4. Der Elfahder
Volcayr war in sein Fahrzeug zurückgekehrt, und eine unsichtbare Kraft hatte mich ebenfalls hineingehoben. Allerdings war meine Beobachtungsmöglichkeit nun etwas eingeschränkt. Ich befand mich nicht mehr in der Zentrale, sondern in einem kleinen Nebenraum. Volcayr hockte zwar nur wenige Meter vor mir, ich sah ihn aber nur durch eine schmale Öffnung.
Antigravfelder ließen den Igelpanzer schweben. Der Elfahder steuerte auf eine düstere Öffnung in halber Höhe der Halle zu. Sekunden später war Dunkelheit um uns. Volcayr stimmte einen monotonen Singsang an. Auf mich wirkte das so, als berausche er sich an dem Geschehen.
Kurz darauf wurde es wieder hell. Ich sah einen kreisrunden, gut 100 Meter durchmessenden Stollen, der schräg aufwärtsführte. Aus der Höhe erklangen berstende Geräusche. Zweifellos stammten sie von Maschinen, die durch die Planetenkruste brachen, um den Kampfrobotern den Weg zu bahnen.
Meine Vermutung wurde wenig später bestätigt. Massige, mit schweren Waffen bestückte Plattformen und ein Heer kugelförmiger Roboter zogen vorbei. Die Maschinen nahmen keine Notiz von Volcayr und dem Igelpanzer.
»Alles verläuft so, wie es der Krieger geplant hat«, jubelte der Elfahder. »Eile ist jedoch geboten, denn das Kriegsbewusstsein geht einen falschen Weg.«
Ich stellte ihm einige Fragen, erhielt aber keine Antwort. Deshalb war ich auf Spekulationen angewiesen. Die Organismus-Gesellschaft auf Eremit hatte ich wenigstens so weit kennengelernt, dass ich mir ein hinreichend plausibles Bild machen konnte. Die Cloreonen wurden von einer Bewusstseinstrinität geführt, den drei besonders intelligenten Gehirnzellen Ge Droonenen, Ge Hardinin und Ge Vullnenen. Erst vor einigen Tagen war das Kriegsbewusstsein entstanden, das die Antikörper unter seine Kontrolle gebracht hatte und wohl im Begriff stand, die Macht an sich zu reißen. Kein Zweifel, das Kriegsbewusstsein würde die Antikörper-Typen rücksichtslos in
die Letzte Schlacht führen. Dem Elfahder schien diese Entwicklung indes nicht zu behagen. Ich sah das als widersprüchlich, schließlich arbeitete Volcayr zielstrebig auf die Schlacht hin.
Der Igelpanzer drang in einen Seitenstollen ein, der nach einer Biegung steil aufwärtsführte.
»Die Flotte der Kolonial-Cloreonen ist vollzählig zur Stelle«, sang Volcayr.
Ich schwieg und versuchte, mir ein Bild von den Vorgängen zu machen. Da war zum einen der Pulk der Virenschiffe um meine EXPLORER, in dem offenbar alle Beteiligten die Kampfflotte des Kriegers Kalmer sahen. Als zweiter Faktor existierten die rücksichtslosen Antikörper-Typen der cloreonischen Gesellschaft. Unter dem Kommando des Kriegsbewusstseins stellten sie die Hauptmacht der Ur-Cloreonen dar.
Mit den Kolonial-Cloreonen, über die ich nichts im Detail wusste, war ein dritter Machtfaktor ins Spiel gekommen. Volcayr sang etwas von 3000 Kampfraumschiffen. Was das bedeutete, war mir klar: Die Virenschiffe gerieten zwischen zwei Fronten, denn mittlerweile war der von innen her undurchdringliche Quarantäneschirm um den Planeten erloschen.
Ein vierter Faktor war das Roboterheer, das an die Oberfläche drängte. Seine Kampfkraft konnte ich ebenso schwer einschätzen wie die Stärke der Kolonial-Cloreonen. Dabei ging ich davon aus, dass die Maschinen automatisch Gegner aller Cloreonen waren, die sich in der Letzten Schlacht gegen die Kräfte des Kriegers Kalmer zu bewähren hatten.
