3X reduzieren. Denn Auslöschen, also ein kriegerischer Eroberungsfeldzug, bleibt hier außen vor. Und das ist auch gut so!
Das Material
10 Raumteile als variables Spielfeld, 7 doppelseitige Völkertableaus für die Mitspieler, ein gemeinsames Forschungstableau und ein Wertungstableau stellen die Basis des Spiels dar. Dazu kommen noch 147 detaillierte Gebäude und Einheiten, über 300 Spielsteine und mehr als 120 Plättchen aus Karton. Alles stabil und gut verarbeitet. Für das Solospiel stehen dann noch 30 Automa- und Spielhilfekarten bereit.
Was bei der Menge an Material besonders positiv auffällt ist nicht nur die gute Verarbeitung des Spielmaterials, sondern auch, dass die »Feuerländer« gleich mitgedacht und einen Satz Klemmtüten beilegt haben, damit man das ganze Material auch passend sortiert halten kann.
So staunt man nicht nur über die Materialmenge, sondern freut sich auch gleich, dass dieses nicht wie verrückt durch den Karton schleudert, wenn man dann irgendwann das Spiel wieder für eine Spielrunde zu seinen Freunden mitnehmen kann.
Das Solospiel
Wie bereits erwähnt verbietet sich aktuell eine gemeinsame Spielrunde mit Freunden. Und obwohl der Solomodus sicher nicht für eine solche Situation konzipiert wurde, war die Gelegenheit günstig, Gaia Project
allein zu spielen.
Das Wichtigste, das man hierbei benötigt, ist Zeit. Sowohl der Aufbau des Spiels verschlingt gerade beim ersten Mal einiges an Zeit als auch die Durchführung der ersten Runden. Denn dieses Spiel ist komplex. Und obwohl die Automa-Regeln versuchen, die einzelnen Schritte logisch aufzuführen und den Spieler damit durch die ersten Züge zu führen, bleiben dem Neuling in manchen Situationen einige Fragezeichen im Gesicht stehen.
Hier haben wir (OK, im Solomodus »ich«) den Schwachpunkt des
Spiels entdeckt: Wer sich allein durchwuseln muss, wird an manchen Stellen nicht drum herumkommen, sich durch die Regelhefte zu blättern. Auch das verschlingt einiges an Zeit.
Hat man aber die ersten zwei Runden geschafft (wir reden hier bestimmt von einer Stunde, die beim ersten Solospiel dafür verstreichen kann), beginnt sich ein Funken Vertrautheit in der Spielmechanik auszubreiten.
Um an dieser Stelle nochmal die 4X-Computerspiele zum Vergleich hinzuzuziehen, ist noch eine Gemeinsamkeit festzustellen. Man muss sich in das Spiel einarbeiten. Das kann eine Zeit lang den Spielspaß etwas dämpfen, doch sollte man seine erste Partie wirklich als Lernspiel ansehen.
Im Solotestspiel wurden die Empfehlungen der Automa-Regeln eingehalten und tatsächlich steigerte sich der Spielspaß ab der dritten Runde langsam. Der Spielablauf wurde klarer, die Mechanik einleuchtender und auch die Aktionen des automatschen Gegenspielers in gewisser Weise nachvollziehbar.
Der automatische Gegner
Hat man die Lernkurve nach den ersten Runden genommen (aber längst noch nicht gemeistert), werden nicht nur die eigenen Züge planbarer, sondern auch die Gefahren, die im automatischen Gegner stecken. Der kann nämlich Runde für Runde mehr Aktionen durchführen und sich, wenn das Spiel schlecht läuft, zum Ende des Spiels rasant ausbreiten und verbessern.
Bis dahin hat sich aber der Spaßfaktor bereits eingestellt und man merkt, welches Potential in diesem Spiel steckt. Tatsächlich kann man sich bei den Aktionen des Automa-Gegners genauso freuen oder ärgern, als würde ein echter Mitspieler versuchen, einem den Rang abzulaufen. Das kann so weit gehen, dass man sich, nachdem der Gegner wieder einen Forschungsfortschritt errungen oder einen neuen Planeten besiedelt hat, irgendwie eine riesige Weltraumflotte
wünscht, um den Gegner von Planeten zu jagen, die man doch für sich selbst im nächsten Zug einnehmen wollte.
