Kapitel 19

Trainings- und Freizeitszenario: Mongolei, Erde, 1176 n. Chr.

G abriel hob seinen Schneeschuh an und schüttelte verdrießlich den angesammelten Schnee der Wehe ab, durch die sie gerade stapften. Das ist grauenhaft, Papa. Bist du wirklich an einem Ort wie diesem geblieben?

Michael nickte und bahnte ihnen einen Weg durch den knietiefen Schnee zu einem dünnen Baumbestand. Ich habe den größten Teil der Erde bereist, lange bevor ich deine Mutter kennengelernt habe. Eve hat dieses Szenario direkt aus meinen Erinnerungen konstruiert.

Der Junge duckte sich, um einem Schneeschauer von einem Ast auszuweichen, während er sich beeilte, um mit seinem Vater Schritt zu halten. Was ist das Ziel in diesem Szenario? , erkundigte er sich.

Dieses Mal geht es nicht so sehr um ein Ziel , erklärte Michael ihm, sondern es sind Erfahrungen, die man sammeln kann.

Gabriel sah seinen Vater kläglich an. Ist das alles, was du mir dazu verraten wirst?

Michael lachte trocken auf. Ja, allerdings. Ich möchte, dass du deine eigenen Schlussfolgerungen ziehst und nicht einfach meine übernimmst, ohne zu entscheiden, ob du ihnen zustimmst.

Verblüfft grübelte Gabriel darüber nach, während sie durch die vereiste, unwirtliche Schneelandschaft wanderten. Eine Gruppe geflügelter, weißer Geschöpfe flog plötzlich zum Himmel hoch und die Überraschung brachte ihn dazu, laut zu sprechen. »Was sind das denn für Tiere?«

Schneehühner , erwiderte Michael. Eine Vogelart. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel bei einer Erinnerung. Sie schmeckten gut, wenn man sie in Kräuter und Blätter eingewickelt unter der Erde gebacken hat.

Natürlich , fuhr er fort, schmecken Mahlzeiten selbstverständlich immer besser, wenn man sie mit den eigenen Händen und mit dem Einsatz seines Verstandes gefangen hat. Und Hunger ist grundsätzlich stets der beste Koch.

Ist das der Grund, warum du von der Jagd auf den Dinosaurier damals so besessen warst? , neckte Gabriel ihn.

Sein Vater fixierte ihn mit einem strengen Blick. Eines Tages wirst du es verstehen, mein Sohn. Diese Erfahrung könnte der erste Schritt zu diesem Tag sein. Er hob eine Hand, um auf einen lang gestreckten Schatten in der Ferne zu zeigen. Dort, im Schatten der Anhöhe. Da liegt unser Ziel.

Der Schatten löste sich beim Näherkommen in mehrere Teile auf, dann in sperrige Zelte auf den Rückseiten von Waggons. Gabriel verschlang den Anblick geradezu. So etwas habe ich noch nie gesehen! , rief er fasziniert aus, als das Licht vieler kleiner Feuer erschien, als sie sich dem Lager näherten, zu dem Michael sie geführt hatte. Was sind das für Tiere?

Michael lachte unterdrückt. Das sind Steppenponys. Ein Wort der Warnung: Atme anfangs nicht zu tief ein. Dank dieser Geschöpfe dauert es immer ein wenig, bis man sich an den besonderen Geruch der Nomadenclans gewöhnt hat.

Eine schroffe Stimme forderte sie aus den Schatten am Rande des Lagers heraus. »Wer seid ihr, dass ihr vor unserem Heim auftaucht?«

»Wir kommen nicht mit leeren Händen!«, rief Michael zurück. Er griff ins Leere und zog ein Paar juwelenbesetzte, goldene Armschienen hervor.

Ein riesiger, bärtiger, in Pelze gehüllter Mann trat aus den Schatten hervor. Zuerst wurde sein großer Bauch sichtbar. Seine dunklen Augen leuchteten beim Anblick des Goldes auf und seine feindselige Grimasse verwandelte sich in ein breites Lächeln. »Willkommen, ihr müden Reisende.«

Gabriel warf einen verächtlichen Blick auf die Armschienen, als sein Vater sie dem haarigen und pelzigen Riesen überreichte. Wozu sollen die denn gut sein? Die erste Person, die sie im Kampf trägt, wird beide Hände verlieren.