Wenn ich eins und eins zusammenzählte, kam ein verblüffendes Ergebnis heraus. Wie es aussah, waren meine Vironauten ohne eigenes Zutun zu Verbündeten des Roboterheers geworden.
Mein Unbehagen wuchs weiter. Selbstverständlich dachte keiner an Bord der Virenschiffe daran, sich in Kampfhandlungen verwickeln zu lassen. Die Frage war wohl eher, wie die Schiffe selbst auf einen Angriff reagieren würden.
»Das Kriegsbewusstsein ist übergeschnappt!«, sang der Elfahder.
Der Igelpanzer erreichte die Oberfläche. Vor uns erstreckte sich ein weites Tal. Wo genau wir uns befanden, blieb mir verborgen. Der Panzer stand auf einer mit Gebüschen überwucherten Anhöhe. Die
aggressive Flora wandte sich dem Fahrzeug zu. Ich bemerkte sich gierig neigende Blüten in grellen Farben, aus deren Kelchen Säure oder irgendwelche Gifte verspritzten.
Volcayr kümmerte das wenig. Ich achtete ebenfalls nur im ersten Moment darauf, denn weit im Umkreis wimmelte es von bis an die Zähne bewaffneten Antikörper-Typen. Die verborgenen Arsenale mussten sich ihnen zur Gänze geöffnet haben.
Volcayrs Fahrzeug blieb unbemerkt. Offenbar verfügte der Panzer über eine gute Tarnung.
Die unsichtbare Kraft fasste wieder nach mir. Diesmal trug sie mich aus dem engen Nebenraum in die Zentrale und setzte mich neben dem Elfahder ab.
»Siehst du die Kuppe, um die sich die Antikörper scharen?«, fragte er und deutete ins Tal hinaus.
»Ich sehe sie. Hat das eine besondere Bedeutung?«
»Bedeutung?« Volcayr schien mich nicht zu verstehen. »Dort ist der Ausgang für unser Roboterheer. Die Kampfmaschinen werden gleich erscheinen.«
»Das gibt ein sinnloses Gemetzel!« Ich legte meinen ganzen Widerwillen in die Betonung. »Wenn du etwas Vernünftiges tun willst, dann verhindere diesen Wahnsinn!«
Er reagierte nicht darauf. Seine Aufmerksamkeit galt nur dem Tal, in dem plötzlich Dunst aufwölkte.
»Sie kommen.« Volcayr klang irgendwie zufrieden. »Das Kriegsbewusstsein handelt in seinem Übereifer falsch, es verwechselt den Aufmarsch mit der Schlacht.«
Die Antikörper-Cloreonen rannten nach allen Seiten auseinander. Viele benutzten Flugaggregate und nahmen dabei andere mit, die nicht über diese Möglichkeit verfügten. Nach wenigen Augenblicken war der Bereich, in dem sich der Untergrund brodelnd veränderte, wie leer gefegt.
Auch das wollte mir nicht in den Sinn. Den Robotern mit ihren schweren Desintegratoren hätte es ein Leichtes sein müssen, den Durchbruch überraschend zu schaffen und so viele Gegner auszuschalten.
Die Antikörper postierten sich am Rand des über 100 Meter durchmessenden Aufbruchs. Gleichzeitig schwebten die ersten
Kampfmaschinen aus der Tiefe herauf. Sie schoben vier hausgroße Aggregatblöcke vor sich her. Kaum eröffneten die Cloreonen das Feuer, hüllten sich die Blöcke in schimmernde Energieschirme. Sekunden später wimmelte es von Robotern. Trotz ihrer Bewaffnung reagierten die Kampfmaschinen nicht auf die Angreifer. Vielmehr bemühten sie sich, die vier Blöcke in gleichen Abständen an den Seiten des Durchbruchs zu positionieren. Antikörper, die das zu verhindern versuchten, wurden von Defensivschirmen abgedrängt.