Raumflotten gibt es jedoch nicht, denn dieses Spiel setzt auf den sportlichen Wettstreit. Wer am Ende die meisten Punkte hat, hat die Partie gewonnen.
Für Spieler, die anderen gern Steine in den Weg legen, mag dieses Prinzip weniger reizvoll sein. Wer sich jedoch gern in einem fairen Wettstreit messen möchte, hat ja immer noch die Gelegenheit, dem Gegner Forschungsfortschritte oder Planeten streitig zu machen, ohne dass es zu einem (spielerischen) bewaffneten Konflikt kommt.
Fazit
Es gibt bei diesem Spiel mehrere Phasen, die man durchläuft. Zuerst das einfache Staunen darüber, wie viel Material in dieser Box
geliefert wird. Dann die Vorfreude beim Aufbauen, gefolgt von einer Motivationsbremse beim Erlernen des Spiels. Das liegt tatsächlich aber eher daran, dass eine übersichtliche Kurzregel oder eine Frage-&-Antwort-Beilage (FAQ) fehlt. Etwas Zeit zum Einlesen in die Regeln muss man unbedingt mitbringen, um in die nächste Phase zu kommen. Und die lautet aufsteigender Spielspaß, sobald man die Möglichkeiten des Spiels durchdrungen hat. Und selbst wenn man das Spiel verliert, ist nun auf einmal die Motivation da, es noch einmal versuchen zu wollen. Vielleicht mit einem anderen Volk für sich selbst, oder gegen einen anderen Gegner. Vielleicht ändert man auch den Spielplan, also die Galaxie.
Freunde von Aufbauspielen kommen hier absolut auf ihre Kosten. Wer zudem die Thematik der friedlichen Eroberung einer Galaxie und des Wettstreits um technologischen Fortschritt interessant findet, für den dürfte Gaia Project
ein Volltreffer sein.
Nur eben den Willen, sich in die Spielmechanik einzuarbeiten, sollte man mitbringen, damit der Spielspaß folgen kann.
Wettrennen ins All: Lift Off
von Bastian Ludwig
»T minus 10 Minuten.« – »3-2-1-Go!« – »Houston, wir haben ein Problem!« – »Ground Control to Major Tom.« … Na ja, so richtig
sitzt der Astronautenjargon vielleicht noch nicht, aber kein Grund, nicht Chef einer eigenen Raumfahrtagentur zu werden und sich mit der Konkurrenz ein Wettrennen um die Eroberung des Alls zu liefern.
Bei Lift Off
übernehmen die Spieler die Leitung konkurrierender Raumfahrtagenturen in einem vage an das Space Race der 1960er-Jahre erinnernden Szenario. Ihr Ziel besteht darin, möglichst erfolgreiche Missionen durchzuführen und dafür Siegpunkte einzukassieren. Bevor eine Mission ins All starten kann, will aber einiges organisiert werden: Man schart ein Team aus Spezialisten um sich, das neue Technologien erforscht, das Labor ausbaut, das Raumschiff einsatzbereit macht oder auch einfach nur das nötige Kleingeld heranschafft. Anschließend wählt man Missionen aus, und wenn man alle Voraussetzungen erfüllt hat, heißt es auch schon: Ignition and … Lift Off! Hat man eine Mission ins All gebracht, bringt das wiederum gewisse Vorteile und Siegpunkte. So baut man seine Raumfahrtagentur Stück für Stück aus, um immer aufwendigere und ertragreichere Missionen umzusetzen. Massig Siegpunkte gibt es auch für spezielle Ziele, die man zu Spielbeginn bekommt und bei Spielende erfüllt haben muss. Ein weiteres Betätigungsfeld ist der Bau einer Raumstation, an der alle Spieler gemeinsam werkeln.
