Brett breitete die Arme aus, noch in der Tür. Ich stürzte sofort auf ihn zu. Sein ganz besonderer, vertrauter Duft in der Nase tat so gut, dass ich wohlig seufzte, als er mich fest in die Arme schloss.
Brett und Carl hatten die Agentur gemeinsam gegründet, sie waren Partner der ersten Stunde. Gemeinsam hatten sie das Konzept von Ash & Coal ausgetüftelt. Brett war Afroamerikaner, sah blendend aus und trug fast ausschließlich Maßanzug und Krawatte – das krasse Gegenteil zu Carl. Ich kannte keinen anderen Menschen, der so lebensfroh war wie Brett. Bislang war mir auch noch niemand über den Weg gelaufen, der seinem Charme nicht erlag. Brett hatte etwas Magisches. Im passenden Augenblick konnte er einen Joint herbeizaubern, brachte einen in einer absolut trostlosen Situation zum Lachen und war für jedes Abenteuer gut, gerade dann, wenn man es am wenigsten erwartete. In seiner Gegenwart war ich bestens gelaunt, die Chemie zwischen uns stimmte ausgezeichnet.
Aber jetzt sah er ziemlich traurig aus.
»Komm rein«, sagte ich und zog ihn ins Haus.
Der Securityofficer, der Steve vertrat, kam auf uns zugerannt und hatte schon die Hand am Holster. Ich beruhigte ihn und sagte, dass Brett ein guter Freund sei, woraufhin er schnell wieder verschwand.
»Fragst du dich nicht, warum ich mitten in der Nacht hier auftauche?«, fragte Brett.
»Das wirst du mir sicher gleich erzählen. Jetzt hole ich uns erst mal was zu trinken. Du magst doch sicher ein Glas Wein?«
Er nickte, dann ließ er sich auf unser Sofa fallen. Interessiert sah er sich um.
»Wie schön ihr es inzwischen eingerichtet habt«, meinte er.
Das letzte Mal war er bei uns gewesen, als wir gerade erst eingezogen waren, Dani hochschwanger. Jetzt stand sie plötzlich im Nachthemd in der Tür, mit dem schlafenden Erik im Arm.
Brett sprang auf.
»Oh, das ist dein Kleiner! Darf ich ihn mal nehmen?«
Dani nickte und gab ihm Erik in die Arme. Brett strahlte und legte seine Nase an die Babystirn.
»Wie himmlisch er duftet. Jetzt gehts mir gleich viel besser.«
Erik streckte die Ärmchen aus und wimmerte leise, daraufhin überließ Brett ihn wieder der Mama.
Wir hockten uns alle aufs Sofa. Ich füllte die Gläser. Dani und ich saßen mucksmäuschenstill da und warteten gespannt, dass Brett zu erzählen begann.
»Ich kenne Carl jetzt seit mehr als zehn Jahren. Und obwohl wir die meiste Zeit fast zehntausend Kilometer voneinander entfernt sind, waren wir immer die dicksten Freunde. Über alle Idioten, die uns Steine in den Weg gelegt haben, konnten wir nur lachen. Bis heute hatten wir nicht einmal Streit, weil wir uns nicht einig gewesen wären. Aber jetzt erkenne ich ihn nicht wieder.«
»Weiß er, dass du bei uns bist?«, fragte Dani.
Brett schüttelte den Kopf.
»Wahrscheinlich hat er gerade meine Nachricht gesehen. Ich habe gehört, dass du gekündigt hast, Alex. Es kann doch kein Zufall sein, dass wir beide gleichzeitig mit Carl Stress haben, oder?«
»Wahrscheinlich nicht. Aber erzähl doch erst mal, was zwischen euch vorgefallen ist«, bat ich ihn.
»Innerhalb von Wochen hat er sich völlig verändert. Er ist ein ganz anderer Mensch geworden, er meckert, ist kleinlich und sofort auf der Palme. Früher konnten wir über seinen peniblen Ordnungssinn immer Witze machen. Er hat gemocht, dass ich anders gestrickt bin. Aber jetzt geht ihm alles auf die Nerven, was ich auch tue oder sage. Er kann mich mal. Zumindest im Augenblick.«
»Was ist denn passiert?«, fragte ich.
