Wachhaus am Westwall, Stützpunkt der Raumflotte, High Tortuga
A nstatt durch das Aetherische zu gehen, schlug Bethany Anne den kürzesten Weg über den Stützpunkt ein, der zum Haus von Tabitha und Peter führte, was ihr genügend Zeit gab, ihre Emotionen unter Kontrolle zu bringen, ehe sie dort eintraf.
Das Gehen zum Nachdenken auszunutzen wurde in letzter Zeit immer mehr zu einer Gewohnheit, aber andererseits lasteten ihr auch ihr Gedanken schwer auf den Schultern. Und Alexis war verdammt scharfsinnig, wie immer.
Bethany Anne hasste, was sie im Begriff war zu tun. Doch ob es ihr nun gefiel oder nicht, es war die richtige Entscheidung für alle Beteiligten.
Peter öffnete die Tür zum umgebauten Wachhaus schon kurz bevor sie es erreichte. Er lächelte warm, als er zur Seite trat, um sie hineinzulassen. »Danke, dass du den weiten Weg hierher auf dich genommen hast. Tabitha verspätet sich leider ein wenig, aber sie wird bald von ihrer Zusammenkunft mit Barnabas zurück sein.«
Sie folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Todd auf dem Teppich lag und sein Bestes gab, sich auf den Bauch zu rollen. Sie setzte sich im Schneidersitz neben das Baby, das seine Bemühungen sofort verstärkte. »Hey, kleiner Mann. Sieh nur, wie toll du das machst!«
»Ich weiß, nicht wahr?« Peters Brust schwoll sichtlich vor Stolz an. »Das wird er schon noch hinbekommen. Ach, du solltest Tabbie zuwinken. Sie hat CEREBRO veranlasst, ihr Videoaufzeichnungen von Todd per Livestream zu übertragen, wenn sie außer Haus ist.«
Bethany Anne schaute auf und winkte, dann wandte sie sich wieder gurrend an Todd. Das Baby gurgelte zur Antwort und winkte ihr mit seinen Armen zu. »Ich frage mich, wie sie nur auf diese Idee gekommen ist«, murmelte sie und konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, als sie Todd hochhob und ihn in die durch ihre gekreuzten Beine gebildete Wiege legte.
Auch Peter versuchte ernst zu bleiben, denn ihm war völlig klar, dass er sich nicht anmerken lassen durfte, dass er genau wusste, wer Tabitha zu der Überwachung ihres Sohnes rund um die Uhr inspiriert hatte. »Ich habe nicht den leisesten Schimmer«, erwiderte er in seinem diplomatischsten Tonfall. »Es ist fast Zeit für Todd, zu essen. Kann ich dir etwas zu trinken holen? Ich glaube, wir haben noch Coca-Cola im Kühlschrank.«
»Ich möchte nichts, danke.« Bethany Anne stützte das Baby mit ihren Unterarmen und bewegte ihre Finger, um einen wirbelnden Kondensstreifen aus träger aetherischer Energie zu erzeugen, nach dem Todd greifen konnte. »Außerdem bin ich für heute noch nicht fertig. Ich habe noch ein paar Besuche zu machen, wenn hier alles klar ist.«
Tabitha stürmte in einem Wirbelwind aus Leder ins Haus. Sie hauchte Peter und Todd Küsse zu und grüßte Bethany Anne mit einem Winken. »Du würdest nicht glauben, wie mein Tag heute abgelaufen ist.« Sie grinste begeistert und wedelte mit ihren schmutzigen Händen über ihre mit Blut bespritzte Kleidung. »Ich bin ganz eklig. Aber ich brauche nur zehn Minuten, ehrlich«, rief sie, während sie ins Bad eilte.
Todds gute Laune verflog in dem Moment, als Tabitha aus seinem Gesichtsfeld verschwand. Bethany Anne lenkte ihn ab, so gut sie konnte, während Peter sein Essen holte.
Ganz wie versprochen kam Tabitha zehn Minuten später sauber und frisch zurück, ihre schmuddeligen Arbeitsklamotten durch einen weichen Jogginganzug ersetzt. Natürlich in schwarz. »Hallo, mein kleiner Mann! Mami hat dich sooo vermisst!«
Das missmutige Quengeln des Kleinen verwandelte sich in ein entzücktes Quietschen, als er Tabitha erblickte, und dann in helle Freude, als Peter mit einem verschlossenen Behälter in der einen Hand und einem Tuch über der Schulter aus der Küche zurückkehrte. Er grinste über Todds Reaktion. »Da hat wohl irgendjemand das Hunger-Gen von seiner Mutter geerbt.«
Bethany Anne kicherte.
