Kapitel 3

Das Hexagon, Erste Stadt, Devon

J acqueline! Jacqueline! Jacqueline!«

Ricole aalte sich regelrecht in den Sprechchören der Menge. Sie trat vor, legte die Hände auf die Konsole und beugte sich zu ihrem Mikrofon vor, während sie von der Kommentatorenbox auf das Hexagon hinunterblickte.

Sabine stand in der Mitte des Rings und hielt ihre Trillerpfeife bereit.

Die Noel-ni begann mit ihrer Einleitung. »Ein herzliches Willkommen in der Ersten Stadt für den Herausforderer, Shastaaaa der Unverrüüück bareeee! «

Auf Ricoles Ankündigung hin wurde die Menge immer wilder.

Mit Buhrufen.

Sie lachte unterdrückt. »Jetzt seid mal lieb«, tadelte sie die Menge spielerisch, die ihre Ermahnung jedoch völlig ignorierte und weiter nach Jacqueline skandierte.

Sie mögen den felsigen Alien nicht , stellte Demon grüblerisch von ihrem Sitzplatz neben Ricole fest. Liegt es vielleicht daran, dass er ungenießbar ist?

Der besagte, aus Gestein bestehende Außerirdische erklomm die Stufen zum Ring und verschränkte seine Hände, die so groß waren wie Granitblöcke, in einer verfrühten Siegerpose über seinen Kopf.

»Und in der anderen Ecke«, fuhr Ricole fort, »haben wir jedermanns liebste pelzige Furie, die Frau, auf die ihr alle gewettet habt, dass sie heute Abend gewinnt, Jaaaaacqueline! «

Die Menge geriet völlig aus dem Häuschen als Jacqueline auftauchte. Ihre Fans waren heute Abend in Scharen ins Hexagon gekommen, ganz begierig darauf sich ein paar Credits bei den Wetten zum Ausgang des Kampfes zu verdienen.

Der ›unverrückbare‹ Herausforderer warf einen verblüfften Blick auf die junge menschliche Frau, die sich dem Ring näherte und verschränkte ablehnend die Arme. »Oh, nein. Ne-neh-ne. Gegen die da werde ich bestimmt nicht kämpfen. Ich bin ja wirklich ganz dafür, einen Vorteil zu haben, aber das hier? Das geht für ein bisschen Unterhaltung doch wirklich zu weit.«

Jacqueline nickte Sira zu, als die junge Noel-ni sie durch die Käfigtür hereinließ. »Ich weiß, nicht wahr?«, rief sie laut aus. »Es ist total unfair. Aber ich mache andauernd die Kämpfer platt, also hat das Publikum dafür gestimmt, mir einen widerstandsfähigeren Gegner zu suchen.« Sie verschränkte ihre Finger und dehnte die Arme. »Du scheinst ziemlich ehrenhaft zu sein, also werde ich nicht zu hart mit dir umspringen.«

Ich liebe dieses Drehbuch , verkündete Ricole an Demon gerichtet über die Teamverbindung.

Demon schnurrte. Kein anderer als Mark hätte sie dazu bringen können, dem nächsten Teil zuzustimmen, der wirklich zu lustig ist.

Shasta trägt vielleicht ein bisschen zu dick auf , grummelte Mark, aber ich finde, es steuert zur Dramatik bei. Vielleicht sollten wir diese Art von Auftritt auch für die nächste Show einplanen.

Möglicherweise , meinte Ricole zweifelnd. Wenn es dem Publikum wirklich gefällt. Ich bin immer noch nicht überzeugt, dass diese Schauspielerei tatsächlich besser ankommt, als einen einfachen geradlinigen Kampf zu führen. Ist diese ganze ein Fremder kommt in die Stadt und wird von einem Landei verprügelt -Routine nicht ein bisschen zu viel des Guten?

»Aber du bist so winzig und zerbrechlich!«, verkündete Shastas dröhnende Stimme aus dem Inneren des sechseckigen Käfigs. Er legte sich eine Hand auf die Brust, während er die andere dramatisch hinter sich schwenkte.

