Immersives Trainings- und Freizeitszenario: Tiefebene , Südkontinent, High Tortuga ( a cht Monate Realzeit/ n eun Jahre Spielzeit später)
T abitha wachte in aller Herrgottsfrühe mit einem tief im Rücken sitzenden, dumpfen Schmerz auf. Sie verdrängte den offensichtlichen Grund für den Schmerz und kroch eilig auf allen Vieren aus ihrem Zelt. Dabei knurrte sie bei dem Gedanken vor sich hin, in der realen Welt den Versuch zu machen, etwas derart Einfaches mit ihrem Körper hinzubekommen, so wie er im Augenblick in Wirklichkeit gerade aussah.
An Schwangerschaftsstreifen wollte sie nicht einmal denken .
Noch länger hier drin und sie würde Gabrielle im Wettbewerb um die längste Schwangerschaft in der Geschichte der Menschheit haushoch schlagen. Als sie davon ausging, dass es fünf Jahre Spielzeit dauern würde, hatte sie das noch für eine großartige Idee gehalten.
Doch die Dinge waren ein klein wenig anders gelaufen als ursprünglich geplant. Denn als die neurologischen Probleme ans Licht gekommen waren, die mit der Zeitanpassung für lange Zeiträume im Spiel einhergingen, war es schon zu spät gewesen, die drei einfach herauszuholen.
Die einzige Lösung bestand darin, ihre Zeit in den Vid-Docs von zwölf Wochen Realzeit und fünf Jahren Spielzeit auf die acht Monate Realzeit und neun Jahre Spielzeit zu verlängern, die Tabitha, Alexis und Gabriel bisher erlebt hatten.
Tabitha summte fröhlich vor sich hin, während sie ein paar Holzscheite auf die sterbende Glut des Feuers legte und darauf wartete, dass sie brannten.
Du bist heute Morgen ja so munter , bemerkte Achronyx in fragendem Tonfall.
Nun, was soll ich sagen? Die Zeit meiner Gefangenschaft ist endlich fast vorbei.
Ich begreife immer noch nicht, warum du so glücklich warst, dass es überhaupt ein Problem gab.
Weil ich , erklärte Tabitha ihm, meine gesamte Schwangerschaft ohne die Einschränkungen verbringen konnte, unter denen Frauen normalerweise zu leiden haben. Verdammte Scheiße! Sie krümmte sich zusammen, als der Krampf, der sich in ihrem Unterleib langsam aufgebaut hatte, plötzlich volle Stärke erreichte. Verfluchter Dreck! Dies kann ich aber leider nicht vermeiden.
Schon wieder Braxton-Vorwehen? , erkundigte sich Achronyx mitfühlend.
Dieses Mal nicht, glaube ich. Mein Junge ist wohl eher ungeduldig und will die Welt sehen. Er wird nicht mehr lange warten können. Sie klammerte sich an die tagtägliche Routine, während das Universum ihr den Boden unter den Füßen wegzog, und griff nach einer Pfanne, die sie über das Feuer stellte, um sie zu erhitzen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er bis nach dem Frühstück durchhalten wird.
Achronyx schwieg einen Augenblick lang, während er sie überprüfte. Du hast recht. Alle Anzeichen deuten auf eine bevorstehende Verschiebung in deinem Hormonhaushalt hin. Das sieht nach frühen Wehen aus. Wir sollten zur Basis zurückkehren und das Spiel so schnell wie möglich verlassen.
Zu diesem Schluss war Tabitha bereits gekommen, als die Kontraktionen einsetzten, aber sie hatte es nicht so eilig, dass sie die Zwillinge beunruhigen musste. Außerdem hatte sie für diesen Morgen mit Ahorn geräucherten Speck zu ihrem Inventar hinzugefügt. Natürlich solltest du Eve informieren, aber ich werde Alexis und Gabriel nicht verlassen, ohne ihnen zu erklären, wohin ich gehe.
Das habe ich bereits erledigt und Eve hat in der Tat deinen Geburtsplan schon in Gang gesetzt , erklärte Achronyx ihr ruhig.