»Hey!«, protestierte Tabitha beleidigt. »Du isst wesentlich mehr als ich.«
Peter ließ ein Grinsen aufblitzen. »Unsere Lebensmittelrechnung sagt da etwas vollkommen anderes.«
Sie streckte ihm die Zunge heraus. »Du wirst ja sehen, ob ich dir jemals wieder Reste mitbringe.« Sie ging zu Bethany Anne hinüber und streckte die Hände nach Todd aus. »Komm zu Mami, mein Sohn.«
Etwas widerwillig reichte Bethany Anne den Jungen an seine Mutter weiter.
Tabitha trug ihn zur Couch hinüber und ließ sich mit dem Baby auf dem Schoß in der Ecke nieder.
»Er ist jedes Mal größer, wenn ich ihn sehe«, stellte Bethany Anne nachdenklich fest und erhob sich vom Boden, um sich in den Sessel zu setzen, an den sie sich gelehnt hatte.
Nickend passte Tabitha die Position ihres gekreuzten Beins an, um Todd ein wenig mehr Halt zu geben. »Ja, er hat diese Schnellwuchs-Sache am Laufen. Zum Glück hat Eve es im Griff und schafft es ihn zu stabilisieren.«
Erleichtert nickte Bethany Anne. »Es freut mich, das zu hören. Ich hatte schon befürchtet, dass er die gleichen Probleme hat wie Alexis und Gabriel.«
»Ich weiß, nicht wahr?« Tabitha kitzelte Todd an seinem Bauch. »Neun Jahre im Vid-Doc zu erleben, hatte nur einen Vorteil. Ich bin neun Jahre älter, als ich aussehe.«
Daraufhin verdrehte Bethany Anne ihre Augen. »Du siehst genauso alt aus, wie zu dem Zeitpunkt, an dem du das erste Mal genetisch verbessert wurdest.«
Schmollend zog Tabitha eine Schnute. »Es ist ausschlaggebend, wie ich mich fühle .«
»Wenn du das sagst«, gab Bethany Anne grinsend nach. »Na schön. Eve ist also sicher, dass er keine Probleme bekommen wird?«
»Eve war wirklich großartig«, erklärte Peter zufrieden und reichte Tabitha den offenen Behälter mit einem kleinen Löffel. »Sie hat während der Kindheit der Zwillinge viel über die Bedürfnisse von natürlich weiterentwickelten Babys gelernt.«
Vielsagend schwenkte Tabitha den Behälter. »Sie hat sogar das hier für ihn entwickelt. Es ist ganz exakt auf seine Nährstoffbedürfnisse abgestimmt.«
Bethany Anne verzog angewidert das Gesicht. »Oh Gott, ja. Ich erinnere mich an ihre experimentellen ›Nahrungsmischungen‹.«
Tabitha manövrierte den Löffel geschickt an Todds greifenden Händen vorbei in seinen Mund. Todd schob sich den orangefarbenen Brei ein paar Mal im Mund hin und her, prustete dann heftig und bespuckte sie zielsicher mit seinem Essen.
Sie wischte sich mit dem Tuch, das Peter ihr gegeben hatte, das Gesicht ab. »Wie du siehst, liebt er es wirklich.« Todd brabbelte lachend auf ihrem Schoß vor sich hin. »Ach ja? Du bist also stolz auf deine Leistung?«
»Nun ja, ganz offensichtlich«, warf Peter kichernd ein. »Das hat er alles von dir geerbt. An deiner Stelle wäre ich stolz. Genauer gesagt, bin ich das auch.«
Bethany Anne schnaubte belustigt. »Das ist mein Neffe!« Sie lehnte sich zurück, seufzte und faltete die Hände in ihrem Schoß. »Leute, wir müssen einen Augenblick lang mal wieder ernst werden. Ich wünschte, ich könnte länger bleiben, aber ich habe hiernach noch ein paar weitere Besuche zu absolvieren. Daher muss ich mich beeilen, wenn ich heute pünktlich zum Abendessen zu Hause sein will.«
Peter setzte sich neben Tabitha auf das Sofa. »Der Lagebericht hätte doch bis zum Familienabend warten können, wenn du heute einen vollen Terminkalender hattest.«
Aber Bethany Anne verzog kopfschüttelnd das Gesicht. »Hier geht es nicht um den Bericht, und es ist auch nicht gerade etwas, das man beim Abendessen besprechen sollte.« Sie blickte Todd einen Moment lang an, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Peter richtete. »Außerdem wollte ich nicht darüber reden, während Alexis und Gabriel dabei sind.«
Tabitha versuchte, nicht zusammenzuzucken, als sie einen weiteren Löffel des Breis in Todds Mund lotste, während Peter ihn ablenkte. Sie entspannte sich sichtlich, als er ihn dieses Mal akzeptierte und hinunterschluckte. »Ich weiß schon, was du sagen willst. Es ist Zeit loszuziehen.«
Auf dem Platz neben ihr, wandte sich Peter schweigend seinem Sohn zu und hielt Todd seinen kleinen Finger hin, damit er sich daran festhalten konnte.
