RICHTIG BELADEN

 

„Das könnten wir doch aber bestimmt gut gebrauchen …“ Beim Packen des Wohnmobils möchte man gerne für alle Eventualitäten gerüstet sein. Ein Schlauchboot wäre toll, um bei hochsommerlichen Temperaturen auf dem Badesee zu plantschen, ohne gescheite Wanderstiefel sind keine Ausflüge möglich und selbstverständlich dürfen auch das Lieblingsessen und ein ausreichend großer Weinvorrat nicht fehlen – wer kann schon wissen, ob es das am Urlaubsort alles zu kaufen gibt. Gut, dass das Wohnmobil eine so große Heckgarage bietet.

Gerade Campinganfänger neigen angesichts der großzügigen Stauräume dazu, viel zu viel einzupacken und das Wohnmobil gnadenlos zu überladen. Sicher, Fahrräder, Campingmöbel und Grill gehören für viele zu einem unbeschwerten Urlaub dazu, aber müssen die umfangreiche Urlaubsbibliothek in gedruckter Form, der Thermomix und eine zusätzliche Sonnenliege für Gäste wirklich mit?

Mit Blick auf die erlaubte Zuladung ist dringend Zurückhaltung angesagt, denn gerade die beliebten Wohnmobile in der 3,5-Tonnen-Klasse erlauben oftmals eine nicht gerade üppige Zuladung und spätestens, wenn eine vierköpfige Familie verreisen möchte, droht ein ernsthaftes Gewichtsproblem.

Je schwerer das Fahrzeug, desto schlechter die Fahrdynamik und desto länger der Bremsweg. Gerät man mit einem Reisemobil, das inklusive Gepäck und Insassen mehr wiegt als die erlaubten 3,5 Tonnen, in eine Polizeikontrolle, kann es teuer werden, und als wäre das nicht schon schlimm genug, darf die Fahrt erst fortgesetzt werden, wenn die überflüssigen Kilogramm ausgeladen sind – was in den meisten Fällen wohl auf eine Entsorgung des überzähligen Gepäcks vor Ort hinauslaufen wird.

Die Beschränkung des Reisegepäcks auf das Wesentliche zahlt sich nicht nur im Hinblick auf die Sicherheit aus, oftmals gestaltet sich der Aufenthalt im Reisemobil deutlich angenehmer, wenn nicht jedes Staufach bis in den letzten Winkel vollgestopft ist. Willkommener Nebeneffekt: Es bleibt Platz für Mitbringsel! Darüber hinaus verbessert jedes eingesparte Kilo die Fahreigenschaften und senkt den Kraftstoffverbrauch. Um sicher unterwegs zu sein, spielt neben dem Gesamtgewicht auch die Verteilung der Ladung im Fahrzeug sowie die akkurate Ladungssicherung eine wichtige Rolle.

Allgemeine Gewichtsgrenzen und Konsequenzen bei Überladung

Im Zusammenhang mit der Beladung des Reisemobils ist es wichtig, einige grundlegende Begriffe korrekt voneinander zu trennen und auseinanderzuhalten:

Die zulässige Gesamtmasse (häufig auch zulässiges Gesamtgewicht genannt) gibt an, was das Fahrzeug in beladenem Zustand maximal wiegen darf. Die Angabe des Gewichts in kg ist unter den Ziffern F.1 und F.2 in der Zulassungsbescheinigung Teil I zu finden.

Die Masse in fahrbereitem Zustand wird von den Wohnmobilherstellern in den Katalogen angegeben. Hier ist allerdings ein detaillierter Blick in das Kleingedruckte erforderlich, da jeder Hersteller im Detail etwas anderes darunter versteht.

Die maximale Zuladung oder Nutzlast ergibt sich aus der Differenz der zulässigen Gesamtmasse abzüglich der Masse in fahrbereitem Zustand:

Zulässige Gesamtmasse

– Masse in fahrbereitem Zustand

= Zuladung

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Die Heckgarage eignet sich ideal für den Transport sperriger Gegenstände wie Campingmöbel. Achten Sie aber unbedingt auf die zulässige Belastbarkeit der Heckgarage.

Leider sind viele Wohnmobile schon leer keine Leichtgewichte, doch es wird noch komplizierter: Damit das Wohnmobil nicht überladen wird, darf nicht nur das zulässige Gesamtgewicht nicht überschritten werden, sondern es kommt auch auf die richtige Verteilung des Gewichts innerhalb des Fahrzeugs beziehungsweise genauer gesagt der Verteilung auf die beiden Achsen an. Hier ist die Achslast entscheidend. Sie gibt an, welches Gewicht jeweils auf der Vorder- und Hinterachse lastet. Was hier bei Ihrem Fahrzeug erlaubt ist, steht in der Zulassungsbescheinigung Teil I unter den Ziffern 7.1–7.3.