Das ist eine kulturelle Gepflogenheit. Michael schüttelte den Kopf und lächelte verschmitzt. Als sich dieses Szenario in der Realität abspielte, kannte ich die Bräuche dieses Clans noch nicht. Ich habe den Fehler gemacht, mein Schwert als Gastgeschenk anzubieten, um mich für ihre Gastfreundschaft zu bedanken.

Stirnrunzelnd blickte Gabriel ihn an, denn er begriff einfach nicht den Sinn der Sache. Warum sollte das ein Fehler sein? Eine Klinge ist ein akzeptableres Geschenk als diese da.

Wenn du darauf bestehst, dann mach nur , räumte Michael gut gelaunt ein. Immerhin sollst du hier schließlich Erfahrungen sammeln.

Er streckte erneut die Hand aus und reichte Gabriel dann das gut gemachte und brauchbare, aber schlichte Schwert, das er aus dem Nichts gezogen hatte. Aber ich hoffe, dass du diese Waffe ausreichend beherrschst, denn indem du sie anbietest, behauptest du, dass du jeden Krieger hier schlagen kannst.

Der sonst so passiver Gesichtsausdruck des Jungen veränderte sich, als er das Schwert überreichte, und der Mann ihn skeptisch musterte. Das sollte interessant werden. Wie alt warst du, als du das erlebt hast?

Nachlässig zog Michael eine Schulter hoch, als sie Seite an Seite dem Mann durch den von den Wagen gebildeten Kreis folgten. Etwa siebenundzwanzig. Ich hatte eine gute Vorstellung von meinen Kräften, so wie sie zu diesem Zeitpunkt waren, aber ich besaß wenig von deiner Ausbildung.

Verschmitzt grinste Gabriel seinen Vater an. Also werde ich wahrscheinlich auf schreckliche Weise sterben, aber ich werde dabei spektakulär aussehen.

Michael breitete seine Hände zur Seite aus und fühlte einen Anflug von Stolz in sich hochsteigen, weil Gabriel nicht vor der Herausforderung zurückwich. Wer weiß? Ich habe es überlebt. Der Clan kämpft ehrenhaft … wenigstens meistens. Wenn du stirbst, wird es wohl nicht der schlimmste Tod sein, den du je erleben wirst.

Vid-Doc-Raum, QBS Izanami, Standort Sieben

Addix und K’aia starrten sich über dem Vid-Doc für die Vierbeiner gegenseitig an.

»Sieh mal. Ich werde erst wieder in dieses Ding steigen, wenn du mir genau erklärst, warum du das willst.«

Angesichts der Bedenken der jungen Yollin war die Ixtali die Ruhe selbst. »Mir gefällt es, dass du misstrauisch bist, K’aia. Das wird dir in deiner zukünftigen Rolle gute Dienste leisten.«

K’aia funkelte Addix abfällig an. »Was weißt du denn schon davon? Du bist doch nur ein Kindermädchen.«

»Auf den ersten Blick mag es so aussehen.« Addix’ Mandibeln zuckten amüsiert. »Immerhin habe ich mich um Alexis und Gabriel gekümmert, seit sie geboren wurden. Jedoch habe ich bereits viele Leben gelebt, junge Dame. Ich habe zurzeit zwar die große Ehre, die Kinder meiner Königin beschützen zu dürfen, aber ich war auch mehr Jahre ihre Meisterspionin, als ich mich wirklich erinnern kann. Und davor habe ich einen hochrangigen Beamtenposten in der Regierung von Ixtali bekleidet. Lass dich nicht vom ersten Anschein täuschen.

K’aia gab ihre abwehrende Haltung auf. »Dann bist du also nicht nur einfach verrückt.« Sie lehnte sich zurück und ließ ihre verschränkten Arme sinken. »Tut mir leid, dass ich so eine Nervensäge bin, aber würdest du mir sagen, warum du willst, dass ich da reinsteige? Ich habe das verdammte Ding doch gerade erst verlassen.«

Die Ixtali nickte. »Gut. Ich habe mich schon gefragt, was Michael in dir gesehen hat. Wie du so freundlich bemerkt hast, sind Alexis und Gabriel mittlerweile fast zu alt, um mich hier zu brauchen, daher ist es an der Zeit, meinen Ersatz auszubilden. Bevor wir beginnen, hat Bethany Anne die Anweisung hinterlassen, dass du zur weiteren Weiterentwicklung in den Vid-Doc gehst.«

Die junge Yollin blickte kritisch von Addix zum Vid-Doc und runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht. Was für eine Art Weiterentwicklung?«