»Ja, er hat mich angerufen und gesagt, was alles für dieses Dokusoap-Team, das nach Schweden kommt, vorbereitet sein müsse. Unterkünfte und Verpflegung und jede Menge praktische Dinge. Das hat ihn doch früher nicht gejuckt. Da hat er sich einfach auf mich verlassen. Seit wir die Agentur gegründet haben, kümmere ich mich um unsere Klientinnen, und es hat nie Beanstandungen gegeben. Jetzt wollte er sogar wissen, ob wir auch genügend Badehandtücher hätten. Sorry, Badehandtücher? Das ist doch krank.«
»Sie drehen übrigens eine Reportage, keine Dokusoap«, korrigierte ihn Dani. »Aber ich weiß, was du meinst. Wir finden auch, dass Carl sich verändert hat.«
»Obwohl die Sache mit den Handtüchern das Fass nur zum Überlaufen gebracht hat«, sagte Brett. »Schon seit ich mich die ersten Male mit Cecilia Borgh getroffen habe, hat er komisch reagiert. Du kennst sie ja, Alex.«
Wie wahr. Cecilia war Schauspielerin und hatte schon mehrfach Reisen bei uns gebucht. Nachdem ihr letzter Freund sie misshandelt hatte, war ihr die Lust auf Dates vergangen. Da hatte sie lieber unseren Service in Anspruch genommen.
»Bist du mit ihr zusammen?«, fragte ich ihn.
»Schön wärs, aber Carl hat sich sofort quergestellt. Es gehört ja zur Firmenpolitik, dass Dates mit Klientinnen tabu sind, und er hat sich stocksteif geweigert, in diesem Fall eine Ausnahme zu machen.«
»Ziemliche Doppelmoral«, sagte Dani. »Und er amüsiert sich währenddessen mit einer Geschäftskollegin.«
»Welche Kollegin?«, fragte Brett. »Meinst du diese Eva Sand?«
»Erzählen wir dir gleich«, sagte ich.
Ich konnte mir die Schadenfreude nicht verkneifen. Jetzt bekam Carl zu spüren, dass es noch andere Menschen gab, die sein unerträgliches Benehmen nicht mehr aushielten. Ich ertappte mich selbst, wie ich schmunzelte, und hoffte, dass mir nicht allzu deutlich ins Gesicht geschrieben stand, wie sehr mich das amüsierte. Doch ein anderer Gedanke trieb mich um. Carl war jetzt mit Eva Sand allein. Da Brett nicht in Schweden war, konnte er Carl auch nicht aufheitern. Blieb nur noch Steve, doch der würde mit seiner Aufgabe als Personenschützer schon alle Hände voll zu tun haben.
»Hat Carl versucht, dich anzurufen?«, fragte ich Brett.
»Das nehme ich an, aber mein Smartphone war ausgeschaltet.«
Es wurde immer besser. Schadenfreude ist etwas Eigenartiges. Man kann sie nicht kontrollieren, aber sie tut gut, auch wenn man sich das nicht immer eingestehen mag.
»Carl wird im Karree springen, wenn er mitkriegt, dass du nicht da bist«, sagte ich.
»Ach was, er wird sich ein bisschen ärgern, aber richtig wütend wird er nie«, sagte Brett und zuckte müde mit den Schultern.
»Doch, das wird er ganz bestimmt.«
»Jetzt erzähl mal, was hier los ist«, sagte Brett. »Ich kenne bislang ja nur Carls Version. Er hat eine Drohmail von irgendeiner freikirchlichen Gruppierung bekommen? Und irgendein Irrer hat versucht, Erik zu kidnappen? Und dann sagt er, dass du, Alex, so unter Strom gestanden hast, dass du angeblich völlig ausgeflippt bist, als er die Zusammenarbeit mit dieser Eva Sand begonnen hat?«
Sofort spürte ich wieder die Wut im Bauch.
»Ausgeflippt? Ja, sicher. Was er getan hat, war ja auch völlig normal.«
»Was hat er denn gemacht?«
»Ich habe ihn in flagranti ertappt, mit den Händen auf ihrem splitternackten Körper. Er hat das als Therapie bezeichnet, du kennst ja dieses leere Geschwätz. Ein paar Stunden zuvor hat er noch hoch und heilig behauptet, dass er sie nicht anziehend findet.«
Brett riss die Augen auf.