Lift Off
ist ein Strategiespiel mit hervorragender Balance zwischen Zugänglichkeit und Spieltiefe. Es gibt nicht wenige Baustellen, die man im Auge behalten muss, weil eine Mission daran scheitern kann: zu wenig Geld, nicht die richtigen Technologien, nicht genug Traglast in der Rakete, die falschen Missionen gewählt. Trotzdem sind die einzelnen Spielelemente so nachvollziehbar und in ihrem Zusammenspiel so verständlich, dass man als Spieler niemals überfordert ist. Sucht man nach Orientierung, kann man sich außerdem an die individuellen Spielziele der Marke »Sammle möglichst viele blaue Technikkarten« oder »Bringe möglichst viele Missionen des Levels 3 ins All« halten.
Zusatzantriebe und mehr Laderaum: Je besser die Rakete, desto aufwendiger die Missionen.
Lift Off
erlaubt üblicherweise, dass man sich auf die jeweils aktuelle der insgesamt acht Spielrunden konzentriert. Größere Planungen über mehrere Runden hinaus oder gar bis zum Spielende hin sind – abseits von der Verfolgung der individuellen Spielziele – kaum nötig.
Jede Runde für sich sollte man dafür aber umso gewissenhafter
planen. Beispiel Geld. Man benötigt Geld für die Raketenstarts, quasi Abschluss und Höhepunkt jeder Spielrunde, aber auch schon vorher, um zum Beispiel die Rakete auszubauen. Da Geld nie in Hülle und Fülle vorhanden ist, ist genaue Buchführung wichtig. Baut man zum Beispiel einen neuen Laderaum in die Rakete, um mehr Last transportieren zu können, erhöhen sich auch die Kosten für einen Start. Ist man nun aber so vorausschauend, mit dem ersten Raketenstart einen Kommunikationssatelliten ins All zu schießen, durch den man ein effizienteres Triebwerk bekommt, das die Startkosten wieder senkt, reicht das Budget dann vielleicht gerade so für einen zweiten Start. Jede Mission will also genau durchkalkuliert werden.
Mit den richtigen Spezialisten greift man schon bald nach den Sternen …
Macht man dabei mal einen Fehler, ist das ärgerlich und bringt einen ins Trudeln, wirft einen aber nicht aus der Bahn, denn Lift Off
verzeiht Fehler großzügig. Trifft man mal eine schlechte Entscheidung, kann man sich damit kaum Möglichkeiten verbauen,
sondern sie vertagen. Dadurch wird man nie völlig abgehängt. Zumindest bei meinen Testspielen waren alle Spieler nach der Endabrechnung auf der Punkteleiste sehr nah beieinander – ein Zeichen für eine gut ausbalancierte, faire Mechanik.
Sieht man Lift Off
als Strategiespiel für Gelegenheitsspieler, gibt es wenig zu bekritteln. Hardcore-Strategen mag neben der untergeordneten Langzeitplanung allerdings der recht hohe Glücksfaktor stören, denn sowohl bei den Spezialisten als auch den Missionen darf man nur aus einem zuvor verdeckt gezogenen Set wählen – ganz genau weiß man also nie, was man bekommt und wohin die Reise gehen wird.
… und mir nichts, dir nichts hat man den Erdorbit mit Weltraumschrott zugemüllt.
Der Autor Jeroen Vandersteen ist Mathematiker bei der ESA, eine verkopfte Raumfahrtsimulation ist Lift Off
aber nicht geworden, sondern vielmehr ein humoristisches Weltraumabenteuer. Perfekt unterstützt wird das durch die zauberhafte Grafik von Nache Ramos.
Sonderlich plastisch ist das Spielmaterial zwar nicht, besteht es doch größtenteils aus Karten und Plättchen, die allerdings sehr liebevoll in einem retrofuturistischen Design gehalten sind, das aus den 1960er-Jahren stammen könnte. Hingucker sind dabei die Raumstation, die immer weiterwächst, und die Rakete, die man Stück für Stück ausbauen kann.