Abschließend muss auch die Tragfähigkeit der Reifen berücksichtigt werden. Sie wird in Form des Load- oder Lastindex (LI) angegeben und ist neben weiteren Reifenangaben wie Größe oder Durchmesser auf der Reifenflanke eingeprägt. Vermerkt ist kein absoluter Wert, sondern die Tragfähigkeitskennziffer. In einer entsprechenden Tabelle (z. B. bei de.wikipedia.org nach „Tragfähigkeitsindex“ suchen) lässt sich dann das erlaubte Gewicht ablesen. Bei einem Fahrzeugneukauf sollte die Tragfähigkeit der zulässigen Gesamtmasse des Wohnmobils entsprechen. Ein genaues Augenmerk verdient dieser Punkt insbesondere beim Gebrauchtkauf sowie für den Fall, dass eine Neubereifung ansteht.

Sowohl das Fahrverhalten wie auch der Bremsweg werden maßgeblich vom Gewicht beeinflusst. Eine Überladung stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar und ist kein Kavaliersdelikt. Für Reisemobile bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen können je nach Höhe der Überladung Bußgelder zwischen 10 € und 235 € verhängt werden. Ab einer Überladung von 20 % kommt zusätzlich ein Punkt in Flensburg dazu. Im Ausland sind die Strafen teilweise drakonischer und längst nicht alle europäischen Nachbarn gewähren eine fünfprozentige Toleranz, wie es in Deutschland der Fall ist. Bereits eine fünfprozentige Überladung bedeutet beispielsweise in Frankreich, dass die Weiterfahrt untersagt wird. Richtig teuer kann Übergewicht bei einem Unfall werden, denn im schlimmsten Fall droht sogar der Verlust des Versicherungsschutzes.

Zuladung berechnen und Gesamtgewicht kontrollieren

Um die mögliche Zuladung berechnen zu können, müssen Sie zunächst das Gewicht Ihres Wohnmobils im fahrbereiten Zustand herausfinden. Fündig werden Sie in der Regel in den Katalogen der Hersteller. Zusätzlich ist aber auch die genaue Definition zu recherchieren, was der jeweilige Hersteller unter „fahrbereitem Zustand“ versteht.

Üblicherweise sind in die Gewichtsangabe eingerechnet:

image75 kg Fahrergewicht

image90 % gefüllten Kraftstofftank

imageeine gefüllte Gasflasche

imageVerbandkasten, Warndreieck und Bordwerkzeug

imageFrischwasser

Gerade den letzten Punkt nutzen viele Hersteller aus, um die Zuladungsmöglichkeit des Wohnmobils „schön“zurechnen. Statt einem vollen Wassertank wird hier die sogenannte Fahrstellung zugrunde gelegt. Statt 100 kg für 100 Liter Wasservorrat werden dann nur 20 kg für eine reduzierte Wassermenge von 20 Literberechnet. Nun mag es durchaus sinnvoll sein, den Frischwassertank für die lange Anfahrt ans Mittelmeer nicht komplett zu füllen, um Gewicht und damit auch Treibstoff zu sparen. In der Regel möchte man ja aber spätestens vor Ort autark sein und dann ist die 20 l-Fahrstellung alles andere als realistisch.

Als weiterer Punkt ist zu berücksichtigen, dass sich die Gewichtsangabe der Hersteller stets auf die Basisausstattung bezieht. Die Mehrgewichte aller Extras und Ausstattungspakete von der zweiten Gasflasche über eine Radiovorbereitung und eine Markise bis hin zu einem stärkeren Motor müssen dazuaddiert werden und stehen nicht für das Urlaubsgepäck zur Verfügung. Echte Schwergewichte sind u. a. Klimaanlagen und Satellitenanlagen, die zudem durch ihre Montageposition auf dem Dach den Schwerpunkt ungünstig nach oben verlagern.

Um nun zu berechnen, welches Gewicht das Gepäck haben darf, müssen Sie das ermittelte Gewicht in fahrbereitem Zustand sowie das Gewicht aller mitreisenden Personen inklusive Kinder und Haustiere vom zulässigen Gesamtgewicht abziehen.