Da irrst du dich , warf Sabine ein. Schau doch, sie lieben es!

Auf den riesigen Bildschirmen rund um die Event-Arena wurde eine Nahaufnahme von Shasta gezeigt, der jede Sekunde der Aufmerksamkeit der Menge auskostete.

Die Hand auf seiner Brust wanderte zu seinem Kopf und er presste sie mit der Handfläche nach außen gegen die Stirn. »So etwas könnte ich niemals tun.«

Das Publikum seinerseits hatte offenbar seine Meinung über Shasta geändert.

Er hatte in seinem Vorstellungsgespräch gesagt, dass er früher schon einmal als Schauspieler gearbeitet hat , erzählte Mark ihnen. Ich denke, er war eine gute Wahl.

Die Noel-ni schickte ein Update an die anderen. Wir bekommen eine Flut von Wetten auf ihn. Wow, großartig. Ich würde mich ja darüber beschweren, wie wankelmütig die Leute sind, aber Shasta gefällt die Aufmerksamkeit wirklich und mir gefällt der Gewinn, den er damit erzielt.

Ich wette, er würde sich über eine T-Shirt-Kollektion oder so freuen , bemerkte Sabine trocken. Eigentlich ist das keine schlechte Idee. Wir sollten uns überlegen, ob es sich nicht lohnt, in den Merchandising-Bereich einzusteigen. Sie hob eine Faust und blies in ihre Trillerpfeife, damit der Kampf begann.

Jacqueline wuchs plötzlich um einen Meter und bekam Zähne, die jeden Hai vor Neid erblassen lassen würde sowie einen Satz Krallen, die einfach perfekt waren, um sich durch alles zu graben, was ihr in den Weg kam. »Bissst du dirrr da sicherrr? «, fragte sie mit einem tiefen Knurren.

»Was ist das für ein Ungeheuer, das ich vor mir sehe?« Shasta warf in gespieltem Entsetzen die Hände in die Luft und die Menge brach in Gelächter aus.

Jacqueline begann, Shasta langsam zu umkreisen.

»Sieh an, sieh an! Was für groooße Augen du doch hast.« Im Ernst, Mark. Jetzt hasse ich dich wirklich.

Marks tiefes Lachen ertönte über die Verbindung. Tut mir leid, Schatz. Die Gelegenheit bot sich wirklich an und war einfach zu verlockend. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen.

Ja, aber ich glaube trotzdem nicht, dass Yollywood sich in nächster Zeit bei uns melden wird. Jacqueline reagierte auf ihr Stichwort und stürzte sich in die erste Actionsequenz. Und der Gedanke daran, was du im Gegenzug dafür tun wirst, dass ich hierbei mitspiele, wird mir dabei helfen, das Ganze mit einem Lächeln zu überstehen.

Mark hielt danach auffallend den Mund.

Mal abgesehen von den schlechten Dialogen fand Jacqueline immer noch eine gewisse Freude an den choreografierten Techniken.

Es gab viel schlimmere Dinge als das hier. Insbesondere Kampftraining mit eingeschränktem Körperkontakt, das sie absolut hasste. Hier würde sie sich wenigstens in der letzten Runde richtig austoben können und das war dieses lächerliche Schauspiel allemal wert.

Sabine pfiff die erste Runde ab, die damit endete, dass beide ziemlich ausgeglichen punkteten, wobei Shasta aber leicht vorn lag.

Die Zuschauer wussten nicht, wie sie reagieren sollten.

Daher brüllten sie einfach nach dem Beginn der nächsten Runde.

Die zweite Runde verlief größtenteils gleich, aber dieses Mal ging Jacqueline mit einem kleinen Vorsprung in Führung.

Wieder waren die Zuschauer auf den Beinen, als Sabine abpfiff.

Ricole jubelte in ihr Mikrofon und peitschte die tobende Menge weiter auf. Du hast die Choreografie großartig hinbekommen, Sabine.