Kooperation trotz Konkurrenz: An der Raumstation bauen alle Agenturen gemeinsam.
Fazit: Lift Off
ist ein auch für Gelegenheitsspieler zugängliches Strategiespiel mit deutlichem Glücksfaktor, schönem Szenario und putziger Präsentation.
Lift Off
Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Jeroen Vandersteen, Nache Ramos, Andreas Resch, Kreativbunker
Hans im Glück 2018
EAN: 4015566018174
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 52,99
Point-and-Click ganz ohne PC: Adventure Games – Die Vulkaninsel
von Michael Wilhelm
Mysteriöse Vorfälle auf einer Vulkaninsel, geheimnisvolle Artefakte, eine gerissene Schmugglerbande und vier jugendliche Heldinnen und Helden. Klingt nach den Zutaten eines Jugend-Abenteuerromans. Ist aber der Plot des neuesten Adventure Games
aus dem Hause Kosmos.
Nachdem wir uns in den Vorgängerspielen Das Verlies
und Die Monochrome AG
durch ein mittelalterliches, phantastisch angehauchtes Setting beziehungsweise einen Science-Thriller gerätselt haben, übernehmen wir dieses Mal vier Studenten, die in den späten 1980ern in einem etwas ungewöhnlichen Seminar an einer kleinen Insel-Universität studieren, wahrscheinlich irgendwo im spanischen oder lateinamerikanischen Raum. Zwei weibliche und zwei männliche Figuren stehen zur Auswahl, jede mit einem bestimmten Studien-Schwerpunkt und einem korrespondierenden Element (was im Spielverlauf bei manchen Erkundungsaktionen durchaus von Belang sein kann).
Viel aufzubauen gibt es zu Beginn nicht. Vom Stapel der großformatigen Ortskarten wird die erste offen ausgelegt. Die restlichen Karten werden als verdeckte Stapel bereitgelegt. Der umfangreichste davon ist der 90 Karten dicke Stapel der Abenteuerkarten (nummeriert von 10 bis 99). Das sind vor allem Gegenstände, die im Laufe des Spiels gefunden und miteinander oder mit Orten auf den Ortskarten kombiniert werden wollen. Außerdem gibt es noch einen Missions- und einen Zeitstapel sowie einige
kleinformatige Zusatz-Ortskarten.
Wir beginnen das Spiel auf der ersten liebevoll illustrierten Ortskarte, die den Parkplatz am Schluchteingang zeigt. Dort sollten wir eigentlich mit unserem Dozenten Piku Abreu die Exkursion beginnen. Doch der ist leider verhindert, also beginnen wir selbst mit der Erkundung. Das geht prinzipiell allein oder mit bis zu vier Spielern. Im Spiel allein sollte man zwei Figuren führen, da man an ein paar Stellen in der Geschichte sonst nicht weiterkommt.
Auf den Ortskarten sind Stellen, die untersucht werden können, mit dreistelligen Zahlen markiert. Im 92-seitigen Abenteuerbuch gibt es zu jeder Nummer einen Eintrag, der zur Erkundung vorgelesen wird. Manchmal findet man einen Gegenstand, der dann aus dem Stapel der nummerierten Abenteuerkarten genommen werden kann. Oder man erhält mal wichtigere, mal weniger wichtigere Informationen. Manchmal wird auch einfach nur etwas erzählt, das zur Story und Atmosphäre beiträgt. Wie in den beiden Vorgängern bedient sich auch Die Vulkaninsel
einem gut durchdachten System für das Kombinieren von Gegenständen und Orten. Dann werden nämlich die Zahlen der beiden Karten oder Orte in Reihe gesetzt und ein vier- oder fünfstelliger Eintrag vorgelesen. Manche Kombinationen sind sehr logisch und gut nachvollziehbar, andere durchaus etwas skurriler, sodass man etwas rumprobieren muss, bis man weiterkommt. Im schlimmsten Falle, wenn man gänzlich auf dem Schlauch steht, gibt es eine Liste mit (spoiler-freien) Hinweisen im Regelheftchen.