Ich brauchte eine Weile, bis ich verstand, dass Volcayr einem blutigen Kampf wohl aus dem Weg gehen wollte. Der Elfahder, und nur er allein konnte für das Verhalten der Roboter verantwortlich sein, hockte stumm neben mir. Er schien das Geschehen gespannt zu verfolgen. Ob und wie er jedoch Anweisungen gab oder Meldungen empfing, blieb mir verborgen.
Die vier Aggregatblöcke waren verankert. Ihre Energieschirme dehnten sich aus und schoben dabei die Antikörper-Cloreonen sanft, aber unnachgiebig von der Grube zurück. Augenblicke danach verschmolzen die Energiefelder miteinander und schirmten den Durchbruch ab. Aus der Tiefe quollen nun die eigentlichen Heerscharen hervor und füllten den immer weiter anwachsenden geschützten Bereich aus.
Ich atmete auf, denn meine schlimmsten Vorahnungen traten nicht ein. Das befürchtete Gemetzel blieb aus. War der Elfahder doch nicht so kampfwütig, wie er sich bislang gegeben hatte?
»Eine gute Lösung für die Letzte Schlacht«, sagte ich anerkennend. »Als Träger der Faust des Kriegers lehne ich jedes sinnlose Töten ab.«
»Was hier geschieht, hat mit der Letzten Schlacht nur am Rand zu tun«, sang Volcayr. »Der Zeitpunkt wird kommen, an dem du das verstehst. Ich denke, du hast einen gewissen Nachholbedarf.«
»Und nun?«, drängte ich.
Ich bekam wieder einmal keine Antwort, aber der Igelpanzer beschleunigte jäh. Offenbar bewegten wir uns mit extremer Geschwindigkeit, denn für eine Weile konnte ich von der Umgebung so gut wie nichts erkennen. Ich versuchte, mithilfe des SERUNS Kontakt zu Stronker Keen oder anderen Vironauten zu bekommen – leider vergeblich.
Minuten später stoppte der Panzer. Volcayr stieß ein schauerliches Lachen aus, das schnell in seinen Singsang überging. »Beim Ehrenkodex des Ewigen Kriegers Kalmer, damit habe ich nicht gerechnet«, freute er sich. »Das wird ein Spaß!«
»Spaß?«, fragte ich wütend. »Mir scheint, du treibst ein übles Spiel mit allen, die sich zwangsweise versammelt haben.«
Wieder lachte er.
»Du hättest die Admirale der Kolonialflotten hören sollen! Nun wünsche sogar ich, dass der Krieger Kalmer persönlich kommt, um die Letzte Schlacht zu verfolgen.«
Er erweiterte den Ausblick aus dem Igelpanzer. Ich sah etwa ein Dutzend Raumschiffe, 200 Meter durchmessende Halbkugeln, die mit der Kreisfläche voran zur Landung ansetzten. Diese Schiffe wurden von mindestens 100 zigarrenförmigen Beibooten begleitet.
»Das sind die Vorkommandos der Kolonialflotte«, erklärte der Elfahder.
Auf gewisse Weise hatte ich ein Puzzle vor mir, von dem ich nicht einmal wusste, wie es zusammengefügt aussehen sollte. Ich kannte nur den Titel: Die Letzte Schlacht.
Im Sturm meiner widerstreitenden Gefühle winkelte ich den linken Arm an und zeigte Stalkers Permit. »Ich berufe mich auf den Kodex des Kriegers!«, sagte ich scharf.
Ich erwartete nicht, dass Volcayr sofort reagieren würde. Er hatte seine Sturheit schon zur Genüge bewiesen. Umso überraschter war ich, als der Elfahder sich mir hastig zuwandte. »Was verlangst du?« Sein Singsang klang nicht einmal unfreundlich.