Ich hatte etwas Hilfe , erwiderte sie bescheiden.

Richte Lover-Werwolf meine Grüße aus , neckte sie Jacqueline nur halb im Scherz. Im Ernst, diese Techniken sind wirklich ganz ordentlich.

Du würdest sie schon längst kennen, wenn du nur ein bisschen mehr mit den Guardians trainieren würdest , spottete Sabine abfällig, spürte aber gleichzeitig, wie ihre Wangen warm wurden.

Runde drei begann, und Jacqueline unterdrückte energisch das Lächeln, das ihr die Mundwinkel zu verziehen drohte, als sie Shasta endlich im ernsthaften Kampf gegenüberstand.

»Du kämpfst gut«, lobte Shasta Jacqueline aus voller Kehle … hatte er überhaupt Lungen? »Aber du kannst mich nicht besiegen. Denn ich bin …«, er reckte sich zu seiner ganzen Größe und streckte seine Brust heraus, »der Unverrückbare!«

»Analwarrrzzzen«, platzte Jacqueline heraus. »Die ssind auch unverrrrückbarrr und durrrch nichtsss lossszuwerrrden.«

Gelächter schallte durch die Menge und wurde in dem Maße lauter, als die Übersetzungssoftware der Zuschauer mit der Art und Weise zurechtkam, wie Jacquelines Pricolici-Mund die Worte dehnte.

Shasta runzelte unwillig die Stirn. »Keine Improvisationen!«, zischte er tadelnd aus dem Mundwinkel.

Jacqueline zuckte mit den Schultern und ging zum Angriff über. »Dasss ist genau dasss, wasss wirrr in diessserrr Rrrunde tun.« Sie schlug ihm in die Seite, auf der er bei einem früheren Manöver etwas unglücklich gelandet war. »Esss issst höchssste Zzzeit, mit dem Rrrumgehampel aufzzuhörrren.«

Shasta bekam seine Abwehr einen Hauch zu spät hoch, um den Schlag zu blockieren. Er beugte sich, um den Aufprall abzufangen, dann trat er zurück und rollte seinen Kopf von einer Seite zur anderen.

Jacqueline zog eine Grimasse angesichts des Knirschens, das von dem Körperteil ausging, den sie für Shastas Hals hielt. »Iiiiegitt.« Sie erschauderte, als das Geräusch sie durchfuhr, das durch ihr verbessertes Gehör noch verstärkt wurde.

Shasta sah seine Chance. Er täuschte eine Finte an und erwischte Jacqueline mit einem weit ausholenden Faustschlag am Kiefer, als sie dem ersten Schlag auswich.

Überrascht stolperte sie ein paar Meter zurück und wischte sich dann das Blut von der Nase, während ihre losen Zähne von ihren Nanozyten wieder in ihr Zahnfleisch eingewurzelt wurden. »Guterrr Verrssuch. Jetzzzt bin ich aberrr an derrr Rrreihe.«

Shasta wich unwillkürlich einen Schritt zurück, als ein dreihundertundzehn Pfund schwerer, wild knurrender Pricolici sich mit gebleckten Zähnen auf ihn stürzte.

Jacqueline stieß ein heulendes Gelächter aus und scherte plötzlich im letzten Moment aus. Aus einer Laune heraus beschloss sie, zu improvisieren und dies zur besten Show zu machen, seit sie das Hexagon für den Betrieb geöffnet hatten.

Sie katapultierte sich hoch an die Käfigwand und nutzte sie als Landeplatz, um die über dem Kampfplatz hängende Beleuchtungsanlage zu erreichen. Sie packte das Rahmengestell und schwang einmal hin und her, um Schwung zu holen, bevor sie mit direkt auf Shastas Brust gezielten Füßen losließ.

Es war eine riskante Aktion, und Jacqueline rechnete sich praktisch kaum Chancen auf Erfolg aus.

