I n der Sekunde, in der sie in die normale Zeit zurückfiel, konnte Cheyenne ihre Beine nicht mehr spüren. Sie knickten unter ihr ein und die Halbdrow stürzte zur Seite. Sie konnte gerade noch verhindern, dass ihr Gesicht auf dem Gras aufschlug, indem sie sich abrollte und stattdessen auf ihrer Schulter landete.
Ein schweres Keuchen entkam ihrer Brust, aber sie konnte die Worte, die sie sagen wollte, nicht formulieren.
Maleshi räusperte sich. Sie saß nun auf dem Rasen neben der Halbdrow und ließ sich langsam auf den Rücken sinken, um in den blauen Himmel zu blicken. »Was war das eigentlich?«
»Und warum?« Cheyenne keuchte wieder und holte scharf und hächelnd Luft. Ihre Lunge explodierte vor kribbelndem Schmerz. Huste ich gerade oder ersticke ich?
Langsam verwandelten sich die gedämpften Töne, die Cheyenne zuerst gehört hatte, in erschrockene Schreie und das dumpfe Stampfen von rasenden Füßen, die aus den Gebäuden und über den Rasen rannten.
Stöhnend schloss Maleshi langsam ihre Augen und schluckte. »Das Warum ist nicht wichtig, Mädchen. Nur die Tatsache, dass es so ist.«
Die Halbdrow schaffte es, sich auf den Rücken zu drehen und ihre Hände schlugen neben ihr ins Gras. Ich sehe alles viermal. »Fühlt sich an, als wäre ich von einem Bus überfahren worden.«
Die Generalin schnaubte. »Ja, ein Bus, der Morphium nur in die Hälfte von dir spritzt. Gib dem Ganzen noch ein paar Sekunden.«
Cheyenne sah blinzelnd in den hellen Himmel und bekam endlich ihren Atem wieder unter Kontrolle. Der Aktivator blinkte in ihrem Blickfeld, ruhig, still und bereit für ihren nächsten Befehl. Sobald das Gefühl in ihre Arme zurückkehrte und sie sie wieder bewegen konnte, zog sie die silberne Spule hinter ihrem Ohr hervor und verzog das Gesicht. »Wie konnte ich das nicht wissen?«
»Es gibt für alles ein erstes Mal.« Maleshi richtete sich im Sitzen auf und beugte sich über ihren Schoß. »Mein erstes Mal war bei den Überfällen auf Holbrukfúrn. Damals waren wir zwei Dutzend gegen fünf Koboldhöhlen, also war es damals so ziemlich die einzige Möglichkeit, nicht überrannt zu werden, wenn man sich knapp unter Lichtgeschwindigkeit bewegte.«
»Genau. Mein erstes Mal war zufällig mit hybriden Kriegsmaschinen, die sich genauso schnell bewegen können wie wir.«
»Unglücklich, aber ja.« Maleshi stemmte sich auf die Beine und reichte der Halbdrow die Hand. »Sobald du wieder atmen kannst, geht es nur noch bergab.«
Cheyenne nahm die Hand der Frau und ließ sich von der Generalin hochziehen. Ein kurzer Schwindelanfall ließ sie taumeln, aber sie schüttelte den Kopf und es ging ihr gleich wieder besser. »Also, was jetzt?«
»Jetzt stellen wir sicher, dass niemand auf dem Campus ernsthaft verletzt wurde. Oder ernsthaft traumatisiert.«
»Durch ein Erdbeben und einen Haufen blinkender Lichter, die aus dem Boden schießen?« Cheyenne leckte sich über die trockenen Lippen und warf der Nachtpirscherin einen Seitenblick zu. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle traumatisiert sind.«
»Ich meinte mit Magie. Wir wollen, dass sich alle sicher fühlen, Cheyenne. Beruhigt. Ein bisschen Aufregung ist in Ordnung, aber Leute, die wegen etwas, das sie nicht erklären können, ihren Verstand verlieren, tun uns keinen Gefallen. Dann müssen du und ich ein paar Anrufe tätigen.«
»Klar.«
»Hier.« Maleshi bündelte den zerrissenen Saum ihres Kleides, schaute sich hinter dem Gebäude um und fuhr dann ihre glitzernden, zehn Zentimeter langen Nachtpirscherkrallen aus, die bis dahin noch wie menschliche Hände ausgesehen hatten. Mit ihren Krallen schnitt sie zwei breite Streifen aus dem Stoff ab. »Wickle das um deine Hände. Ich kann dir später etwas holen, das bei den ganzen Einstichen hilft. Wie ist das noch mal passiert?«
»Der Panzer hat sich selbst in ein Akupunkturbrett verwandelt.« Cheyenne wickelte ihre blutverschmierten Hände ein und biss die Zähne fest zusammen angesichts des stechenden Schmerzes unter dem Druck.