Addix lächelte. »Du hast doch schon von den Bitches gehört, oder?«

»Ja. Was haben sie denn damit zu tun …?« K’aia legte den Kopf zur Seite, als ihr das Verständnis dämmerte. »Oh. Oh . Dann werde ich es wohl tun. Aber ich will nicht aus dem Vid-Doc aussteigen und plötzlich wissen, was alle denken, okay?«

Sie kletterte hinein und warf noch einen Blick auf die Vid-Docs in humanoider Form, als sich der Deckel über ihr schloss. »Ich hoffe nur, das geht nicht furchtbar schief.«

Addix begann, K’aia zu versichern, dass sie vollkommen sicher sei, aber die Yollin stand bereits unter dem Einfluss der Sedierung. Ihre Mandibeln zuckten fröhlich, als sie den Objektträger mit dem einzigen Tropfen Blut, den Bethany Anne ihr anvertraut hatte, einlegte und anschließend die Kontrolle über den Vid-Doc an Izanami übergab.

Die KI erschien neben dem Vid-Doc, in dem sich augenblicklich Bethany Anne befand. »Der Prozess ist im Gange.«

»Ausgezeichnet«, erwiderte Addix ruhig und ging zu der KI hinüber. Sie warf einen Blick auf die Wandschirme, von denen einer nur einen schlichten Hinweis auf die aktivierte Privatsphäre anzeigte.

Der andere zeigte ein eisiges, weißes Land und einen Kreis von Männern, in dessen Mitte Gabriel um sein Leben kämpfte.

Addix schmunzelte über die Wildheit, mit der Michael seinen Sohn vom Rand aus anfeuerte, während er jedem unbarmherzig ein rasches Ende bereitete, der unehrenhaft genug war, sich in den Zweikampf seines Sohnes einzumischen.

Izanami ergriff das Wort und riss Addix aus ihrer Faszination. »Bethany Anne und Alexis befinden sich im Verjüngungszyklus.«

Die Ixtali nickte nur knapp und sah dann Gabriel wieder beim Kampf zu. Dies war eine etwas traurige Zeit für sie, in gewisser Weise sogar schlimmer noch als damals, als ihre eigenen Kinder erwachsen geworden waren und sie verlassen hatten.

Bethany Annes und Michaels Kinder hatten sich in ihr Herz eingegraben, seit sie die beiden zum ersten Mal als zappelnde rosa Säuglinge gesehen hatte. Damals waren sie so hilflos gewesen.

Auf dem Bildschirm führte Gabriel ein Manöver aus, bei dem er sich über den Rücken seines Gegners rollte und sich somit genügend Platz verschaffte, um das Schwert zu schwingen und den Kopf des Mannes abschlagen konnte.

Jetzt waren sie nicht mehr so verwundbar.

Addix konnte nur hoffen, dass diese Yollin mehr sein würde als eine bloße Beschützerin, die die Kinder nach dem Willen ihrer Eltern brauchten. Nicht nur eine Wächterin, sondern eine Freundin, zu der sie eine Beziehung aufbauen konnten. Jemand, der sie vertrauen und auf die sie sich verlassen konnten, sobald sie in einem Alter waren, in dem sie auf sich selbst gestellt waren.

Denn davon würden sie so viele brauchen, wie sie nur finden konnten und in ihrem Umfeld gab es nicht viele Jugendliche.

Bethany Anne verließ ihren Vid-Doc, ohne von der nachdenklichen Ixtali bemerkt zu werden. Sie spürte die Traurigkeit, die von Addix ausstrahlte, etwas, das ihr in den letzten Tagen mehr als einmal aufgefallen war. »Einen Penny für deine Gedanken?«

Addix drehte sich anmutig zu Bethany Anne um. »Ich glaube, an dieser Übersetzung muss noch gearbeitet werden. Du willst mich fürs Denken bezahlen?«

Amüsiert schnaubte Bethany Anne leise. »Die Redewendung bedeutet, dass ich dir aufmerksam zuhöre. Was hast du auf dem Herzen, alte Freundin?«

»Ach.« Addix legte eine Hand auf K’aias Vid-Doc. »Gabriel und Alexis. Ich habe darüber nachgedacht, welchen Weg mein Leben einschlagen wird, wenn K’aia erst einmal ausgebildet ist und ich für die beiden überflüssig werde.«

Leicht verblüfft musterte Bethany Anne die Ixtali fragend. »Denkst du etwa daran, uns zu verlassen?«