Allerdings musste Shastas Spezies in der Kampf-oder-Flucht-Abteilung etwas zu kurz gekommen sein. Entweder das oder der Anblick, wie sie auf ihn zugeflogen kam, reichte aus, um den Instinkt völlig auszuschalten, denn er blieb wie angewurzelt stehen und formte mit seinem steinernen Mund erstaunt ein annäherndes ›O‹.

Jacquelines Füße fanden jedenfalls ihr vorgesehenes Ziel und Shasta ging krachend zu Boden wie eine Tonne Stein, die er ja auch war.

»Ohhh Scheiiißße!«

Sie beugte ihre Knie, um so einen Teil des massiven Schocks bei dem Einschlag abzufangen, und schaffte es gerade noch, von seiner Brust zu springen, bevor er bewusstlos in die Seite des Käfigs donnerte.

Die Menge drehte völlig durch. Ihre Schreie und das Gejubel erschütterten das ganze Gebäude, als Sabine nach vorn kam und Jacquelines nun wieder menschliche Hand anhob. Die Sanitäter hasteten herein, um sich um Shasta zu kümmern, der zwischenzeitlich das Bewusstsein wiedererlangt hatte, aber offensichtlich noch immer benommen mit dem Rücken an den Gitterstäben gelehnt saß.

Ricole sprang mit dem Mikrofon in der Hand in der Kommentatorenbox herum. »Wir haben eine Gewinnerin! Durch K.O., Jacqueliiiineeee! «

Sabine warf einen entnervten Blick auf die stark verbeulte Käfigwand. Können wir nicht einmal eine Nacht überstehen, nur eine einzige, ohne irgendetwas kaputt zu machen?

Konferenzraum, Stützpunkt der Raumflotte,
High Tortuga

John traf als Letzter im Besprechungsraum ein, gleich hinter Gabrielle.

Bethany Anne zog tadelnd eine Augenbraue hoch, ließ Gabrielle aber kommentarlos ihren Platz einnehmen. »John! Wie schön, dass du dich uns doch noch anschließt.«

Ach, Scheiße. Er lehnte sich gegen den Türrahmen. »Ich habe eine stichhaltige Erklärung für meine Verspätung.«

»Die würde ich auch überaus gerne hören«, erwiderte Bethany Anne spitz, wobei in ihrem Tonfall allerdings ein Hauch von Belustigung durchschimmerte. Sie trommelte langsam mit den Fingern auf den Tisch. »Aber wir wollten hier eigentlich eine Besprechung abhalten. Setz dich also endlich hin.«

Eric, Scott und Darryl kicherten unterdrückt. John warf ihnen einen finsteren Blick zu, war aber dankbar, dass sie ihn vom Haken gelassen hatte und machte sich eilig auf den Weg zu seinem Platz. Er ging an Bethany Anne, Michael und Scott vorbei und nahm den leeren Platz neben Tabitha am anderen Ende des Tisches ein.

Tabitha streckte ihm die Zunge heraus, während Bethany Anne gerade wegsah, da sie ein paar Worte mit Michael wechselte. »Du wärst niemals damit durchgekommen, wenn sie nicht so auf die Situation fokussiert wäre. Weißt du noch, als sie dich dafür während der ganzen Besprechung Liegestütze auf dem Tisch machen ließ?«

John grunzte zustimmend. »Irgendwie vermisse ich diese Zeiten. Ungefähr so wie man eine riesige Nervensäge vermisst, wenn sie nicht mehr da ist, weißt du?« Er lachte leise. »Wie geht es denn Todd? Hat er schon angefangen, auf die Möbel zu klettern?«

Tabitha zuckte mit den Schultern. »Lass ihm noch ein klein wenig Zeit.«

Bethany Anne räusperte sich, um die privaten Unterhaltungen am Tisch zu beenden. »Okay, wir sind alle da. Wir haben heute nur einen Punkt auf der Tagesordnung, nämlich die verdammten Ooken … und was wir tun werden, um eine Spur zu den Kurtherianern zu finden.«

Ein zustimmendes Gemurmel ging um den Tisch.