Tabithas Gesicht zeigte eine ganze Reihe von Emotionen, während sie sich mit der Nachricht abfand. »Wir wussten, dass es so kommen würde«, stellte sie schließlich leise fest.
Bethany Anne ersparte ihnen die Pein, es auszusprechen. »Ihr beiden wollt das Ganze dieses Mal aussitzen.« Sie formulierte es nicht als Frage.
Peter seufzte, nickte und legte seinen Arm um Tabitha. »Wenigstens einer von uns. Tabitha, sofern es mir gelingt, mich durchzusetzen. Aber wir wissen, wo unsere Pflicht liegt.«
Überrascht zog Bethany Anne ihre Augenbrauen hoch. »Eure Pflicht liegt dort, wo ich es sage.«
Er sah wie ein begossener Pudel drein und zog dann Tabitha und seinen Sohn etwas näher an sich heran. »Ich verstehe.«
Bethany Anne blickte ihn so mitleidig an, als wäre er heftig auf den Kopf gefallen. Mehrmals. »Sei doch kein Vollidiot, Peter. Ich werde deine Familie nicht auseinanderreißen. Deshalb schicke ich dich und Tabitha, damit ihr euch in meiner Abwesenheit um Devon kümmert.«
Jeans Forschungs- & Entwicklungslabor,
Stützpunkt der Raumflotte, High Tortuga
Bethany Anne stieß die Tür zu Jeans Labor auf und machte sich auf den Weg hinunter in die dritte Subebene. Sie dachte gerade über verschiedene Probleme bei der Aufstellung der Flotte nach, als sie das scharfe Hämmern von Metall auf Metall hörte.
Anhand des Geräuschs fiel es ihr leicht, die Position von Jean festzustellen und sie ging zielstrebig durch das Labor, bis sie ihre alte Freundin in der größten Werkstatt fand. Jean fuhr fort, ihrem Team brüllend Anweisungen zuzurufen, während sie tief in den Eingeweiden einer riesigen frei stehenden Maschine arbeitete.
Bethany Anne nahm an, dass diese Maschine entweder lächerlich teuer, lebenswichtig oder irrsinnig gefährlich war oder vielleicht auch alles davon zutraf, damit Jean persönlich daran herumschraubte. Sie wartete ein paar Minuten und sandte Jean schließlich ein Signal, als klar wurde, dass sie dort nicht so schnell fertig werden würde.
Jeans erschöpftes Gesicht erschien an der Zugangsluke. »Hey, schön, dich zu sehen. Lass mir nur eine Minute Zeit.« Der Kopf verschwand wieder und sie kletterte im Inneren hoch, um die Luke mit den Füßen voran zu verlassen. »Ich weiß nicht, ob mir dein Ausdruck ganz gefällt, Bethany Anne.«
Mit einem unschuldigen Blick hob Bethany Anne ihre Hände in die Luft und zog fragend eine Augenbraue hoch. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, was du meinst.« Dann legte sie Jean eine Hand auf den Rücken und führte sie aus dem lärmenden Arbeitsraum hinaus, wobei sie für den Augenblick schwieg, während Jean noch mehr Anweisungen erteilte, die in ihrer Abwesenheit zu erledigen waren. »Verdammt, Jean. Willst du, dass sie vor Erschöpfung tot umfallen?«
Aber Jean warf Bethany Anne nur einen verwirrten Blick zu. »Heute ist ein ruhiger Tag. Eigentlich gibt es überhaupt weniger zu tun, seitdem du ja den Großteil der Flottenproduktion nach QT2 verlagert hast.«
Bethany Anne grinste, als sie den Korridor betraten, in dem es nur unwesentlich leiser zuging. »Witzig, dass du ausgerechnet das erwähnst.«
Abrupt blieb Jean stehen und packte Bethany Anne an den Armen. »Bitte sag mir, dass wir nach dort übersiedeln.«
Bethany Anne schüttelte ihren Griff kichernd ab. »Das tun wir nicht. Aber du schon, wenn du und John damit einverstanden seid, eine Weile voneinander getrennt zu sein. Ich will nicht ohne meine rechte Hand in den Krieg ziehen, aber ich möchte auch niemandem außer den Besten die Verantwortung dafür überlassen, uns auf die Kurtherianer vorzubereiten, bis wir zurückkehren.«
