10

Danis Schrei erweckte mich wieder zum Leben. Ein schneidender Schmerz oberhalb meines rechten Auges strahlte auf die Stirn aus. Das Haus lag nur zwanzig Meter vor mir, doch ich konnte nicht fliehen, der Mann hielt mich brutal fest.

Was dann geschah, war wie eine Sequenz in einem Action-Film. Mit einem Mal standen zwei Männer vor unserer Haustür. Einer hämmerte dagegen und rief Danis Namen. Dann ertönte das Geräusch von Glas, das zersplittert. Eine Gestalt sprang hinter dem Haus hervor und rannte zur Straße. Die Tür wurde aufgerissen, und Dani stand da, das Baby im Arm, und schrie wie am Spieß. Erschreckt ließ der Typ meinen Kopf fallen, sodass ich fast noch mal auf den Asphalt geknallt wäre. Das ging so schnell, dass ich kaum mitkam. In einem Augenblick der Verwirrung dachte ich, dass die Männer an der Haustür Dani angreifen würden, doch einer von ihnen rannte los und verfolgte den Mann, der geflüchtet war.

Dann endlich fiel der Groschen. Offenbar waren an diesem Tag zwei Wachen vor Ort. Ich stand auf, torkelte und landete schwerfällig wieder auf dem Hintern. Als es mir beim zweiten Versuch gelang aufzustehen, war der Typ, der mich festgehalten hatte, in der Dunkelheit verschwunden. Meine Beine zitterten, und von den Knien lief mir das Blut die Schienbeine hinab, aber es gelang mir, zu unserem Haus zu humpeln.

Dani war außer sich vor Wut. Ihre Augen funkelten wild.

»Das war dieser Scheißverkäufer, der schon mal hier gewesen ist!«, schrie sie, als sie mich erblickte. »Er ist wieder hergekommen und wollte mir Erik aus dem Arm reißen.«

Der Wachmann, der noch neben ihr stand, versuchte sie zu beruhigen.

»Jetzt ist alles gut. Wir sind da. Ich werde als Nächstes die Kamera reparieren, damit wir sofort mitkriegen, wenn noch einmal etwas passiert.«

Die Tür zum Haus stand weit offen. Vom Fernseher ertönte eine Stimme, die mitteilte, dass uns ein schönes, sonniges Wochenende bevorstände, nur am Küstenstreifen leichter Frühnebel. Es klang ganz unwirklich.

»Siehst du!«, keifte Dani mich an. »Ich hab doch gesagt, an dem Typ ist was faul.«

Der andere Wachmann kam angerannt und war völlig außer Atem. Eigentlich sah er gar nicht wie ein Mitarbeiter einer Securityfirma aus. Er trug Bermudas und eine Windjacke, war braun gebrannt und hatte von der Sonne ausgeblichenes, windzerzaustes Haar. Im ersten Moment hielt ich ihn für einen Surfer, der den Überfall vom Strand aus beobachtet hatte.

»Die Männer sind entkommen, aber ich habe ihr Autokennzeichen«, rief er. »Die Polizei ist schon alarmiert. Sie werden die zwei stoppen, noch bevor sie in der Stadt sind.«

Der Schweiß tropfte ihm von der Stirn, und ein Duft von Salzwasser ging von seiner Haut aus.

»Wer ist das?«, fragte ich Dani.

»Steve Foyer«, antwortete sie. »Carls Kontaktperson. Ihm gehört die Securityagentur, der es gerade misslungen ist, uns zu beschützen.«

Etwas undeutlich brachte Steve eine Entschuldigung hervor. Der andere Wachmann telefonierte mit der Polizei.

Meine Gedanken waren vollkommen durcheinander. Im Geiste lag ich immer noch am Boden. Mir war fast das Herz stehen geblieben, so schnell steckte ich das hier nicht weg. Da fiel Danis Blick auf meine blutenden Knie.

»Alex, du blutest ja! Komm rein.«

In einem Arm hielt sie Erik, mit dem anderen zog sie mich ins Haus.

»Einer von den beiden hat mich festgehalten«, erzählte ich. »Er hat meinen Kopf auf die Straße gedonnert.«

»Oh Gott. Wie gehts dir? Sollen wir lieber ins Krankenhaus fahren?«

»Nein, nein, geht schon. Was ist mit dir?«

Dani schloss einen Moment lang die Augen.