Bethany Anne brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Uns stehen heute mehr Informationen über diese plündernden Mörder zu Verfügung als damals. Und das größtenteils dank der Bemühungen von ADAM und der Flotte der Scoutschiffe, da wir unsere Energie auf den Ausbau der Hauptflotte konzentriert haben.«

John lenkte Bethany Annes Aufmerksamkeit auf sich. »Ist das alles, was wir herausgefunden haben, seit Lorelei uns die Koordinaten der zweiten Splitterkolonie verschafft hat?«

»Ja.« Bethany Anne bewegte den Zeigefinger und eine Holokarte erschien in der Mitte des Tisches. Sie deutete auf die zahlreichen Markierungen, die sich über einen großen Teil der Karte verteilten. »Alles, was grün ausgezeichnet ist, gehört zu uns. Die roten Markierungen sind Ooken-Splitterwelten.«

Gabrielle holte tief Luft. »So viele gibt es?«

»Das sind die, von denen wir bisher wissen«, berichtigte sich Bethany Anne. »Wir können jedoch nicht davon ausgehen, dass es sich dabei um alle Kolonien handelt, die sie besitzen und wir wissen auch noch nicht, wo sich die Heimatwelt befindet.«

John studierte die Karte und tippte nachdenklich mit einem Finger auf den Tisch, während seine Blicke darüber schweiften. »Wir sind für die Verteidigung gut aufgestellt.«

»Das ist auch kein Zufall.« Bethany Anne stand auf, um auf und ab zu gehen, während sie die Erklärung ihrer Pläne durchging. »Phase drei ist abgeschlossen. Das schließt die Arbeit auf der Devon-Seite der Sperrzone ebenso ein wie die Garnison in QT2. In ein paar Tagen fliege ich zur Helena hinüber, um bei der Abschlusszeremonie eine Rede zu halten.« Sie hielt inne und wandte sich dem Tisch zu. »Wir befinden uns jetzt in Phase Vier.«

Es gab eine kleine Rangelei, als Gabrielle ihren Mann unter den Tisch trat. Sie zuckte voller Unschuld mit den Schultern, als Bethany Anne innehielt und sie genervt ansah. »Eric würde gerne daran erinnert werden, was genau in dieser Phase passieren wird.«

Bethany Anne richtete ihren finsteren Blick auf Eric. »Eric hat nicht gefragt, weil er genau weiß, was ich davon halte, mich wiederholen zu müssen.« Sie seufzte. »Na schön. Phase Vier. Es ist an der Zeit zuzulassen, dass der Handel hier wieder aufgenommen wird. Natürlich unter meinem wachsamen Auge.«

Michael schürzte skeptisch die Lippen. »Ist das nicht ein Risiko?«

»Das ist es in der Tat«, stimmte sie zu, »aber es ist ein Risiko, auf das ich mich vorbereitet habe. Es war immer Teil des Plans, High Tortuga bis zu einem gewissen Grad wieder zu öffnen. Wir haben die Sperrzone zum Schutz vor Außenseitern, die den Reichtum des Planeten für sich beanspruchen wollen und Barnabas wird hier bleiben, um die Dinge während unserer Abwesenheit im Griff zu behalten.«

Nachdenklich legte Gabrielle den Kopf zur Seite. »Wie gut ist Devon denn jetzt geschützt? Ich war schon eine Weile nicht mehr dort.«

»Sie haben den Guardian … der rein zufälligerweise mit Guardians vollgepackt ist. Ich denke, das ist eine Raumstation mit einem wirklich hervorragend gewählten Namen. Dazu alle Schiffe und Waffen, die sie brauchen, um sich gegen Angriffe aus sämtlichen Richtungen zu verteidigen. Die Raumstation ist mit von der EI betriebenen Außenposten verbunden, und sie verfügen natürlich über das Standard-BYPS-System sowie auch noch über ein paar andere lustige Überraschungen für ungebetene Gäste.«

