Clara hätte ihre Eltern in der Sache mit Schwabinger gern um Rat gefragt. Aber Antonia war am Morgen des Karsamstags schon früh unterwegs – offenbar schon wieder mit diesem Sauerbruch. Und auch Melchior wollte allem Anschein nach ausgehen. Als Clara an die Schlafzimmertür ihrer Eltern klopfte, glättete er gerade sein Haar und band die Krawatte um. Den Spiegel, vor dem er stand, besaß er, seit sie denken konnte: auf einem Mahagoniständer waghalsig zwischen den kleinen Kamin und die Art-déco-Kommode mit der Nymphenlampe gequetscht. Schon als Kind hatte Clara die Leuchte fasziniert, eine schwarzhaarige, nackte Nymphe mit einem Pfau als Lampenfuß. Aber er hatte er ihr nie erlaubt, damit zu spielen. So hatte sie sie auf dem Teppich sitzend sehnsüchtig betrachtet, während ihm die Mutter die Krawatte richtete. Er ließ das gerne sie machen, weil er es mochte, ihr dabei zuzusehen. Es war sonderbar, ihn heute gedankenlos den Knoten selbst winden zu sehen.

«Später, Kleines», sagte Melchior und klappte den Hemdkragen herunter. «Ich bin zum Mittagessen zurück.» Er warf einen letzten Blick in den Spiegel, küsste seine Tochter im Vorbeigehen aufs Haar und verschwand.

Stirnrunzelnd sah Clara ihm nach. Dass er ihren geschäftlichen Anliegen gegenüber noch immer misstrauisch war, überraschte sie nicht. Aber so kurz fertigte er sie gewöhnlich selbst mit ihrem Malzbier nicht ab. In den letzten Jahren hatte

Als sie sich ein paar Sekunden später auf die Straße drückte, dachte sie, wie albern das war, was sie tat. Hielt sie sich für Sherlock Holmes? Es war kühl, sie fröstelte und verfluchte den Leichtsinn, ohne Mantel auszugehen. Aber jetzt war es zu spät, um noch einen zu holen.

Melchior blieb stehen, und sie duckte sich in die Einfahrt hinter den Pfeiler, der das schwere Eisentor hielt. Vorsichtig lugte sie dahinter hervor, und als er weiterging, folgte sie ihm.

Bist du sicher, dass du wissen willst, wohin er geht?, fragte sie sich. Die ganzen letzten Jahre war sie ihm aus genau diesem Grund nie gefolgt. Die Vorstellung, ihren Vater überhaupt in einer intimen Situation zu überraschen, war nicht gerade verlockend. Und noch viel weniger mit einer anderen Frau als ihrer Mutter.

Melchior lief zielstrebig in Richtung Norden. Clara folgte ihm in einigem Abstand. Zum Glück gab es hier noch viele alte Häuschen, sodass sie immer wieder einen Winkel oder eine Straßenkrümmung fand, die sie verbarg. Sie passierten den kleinen Stadtbauernhof, wo die Straße zum Brucknerschlössl abzweigte, und erreichten nach einiger Zeit die Corneliusstraße, die zum Mariahilfplatz führte. Melchior schenkte dem belebten Marktplatz zu seiner Rechten keinen Blick, überquerte die Straße und ging weiter an der Isar entlang nach Norden. Dann, als Clara schon fröstelnd zu hüpfen begann, bog er auf einmal links auf die neue Brücke zur Kohleninsel ab.

Die Museumsinsel?, dachte Clara überrascht. In ihrer Kindheit war sie bei Liebespaaren beliebt gewesen. Doch dann war

Durch die neuen Bauten war die ehemalige Flößerinsel inzwischen im südlichen Teil zugemauert. Zwei einander gegenüberliegende Brücken führten von beiden Ufern her auf die Insel, die ihre Besucher mit Türmen und trutzigen grauen Mauern empfing. Auch wenn Clara wusste, dass der eigentliche Feind das Hochwasser war, hatte der Bau etwas von einer Festung. Der hohe Turm mit der Wetterstation – Barometer, Thermometer, Hygrometer und Windmesser – gehörte zu den ältesten Teilen des Museumsbaus. An der Front bewachten zwei niedrige Kuppeltürme und das zentrale Halbrund des Eingangs mit dem Planetariumsturm die ehemalige Sandbank. Wären nicht die wissenschaftlichen Instrumente gewesen, hätte man meinen können, dass sich hier ein verwunschener König verschanzt hatte. Kaum zu glauben, dass sie hier als Kind im Wasser gespielt hatte. Und kaum zu glauben, dass sie jetzt, als Erwachsene, eine Lungenentzündung riskierte!