»Ich bin okay, glaube ich«, sagte sie. »Ich kann das alles nur noch nicht fassen.«

Erik begann, ohrenbetäubend laut zu schreien. Dani ließ sich aufs Sofa sinken und versuchte, ihn zu beruhigen. Ich ging zur Toilette. Allein die paar Schritte über den Flur riefen wieder dieses Schwindelgefühl hervor. Ich befürchtete, dass vielleicht auch eine Rippe gebrochen sein könnte, doch den heftigsten Schmerz spürte ich im Kopf. Mit zittrigen Händen wusch ich das Blut von meinen Knien. Ich fühlte mich fiebrig, mein Herz raste. Ich sah in den Spiegel über dem Waschbecken. Auf der Stirn hatte sich bereits ein Hämatom gebildet.

Allmählich verstand ich, was soeben geschehen war. Schlimmer als der Überfall selbst waren die schrecklichen Erinnerungen, die er wachgerufen hatte. Dieses entsetzliche Gefühl von Ohnmacht rief mir wieder diese Nacht ins Gedächtnis, als wir uns in der Gewalt der Sekte befunden hatten. Dieses vollkommene Ausgeliefertsein. Die Hilflosigkeit.

Carl war der Ansicht, dass meine latente Angst ein Resultat meiner äußerst lebhaften Fantasie sei. Er behauptete, ich beschäftige mich mit zu vielen schrecklichen Hirngespinsten, und meinte, ich müsse aufhören, es mit solchem Input zu versorgen. Doch das war leichter gesagt als getan. Wenn es akut war, halfen mir nur meine Atemübungen, dieses langsame Ein und Aus. Als mein Herzschlag sich normalisiert und das Schwindelgefühl nachgelassen hatte, ging ich ins Wohnzimmer zurück. Die Haustür stand immer noch sperrangelweit offen, und einer der Securitymitarbeiter fummelte an der Kamera herum. Ich rief Carl an, merkte an seiner aufgeregten Stimme aber, dass er bereits informiert worden war.

»Ich bin schon auf dem Weg. Bleibt einfach im Haus«, sagte er.

»Wo sollte ich auch hin?«, keifte ich ihn an.

Meine Gedanken drehten sich einzig und allein darum, dass diese Hölle jetzt wieder losging. Mehr als ein halbes Jahr lang hatte ich mich selbst immer wieder beruhigt und getröstet. Dani lebt. Die Sekte ist Vergangenheit – alles ist überstanden. Doch nun fragte ich mich, ob ich zu naiv gewesen war.

Carl trudelte gleichzeitig mit zwei Polizeibeamten bei uns ein. Er nahm mich ganz fest in die Arme und ließ mich kaum noch los. Dann setzten wir uns ins Wohnzimmer. Dani schnitt dem Nachrichtensprecher mitten im Satz das Wort ab, indem sie den Fernseher ausstellte. Alle waren ausgesprochen sachlich, als sei es ein ganz normaler Arbeitstag. War ich hier denn die Einzige, die das Blut und den Boden voller Scherben sah?

»Erzählen Sie mir bitte, was passiert ist, Daniela«, sagte Steve Foyer. Als er Platz nahm, rutschte seine Windjacke hoch, und ich sah das Holster mit der Pistole an seinem Gürtel.

»Es war ein ganz durchschnittlicher Typ«, berichtete Dani. »Normal gekleidet, ganz nett. Er hat behauptet, dass Alex einen Festnetzanschluss bestellt hätte, und er sollte ihn montieren. Kurze Zeit später tauchte er noch einmal auf, doch da hatte ich schon von Alex erfahren, dass er gelogen haben musste. Also hab ich ihm gesagt, er solle abhauen. Daraufhin hat er einen Fuß in die Tür gestellt und sich hineingequetscht. Er hat verlangt, dass ich ihm Erik gebe. Sein Freund stünde draußen mit der Pistole, hat er gesagt. Da habe ich angefangen zu schreien, und als Sie gekommen sind und an die Tür geklopft haben, hat er wohl Schiss gekriegt und ist durch die Terrassentür abgehauen. Ich habe im Affekt eine Weinflasche nach ihm geworfen. Hat seinen Kopf leider knapp verfehlt, aber das Glas zerschlagen – wie man sieht.«

Weinflaschen auf Leute zu schleudern sah Dani eigentlich gar nicht ähnlich. Es überkam mich heißkalt. Offenbar hatte sie sich nicht nur ein bisschen verändert. Sie war richtig aggressiv geworden.