Addix schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Ganz und gar nicht. Aber ich denke, es wird einige Zeit dauern, bis ich mit den veränderten Bedürfnissen der Zwillinge zurechtkomme.« Ihre Mandibeln drückten nacheinander ihre gemischten Gefühle aus, während sie sprach. »Ich bin stolz auf sie, aber menschliche Kinder reifen so schnell heran, Bethany Anne. Nur einmal Blinzeln und sie sind schon fast erwachsen.«

Bethany Anne legte tröstend ihre Hand auf Addix’ Arm. »Du bist ihre Tante, Addix, ob nun blutsverwandt oder nicht. Das wird sich nie ändern. Sie werden dich immer in ihrem Leben brauchen, auf die eine oder andere Weise.«

Fatalistisch zuckte Addix mit den Schultern. »Kinder werden erwachsen. Das ist der Lauf der Welt. Es wird so sein, wie es sein soll.«

Alexis’ Vid-Doc beendete seinen Entriegelungszyklus und sie kletterte hinaus. Als ihre Füße wieder festen Boden unter den Füßen hatten, streckte sie sich träge und genüsslich. »Mama, das müssen wir unbedingt in der realen Welt wiederholen, wenn wir wieder zu Hause sind.«

Ihre Mutter grinste breit. »Ich habe ja nur darauf gewartet, dass du das sagst. Es gibt diesen kleinen Laden auf einer meiner Raumstationen, wo wir hingehen können, in dem die beste Masseurin arbeitet.«

Sie warf einen Blick auf den Bildschirm und betrachtete verblüfft die surreale Szene, in der Michael und Gabriel an einem Lagerfeuer saßen, zusammen mit einem Haufen… »Sind das da Hunnen , mit denen sie essen?«

Bethany Annes Augen weiteten sich, als sie sah, wie einer der Männer ihrem zerschlagen und blutverschmiert aussehenden Sohn etwas reichte, das wie eine gegerbte und mit Flüssigkeit gefüllte Tierhaut aussah. »Izanami , hol sie sofort da raus.«

Sie stand am Fußende von Michaels Vid-Doc, die Arme vor der Brust verschränkt und klopfte mit dem Fuß einen wütenden Rhythmus, während sie darauf wartete, dass sich der Deckel öffnete.

Michael setzte sich mit einem besorgten Blick auf. »Warum hast du uns vorzeitig rausgeholt? Ist etwas mit den Leath passiert?«

Sichtlich verärgert schürzte Bethany Anne ihre Lippen. »Sag mir bitte , dass du unserem vierzehnjährigen Kind nicht erlaubt hast, Alkohol zu trinken.«

Ihr Mann runzelte verwirrt die Stirn. »Nun, ja … und nein. Zu der Feier gehört immer der Konsum von vergorener Milch, aber Gabriel hätte davon auf keinen Fall einen Rausch bekommen können.«

Gabriel schoss förmlich aus seinem Vid-Doc hinaus, als sich der Deckel öffnete. »Mama, Tante Addix, habt ihr mich gesehen? Es kam einer nach dem anderen und dann ging das so und …«, er sprang aufgeregt herum und stellte den Kampf nach, »und dann versuchten zwei riesige Typen, die ehrlich fast wie Bären aussahen, sich einzumischen, und Papa hat sie einfach fertig gemacht.«

Michael strahlte über Gabriels überschwänglicher Freude über seinen Sieg. »Unser Sohn hat sich hervorragend geschlagen«, prahlte er gegenüber Bethany Anne. »Er hat siebzehn ausgewachsene Krieger nacheinander im Zweikampf besiegt.«

Lächelnd küsste Bethany Anne ihren Sohn auf die Stirn. »Gut gemacht, Liebling.«

Abwehrend wischte Gabriel den Kuss mit dem Handrücken weg. »Aber Mama! Du musst jetzt damit aufhören. Ich bin nun ein Mann und Männer kriegen keine Küsse von ihren Müttern.«

Seine Mutter tauschte einen halb amüsierten Blick mit Michael. »Ist das so?«

Aufgeregt nickte der Junge. »Es ist wahr. Es gab eine Zeremonie, und die Clanmitglieder erzählten Geschichten darüber, wie sie zu Männern wurden, sangen Lieder und schenkten mir einen goldenen Armreif.«

Dagegen schmollte Alexis. »Tut mir leid, Mama, aber jetzt wünsche ich mir irgendwie, ich hätte auch Papas Ding gemacht. Warum kann ich bloß nicht an zwei Orten gleichzeitig sein?«

Ihr Bruder lachte leise. »Das ist komisch, denn ich wäre jetzt so gerne in einem Whirlpool.«

Bethany Anne lächelte und gestikulierte mit ihren Händen. »Da haben wir es doch. Problem gelöst. Nächstes Mal kämpfen wir gemeinsam gegen die Hunnen und danach gehen wir alle ins Spa.«

Sperrgebiet, Devon

Das Frühwarnsystem von CEREBRO registrierte eine Reihe von Signalen, die weit hinter der äußeren Grenze des Sperrgebiets lagen.