»Ich will zurück zu meinen Leuten und unseren Raumschiffen! Es entspricht nicht meinem Status, nur durch die Gegend zu fahren und die Vorbereitungen für eine sinnlose Schlacht zu verfolgen.«
Volcayr sang ein kurzes: »Ja, gern!« Meine Verblüffung war vollkommen, als er fortfuhr: »Tu, was du tun musst, und leg deine Feuertaufe ab!«
Die unsichtbare Kraft griff wieder nach mir und setzte mich auf dem Planetenboden ab. Das Fahrzeug raste los, eine lange Staubfahne hinter sich her ziehend.
Schon Sekunden später verschwand der Igelpanzer aus meinem Blickfeld. Dafür landeten in meiner unmittelbaren Nähe die
Raumschiffe und Beiboote der Kolonial-Cloreonen.
»Was ist das für ein übles Katz-und-Maus-Spiel?«, zischte ich wütend. »Aber es wird sich schon noch zeigen, wer die Katze ist und wer die Maus ...«
Die Gestalten aus den Beibooten näherten sich mir mit schussbereiten Waffen. Ich sah sofort, dass es sich um Cloreonen der ursprünglichen Form handelte. Sie waren hominid mit stämmigem Rumpf und je einem kurzen und kräftigen Arm- und Beinpaar. Der halslos auf den Schultern aufsitzende Kopf wurde von einem Ring aus 36 Augen umlaufen, die tief in knochigen Höhlen saßen und jedem Auge nur einen schmalen Blickwinkel erlaubten. Dennoch hatten die Cloreonen eine permanente Rundumsicht. Wie ihre Gehirne aus den einzelnen Wahrnehmungen ein Panoramabild zusammensetzten, war sicher des Erforschens wert.
Ich schob diese Überlegung beiseite, denn die Kolonisten waren mir zahlenmäßig weit überlegen. Ganz zu schweigen von den Geschützen ihrer gelandeten Kampfraumschiffe.
Da Volcayr mit seinem Igelpanzer verschwunden war, nahm ich an, dass eine Funkverbindung zu den Vironauten wieder möglich war. Ich setzte meinen Ruf auf mehreren Frequenzen ab.
»Ja, ja«, erklang sofort der Singsang des Elfahders im Helmempfang. »Kümmere dich um deine Kämpfer, während meine Roboter die chaotischen Cloreonen in Schach halten.«
Von seinen Kampfmaschinen aus der subplanetaren Anlage war weit und breit nichts zu sehen. Ich folgerte daraus, dass Volcayr die auf mich zukommenden Kolonisten nicht als »chaotische Cloreonen« ansah. Demnach gab es wohl einen grundlegenderen Unterschied zwischen den Typen der Organismus-Gesellschaft und den Kolonial-Cloreonen als ihr Aussehen.
»Bully!«, meldete sich eine aufgeregt klingende Frauenstimme. »Mirandola Cainz spricht. Stronker Keen, wir und die anderen Vironauten aus den dreißig Schiffen, die auf Eremit gelandet waren, haben uns abgesetzt. Wir schließen uns wieder dem Gesamtpulk an. Colophon und ich unterstützen Stronker, damit alles seinen richtigen Weg geht. Wir kümmern uns später um dich, denn vorerst besteht für dich keine Gefahr. Die Antikörper befinden sich nicht in der
Region, aus der deine Signale kommen.«
»Darf ich auch etwas sagen?«, unterbrach ich die Frau schroff. »Während ihr da oben abhaut, bricht hier gleich die Hölle aus. Der Elfahder hat mich ...«
»Keine Zeit, Bully!« Nun fiel sie mir ins Wort. »Wir hatten Probleme genug, uns gegen die Antikörper durchzuschlagen, aber es ist gelungen.«
»Ich möchte mit Stronker Keen sprechen!«
»Jetzt geht es nicht!« Das klang so, als wollte Mirandola mich regelrecht abwimmeln. Zorn wuchs in mir auf, aber ich konnte nichts unternehmen.
Die Kolonial-Cloreonen waren schon heran. Der Vorderste von ihnen rief etwas, das ich nicht verstand. Dann ließ er seine Waffe fallen und sank auf die Knie. Etliche seiner Begleiter warfen sich herum und rannten zurück zu ihren Raumschiffen und Beibooten. Andere sanken ebenfalls zu Boden und verdeckten ihren Augenring mit den Händen.