»Auf Devon geht alles gut«, schaltete sich Tabitha ein. »Oder zumindest geht es Sabine und den anderen auf Devon gut, was so ziemlich …« Sie hielt einen Augenblick inne und schmunzelte dann: »Eigentlich ist das nicht ganz dasselbe.« Sie gähnte. »Scheiße, tut mir leid. War eine lange Nacht. Peter hat sich mit beiden Raumstationen hinsichtlich sämtlichem Kram abgestimmt, der die Guardian Marines betrifft und viel erzählt, wie die Dinge stehen. Es läuft doch alles wie geplant, oder?«

»Nicht ganz«, konterte Bethany Anne. »Devon hat sich viel schneller entwickelt, als ich es erwartet habe, selbst wenn man die Maßnahmen in Betracht zieht, die ich ergriffen habe. Ich treffe mich Ende der Woche mit Peter, um zu besprechen, was er und Giselle zu tun beabsichtigen, um mit der hohen Zahl von Wechselbälgern fertig zu werden, die von den relativ lockeren Regeln dort angezogen werden.«

»Machen wir uns da doch nichts vor«, warf Michael lächelnd ein. »Sie wollen bei den Kämpfen mitmischen. Aber Tabitha hat völlig recht, die älteren Kinder machen sich dort einen Namen, indem sie ein System schaffen, das die Kämpfer begünstigt.«

»Mir gefällt, was sie aus diesem Ort gemacht haben«, stimmte Bethany Anne zu. »Die Kämpfe brauchten eine gewisse Art der Regulierung. Es gab zu viele skrupellose Bastarde, die mit den Kämpfen Geld verdienten und es nicht an die Kämpfer auszahlten.«

»Heutzutage geht es dort etwas weniger wild zu«, ergänzte Michael nickend. »Es klingt ein wenig unwahrscheinlich, aber das bisschen Ordnung, das wir dort eingeführt haben, lockt tatsächlich die Leute an.«

Tabitha schnaubte. »Vielleicht liegt das daran, weil keine dieser Regeln das Recht der Leute behindert, ihr Leben frei zu leben, ohne dass ihnen vorgeschrieben wird, wie sie es tun sollen.«

Bethany Anne gestikulierte mit den Händen. »Wir lassen uns vom Thema ablenken. Ich will nicht abreisen, ehe ich nicht absolut sicher bin, dass ich niemanden im Regen stehen lasse. High Tortuga wird beschützt werden, genauso wie Devon und meine Außenposten.«

Zögernd unterbrach Tabitha sie und ihr Gesicht trug einen sorgfältig neutralen Ausdruck. »Verlassen wir alles für immer?«

Bethany Anne schüttelte den Kopf. »Wir werden hierher zurückkommen, wenn wir mit den Ooken fertig sind. Aber wenn wir zurückkehren, dann wird es nur sein, um uns kurz auszuruhen und zu erholen, bevor wir uns um unsere unerledigten Angelegenheiten mit den Kurtherianern kümmern.«

Gabrielle runzelte die Stirn. »Und was dann?«

Bethany Anne breitete ihre Hände aus, ein Lächeln umspielte ihre Lippen. »Wer zum Teufel soll das schon wissen? Konzentrieren wir uns darauf, alles heil zu überstehen, was als Nächstes kommt.« Sie lachte unterdrückt, als ihr ein Gedanke kam. »Wer weiß? Vielleicht friert ja danach die Hölle zu und der nicht enden wollende Vorrat an erziehungsbedürftigen Arschlöchern, den das Universum so versessen scheint, in meine Richtung zu schicken, wird endlich versiegen.«

John kratzte sich am Kinn. »Das kann ich nicht sehen, Boss.«

»Ich sollte es aber verdammt noch mal besser sehen«, erwiderte Bethany Anne bissig. »Wozu habe ich ansonsten die letzten zweihundert Jahre gearbeitet?«