Reihum machen die Spieler eine Aktion, das heißt sie können einen Ort auf einer offenbarten Ortskarte erkunden oder zwei Abenteuerkarten kombinieren oder eine Abenteuerkarte mit einer Stelle auf einer Ortskarte kombinieren. Die Story schreitet voran, indem neue Abenteuerkarten gefunden und neue Ortskarten zugänglich gemacht werden. Dann wird jedes Mal eine Einführung für die neue Ortskarte vorgelesen und die zu erkundenden Bereiche auf der Ortskarte beschrieben. Am Ende jedes Kapitels gibt es eine kleine Wertung für erreichte Zwischenziele und gefundene Abenteuerkarten.
Man sollte sich schon mehrere Abende (oder einen sehr langen Abend) Zeit nehmen, um die vier Kapitel lange Geschichte der Vulkaninsel mit variablem Showdown durchzuspielen. Veranschlagt werden 75 Minuten je Kapitel, beim langen dritten Kapitel 150
Minuten. Je nach den im Verlauf getroffenen Entscheidungen gibt es zwei unterschiedliche Schlusskapitel. Und auch schon in den ersten Kapiteln gibt es verschiedene Entscheidungen zu treffen, die beispielsweise über erhaltene Abenteuerkarten den späteren Spielverlauf beeinflussen.
Der Spielstand kann unkompliziert »gespeichert« werden, indem man die Kartenauslage zu Kapitelende fotografiert oder notiert, welche Karten verfügbar waren. Prinzipiell geht das auch mitten im Kapitel, stimmiger und unproblematischer ist es allerdings an den vorgesehenen Stellen zwischen den Kapiteln.
Zumindest zweimal durchspielen sollte man Die Vulkaninsel
, da man sonst eines der beiden völlig unterschiedlichen Schlusskapitel verpasst. Naja, prinzipiell kann man auch den Spielstand im dritten Kapitel speichern oder reaktivieren. Aber vielleicht hat man ja auch in den vorigen Kapiteln noch Lust, was anderes auszuprobieren oder will die Geschichte mit anderen Spielfiguren spielen.
Mit insgesamt fast vier Stunden Spielzeit für bis zu vier Spieler bieten die Adventure Games
ein ordentliches Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit einem Kino-Besuch (der in der aktuellen Corona-Krise sowieso nicht möglich ist) wäre man schon deutlich mehr Geld los. Sehr ansehnlich ist auch wieder das Spielmaterial. Die Illustrationen sind detailreich und stimmungsvoll. Und es macht viel Spaß, sich am Kombinieren von Abenteuerkarten und Orten zu versuchen. Manchmal kommen dabei echt witzige Sachen raus. Und wer besonders aufmerksam ist, kann auch noch das eine oder andere Easter Egg entdecken, ganz zu schweigen von den vielen Anleihen an Klassiker aus dem Abenteuer-Genre, insbesondere Indiana Jones und die Point-and-click-Adventures aus der guten alten Zeit.
Fazit: Auch Die Vulkaninsel
bietet wieder eine spannende und kurzweilige interaktive Abenteuergeschichte. Zwei, drei abendfüllende Knobelrunden sind sicher, wenn man auf den Spuren der Schmugglerbande und des fehlenden Archäologen die exotischen Schauplätze erforscht. Und dann gibt es ja auch noch den Vulkan …
Achtung: Laut Kosmos hat sich in das Spiel leider ein Fehler eingeschlichen. Dieser wird behoben, wenn man sich das »Missions-Update« von der Kosmos-Seite herunterlädt:
Adventure Games – Die Vulkaninsel
Kartenspiel für 1 bis 4 Spieler ab 12 Jahren
Phil Walker-Harding, Matthew Dunstan, Chihiro Mori
Kosmos 2019
EAN: 4002051693169
Sprache: Deutsch
Preis: EUR 14,99