»Klingt lustig. Wir flicken dich gleich wieder zusammen.«
»Ich habe Schwarzzungensalbe in meinem Rucksack.«
Maleshi blinzelte und schmunzelte leicht. »Hast du sie schon mal benutzt ?«
»Öfter als ich im Moment zählen kann.« Cheyenne band die provisorischen Verbände ab und wischte sich mit dem Handrücken die Stirn ab, so gut es ging. »Und ja, ich ziehe diese kurzzeitigen Qualen dem Herumlaufen mit halb verheilten Wunden vor. Ich brauche meine Hände.«
»Weißt du, ich habe mich immer gefragt, ob diese masochistische Ader einfach dazugehört, ein Drow zu sein. In dieser Hinsicht passt du auf jeden Fall auf die Beschreibung.«
»Das ist kein Masochismus.« Cheyenne seufzte, als sie zwischen den Gebäuden hindurchgingen und auf die Eingangstür des Gebäudes für Computerwissenschaften zusteuerten. »Es ist Pragmatismus. No pain, no gain, stimmt’s?«
»Ich verstehe das Sprichwort, Mädchen. Nur nicht die Tatsache, dass die Schwarzzunge deine erste Wahl ist.« Maleshi hielt Cheyenne die Tür auf und folgte ihr hinein.
Drei verängstigte Studenten rannten den Flur entlang auf sie zu und blieben stehen, als sie das zerrissene Kleid von ›Professor Bergmann‹ und Cheyennes blutverschmiertes Gesicht und die eingewickelten Hände sahen. »Oh, mein Gott, geht es Ihnen gut?«
»Alles gut.« Cheyenne nickte und versuchte, an ihnen vorbeizugehen.
»Was ist denn da draußen passiert? Ist jemand verletzt?«
»Nicht, dass wir wüssten.« Maleshi blieb stehen, um die in Panik geratenen Studierenden zu beruhigen, während die Halbdrow den Gang entlanglief. »Es scheint sich jetzt beruhigt zu haben, aber es ist eine gute Idee, überall nachzusehen, wo ihr könnt, um sicherzugehen, dass niemand mehr verletzt ist.«
»Ja. Auf jeden Fall.«
»Das können wir tun.«
»Gut.« Die Nachtpirscherin nickte. »Ich glaube nicht, dass Gebäude beschädigt wurden, aber sagt den Leuten, dass sie vorsichtshalber rausgehen sollen.«
»Okay. Danke.«
Sie sah ihnen nickend hinterher, als sie den verzweigten Korridor hinuntereilten. Dann fragte sie Cheyenne: »Wo willst du hin?«
»Ein ganzer Kurs versteckt sich gerade unter ihren Tischen«, antwortete die Halbdrow, ohne sich umzudrehen. »Ich dachte, ich sollte ihnen sagen, dass es Zeit ist, rauszukommen.«
»In zehn Minuten bist du wieder draußen, ja?«
Cheyenne hob die Hand und winkte der Nachtpirscherin zu, bevor sie am Ende des Flurs um die Ecke zu dem Raum bog, in dem ihr Kurs für fortgeschrittene Programmierung stattfand. Als sie die Tür erreichte, blieb sie stehen und stellte fest, dass der Flur mit Putzbrocken übersät war. Die Tür war zur Hälfte aus dem Rahmen gefallen und ihre schwarzen Vans knirschten über die Trümmer, als sie den Raum betrat.