Sie schlug mit der Hand auf den Tisch. »Es wird Frieden herrschen.«

Stützpunkt der Raumflotte, High Tortuga

Tabitha beobachtete Peter schmunzelnd, der mit Todd auf dem Teppich spielte. Er lag auf dem Bauch neben der Babywippe ihres Sohnes und ließ das glänzende Plüschtier über seinem Kopf baumeln. »Ihr zwei seid wirklich zu niedlich.«

Peter grinste sie strahlend an. »Ich bin nicht der Star dieser Show. Sieh dir das mal an.« Er wackelte mit dem Spielzeug und bewegte es langsam, sodass Todd es mit den Augen verfolgen konnte. Todds winzige Hände schwenkten umher und streckten sich in einem unkoordinierten Versuch aus, das Spielzeug zu ergreifen.

Peter legte das Spielzeug auf das Tablett der Babywippe und beide lachten, als Todds Versuch, es in die Finger zu bekommen, nur dazu führte, dass das Spielzeug auf den Teppich fiel.

Dann verzog sich allerdings Todds kleines Gesicht und nahm einen ganz bestimmten Rotton an.

»Ich hole die Wickeltasche«, trällerte Tabitha sofort. »Ich bin mit dem Wickeln dran.«

Ächzend hielt Peter sich mit einer Hand die Nase zu. »Klar doch, Schatz. Aber du freust dich irgendwie zu sehr darüber, einen stinkenden Hintern zu säubern.«

Sie schüttelte den Kopf, während sie die Matte aus der Tasche nahm und sie zusammen mit allem anderen, was sie benötigte, auf den Teppich legte.

Todd begann sich wegen der Ladung in seiner Windel grunzend zu beschweren, aber seine Mutter war schon da und hob ihn aus der Wippe, um ihn auf die Matte zu legen. »Wer ist mein großer, stinkender Junge?«

Sein Vater machte einen schnellen Abgang, als sie die Windel öffnete. »Früher war ich das«, beschwerte er sich im Vorbeigehen gutmütig und unterdrückte seinen Würgereiz. »Aber solange du dich um die Kacke kümmerst, bin ich mit der neuen Vereinbarung einverstanden. Ich fühle mich dabei ein wenig schlecht, aber abgemacht ist abgemacht.«

Tabitha winkte seine Bedenken lässig ab. »Mach dir keine Sorgen, ich mache ihn sauber. Du kannst das Abendessen übernehmen. Bethany Anne, Michael und die Zwillinge werden bald hier sein.«

»Ich finde es großartig, dass ein wöchentliches Abendessen zur Tradition wird«, rief Peter aus dem Flur und hielt einen Moment inne, bevor er fortfuhr, »sofern man drei aufeinanderfolgende Wochen schon als Tradition zählen kann, hm?«

Tabitha lächelte ihren Sohn an, als Peter in die Küche ging. »Ich glaube, ich habe das bessere Ende der Vereinbarung abbekommen«, vertraute sie Todd an, während sie ihn sauber machte. »Kacke ist nicht das Schlimmste, womit sich ein Kind alles einsauen kann und du wirst hierbei schon bald keine Hilfe mehr brauchen.«

Das Baby strampelte mit den Beinen und gurgelte zufrieden.

Tabitha lächelte, als sie geschickt Todds Strampelanzug zuknöpfte. »Ich weiß, nicht wahr? Du bist so ein cleverer, kleiner Kerl. Ja, das bist du. Mami hat dich lieb. Ja, das tue ich …«

Als Todd wieder sauber und wohlriechend war, hörte Tabitha ein energisches Klopfen an der Haustür. Sie trug Todd in den Flur, aber Peter war schneller als sie an der Tür.