Sie verliert keine Zeit, wie immer. Tabitha trommelte an Alexis’ und Gabriels Zelt und kicherte über die schläfrigen Proteste aus dem Inneren. »Raus aus den Federn, Kinder. Der neue Tag ist schon längst angebrochen und euch erwartet noch etwas Spaß mit Addix, bevor ihr zur Basis zurückkehrt.«
Alexis steckte ihren Kopf heraus, ihr dunkles Haar verdeckte ihr Gesicht. »Das klingt ja so, als ob du uns verlassen würdest.«
Tabitha zwinkerte ihr verschmitzt zu. »Es ist schon fast so weit.«
Das Mädchen kreischte in dieser ohrenbetäubenden Tonlage auf, die praktisch nur Teenagern vorbehalten ist. »Wirklich?«
Lächelnd nickte Tabitha ihr zu. »Ja. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich gerade eine Wehe hatte.«
Gabriels Kopf erschien neben dem seiner Schwester. »Heißt das, dass Mama und Papa uns vielleicht auch endlich hier rauslassen? Ich vermisse sie.«
Die ehemalige Rangerin tat ihr Bestes, sich ihre Belustigung über die Art und Weise, wie seine Stimme immer wieder brach, nicht anmerken zu lassen. »Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Du wirst sie fragen müssen.«
»Das mache ich gleich, Mama wird es mir schon sagen.« Alexis drängte sich hastig ins Zelt zurück, wodurch ihr Bruder nach vorn stolperte.
Er verdrehte die Augen und kroch, angelockt vom Geruch des brutzelnden Specks, ganz aus dem Zelt. »Oh, wie gut. Frühstück.« Genießerisch schnuppernd schlenderte er hinüber, um den Inhalt der Pfanne zu begutachten.
In dem Moment tauchte Addix aus ihrem Zelt auf und rieb sich verwirrt die Augen. »Es sieht dir aber gar nicht ähnlich, dass du als Erste aufstehst.« Trotz ihres eher unsanften Erwachens erkannte sie aber sofort die Anspannung, die sich in Tabithas Schulterhaltung deutlich abzeichnete. »Ist mit den Kindern alles in Ordnung?«
»Sicher doch, aber ich habe Wehen, also wird Eve mich bald hier herausholen.« Tabitha setzte ein tapferes Gesicht auf, jedoch presste sie sich unwillkürlich eine Hand gegen den flachen Bauch, als eine weitere Wehe einsetzte.
Addix’ Mandibeln zuckten besorgt. »Ich verstehe immer noch nicht, warum du dir das antun willst oder warum Eve es überhaupt zulässt.«
»Glaub mir«, stieß Tabitha mit einer Mischung aus Kichern und Keuchen hervor, »es macht mir wirklich keinen Spaß. Aber dies gehört scheinbar zu der Bindungserfahrung zwischen Mutter und Kind.« Sie wies mit dem Kopf in Richtung der Zelte. »Würde es dir etwas ausmachen, dir eben irgendetwas einfallen zu lassen, was du mit Alexis und Gabriel unternehmen kannst? Ich könnte etwas Zeit zum Nachdenken gebrauchen, während ich ihr Frühstück vorbereite.«
Eves Avatar erschien neben ihnen. »Das Frühstück wird warten müssen. Es ist Zeit, dass wir gehen. Alles wartet auf dich, genauso wie wir es geplant haben.«
Trotzdem zögerte Tabitha noch unschlüssig. »Was ist dann mit Alexis und Gabriel?«
»Wir sind mit Tante Addix prima aufgehoben«, versicherte Gabriel ihr.
»Ja«, mischte sich seine Schwester aus dem Inneren ihres Zeltes ein. »Vergiss nur nicht uns Bescheid zu sagen, sobald er geboren ist, damit wir ihn endlich kennenlernen können.«
Zustimmend nickend griff Tabitha nach Eves ausgestreckter Hand, damit sie mit ihrer Hilfe rasch aus dem Spiel aussteigen konnte.