»Das ist nicht dein Ernst? Was für ein Idiot.«
Bei der Erinnerung schnürte sich mir die Kehle zu, sofort schossen mir wieder die Tränen in die Augen.
»Ich möchte das eigentlich gar nicht breittreten«, sagte ich.
Dani erzählte Brett dann, was seit dem Erdbeben bei uns vorgefallen war. Als sie fertig war, schüttelte Brett nur den Kopf.
»Deine Version hört sich völlig anders an als die von Carl. Mit Konspirationstheorien habe ich eigentlich nichts am Hut, aber das klingt ziemlich ernst. Es hört sich an, als würde Carl in irgendwas Dubioses hineingezogen werden. Oder …«
»Was denn?«
»Gibt es vielleicht jemanden, der einen Vorteil daraus zieht, wenn eure Beziehung zerbricht? Außer diesem Luder?«
»Was mögen wir eigentlich an ihm?«, fragte ich.
»Ach hör auf. Er setzt sich für misshandelte Frauen ein, das bewundere ich schon an ihm«, hielt Dani dagegen.
»Stimmt«, sagte Brett. »Aber seit wann braucht Carl eine ganze Artillerie, um etwas auf die Beine zu stellen? Einen Film über ihn und riesiges Medientheater?«
»Plötzlicher Größenwahn?«
»Wahrscheinlich«, sagte Brett.
Ich stand auf und ging zum Fenster, das gekippt war. Vom nächtlichen Nebel war die Scheibe leicht beschlagen. Ich sog den Duft des nassen Rasens und des Seetangs ein und sah zu einem feuerroten Mond auf, der über dem Meer hing. Gerade geschah so vieles gleichzeitig, ich musste mich auf eine Sache konzentrieren.
»Wir brauchen einen Plan«, sagte ich.
»Brauchen wir gar nicht, Darling«, sagte Brett. »Was du brauchst, ist ein bisschen Spaß.«
»Jetzt?«
»Nein, aber morgen ziehen wir alle zusammen in die Stadt und absolvieren das Touri-Programm. Wir gehen essen, und dann tanzen wir die Nacht durch.«
Von all den vielen Abendveranstaltungen machte mir Tanzen am meisten Spaß. Carl war kein großer Tänzer, Brett sagte, sein Freund bewege sich auf dem Tanzparkett wie ein Nilpferd. Brett hingegen tanzte wie ein junger Gott. Und das war nicht die erste Krise, in der er mich wieder auf den Boden holte.
»Aber wie können wir Carl bloß helfen?«, fragte Dani.
»Erst mal lassen wir ihn in Ruhe. Er hat jetzt seinen besten Freunden den Rücken gekehrt, das wird ihn nicht kaltlassen. Wenn er eine Zeit lang mit Eva Sand herumgezogen ist, wird er merken, dass es niemals so schön werden wird wie mit dir, Alex.«
»Du hast sie nicht gesehen.«
»Muss ich auch gar nicht.«
»Woher weißt du denn, dass ich ihn überhaupt zurückhaben will?«
»Stimmt, die Frage ist berechtigt. Aber du kennst mich ja, ich bin immer dafür, die Ruhe zu bewahren. Meist funktioniert das ganz gut.«
Dani fiel ihm ins Wort.
»Die Idee, morgen in die Stadt zu gehen, finde ich super. Wir nehmen den neuen Securitytypen mit, der kann nämlich auch ein bisschen Aufmunterung vertragen. Und am Abend habe ich dann selbst noch jemanden da, während ihr beide tanzen geht.«
In dem Moment kam der neue Securityofficer ins Wohnzimmer.
»Sind Sie Brett Cole? Steve hat sich gerade nach Ihnen erkundigt. Carl würde Sie gern sprechen.«
»Richten Sie ihm aus, dass ich im Urlaub bin und mein Handy ausgeschaltet ist.«
Erstaunt zog der Typ die Augenbrauen hoch und verschwand.