Die Personenschützer und Carl baten mich zu erzählen, was draußen auf der Straße passiert war.

»Ich fahre dich ins Krankenhaus, du hast bestimmt eine Gehirnerschütterung«, sagte Carl.

»Das ist nicht nötig, mir gehts gut«, erwiderte ich.

»Das kannst du doch gar nicht wissen.«

»Ich hab doch gesagt, mir gehts gut.«

Ich versuchte wirklich, nicht gleich in die Defensive zu gehen. Ich musste erst einmal zu mir kommen. Dennoch konnte ich nicht umhin, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Das, was heute geschehen war, war erst der Anfang. Hinter alledem konnte nur die Sekte stecken, das stand für mich fest.

Die Polizeibeamten schienen unsere Geschichte schon zu kennen. Im Raum gab es eine Art stille Übereinkunft, von der offenbar alle wussten, nur ich nicht.

»Dieser Kidnappingversuch war durch und durch unprofessionell«, sagte Steve. »Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Sekte da ihre Finger im Spiel hat.«

»Aber wer sollte denn sonst dahinterstecken?«, fragte ich gereizt.

»In letzter Zeit hat man hier in der Gegend schon mehrfach versucht, Babys zu kidnappen«, sagte Steve und warf einen Blick auf Erik, der sich an Danis Brust festgesaugt hatte und jetzt lautstark schmatzte. »Sie werden auf dem Schwarzmarkt gehandelt.«

»Das ist richtig. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich erst vor ein paar Tagen in Palo Alto«, fügte ein Polizeibeamter hinzu. »Da wurde ein Säugling entführt, und bislang gibt es leider noch keine heiße Spur.«

»Das war mit Sicherheit die Sekte«, behauptete ich und sah Carl an. Ich erwartete Unterstützung von ihm, doch er schüttelte nur langsam den Kopf.

»Ich habe einige Nachforschungen angestellt«, sagte er. »Entweder haben sie alle Aktivitäten eingestellt oder sie sind in den Untergrund gegangen. In Kalifornien gibt es nicht den geringsten Hinweis auf sie.«

»Das kann doch kein Zufall sein!«, rief ich empört.

Steve überlegte. Carl fasste mich an der Schulter.

»In dem Fall wussten die offenbar nicht, dass ihr Personenschutz habt«, meinte Steve. »Die haben vermutlich gedacht, es sei ganz leicht, das Baby zu entführen.«

In diesem Augenblick klingelte das Smartphone des einen Beamten. Er sprach so laut, als könnte er seinen Gesprächspartner schlecht verstehen.

»Gut … gut … ich fahre sofort los.«

»Sie haben sie auf der Fernstraße 280 gestoppt«, teilte er uns mit. »Ich fahre in die Polizeizentrale.«

Dann sprach er Dani an.

»Bis auf weiteres sollten Sie das Haus nicht allein verlassen.«

»Wird Dani denn nie ein normales Leben führen können?«, fragte ich frustriert. »In Schweden wäre sie vielleicht sicherer.«

»Das würde ich nicht sagen«, widersprach Carl. »Steve wird euch beschützen, hier seid ihr sicher.«

»Sicher? Die hätten Erik doch beinahe gekriegt!«, rief ich und sah Steve Foyer böse an.

»Wir wären schneller da gewesen, wenn die Überwachungskamera nicht von dem Erdbeben beschädigt worden wäre. Immerhin konnten wir verhindern, dass sie das Kind mitgenommen haben. Wir waren gerade rechtzeitig vor Ort«, sagte der andere Securitymann. der sich als Mark Russel vorgestellt hatte. Er war bestenfalls einen Meter siebzig groß, hatte eine Spargelfigur und einen ordentlich getrimmten Schnauzer sowie einen Mini-Kinnbart. An Unterarmen und Hals schlängelten sich zahlreiche Tattoos. Meiner Vorstellung von einem Personenschützer entsprach er damit zwar nicht, aber im Gegensatz zu Steve Foyer trug er immerhin eine Art Uniform, ein kurzärmeliges blaues Hemd und eine ordentlich gebügelte schwarze Hose.