Sie hatte erwartet, dass Melchior eine Wohnung aufsuchen würde. Eine, die von dem Geld bezahlt wurde, das er so geheimnisvoll unter MB verbuchte. Stattdessen hatte er die Brücke passiert und trat nun auf den Vorplatz. Clara folgte ihm vorsichtig. Inzwischen triefte ihr das Wasser aus den Haaren,

Außer Atem erreichte sie die Insel und warf einen vorsichtigen Blick auf den Platz.

Melchior hatte ihn nicht überquert, sondern steuerte auf das neue historistische Museumsgebäude mit den hohen Sprossenfenstern zu. Am Eingang standen mehrere Karren, auf denen man offenbar Ausstellungsstücke transportierte. Knechte luden Kisten ab und schleppten sie ins Innere. Andere warfen Planen aus Wachstuch über die offenen Ladeflächen, um die Fracht vor dem Regen zu schützen. Überall herrschte eine ungewohnte Geschäftigkeit. Seltsame Geliebte, dachte Clara und versuchte, das Regenwasser aus dem Kleid zu streifen. Was immer mein Vater hier sucht, allzu fleischlich ist es wohl nicht.

Melchior war im Eingang des Hauptgebäudes vor der schweren Bronzetür stehen geblieben. Plötzlich blickte er sich um. Atemlos drückte sich Clara hinter einen Wagen. Sie spürte ihre Nase kaum noch.

Melchiors durchdringende helle Augen suchten den Hof ab. Dann drehte er sich um und verschwand im Inneren.

Clara wartete eine halbe Minute, dann hastete sie die wenigen Stufen vor dem zentralen Halbrund empor, öffnete die schwere Bronzetür und blieb überwältigt stehen.

Noch nie war sie im Inneren des neuen Museums gewesen. Vor ihr öffnete sich eine Eingangshalle, die an vier Seiten hohe

«Kann ich Ihnen helfen?»

Clara zuckte zusammen. Den Mann in der Uniform eines Pförtners, der mit seiner Zeitung auf einem Stuhl in der neuen Eingangshalle saß, hätte sie fast übersehen. Streng musterte er die gebadete Maus, die da in seinem Foyer stand und von deren Fell Wasser auf den Marmor tropfte.

«Hm, ja, ich … ich wollte zu meinem Vater, Melchior Bruckner. Ich bin Clara Bruckner.»

«Die Tochter vom Herrn Bruckner!» Das feiste rote Gesicht wurde freundlich. «Der Herr Vater ist gerade gekommen. Er ist schon hinauf in den Sitzungssaal. Die Treppe rechts, in den ersten Stock und links halten.»

«Sitzungssaal?»

«Heute ist Sitzung. Deswegen sind Sie doch hier, oder?»

«Ja, natürlich», erwiderte Clara hastig. «Ich dachte nur … Ist ja auch nicht wichtig. Er ist also schon da?»

«Vor einer Minute. Sie hätten ihn fast noch sehen können.»

Clara bedankte sich und lief die Stufen hinauf. Nun stand sie in einem weitläufigen, fast weißen Treppenhaus. Eine breitere Marmortreppe führte in den ersten Stock. Sie folgte der Galerie und erreichte eine prunkvoll verzierte Tür.

Vorsichtig drückte sie sich hinein – und seufzte. Mehrere gut gekleidete Männer saßen auf den mit Samt bezogenen Stühlen und lauschten einem Vortrag. Der Redner war ein älterer Herr mit einem beeindruckenden weißen Bart, ganz in Schwarz

Förderverein für das Projekt Deutsches Museum

Clara unterdrückte ein erleichtertes Prusten. Der Verein zur Förderung des neuen Technikmuseums! Das hätte ich mir denken müssen. Wenn mein Vater eine Geliebte hat, dann besteht sie für gewöhnlich aus Stahl und dampft an irgendeiner Ecke!