Lächelnd wölbte Jean eine Augenbraue. »Du meinst, ich kann ein paar Jahre lang ohne schlechtes Gewissen in meinem Labor spielen, während er anderen Leute in den Arsch tritt? Ich denke, das wäre für uns beide in Ordnung. Es ist ja nicht gerade so, dass wir frisch verheiratet sind oder wenig Zeit füreinander haben.«
Ihre bereitwillige Zustimmung brachte Bethany Anne dazu, sich deutlich zu entspannen. »Weißt du, das läuft bisher beträchtlich besser, als ich angenommen hatte. Ich dachte schon, ich müsste mit dir, Peter und Tabitha kämpfen, damit ihr zustimmt zurückzubleiben, während ich mich um die Ooken kümmere.«
Jean winkte ihre Bedenken lässig mit einer Hand ab. »Nein, nicht doch. Du machst das schon lange genug, um zu wissen, wo wir gebraucht werden. Ehrlich gesagt bin ich nur froh, dass ich nicht diejenige bin, die die Figuren auf diesem Schachbrett bewegen muss. Ich beneide dich wirklich nicht, BA.«
Seufzend schaute Bethany Anne einen Moment lang zur Seite. »Vielleicht muss ich das eines Tages auch nicht mehr tun.« Sie wandte sich wieder an Jean. »Es wird der Tag kommen, an dem die Sieben ausgelöscht sind und die Erde endlich sicher ist.«
Mit einer mitfühlenden Miene tätschelte Jean kurz Bethany Annes Arm. »Du bist auf dem besten Weg dazu«, versicherte sie ihr tröstend. Sie wurde durch einen Schrei und ein lautes Klirren aus der Werkstatt unterbrochen. »Verdammte Scheiße. Ich bin nur eine Minute weg und schon fangen sie an, alles zu verwüsten. Es ist, als hätte man wieder Teenager im Haus.«
»Nicht in meinem Haus«, erwiderte Bethany Anne flapsig. »Ich warte die ganze Zeit darauf, dass sie rebellieren, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass das tatsächlich eintrifft.«
Jean zog eine Grimasse. »Ja, aber deine beiden sind auch zu sehr damit beschäftigt, einander in die Luft zu jagen, als dass ihnen noch große Zeit bleiben würde, um zu rebellieren.« Sie grinste frech. »Ich gehe besser wieder rein, bevor meine Jungs noch etwas in Brand stecken, nur um den Tag abzurunden. Aber ich werde mit John reden. In letzter Zeit war es zu ruhig im Haus. Daher wird es uns ganz gut tun, mal einen Tapetenwechsel zu erleben.«
Bethany Anne hob eine Schulter, als Jean zurück in den Arbeitsraum ging. »Die Jungs stehen als Nächstes auf meiner Liste.«
Lächelnd winkte Jean ihr über die Schulter zu. »Dann ersparst du mir die Mühe, es ihm zu erzählen.«
Damit verschwand sie um die Ecke und eine Sekunde später hörte Bethany Anne, wie sie erneut ellenlange Anweisungen brüllte.
Aufenthaltsraum Beta, Stützpunkt der Raumflotte, High Tortuga
Als Bethany Anne hereingeschlendert kam, befanden sich John und Eric gerade in dem Finale eines Wettbewerbes im Armdrücken. »Ich fordere den Sieger heraus«, verkündete sie amüsiert, als sie zu den beiden hinüberging.
Dadurch ließ Eric sich für einen kurzen Moment ablenken und schrie auf, als John die günstige Gelegenheit nutzte, um sein Handgelenk nach hinten umzuknicken und seine Hand auf den Tisch zu knallen. Er öffnete den Mund, um sich bitter zu beschweren, besann sich jedoch dann eines Besseren. Mit einem schelmischen Grinsen erhob er sich von seinem Stuhl und lud Bethany Anne mit einer weit ausholenden Geste ein, sich an seine Stelle zu setzen. »Er gehört ganz dir, Boss.«
Als Bethany Anne sich daraufhin setzte und Johns angebotene Hand ergriff, grinste er breit. »Jetzt möchte ich aber nicht an deiner Stelle sein, du armer Pechvogel«, stichelte er.