Die zur Verfügung stehende Zuladungsreserve ist bei allen Wohnmobilen unabhängig von Aufbauform und Grundriss ein entscheidender Faktor. Um abzuschätzen, ob die Zuladung des Wohnmobils ausreicht, sollten Sie als Faustregel von einem Grundgewicht für die Basisausrüstung von 200 kg zuzüglich 100 kg für jede mitfahrende Person ausgehen. In der 3,5-Tonnen-Klasse sind Zuladungen um die 500 kg nicht selten, was für zwei Personen ausreicht. Das Maximum der Zuladung bei besonders kompakten und leichten Fahrzeugen liegt zwischen 650 kg und 750 kg und eignet sich somit auch zum Verreisen mit der Familie, wobei allerdings beim Packen schon einige Zurückhaltung angesagt ist, wie das Beispiel auf der vorhergehenden Seite erkennen lässt. Die Tabelle zeigt, dass eine zunächst üppig erscheinende Zuladung von 750 kg schon mit einer dreiköpfigen Familie schnell „aufgebraucht“ ist.

Zuladung im Wohnmobil

Unser Beispiel zeigt, was bereits eine dreiköpfige Familie samt Gepäck im fahrbereiten Reisemobil auf die Waage bringt.

Ladung

Gewicht (kg)

Zwischensumme Gewicht (kg)

Masse in fahrbereitem Zustand laut Katalog

2 850

2 850

Markise

35

2 885

Fahrradträger

15

2 900

Radio/Lautsprecher

5

2 905

Wassertank voll

100

3 005

Zweite Gasflasche

20

3 025

Stromkabel, Wasserschlauch, Auffahrkeile

35

3 060

Campingmöbel

20

3 080

Grill

10

3 090

Küchenausstattung

20

3 110

Badausstattung, Handtücher etc.

15

3 125

Bettwäsche und Decken

10

3 135

Kleidung

45

3 180

Fahrräder

60

3 240

Vorräte (Lebensmittel und Getränke)

40

3 280

Mehrgewicht Fahrer (90 kg)

15

3 295

Beifahrer

70

3 365

Kind

35

3 400

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Je tiefer der Schwerpunkt des Reisemobils, desto sicherer die Straßenlage

Die Rechnerei und akribische Auflistung aller Ausstattungsextras und des Zubehörs ist allerdings sehr aufwendig und Sie sind bei der Berechnung der Masse in fahrbereitem Zustand auf die korrekten Angaben der Hersteller angewiesen. Dazu muss man wissen, dass für die Gewichtsangabe eine 5 %-Regel gilt. Um gegenüber Fertigungstoleranzen gewappnet zu sein, darf das tatsächliche Leergewicht um bis zu 5 % von der Herstellerangabe abweichen. Konkret auf das Beispiel aus der Tabelle bezogen bedeutet das: Ein Fahrzeug, das mit einem Leergewicht von 2 850 kg im Katalog beworben wird, darf tatsächlich zwischen etwa 2 708 kg und 2 992 kg wiegen und die maximal mögliche Zuladung bei 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht kann demnach zwischen 508 kg und 792 kg variieren!

Um eine zuverlässige Aussage bezüglich der Zuladung machen zu können und im Urlaub sicher unterwegs zu sein, empfiehlt es sich daher, das Wohnmobil zu wiegen. Wer keine rund 200 € für eine eigene Caravanwaage ausgeben möchte, findet geeignete Waagen u. a. bei Prüforganisationen wie TÜV und Dekra sowie bei Mülldeponien oder Baustoffhändlern, die man oft umsonst oder für einen kleinen Obolus mit dem Wohnmobil nutzen kann.

Am besten wiegen Sie Ihr Fahrzeug einmal im ungepackten Zustand (aber mit vollem Kraftstofftank!), um das korrekte Leergewicht samt aller zusätzlichen Anbauteile für Ihr Wohnmobil festzustellen. Nach dem Packen geht es dann noch einmal auf die Waage. Dabei sollten Sie nach Möglichkeit auch die einzelnen Achsen wiegen. So ist sichergestellt, dass Sie weder das zulässige Gesamtgewicht noch die erlaubten Achslasten überschreiten – und können mit guter Gewissheit in den Urlaub fahren.

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AUFLASTUNG GEGEN CHRONISCHES ÜBERGEWICHT

Da die Hersteller auf die 3,5-Tonnen-Grenze schielen, fällt die Zuladung bei vielen Wohnmobilen alles andere als üppig aus. Falls absehbar ist, dass die Nutzlast trotz aller Gewichtsoptimierungsversuche beim Reisegepäck nicht ausreichen wird, führt kein Weg an einer Auflastung vorbei.