»Jetzt gehen wir mal schlafen«, sagte Brett. »Ich werde die Wohnung in Pacific Heights beziehen, aber kann ich vielleicht heute Nacht hierbleiben?«
Während er sich die Zähne putzte, bezog ich ihm das Bett im Gästezimmer. Gerade geschahen wirklich eigenartige Dinge. Carl verschwindet, Brett taucht plötzlich auf. Von Ash & Coal war bald nicht mehr viel übrig. Die Vorstellung, jetzt wieder allein in mein Bett zu gehen, war grässlich, deshalb kroch ich einfach unter Bretts Bettdecke. Ich schlief auch manchmal bei Dani im Bett, wenn ich mich einsam fühlte, aber seit Erik auf der Welt war, wollte ich ihren kostbaren Schlaf nicht auch noch stören. Brett kam in Boxershorts ins Zimmer und musste grinsen, als er mich da liegen sah.
»Darf ich heute Nacht bei dir schlafen?«, fragte ich ihn. »Mehr will ich gar nicht.«
»Nein, Alex. Das wäre Carl gegenüber nicht fair.«
»Carl und ich haben Schluss gemacht. Es wird nichts passieren. Aber ich würde so gern in deinen Armen einschlafen. Ich fühle mich jeden Abend wahnsinnig einsam.«
Er kroch zu mir unter die Decke, nahm aber ein Kissen vom Kopfteil und legte es zwischen meinen Po und seinen Schoß.
»Sicherheitshalber«, sagte er.
In den letzten Jahren war Carl der einzige Mann gewesen, der mich erregt hatte. Aber inzwischen war es lange her, dass ich Sex gehabt hatte, daher erwachte etwas in mir zum Leben, als Brett sich zurechtkuschelte. Meine Haut war elektrifiziert.
Ganz behutsam legte er seine Hand auf meine Wange und ließ sie da einfach liegen. Eine Geste voller Zuneigung, aber ganz ohne Verlangen.
»Carl ist ein Idiot«, murmelte er. »Aber Sex aus Rache ist immer ein Fehler. Deshalb schlafen wir jetzt lieber.«
Ich lag noch eine Weile wach und genoss die Wärme von Bretts Körper an meinem Rücken. Ich verfolgte seine ruhigen Atemzüge und spürte, wie meine Lider schwer wurden. Endlich ein Mann, der nicht schwanzgesteuert war. Dafür liebte ich ihn. Inzwischen fiel bereits das blasse Dämmerlicht durch die Jalousie. Ich schmiegte mich noch dichter an ihn und fiel bald darauf in den Schlaf.
Dann verlebten wir einen wunderbaren Tag in San Francisco. Wir besuchten das Academy-of-Science-Museum, in dem sich der Tropische Regenwald befand. Und Dani flogen ihre Schmetterlinge auf den Arm. In einem Straßencafé aßen wir zu Mittag. Brett war ganz Gentleman: Er hielt uns die Türen auf, zog uns den Stuhl vom Tisch und nannte uns Ladies . Als es Abend wurde, machte sich Dani mit dem Personenschützer auf den Heimweg.
»Wir gehen jetzt tanzen«, sagte Brett.
Er fuhr ziemlich lange durch die Stadt, bis wir vor einem hohen, weißen Gebäude hielten. An der Fassade war Glide Memorial Methodist Church zu lesen.
»Wie bitte? Das ist doch eine Kirche«, rief ich irritiert. »Ich dachte, wir gehen tanzen.«
»Das tun wir auch. Du bist einfach zu schwedisch, um Gospel zu begreifen. Das, was du jetzt erleben wirst, ist Black Gospel. Heute Abend gibt es hier ein ganz besonderes Konzert.«
»Ich weiß, was Gospel ist. So eine Art Kirchenmusik.«
»Nein, Alex, Black Gospel ist der pure Wahnsinn. Warte ab, du wirst es gleich sehen.«
Wir parkten den Wagen weiter oben in der Straße, und ich bemerkte schnell, dass wir in einem eher ärmlichen Viertel gelandet waren. Eine lange Menschenschlange hatte sich vor der Essensausgabetheke an der Kirche gebildet. Wir mussten über einen Obdachlosen steigen, der in einem Schlafsack auf dem Fußweg lag. Der Uringestank war mörderisch. Brett hielt mich fest am Arm.