Von einer soldatischen Ordnung war nicht mehr festzustellen. Ich ging auf den Cloreonen zu, der ihr Anführer zu sein schien. Er trug jedenfalls eine prächtige purpurfarbene Kampfkombination.
Ich nutzte meine unerwartete Überlegenheit, packte den Mann mit der Linken und zerrte ihn hoch. Mit einem Seufzer schloss der Cloreone die Augen, um ja nicht das zu sehen, was er allem Anschein nach nicht sehen wollte: Die Faust des Kriegers!
Auf die Kolonial-Cloreonen wirkte mein Permit also auch. Stalkers Geschenk veranlasste sie zu einer Unterwürfigkeit, die mir fast Übelkeit verursachte. »Steh auf und sieh mich an!«, herrschte ich den Cloreonen an.
»Lieber nicht, Träger der Faust«, jammerte der Mann. »Bitte warte, bis einer der Admirale kommt, der würdig ist, mit dir zu sprechen.«
Mit einem Ruck riss er sich los und rannte davon. Weitere Cloreonen in meiner Nähe schlossen sich ihm an. Die wenigen, die nicht einmal wagten zu fliehen, hielten eine sichere Distanz zu mir.
Ich nutzte die Pause, um erneut Stronker Keen oder die EXPLORER zu rufen, aber ich bekam keine Verbindung. Womöglich spielte sich bei den Virenschiffen etwas ab, von dem ich nichts
erfahren sollte. Schon Mirandola Cainz' Verhalten hatte meinen Verdacht geweckt. Wie so oft in den letzten Tagen und Stunden fehlte mir der vollständige Überblick; ich sah immer nur Teile des Geschehens, die kein Gesamtbild ergaben.
Eines der zigarrenförmigen Kleinboote schwebte heran. Die Cloreonen hatten den Bugbereich geöffnet. Eine schwarz gekleidete Gestalt stand dort. Die mit Orden geschmückte Uniform verriet mir, dass es sich um einen hochrangigen Anführer handelte.
Das Fahrzeug sank gut 20 Meter vor mir auf den Boden, der Uniformierte stieg aus. Alle noch anwesenden Cloreonen reihten sich zu einem Spalier. Zwischen ihnen hindurch, den Oberkörper merklich gebeugt, kam der Schwarze auf mich zu. Er verneigte sich noch tiefer, als er wenige Schritt vor mir stehen blieb.
»Träger der Faust des Kriegers«, übersetzte mein Translator, »gestattest du, dass ich dich und den Fehdehandschuh ansehe, von dem unsere tapferen Garden berichtet haben?«
»Sieh ruhig her«, antwortete ich. »Und nenn mich bei meinem Namen: Reginald Bull.«
Der Uniformierte blickte langsam auf. »Ich bin Admiral Sparzer«, stellte er sich vor. »Flottenchef der Schwarzen Garden von Vilyandoc, einer der sechs Kolonialwelten, die angetreten sind, die Letzte Schlacht zu Ehren des Ewigen Kriegers Kalmer zu schlagen.«
»Über diese Schlacht wird vorher zu sprechen sein«, entgegnete ich vorsichtig.
»Natürlich, Krieger Bull, wie du es wünschst. Darf ich dir eine Bitte der Admiralität unseres Flottenverbunds vortragen?«
»Sprich, Sparzer!«
»Das Gesamtkommando hat derzeit Admiral Tarcicar der Blauen Garden von Ciclaun«, sagte Sparzer. »Wir wechseln uns im Kommando ab. Admiral Tarcicar wurde informiert, dass wir dich hier getroffen haben. Er hat mich beauftragt, den Träger der Faust auf sein Flaggschiff CICLANT einzuladen. Wir garantieren für deine Sicherheit.«
»Um die mache ich mir weniger Sorgen als ihr«, behauptete ich. Militärs verstanden nun einmal keine andere Sprache, diese Erfahrung hatte ich oft genug gemacht. »Ich möchte allerdings vorher wissen, was mein Besuch auf der CICLANT bezwecken soll.«
»Eine Erklärung abzugeben, gebührt nicht mir. Ich bin nur Übermittler der Einladung Admiral Tarcicars.«
Den Gedanken an eine Falle ignorierte ich. Wenn die Kolonial-Cloreonen mich hätten angreifen wollen, hatten sie ihre beste Chance schon vergeudet.