»Heilige Scheiße. Was ist mit Ihnen passiert?«
Die Halbdrow schaute sich im Raum um, wo ihre Studierenden halb unter den langen Tischreihen kauerten oder am Ende der Reihen standen, wo sie sich vor dem ›Erdbeben‹ geschützt hatten.
»Bin auf Glasscherben gefallen.« Cheyenne hob ihre bandagierten Hände. »Aber es ist alles in Ordnung. Sieht viel schlimmer aus, als es ist.«
»Tut es weh?«
Der Freund des neugierigen Jungen stieß ihm mit dem Ellbogen in die Schulter. »Bro, sei nicht dumm. Natürlich tut es weh.«
»Was ist da draußen passiert?«
»Ich dachte, ich hätte draußen eine Explosion gehört.«
»Ist sonst noch jemand verletzt?«
»Was sollen wir tun?«
»In Ordnung. Langsam.« Cheyenne erreichte ihren Schreibtisch und drehte sich zu den beiden um. »Ich weiß, dass alle aufgeregt sind. Das Erdbeben ist vorbei. Im Moment sieht es so aus, als wären alle in Sicherheit, aber wir müssen die Gebäude evakuieren und uns an einen sichereren Ort begeben.«
»Ist es hier nicht sicher?«
»Das habe ich nicht gesagt. Das ist nur für den Fall.« Die Halbdrow blinzelte langsam und lehnte sich gegen das Ende des Schreibtisches. Mega Energieabzug. Wie zum Teufel konnte sie das eine Million Mal machen?
»Hey, Sie sehen aus, als würden Sie gleich ohnmächtig werden.« Das Mädchen mit dem halb rasierten Kopf rutschte von ihrem Sitz weg und ging zwei Schritte auf ihre Professorin zu, bevor Cheyenne eine Hand hob, um sie aufzuhalten.
»Ich bin nur müde. Mir geht’s gut. Seht ihr das alle?« Sie deutete auf sich selbst und nickte. »Ruhig. Besonnen. Keine Panik. Nehmt eure Sachen und geht auf die andere Seite des Geländes oder geht in die andere Richtung vom Gelände. Es gab eine Art Bodenschaden direkt vor diesem Gebäude, also wenn irgendetwas nicht sicher ist , dann ist es wahrscheinlich genau hier. Geht .«
Ihre Studierenden stürmten los, schwangen ihre Rucksäcke und Umhängetaschen über die Schultern und strömten zur Tür. »Sie kommen doch mit, oder?«
»Ja, ja. Ich bin gleich hinter euch, sobald ich meine Sachen geholt habe. Hey, wenn ihr noch jemanden drinnen herumlaufen seht, sagt ihnen, sie soll auch rausgehen. Gebäude können nach so etwas zusammenbrechen.« Cheyenne tat so, als würde sie ihren Rucksack packen, während sich der Raum schnell leerte. Als die Schritte der Studierenden auf dem Flur zum Eingang des Gebäudes verklungen waren, ließ sie sich auf ihren Stuhl fallen und holte das braune Glas mit der Schwarzzungensalbe hervor. »Wir beide lernen uns ja langsam kennen, nicht wahr?«
Mehr als einmal verrutschte der Deckel unter den Tüchern, die ihre Hände umgaben, aber schließlich bekam sie das Glas auf und wickelte die Bandagen schnell ab. Sie betrachtete die dicke, klebrige, weiße Salbe darin und biss die Zähne zusammen. Das wird scheiße, egal wie ich es mache . Ich muss es einfach schnell hinter mich bringen.