Sie setzten sofort die Kontaktprotokolle in Kraft und der Alarm verbreitete sich innerhalb weniger Sekunden bis zur QBBS Guardian .

CEREBRO aktivierte alle Waffensysteme entlang der voraussichtlichen Flugbahn der unidentifizierten Objekte und wartete darauf, dass ihre Scanner die Klasse der sich nähernden Objekte feststellten.

Der nächste Datensatz identifizierte die Signale als eine dichte Gruppe von sich schnell bewegenden Körpern.

Die EI-Gruppe war sich einig, dass sich die Körper zu schnell bewegten, um ein natürliches Phänomen zu sein, sodass sie nicht präventiv auf sie schossen.

Weltraummüll konnte natürlich problemlos zu Staub gesprengt werden. Dagegen traf dies nicht so sehr auf Handelskonvois zu.

Dann erfolgte eine Rückmeldung von der Kampfstation Guardian . »Was liegt an, CEREBRO?«

»Wir sind uns noch nicht sicher, Commander Kinley«, erwiderten sie. »Nächste Scans erfolgen in drei, zwei … Schiffe, Commander. Es sind Schiffe. Wie lauten deine Befehle?«

Commander Kinleys Antwort kam sofort. »Aktiviert die gesamte Verteidigung des Sperrgebietes und alarmiert umgehend die Flotte. Ich bin auf dem Weg.«

* * *

Tim beendete die Verbindung zu CEREBRO und rutschte an den Rand des Bettes. Er zuckte zusammen, als er trotz seiner Bemühungen, ohne sie zu stören aus dem Bett aufzustehen, Sabine weckte.

»Wo gehst du hin, Muskelprotz?«, murmelte sie und ihre Stimme klang heiser vom Schlaf. »Wenn du nämlich vorhattest, eine Art Plan durchzuziehen, der aus Essen, Ficken und Verschwinden besteht, dann hast du etwas in den falschen Hals gekriegt. Du musst mich doch nach Hause bringen.«

Tim hüpfte zurück aufs Bett und küsste sie innig. »An den Grenzen des Sperrgebietes ist etwas los. Ich würde mich sehr freuen, dich noch hier vorzufinden, wenn ich zurückkomme … am besten genau so wie du gerade bist.«

Sabine rollte sich auf die Seite, sobald Tim aufgestanden war. »Die Chancen stehen gut, dass ich das sein werde. Es ist schließlich mitten in der verdammten Nacht.« Sie klimperte ihm mit den dunklen Wimpern zu. »Bringst du das Frühstück mit, wenn du zurückkommst?«

»Natürlich, Schatz.« Tim rettete seine Hose vom Schlafzimmerboden und zog sie hüpfend an. Er machte sich auf den Weg zur Tür und wackelte dabei mit den Hüften. »Ich bin sogar bereit, das Frühstück zu sein , wenn du willst.«

Sabine kicherte und warf ihm ein Kissen in den Rücken, als er zur Tür eilte. »Du bist ein echtes Arschloch, Tim.«

Tim klatschte sich kräftig auf den Hintern, als er das Zimmer verließ. »Ich habe einen schönen Arsch? Danke, dass du es bemerkt hast.« Er hörte, wie Sabine sich wieder im Bett zusammenrollte und sein neckisches Lächeln verschwand, noch bevor die Schlafzimmertür hinter ihm zufiel.

Er öffnete eine mentale Verbindung zu CEREBRO, als er sein Quartier verließ. Wie sieht die Lage da draußen aus?

CEREBRO speiste die Berichte in Tims internes HUD ein. Die Flotte befindet sich noch immer auf dem Weg nach Devon.

Tim fiel förmlich die Kinnlade herunter, als er die ganzen Neuigkeiten las. So viel zum Thema Frühstück. Scheiiiiße, das sind aber verdammt viele Schiffe. Wisst ihr, wem sie gehören?