»Ach Alex …«, sagte Carl und nahm mich in den Arm. »Wir werden euch hier nicht aus den Augen lassen. Die Überwachungskamera ist schon repariert.«

Kurz darauf verließen die Polizeibeamten das Haus. Steve half Dani, ein paar Pappkartons auseinanderzuschneiden, um damit die zerbrochene Glasscheibe zu verkleiden. Mark ging wieder in ihr Apartment ins Nachbarhaus hinüber, das sie für die Überwachung angemietet hatten.

Carl und ich blieben noch auf dem Sofa sitzen. Er zog mich zu sich. Ich schmiegte mich an ihn und schwieg.

»Alex, du kannst sicher sein, dass es eine Erklärung dafür geben wird«, sagte er zu mir.

Da mich das Straßenlaternenlicht, das durch das Fenster drang, blendete, konnte ich Carls Augen nur schwer erkennen. Ich fragte mich, ob sein Blick genauso entspannt war, wie seine Stimme klang.

»Woher willst du wissen, dass die Sekte nicht dahintersteckt?«

»Lass uns aufhören zu spekulieren«, murmelte er. »Jetzt soll die Polizei ihren Job machen.«

Steves Handy klingelte, er ging sofort ran.

»Das war die Polizei«, sagte er, nachdem er das Gespräch beendet hatte. »Sie haben die Männer vernommen, und die haben ganz offenbar Verbindungen zu dieser Bande, die Säuglinge kidnappt und weiterverkauft. Könnten die dein Kind irgendwo schon mal gesehen haben, Daniela?«

»Klar, ich gehe ja mehrmals täglich mit dem Kinderwagen vor die Tür. Und am Strand sind wir auch oft. Aber ist das nicht alles etwas weit hergeholt? Warum sollte so was gerade mir passieren, nach allem, was im letzten Jahr geschehen ist? Hast du dafür eine Erklärung, Steve

Steve Foyer schien es gelassen zu nehmen, denn er lächelte sie einfach nur schulterzuckend an, augenscheinlich vollkommen unbeeindruckt.

»Ich bleibe am besten hier«, sagte Carl.

Er sah müde aus. Außerdem wusste ich nur zu gut, wie sehr er es hasste, ohne Wechselwäsche irgendwo zu übernachten.

»Musst du nicht, wir sind ja nicht allein«, entgegnete ich.

»Ich bleibe da«, sagte Steve. »Meine Schicht beginnt sowieso jetzt. Ich wollte Mark gerade ablösen, deshalb waren wir hier zu zweit.«

Als Carl an der Haustür stand, zögerte er noch.

»Soll ich nicht doch bei euch bleiben?«, fragte er mich.

»Nein, nein, fahr nach Hause und geh schlafen. Wir sprechen morgen.«

Zum Abschied umarmte ich ihn und küsste ihn auf den Hals, wo ich seinen Puls unter meinen Lippen spüren konnte. Normal war er nicht.

Als Carl gegangen war, ging ich ins Wohnzimmer zurück. Dani saß auf dem Sofa, den schlafenden Erik im Arm. Sie trug Hotpants und ein weites T-Shirt, das ihre Schultern entblößte. Kein Make-up, ihre Haare sahen verstrubbelt und strohig aus. Trotzdem musste ich feststellen, dass sie jetzt schöner war als je zuvor. Dani hatte etwas, was mir fehlte – diese Aura von Wahrhaftigkeit.

»Es könnte ja auch diese Bande gewesen sein«, sagte ich vorsichtig.

»Das glaubst du doch selbst nicht«, erwiderte sie. »Aber jetzt muss ich schlafen, und morgen werde ich mit Steve sprechen. Er will mir bei ein paar Dingen unter die Arme greifen.«

»Hast du ihn schon näher kennengelernt?«

»Na ja, er schaut manchmal vorbei, wenn du im Büro bist. Warum?«

»Ach nichts. Schön, dass du jemanden zum Reden hast.«

Erik schlummerte sanft und wunderschön unschuldig in ihren Armen.