Kaum hatte Cheyenne drei Finger in das Glas getaucht, um eine riesige Ladung herauszuschaufeln, machte sich die Schwarzzunge an die Arbeit, um die kleinen Einstichwunden in ihren Fingern zu behandeln. Knurrend zog sie den zähen Schleim heraus und schmierte ihn auf ihre andere Handfläche, bevor sie das Zeug schnell zwischen ihren Händen verrieb, als wäre es eine Handcreme.
Sie fluchte, als die Schwarzzunge schmerzhaft auf ihre Wunden einwirkte. Cheyenne verteilte das Zeug so gut sie konnte, beugte sich vor und versuchte, angesichts des Schmerzes in ihren Händen nicht aufzuschreien. Sonst denkt jemand, ich bin unter etwas eingeklemmt.
Als sie es nicht mehr aushielt, ihre Hände zu berühren, ließ sie sie auf ihren Schoß fallen, stützte die Unterarme auf die Oberschenkel und schloss die Augen, um zu warten, bis die brennende Hitze der sofortigen Heilung nachließ. Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln und sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie mit zusammengebissenen Zähnen atmete, bis sie den Mund öffnen musste, um richtig Luft zu holen.
»Heilige Scheiße«, zischte Cheyenne durch ihre Zähne und ihre Arme schmerzten von der Anspannung, die sie durch den Schmerz erlitten hatte. Dann hörte die Qual plötzlich wieder auf.
Sie öffnete die Augen und wischte sich die Hände mit den Lappen ab, sodass man die perfekt verheilte Haut ihrer Handflächen darunter sehen konnte. Das ist scheiße, aber es funktioniert.
Sie gab sich noch einen Moment Zeit, um sich von der Erschöpfung und dem plötzlich verschwundenen Schmerz in ihren Händen zu erholen, dann schloss sie das Salbentöpfchen und steckte es zusammen mit den blutigen Fetzen von Maleshis Kleid in ihren Rucksack. Als sie aufstand und ihn sich über die Schultern warf, ging ein ächzender Schauer durch die Wand des Raumes hinter ihr. Ein dünner Staub- und Gipsregen prasselte auf die langen Tischreihen im Raum nieder und Cheyenne ging schnell zur Tür. Das Erdbeben ist eine Lüge, aber der Schaden offenbar nicht. Es wird Zeit, hier zu verschwinden.
Auf dem Weg zu Maleshi hinter dem Gebäude begegnete sie nur zwei anderen Menschen in den Fluren. Die eine war eine Dozentin, die mit einer Aktentasche in der einen Hand und einem eilig zusammengepackten Laptop und einem Stapel dünner Aktenordner vor der Brust aus einem Büro stürmte. Der andere war ein verängstigt aussehender Studienanfänger, der mit offenem Hosenstall aus dem Bad taumelte und schockiert auf den leeren Flur blickte.
Ja, das wäre der schlimmste Ort, um ein Erdbeben zu erleben. Cheyenne hätte fast gelacht, aber sie konnte sich zusammenreißen. »Alles okay bei dir?«
»Ich weiß es nicht.« Der Junge sah sie mit großen Augen an und schaute dann auf seine durchnässte Hose und die tropfenden Schuhe hinunter. »Ich bin hingefallen und glaube, ich habe da drin etwas kaputt gemacht.«
»Im Badezimmer?« Cheyenne nickte und presste die Lippen zusammen, um bei dem Geruch nicht die Nasenflügel aufzublähen. D ieser Typ ist ins Pissoir gefallen. »Das wird schon. Vielleicht gehst du nach Hause und ziehst dir was anderes an, hm? Oder sieh zumindest zu, dass du aus dem Gebäude und von diesem Bereich des Campus wegkommst, nur für den Fall.«
»Ja.« Der schockierte Junge drehte sich steif um, die Arme an den Seiten ausgebreitet, während er den Flur hinunterwatschelte und nasse Fußspuren hinterließ.