Wir zählen dreiundfünfzig, Commander , teilte CEREBRO ihm nüchtern mit, und nein, wir konnten den Ursprung der Flotte noch nicht identifizieren, da es so viele verschiedene Energiesignaturen gibt. Wir werden mehr wissen, sobald die Spitze der Flotte in Kommunikationsreichweite kommt.

Überrascht blieb Tim stehen, um die Daten noch einmal durchzulesen. Das stimmt aber nicht mit dem überein, was wir über Ooken-Schiffe wissen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die sich nähernde Flotte zu den Ooken gehört, ist gering , bestätigte CEREBRO nüchtern. Wir haben aber auch berechnet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Ooken beteiligt sind, hoch genug ist, um sie zu erwähnen.

Ihm fiel etwas in dem Bericht auf, das ihm eine bessere Vorstellung von den Vorgängen vermittelte, als die EI-Gruppe sie besaß. CEREBRO, das ist eine Flüchtlingsflotte. Holt eine sichere Bestätigung ein, ehe ihr die Verteidigung des Sperrgebiets abblast, aber für mich sieht das nach einer humanitären Situation aus.

Er unterbrach die Verbindung zu CEREBRO und rief Joel und Rickie an.

Rickie war der erste, der antwortete. Alter …

Unnachsichtig unterband Tim sein Gejammer. Wach auf, du Trottel. Wir haben ein Problem draußen im Sperrgebiet.

Auch Joel klang noch halb schlafend. Wie sieht es aus, Großer?

Tim schickte ebenfalls eine kurze Nachricht an Sabine, als er in den Aufzug stieg, und wünschte sich dabei, er besäße Bethany Annes Fähigkeit, einfach zu verschwinden und dort wieder aufzutauchen, wo immer sie gerade sein wollte. Dann wandte er sich wieder an seine Kollegen.

Ich will euch beide schnellstmöglich an den Docks sehen, und zwar schon vor zehn Minuten. Eine nicht identifizierte Flotte nähert sich uns.

Verdammt noch mal! Joel fluchte leise, aber herzhaft. Freund oder Feind?

Tim seufzte. Das ist ebenfalls ein Punkt, den wir noch nicht sicher wissen, aber für mich sieht es nach einem Haufen Leute aus, die um ihr Leben fliehen. Rickie, du bleibst hier auf der Station und koordinierst die Hilfsmaßnahmen. Joel, informiere die Krisenteams, dass sie da draußen gebraucht werden, und rufe auch die Bodenteams in den Städten zusammen, um die Lage dort unten ruhig zu halten.

Kommentatorenloge, das Hexagon, Erste Stadt, Devon

Nachdem zum zweiten Mal Captain Holts Durchsage für alle Teams abgespielt worden war, schaltete Ricole das Ansagemikrofon ein und beugte sich vor, um deutlich gehört zu werden. »Das Training ist für heute beendet, Leute. Ausbilder, meldet euch in der Waffenkammer, es gibt einen Einsatzaufruf für die Bodenteams.«

Sie stand auf und blickte aus der Loge auf die untere Arena, wo auf ihre Ankündigung hin die Probe für das einstudierte Ereignis des Monats abgebrochen wurde.

Jacqueline meldete sich bei ihr über die interne Verbindung des Teams. Was ist denn los? Ich habe die Benachrichtigung mitbekommen, als ich unten unterrichtet habe.

Lass mir eine Minute Zeit, ich bin gleich unten , erwiderte Ricole. Jacqueline wartete bereits am Fuße der von der Kommentatorenbox hinabführenden Treppe, als Ricole dort ankam. Captain Holt hat alle Bodenteams zu einem friedenssichernden Einsatz beordert. Außer unserem. Wir sollen unsere Ärsche zum Sperrgebiet rausschaffen. Seine Anweisungen lauten, dass wir für alle Eventualitäten ausgerüstet dort hinkommen sollen.«

Sie gingen zum Privatlift und warteten, bis Winstanley die Kabine brachte.

Der Aufzug kam eine ganze Minute später an und enthielt eine kampferprobte, ehemalige Rangerin, die mit einem irrsinnig großen Plasmagewehr bewaffnet war und wie ein Honigkuchenpferd grinste. Tabitha winkte sie ungeduldig mit dem Gewehr heran. »Jetzt kommt schon. Joel hat schon vor mindestens zwanzig Minuten angerufen. Rüstet eure zarten Ärschlein und trefft mich gleich an der Achronyx , ich muss vorher noch ein paar Babysitter zusammentreiben.«