Als Erik auf die Welt gekommen war, hatte ich Sorge gehabt, dass ihr unglaublicher Hass auf Jim es ihr schwer machen könnte, ihr Kind zu lieben. Doch vom ersten Augenblick an vergötterte sie ihren Sohn – sie trug ihn immer bei sich, in der Bauchtrage oder sabbernd über der Schulter, immer nah an ihrem Körper. Wenn er nachts schrie und ich ihr zu Hilfe kommen wollte, wies sie mich in der Regel schroff ab. Und wenn ich entgegnete, dass es nicht ganz normal sei, ihn nie abzugeben, antwortete sie nur: Das sei sie schon lange nicht mehr. Normal.

Sie ging in ihr Zimmer und legte Erik ins Babybett.

»Bist du manchmal traurig, dass du Erik nicht mit einem Mann bekommen hast, den du liebst?«, fragte ich sie.

»Nein, überhaupt nicht. Unsere DNA hält was aus, wir sind zäh wie Leder. Überleg mal, was wir beide alles schon durchgestanden haben. Erik wird genauso werden wie wir.«

Im Gegensatz zu mir – ich war immer schon emotional gewesen – schien Dani unglaublich pragmatisch zu sein.

»Ich meinte jetzt weniger die Gene, sondern den Aspekt, ein Kind mit jemandem zu haben, den man liebt.«

»Bei Liebe geht es doch im Grunde immer nur um Selbstbestätigung. Das ist oft kompliziert und dann auch schnell vorbei. Wichtig ist jetzt nur eins: dass es Erik gut geht.«

Dani und ich verbrachten das ganze Wochenende miteinander. Wir unternahmen ausgedehnte Spaziergänge mit Mark oder Steve im Schlepptau, nahmen uns Zeit zum Kochen und sahen uns Filme an. Carl war den ganzen Samstag da. Steve schaute am Sonntag zweimal bei uns vorbei. Bei seinem ersten Besuch schüttelte er betreten den Kopf, es gab noch nichts Neues. Beim zweiten Mal hatte er etwas zu berichten.

»Die Polizei hat die zwei Typen verhaftet«, teilte er uns mit. »Sie gehören eindeutig zu dieser Bande und kommen auch nicht gegen Kaution frei, das heißt, ihr könnt ganz beruhigt sein.«

Dani war dennoch skeptisch und sah ihn eindringlich an. Dann drehte sie sich zu mir um.

»Was sagst du dazu, Alex?«

»Ich bin seiner Meinung«, antwortete ich.

Wir wiegten uns also fast in Sicherheit, und Steve blieb noch zum Essen.

Am Montag überredete mich Dani, wieder ins Büro zu fahren, als sei nichts geschehen.

Kurz vor Feierabend schnitt Carl noch mal das Thema »Zusammenwohnen« an.

»Sollten wir vielleicht warten, bis Halloween vorbei ist, was meinst du?«

»Hast du kalte Füße bekommen?«

»Kein bisschen, aber wäre es jetzt der richtige Zeitpunkt, Dani davon zu erzählen? Nach den Ereignissen vom Freitag?«

»Nein, du hast recht, im Augenblick kann ich sie wirklich nicht allein lassen.«

»Auf Steve kann sie sich verlassen, nur dass du Bescheid weißt.«

»Kennst du ihn gut?«

»Ja, ich kenne ihn seit meiner Zeit in San Francisco. Er hat mir das Schießen beigebracht. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt, aber so war es nun mal. Steve ist absolut zuverlässig, und Dani könnte keinen besseren Personenschützer an ihrer Seite haben.«

»Worauf habt ihr denn geschossen?«

»Nur auf kalifornische Ziesel. Und hier sind die keineswegs so süß wie die Eichhörnchen in Schweden.«

Er sah etwas verlegen aus. Plötzlich wurde ich von Gefühlswallungen schier überwältigt.

»Danke, dass du uns so viel hilfst«, sagte ich.

»Gern geschehen«, erwiderte er. »Und jetzt fahr ich dich nach Haus. Wir gehen ins Miramar und kaufen Crab Cake und Wein. Dann schnappen wir uns Steve, Dani und Erik und machen beim Sonnenuntergang Picknick am Strand.«

Das Miramar Beach war ein Restaurant gleich um die Ecke. Als wir mit dem Essen nach Hause kamen, saßen Dani und Steve im Wohnzimmer und spielten mit einem jauchzenden Erik. Als Dani mich erblickte, strahlte sie über das ganze Gesicht.

»Sieh dir das an, Alex! Erik lächelt Steve an.«

Dani hatte sich zwar verändert, doch in dem Moment wirkte sie so glücklich wie selten.