KAPITEL 14

Ein Mann allein

AN DEM STEUERKREUZ SELBST fehlten drei Stäbe, und zwar genau bei den Ziffern eins, drei und fünf. Wir kannten zwar nicht die richtige Reihenfolge, aber schon Sir Londons erster Versuch (er versuchte es mit der Reihenfolge eins, fünf und drei) war erfolgreich. Nachdem er das Steuerrad immer so gedreht hatte, dass eine der Ziffern ganz oben stand, hallte ein lauter dumpfer Schlag durch die leere Kirche. Es hörte sich an, als hätte man ein großes Marmeladenglas mit Unterdruck geöffnet.

„Was war das?“, fragte ich.

„Auf jeden Fall ein gutes Zeichen. Wir sind auf der richtigen Spur“, murmelte Sir London.

Vom Rand des Steuerdecks hatten wir einen guten Überblick. Angestrengt suchten wir nach der Quelle des Geräuschs.

„Da!“, rief Lilli und zeigte in die Mitte der Kirche. Eine ordentliche Portion Staub wirbelte heftig durch einen breiten Lichtstrahl. „Irgendwas hat sich da bewegt!“

„Schnell hin!“, rief Marvin.

Voller Aufregung flitzten wir los. Das war der große Moment. Wir hatten wirklich etwas entdeckt! Vielleicht war es der Schatz …

„Fasst bloß nichts an!“, rief Sir London, der nicht Schritt halten konnte.

Es war wie erhofft: Eine Geheimtür! Eine etwa einen Meter lange wie breite steinerne Bodenplatte war aus ihrer Verriegelung gesprungen. Allerdings nur wenige Zentimeter, so dass der Zugang, den sie verschlossen hatte, weiterhin für uns blockiert war. Die Platte sah schwer aus. Auf ihrer Oberfläche war eine Bemalung zu erkennen, die sich auf den angrenzenden Bodenplatten weiter fortsetzte. Diese Technik wurde häufig dazu benutzt, um eine Geheimtür optisch mit ihrem Umfeld verschmelzen zu lassen.

Als Sir London bei uns eintraf, lächelte er und warf gleichzeitig die Stirn in Falten: „Eine Bodenplatte als Tür. Vermutlich mit Scharnieren auf der einen Seite. Die sieht schwer aus. Versuchen wir, sie anzuheben!“

Wir positionierten uns so um den Stein herum, dass jeder einen Teil greifen konnte. Selbst Sir London packte mit an.

„Achtung, auf drei! Eins, zwei, drei!“, rief er, und dann zerrten wir mit vereinten Kräften.

Die Platte bewegte sich nicht einen Millimeter. Erschöpft ließen wir uns auf den Boden sinken und starrten die störrische Geheimtür an.

„Was jetzt?“, fragte Marvin.

Sir London untersuchte den kleinen Spalt, der sich geöffnet hatte: „Die Platte scheint richtig massiv zu sein. Selbst mit einem Stemmeisen werden hier nichts ausrichten können. Überaus seltsam.“

„Seltsam?“, fragte ich. „Warum seltsam?“

„Sicher hatte Lotterlulu nicht viele in das Wissen um den Schatz eingeweiht. Ich hätte erwartet, dass er hier einen Mechanismus installiert, der es ihm ermöglicht, auch ohne fremde Hilfe in sein Versteck zu gelangen. Aber diese Vorrichtung kann kein Mensch alleine öffnen. Man kann die Platte noch nicht mal richtig greifen. Es bräuchte etwas, an dem man sie hochziehen kann.“

„So was wie einen Griff?“, meinte Lilli und betrachtete die Malerei auf dem Stein.

Sofort sah ich, was sie meinte. Auf die Oberfläche war ein großer gusseiserner Ring gemalt.

„Was, wenn das nicht bloß eine Zeichnung ist?“, murmelte ich aufgeregt.

Lilli sprang auf, packte sich einen Stuhl und schlug augenblicklich mit dem Stuhlbein auf die Zeichnung ein! Bereits nach dem ersten Hieb splitterte der Stein und in dem gezeichneten Ring wurde ein kleines Loch sichtbar.

„Unglaublich“, stammelte London, „da ist ein echter Ring unter dem gezeichneten.“

Nach wenigen Minuten war der massive Griff freigelegt. Doch auch mit dessen Hilfe konnten wir die Platte nicht weiter anheben.

„Wir brauchen etwas richtig Schweres, dass wir an den Ring binden können. Etwas, das die Platte hochziehen kann“, meinte ich und sah mich um.

Sir London stimmte mir zu: „Lotterlulu hat bestimmt eine Möglichkeit in die Kirche eingebaut, mit deren Hilfe er diese Platte auch alleine hätte öffnen können. Seht euch um, was kann das sein?“

 

Wie konnte man die Bodenplatte auch allein öffnen?

Brauchst du einen Tipp?