»Ist es nicht ein Skandal, dass Menschen in einer der reichsten Städte der Welt so leben müssen?«, fragte er mich.
»Ja, da hast du recht, das ist beschämend. Sollte Ash & Coal vielleicht mal etwas gegen die Armut in der Stadt unternehmen und Geld spenden?«
»Das tun wir bereits. Wir unterstützen diese Kirche, die sich in der schulischen Sozialarbeit und für Obdachlose engagiert.«
Im Gotteshaus selbst war es warm, gemütlich und proppevoll. Zwei Stunden später war ich, neben ein paar Hundert anderen Besuchern, vom Tanzen klitschnass und völlig außer Atem. Ich befand mich in einem ganz seltsamen Glücksrausch. Pur, bodenständig und Ausdruck reinster Lebensfreude – so konnte man den Gospel im Glide Memorial beschreiben.
»Und jetzt ziehen wir durch die Klubs«, sagte Brett.
Dazu musste er mich weiß Gott nicht überreden. Als wir in den ersten Klub kamen, zog mich der heiße, pulsierende Rhythmus des Nachtlebens sofort in seinen Bann. Ich tauchte ganz in die Musik und die Hitze der vielen Menschen ein.
San Francisco hat zwei Gesichter – ein lebendiges am Tage, wenn das Leben auf den Straßen brodelt, und ein geheimnisvolles in der Nacht, wo die lichtscheuen Gestalten aus ihren Löchern kriechen und der Stadt einen mysteriösen Touch verleihen.
Der Klub war voller Menschen. Endlich wieder dieser vertraute Duft, unzählige Parfüms, Bier und der leichte Schweißgeruch von der Tanzfläche, es war herrlich. Es dauerte nicht lange, da wurde mir angenehm warm, ich war beschwipst und fühlte mich zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wirklich glücklich. Wie gut mir das jetzt tat!
Überall liefen uns Leute über den Weg, die Brett kannten. Wenn sie fragten, wie es Carl gehe, antwortete Brett: »Geht so. Wie man sehen kann, habe ich ihm die Freundin geklaut«, und dann zwinkerte er mir zu.
Wir tranken, tanzten und lachten uns halb tot, bis wir nicht mehr konnten. Dann riefen wir ein Taxi und ließen uns nach Hause fahren. Nachts um drei donnerten wir durch die Haustür.
Brett fiel sturzartig aufs Sofa und schlief fast auf der Stelle ein. Mir war so heiß, und ich war so verschwitzt, dass ich mich noch unter die Dusche stellte. Im Haus war es ruhig, nur von draußen erklang das monotone Geräusch der Wellen, die auf den Strand schlugen. Trotzdem war mir, als hörte ich etwas. Jemand war da. Weiter entfernt knallte eine Welle explosionsartig an den Strand, doch dann ertönte ein anderes Geräusch dieser Art, es klang wie eine einzelne Feuerwerksrakete. War das ein Schuss? Sonderbar. Ich stand angespannt da und lauschte konzentriert, aber dann war es wieder still.
Als ich im Morgenmantel aus der Dusche kam, huschte ein Schatten an unserem Schlafzimmerfenster vorbei. Und dann noch einer. Instinktiv ging ich zum Fenster. Die Jalousien waren halb geöffnet, sodass ich da draußen eine Gestalt erkennen konnte. Die Angst fuhr mir in die Glieder. Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter und erschreckt schrie ich auf. Auf einmal war ich wieder stocknüchtern und hatte meinen Körper unter Kontrolle. Mein Kopf war vollkommen klar, allerdings spannte ich jeden noch so kleinen Muskel an. Ich ging näher ans Fenster. Jeder Schritt kostete mich Überwindung, ich war steif wie eine Porzellanpuppe. In der Angst bemerkte ich einen Blutgeschmack in meinem Mund.
»Brett!«, rief ich gedämpft und hatte eine ganz komische, tonlose Stimme.
Doch aus dem Wohnzimmer kam keine Antwort.
Ich linste durch einen Spalt in der Jalousie.
Was ich sah, versetzte mich in Angst und Schrecken.
Auf dem Rasen standen drei schwarz gekleidete Männer.
Einer von ihnen hielt eine Schrotflinte mit abgesägtem Lauf in der Hand.