Dabei bestehen unterschiedliche Möglichkeiten, die von einer Änderung der Einträge in den Fahrzeugpapieren ohne technische Veränderung am Fahrzeug über den Einbau stärkerer Federsysteme bis hin zum Austausch einzelner Fahrwerkskomponenten reichen. Aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten empfiehlt sich unbedingt eine individuelle Beratung durch einen Fachmann, falls Sie eine Auflastung in Erwägung ziehen.

Nicht zu vergessen bei den Überlegungen ist der Punkt, dass Sie durch eine Auflastung zwar mehr Zuladung gewinnen, aber auch mit allen Konsequenzen wie Tempo 100 auf der Autobahn, Lkw-Überholverbot und höheren Steuern leben müssen, die mit Fahrzeugen oberhalb der 3,5-Tonnen-Grenze einhergehen. Außerdem wird, wenn Sie keinen alten Klasse-3-Führerschein besitzen, die EU-Führerscheinklasse C1 benötigt.

Richtig und sicher packen

Für eine sichere Fahrt ist über die Frage „Wie viel darf ich mitnehmen?“ hinaus auch zu klären, wo das Gepäck im Reisemobil verstaut wird. Klar ist: Sicherheitsrelevantes Gepäck wie Warnweste, Verbandkasten und Feuerlöscher müssen in Griffweite untergebracht werden. Ansonsten gilt als generelle Regel für alles, was Sie mitnehmen: Die leichten Sachen kommen nach oben, die schweren nach unten. So verlagert sich der Schwerpunkt des Fahrzeugs nach unten und die Fahrstabilität verbessert sich.

Schwere Gegenstände sollten nach Möglichkeit zwischen den Achsen transportiert werden. Schwere Getränkeflaschen oder Konservendosen haben daher nichts im Hängeschrank über der Küche verloren, sondern sind besser unter einer Sitzbank, in einem Staufach in Bodennähe oder, wenn vorhanden, im Doppelboden aufgehoben.

Ein besonderes Augenmerk beim Beladen verdienen Heckträger und Heckgarage, da sich das zusätzliche Gewicht infolge der Hebelwirkung besonders stark auf die Fahreigenschaften auswirkt. Wenn beispielsweise der Fahrradträger an der Rückseite des Wohnmobils mit zwei schweren E-Bikes beladen wird, wird die Vorderachse wie bei einer Kinderwippe entlastet und die Hinterachse in gleichem Maße zusätzlich belastet.

Die zusätzliche Belastung der Hinterachse ergibt sich aus dem Produkt von Gewicht mal Ladeabstand zur Vorderachse geteilt durch den Radstand. Für das Beispiel im Bild ergibt sich bei einem Radstand von 4 m sowie einem Ladeabstand zur Vorderkante von 6 m bei einem Gewicht von Fahrrädern und Träger von 50 kg eine Entlastung der Vorderachse um 25 kg.

Die Rechnung macht deutlich, wie wichtig es bei Wohnmobilen mit Frontantrieb ist, nach Möglichkeit allzu schweres Gepäck im Bereich hinter der Hinterachse zu vermeiden, weil ansonsten die Vorderachse zu stark entlastet wird und das Lenkverhalten und die Traktion darunter leiden.

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Ein langer Hecküberhang führt zur Entlastung der Vorderachse.

Neben der Einhaltung von zulässigem Gesamtgewicht und den einzelnen Achslasten ist außerdem eine zuverlässige Sicherung der Ladung erforderlich, damit diese während der Fahrt nicht verrutschen kann. Grundsätzlich sollten vor dem Losfahren keine losen Gegenstände auf den Ablagen, Regalen und Arbeitsplatten herumliegen, die sich bei einem Bremsmanöver zu gefährlichen „Geschossen“ entwickeln können. Zusätzlich sollten alle Möbelverschlüsse kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass alle Schubladen und Türen korrekt verschlossen sind. Lobenswerterweise montieren die meisten Hersteller Verzurrschienen am Boden der Heckgarage, sodass sperrige Gepäckstücke wie Campingmöbel oder Grills im Zusammenspiel mit entsprechenden Ösen und Spanngurten sehr zuverlässig für den Transport gesichert werden können. Um Ordnung in der Heckgarage zu schaffen, haben sich verschiedene Anbieter auf die Anfertigung von speziellen Regalsystemen mit Kunststoffboxen und Aluprofilen spezialisiert, in der auch Kleinteile sicher verstaut werden können, sodass diese während der Fahrt kein Eigenleben entwickeln.