Sie gab ihm zwei Minuten Vorsprung, um ihn nicht noch mehr zu demütigen und hoffte, dass er schon zur Gebäudetür hinaus war, als sie sie erreichte. Das war er. Cheyenne sah ihn nirgends, als sie wieder um die Vorderseite des Gebäudes der Computerwissenschaften herumging.
Sie blickte auf den verschlossenen Riss, unter dem sich wahrscheinlich immer noch ein aufkeimender Portalkamm befand und auf die beiden Erdhügel, die sich um die Baggerlöcher direkt vor dem Riss gebildet hatten. Mann, das sieht wirklich schlimm aus .
Als sie um die Ecke hinter dem Gebäude bog, wurde Cheyenne langsamer und versuchte, nicht über die unsichtbaren Kriegsmaschinen auf dem dünnen Gras zu stolpern. Maleshi stand neben ihrem rollenden Aktenkoffer mit dem Metallgriff in seiner immerwährenden aufrechten Position, und hielt ihr Handy in der Hand. »Sogar eine Minute zu früh hier. Sieh mal einer an.«
»Das waren sowieso keine festen zehn Minuten.«
»Woher willst du das wissen? Aber ich bin froh, dass du nicht versucht hast, eine Art Drow-Abkürzung zu nehmen, weil du dachtest, du könntest alle unsere Probleme allein lösen.«
»Was?« Cheyenne verschränkte ihre Arme.
»Nur, dass du keine Zeit verschwendet hast. Das ist alles.«
»Ja, das hast du nicht gemeint. Fahren Sie fort, Generalin.« Maleshi schnaubte, als ihre ehemalige Studentin den früheren Titel der Nachtpirscherin benutzte, aber Cheyenne hob nur eine Augenbraue. »Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es besser gleich, damit du es loswirst.«
Maleshi schaute sich schnell um und trat näher heran. »Ich verstehe, dass die Spannungen hoch sind und du nicht mit jeder Entscheidung von uns einverstanden bist, die wir für dich in diesem Kampf treffen.«
»Mit mir.«
»Genau. Ja.« Die Nachtpirscherin senkte ihren Kopf und hob entschuldigend beide Hände. »Mit dir. Allerdings bin ich kein großer Fan davon, dass du und die Fae auf eigene Faust losziehen, um jemanden wegen lächerlich sensibler Informationen zu verhören, deren Echtheit ihr nicht einmal beweisen konntet. Ohne den Rest von uns zu informieren.«
»Darüber bist du sauer?« Cheyenne lachte und schüttelte den Kopf. »Ich muss nicht um Erlaubnis bitten, wenn ich weiß, dass ich etwas tun muss. Das werde ich auch nicht tun.«
»Es geht nicht darum, dass du nach Erlaubnis fragen sollst, Cheyenne.« Die Generalin wandte sich wieder ihrem Handy zu und rief die gewünschte Nummer auf. »Jeder, der glaubt, er könne dich kontrollieren, indem er dir die Erlaubnis gibt oder verweigert, ist ein Vollidiot.«
Wie d ie FRoE .