Bethany Anne stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Tisch ab und versuchte einen bequemen Halt zu finden. »Ich bin eigentlich nicht hergekommen, um herauszufinden, wer im Wettpissen Sieger ist.«
Johns Augen funkelten leicht. »Wissen wir doch schon längst alles. Wir ziehen bald los, um die Ooken zwischen die Tentakel zu treten.« Er lachte unterdrückt. »Aber klar, da du es schon erwähnst … ich wette, dass ich es noch weiter schaffe, als alle anderen.«
Kopfschüttelnd verstärkte sie ihren Griff und übte genug Druck aus, um John daran zu hindern, seinen schmutzigen Trick bei ihr anzuwenden. »Wie zum Teufel kommen die Nachrichten hier eigentlich schneller an als ich?«
Darryl zuckte mit den Schultern. »Peter hat natürlich sofort angerufen, sobald du weg warst.«
»Er wollte uns Zeit geben, es zu verarbeiten, bevor du hier eintriffst«, erklärte John mit feierlicher Stimme. Der Muskel in seinem Kiefer zuckte, als er sich bemühte, seine ernste Miene beizubehalten.
Bethany Anne zwinkerte ihm zu und erhöhte den Druck noch ein wenig. »Ich verstehe, wenn irgendeiner von euch sich lieber da raushalten möchte.«
Dramatisch wischte sich Scott mit dem Handrücken imaginären Schweiß von der Stirn. »Verdammt, danke dafür. Es wäre so langweilig gewesen, mit euren gottverdammt geilen neuen Schiffen eine Runde drehen zu müssen.«
»Ja«, pflichtete Eric ihm ernst bei. »Aliens in den Arsch zu treten ist so was total von gestern. Wer will das schon alles durchmachen?« Er schaute seine drei besten Freunde in gespielter Verwirrung an. »Oder nicht? Irgendjemand von euch etwa?«
Darryl grinste sarkastisch und verschränkte die Arme vor der Brust. »Und wir haben natürlich überhaupt kein Problem damit, dass du allein losrennst und ohne uns einen Krieg anfängst. Klaaar doch .«
John grunzte. »Die Abstimmung ist offenbar gelaufen. Sieht aus, als hättest du die Arschkarte gezogen, Boss.«
Bethany Anne sah sich mit zusammengekniffenen Augen um. »Wirklich sehr witzig, aber jetzt ist nicht die Zeit für Scherze.« Sie lockerte unwillkürlich ihren Griff um Johns Hand. »Es ist durchaus wahrscheinlich, dass wir für einige Zeit weg sind.«
Lächelnd ließ John ihre Hand, die sie ganz vergessen hatte, auf den Tisch sinken. »Wann fliegen wir los?«, erkundigte er sich lakonisch.
Sie schnaubte leise und stand auf. »Kann jeden Tag sein, also seid darauf vorbereitet.«
John legte den Kopf ein wenig zur Seite. »Wie ein Pfadfinder«, versprach er grinsend.
»Warte mal, was hast du da gesagt?« Scott ließ fast sein Glas fallen, das er gerade in die Hand genommen hatte, während er seinen Kopf in Johns Richtung herumriss. »Du Arschgesicht, du warst doch nie ein Pfadfinder.«
»Woher willst du das denn wissen?«, konterte John süffisant. Er deutete auf Scotts Hemd. »Du hast dich da etwas bekleckert, Kleiner.«
Bethany Anne sah, wie der Anflug eines spöttischen Lächelns drohte auf Johns Gesicht zu erscheinen, als Scott an sich herunterschaute.
Aber dann warnte sie ihr inneres Zeitgefühl, dass es höchste Zeit wurde, nach Hause zu gehen.
Sie wandte sich zum Gehen. »So gern ich auch bleiben und noch länger mit euch Burschen abhängen würde, wenn ich mich nicht beeile, dann komme ich zu spät zum Abendessen.«
»Was steht heute Abend denn auf dem Menüplan?«, erkundigte sich John neugierig.
Bethany Anne sah über die Schulter zurück und zog unwillkürlich eine Grimasse, als sie zur Tür des Aufenthaltsraums ging. »Zu Kreuze kriechen. Wahrscheinlich mit einer großzügigen Portion ›Ich hab’s dir doch gleich gesagt‹.«
Mit diesen Worten verschwand sie im Gang.