Kaum hatte er sie geöffnet, fegte Alexis an Peter vorbei und eilte mit ausgestreckten Armen direkt auf Tabitha und Todd zu. »Todd! Hallo, mein Kleiner. Hier ist deine Cousine Alexis.«

Tabitha zog eine Show ab, mit der sie überprüfte, ob sie noch da war. »Nein, ich bin definitiv anwesend. Das muss das Baby sein. Macht es mich unsichtbar?«

»Tut mir leid, Tante Tabbie.« Alexis sah alles andere als betrübt aus. Sie blickte Tabitha immer noch nicht an, weil sie damit zu beschäftigt war für Todd Grimassen zu schneiden, sehr zur Freude des Babys. »Kann ich ihn auf den Arm nehmen, bis wir essen? Biiiitte? Ich werde sehr vorsichtig sein.«

Tabitha warf einen Blick auf Peter, der herüberkam, ihr Todd abnahm und in Richtung Wohnbereich nickte. »Wir können uns dort drüben hinsetzen. Warte bloß, bis du siehst, was er schon alles kann.«

Bethany Anne wölbte fragend eine Augenbraue in Tabithas Richtung und runzelte besorgt die Stirn. »Gibt es da etwas, das wir wissen sollten?«

Einen Augenblick lang wurde Tabithas Augen feucht. »Er ist fortgeschritten, so viel können wir schon sagen. Schon seit dem ersten Tag verfolgt er Dinge mit seinen Augen und er hat mehr Kontrolle, als er in diesem Alter haben sollte.«

»Er wächst auch ziemlich schnell.« Bethany Anne warf einen Blick durch die Tür zu den Zwillingen. »Wenn er weiterhin so schnell wächst, solltet ihr unbedingt seine Nanos überprüfen lassen.«

»Das habe ich schon veranlasst«, versicherte Tabitha ihr. »Morgen hat er seine erste Vorsorgeuntersuchung mit Eve.«

Das Abendessen verlief angenehm, wenn auch zu schnell und Tabitha fand sich schon bald an der Tür wieder, um gute Nacht zu sagen, während Peter Todd vor dem Schlafengehen fütterte.

Erst als sie die Tür schloss, kamen ihr die Tränen.

Nachdem er Todd ins Bett gebracht hatte, kehrte Peter gerade in dem Moment zurück, als Tabitha sich die Wangen trocken wischte. »Was ist denn los?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Nichts?«

Liebevoll zog er sie in seine Arme. »Na, komm schon, Tabbie. Wenn du traurig bist, bin ich auch traurig. Also, worüber bin ich traurig?« Er drückte ihr einen Kuss aufs Haar. »Ich weiß es nicht, weil du es mir nicht sagen willst.«

»Ich bin nicht traurig«, beharrte sie störrisch. »Ich bin nur … nicht glücklich darüber, dass wir voneinander getrennt sein werden. Du hast doch Bethany Anne bei der Besprechung und auch beim Abendessen heute Abend gehört. Sie plant einen ausgedehnten Feldzug gegen die Ooken, möglicherweise unmittelbar gefolgt von dem Krieg, für den wir ursprünglich hierhergekommen sind. Wir haben gerade ein Baby bekommen. Der heutige Abend war perfekt. Ich will nicht, dass sich jetzt etwas ändert.«

Peter hielt Tabitha tröstend fest, als sie wieder zu weinen begann. »Ich doch auch nicht, Liebling. Aber du weißt, dass wir damit klarkommen werden, so wie wir es immer getan haben.«

»Ich weiß ja.« Tabitha schniefte leise, anscheinend war ihr Vorrat an Tränen nun endgültig erschöpft. »Verdammte Hormone. Was sollen wir nur machen? Ich will nicht mit unserem Sohn in einen Krieg ziehen, aber der Krieg wird zu uns kommen, wenn wir ihn nicht zuerst zu den Ooken bringen.«

Sie sah zu Peter auf. »Und wir müssen gewinnen.« Sie presste sich einen Augenblick lang fest an ihn und sah sich mit vor Tränen glitzernden Augen in ihrem Haus um. »Wenn wir nicht gewinnen, werden wir all das hier für immer verlieren.«