»Ich meine nur, dass du uns sagen sollst, was passiert, bevor es passiert und nicht danach. Du weißt nicht, ob wir nicht vielleicht ein Werkzeug, eine Taktik oder eine Information haben, die dir helfen könnte, das zu tun, was du vorhast. Nein, ich spreche nicht von den Taktiken, von denen du bereits deutlich gemacht hast, dass du sie nicht gutheißt.« Maleshi wartete, bis Cheyenne endlich den Kopf drehte und der Nachtpirscherin in die grünen, menschlich aussehenden Augen sah. »Wir stecken da zusammen drin – wir alle. Ich kann dir jetzt schon sagen, dass L’zar schon genügend Mist gebaut hat, indem er hinging, wo er wollte und den Rest von uns die Scherben aufsammeln ließ, weil er sich nie die Mühe gemacht hat, einen Plan zu entwerfen. Sei es nur, um zu sagen: ›Hey, das passiert gerade. Ich muss los.‹«
Die Halbdrow kaute auf der Innenseite ihrer Unterlippe. »Er hat also das Lagerhaus verlassen und uns alle in Gefahr gebracht.«
»Nein, Mädchen. Ich spreche von der gesamten Existenz dieses Drows, von seiner Geburt bis zu seinem Versteck in diesem Lagerhaus. Wir wollen dir helfen. Das ist aber schwer, wenn wir nicht wissen, was los ist.«
»Ja, okay. Ich hab’s verstanden.«
»Mmhmm.«
»Im Ernst. Ich rufe an, wenn ich das nächste Mal Firmenchefs verfolge, um sie einzuschüchtern, damit sie die Namen ihrer O’gúl-treuen Kunden preisgeben. Ich hab’s klar und deutlich verstanden.«
Maleshi seufzte, schüttelte den Kopf und strich sich ihr langes, gewelltes, schwarzes Haar aus dem Gesicht. »Wenigstens weiß ich, dass du mit dem konkreten Fall vertraut bist. Jetzt kommt der Teil, in dem wir alle, die wir kennen, anrufen, um das Chaos aufzuräumen, das keiner von uns angerichtet hat.« Die Nachtpirscherin trat mit ihrem braunen Wildlederstiefel gegen nichts als Luft, nur dass er gegen die unsichtbare Hülle eines der Kampfpanzer prallte. »Ich kümmere mich um Corian und du rufst deine Lieblingsorganisation an.«
»Was?« Cheyenne hielt inne und zog ihr Handy halb aus der Tasche. Ihr Trenchcoat raschelte an ihrem Rücken und ihren Hüften, als sie ihr Handy fester umklammerte und sich zu dem zerstörten Streifen des VCU-Campus hinter der Fassade des Gebäudes drehte. »Warum zum Teufel sollte ich sie deswegen anrufen?«
»Aus demselben Grund, aus dem du sie wegen des neuen Portals bei deiner Mutter hinzugezogen hast. Wenn jemand die Kunst beherrscht, diese Grenzportale einzudämmen und vor den Menschen verborgen zu halten, dann ist es die FRoE.«
»Ja und alle anderen Grenzportale befinden sich weit außerhalb von bewohnten Gebieten, sodass kein Mensch sie sehen kann .«
»Das hier werden sie auch nicht sehen.« Maleshi deutete in Richtung des vernarbten Grases. »Das haben wir dir zu verdanken. Und ein bisschen Nachtpirschermagie natürlich.«
»Offensichtlich.« Cheyenne rief die Nummer von Sir auf ihrem Handy auf und sah sie an. Auf keinen Fall werde ich Rhynehart von Mom wegholen, um hierher zu kommen. Das wird noch viel schlimmer als beim letzten Mal. Ihr Finger schwebte über der Anruftaste, dann sah sie Maleshi grinsend an. »Hey, gut, dass wir beide gekommen sind und so getan haben, als würden wir heute unterrichten.«
»Ha. Aber wir halten doch tatsächlich Vorlesungen. Wir sind nur zufällig mehr als das.« Die Generalin hielt inne und warf Cheyenne einen Seitenblick zu. »Du tust aber nicht nur so, als würdest du unterrichten, oder?«
»Was? Nein, natürlich nicht. Das habe ich nur so gesagt.«
»Aha.« Maleshi rief Corian an und Cheyenne stellte widerwillig ihren Anruf an Major Sir Carson durch.
Ich hätte heute ohnehin keine Zeit gehabt, die Aufgaben zu benoten.