»Ich begleite dich, Admiral«, erklärte ich.
In dem Moment, in dem sich der Cloreone ehrfürchtig verneigte, wäre es mir nicht einmal verwunderlich erschienen, wenn mir seine Soldaten einen roten Teppich ausgerollt hätten. Schweigend folgte ich ihm in das Beiboot, das uns zum größten der gelandeten Raumschiffe brachte.
Die Ausstattung des zentralen Kommandoraums und das Verhalten der Besatzung verrieten mir schon viel. Als das Schiff dann mit deutlichem Rütteln abhob, hatte ich vollends Klarheit. Die Technik der Kolonial-Cloreonen war etwa mit der terranischen des 21. bis 24. Jahrhunderts vergleichbar.
»Bestehen Bedenken, dass ich mir alle Einrichtungen dieses Raumschiffs näher ansehe?«, fragte ich den Admiral.
Sparzer tat nicht nur erstaunt, er war es. »Betrachte das Schiff als dein Eigentum, und die Besatzung als deine Gefolgschaft«, antwortete er.
Ich ging zu den Ortungsplätzen. Die Fernortung zeichnete ein brauchbares Bild aller Raumschiffe im System. Ich sah unsere Virenschiffe und in gebührender Distanz dazu die 3000 Raumer der Kolonial-Cloreonen, aber nichts deutete darauf hin, dass die Schlacht schon begonnen hatte.
In der Nahortung näherte sich eine Vielzahl für mich nicht identifizierbarer Signale dem Bildmittelpunkt. »Was ist das?«, fragte ich.
»Bemannte Kampfschiffe der Organismus-Gesellschaft von Cloreon«, erklärte Admiral Sparzer, und das klang abfällig. »Antikörper-Züchtungen mit Waffen aus den Geheimarsenalen. Wir brauchen sie nicht zu fürchten.«
»Natürlich nicht«, entgegnete ich. »Cloreone ist Cloreone.«
Sparzer sah mich seltsam an. Die auf mich gerichteten Augen, mindestens zehn, schimmerten plötzlich unruhig. Ich hatte offenbar Fehler begangen, deshalb fasste ich nicht nach. Mein schon eine
Weile keimender Verdacht schien zur Gewissheit zu werden. Volcayrs Verhalten und sein amüsiertes Lachen sowie die Unterwürfigkeit dieser Cloreonen, beides passte in dem rätselhaften Puzzle der Kräfteverhältnisse zusammen.
Den Beweis für meine Vermutung bekam ich kurz darauf. Der Verband der Kolonialschiffe eröffnete das Feuer, kaum dass die Antikörper-Einheiten auf Schussweite heran waren. Dabei gingen die Kolonisten keineswegs zurückhaltend vor. Sie setzten alles ein, was sie aufzubieten hatten. Sparzer gab den Feuerbefehl und sah mich dabei an, als erwartete er Beifall.
Da die Antikörper zahlenmäßig ebenso wie in der Schiffsgröße deutlich unterlegen waren, konnten sie ihre überlegene Technik kaum ausspielen. Ihre ersten Einheiten, von schweren Salven getroffen, drehten ab.
»Das genügt«, wandte ich mich an den Admiral. »Sie geben den Versuch auf, mir zu schaden.«
»Wir vernichten sie!«, beharrte der Cloreone.
»Nein, Admiral!«, herrschte ich ihn an. Die Ortung zeigte mir deutlich, wie überflüssig jeder weitere Schuss war.
»Wie du befiehlst, Träger der Faust.« Sparzer beugte sich.
Kurze Zeit später dockte das Schiff an der CICLANT an. Der Admiral bat mich, ihm zu folgen.