Als sie die Tür geöffnet hatte, hatten sich einige Köpfe in ihre Richtung gedreht. Leise schloss sie sie hinter sich und suchte sich einen Platz ganz hinten, um das Ende des Vortrags abzuwarten. Immerhin war der Raum geheizt. Während sie versuchte, sich halbwegs aufzuwärmen, lauschte sie Diskussionen um Spendengelder und die Finanzierung irgendwelcher Details, und am Ende ging es noch um die Räumlichkeiten der geplanten Bibliothek. Nach einer gefühlten Ewigkeit beendete der Vorsitzende die Sitzung. Beim Gehen beäugten einige Herren sie interessiert. Carl von Linde erkannte sie und nickte ihr zu. Endlich kam Melchior nach hinten.

«Was machst du denn hier?», fragte er überrascht. Nervös blickte er seinen Freunden nach. Offenbar war es ihm unangenehm, dass seine Tochter hier auftauchte. Umso mehr, als sie nicht gerade gesellschaftsfähig aussah.

«Das wollte ich eigentlich dich fragen», erwiderte Clara. «Können wir uns unterhalten?»

Melchior zögerte. Langsam zog er sich einen der mit rotem Samt bespannten Stühle heran, setzte sich aber nicht.

«Erraten», erwiderte Clara trocken. Sie zog den Mantel fester um die Schultern. Es tat gut, ihr war noch immer kalt.

«Und ich habe es nicht bemerkt. Beeindruckend.» Erwartungsgemäß brachte es ihn nicht allzu sehr aus der Fassung, dass seine Tochter eine Spionin war.

«Was machst du hier?», rief Clara. «Wir dachten alle, du hast eine Geliebte!»

«Eine was?» Melchior war so verblüfft, dass sie lachen musste. So abwegig war die Idee nun auch wieder nicht. Schließlich war er eine ansehnliche Erscheinung, und Frauen fanden sich für einen Mann seines Standes immer. Nicht jede hatte einen Beruf, der für die Altersvorsorge reichte.

«Ich unterstütze das Technikmuseum», erklärte er kopfschüttelnd ob der Absurdität, er könne an so etwas Banalem wie einer Geliebten interessiert sein. «Für die Chemieabteilung habe ich in den letzten Jahren ein wenig gespendet.» Er nahm seinen Hut vom Stuhl.

«Haben wir bemerkt», meinte Clara sarkastisch. «Du hast das Geld nicht als Spende verbucht.»

Er zuckte die Schultern. «Bist du gekommen, um mir Vorwürfe wegen meiner Buchhaltung zu machen?»

Clara fasste sich an die Stirn. Da war ja jede Nonne schneller von Begriff! «Mutter hat nur gesehen, dass immer wieder Geld fehlt. Kannst du dir nicht vorstellen, was wir dachten, wofür du es brauchst?»

Er runzelte die Stirn. Die Antwort auf die Frage kam ihm nicht sofort. Als er endlich überrascht die Augen aufriss, schien es ihn fast zu verärgern. «Das ist absurd.»

«Absurd? Du weißt aber schon, dass es Männer gibt, die Geld für andere Frauen ausgeben, oder?»

«Mutter hat es ganz besonders gedacht. Du hast dich doch überhaupt nicht mehr um sie gekümmert. Seit Thomas gestorben ist, gibst du ihr das Gefühl, dass sie dir nichts mehr bedeutet. Uns allen!» Clara machte eine verzweifelte Bewegung. «Sie könnte jeden haben. Sie liebt dich, aber sie ist trotzdem nicht die Frau, die sich an jemanden kettet, der ihr nur noch weh tut.»

Er hatte widerwillig den Hut aufsetzen und gehen wollen. Aber jetzt hielt er inne. «Ich tue ihr weh?», fragte er leise.

«Merkst du nicht, wie sie um dich gekämpft hat? Sie ist kurz davor aufzugeben, weil sie denkt, du empfindest nichts mehr für sie.»

«Das ist aber nicht wahr!»

Clara trat zu ihm. «Dann sag es ihr!», sagte sie ernst. «Nicht nächstes Jahr, nicht nächste Woche, nicht morgen. Jetzt. Bevor es zu spät ist!»

***

Die Erinnerung an das erste Mal, als sie hier gewesen war, überfiel Antonia, als der Kronleuchter sich verdunkelte. Als sie den riesigen Leuchter in der Münchner Oper zum ersten Mal gesehen hatte, hatte es ihr den Atem verschlagen. Sie hatte geglaubt, in einem Königsschloss zu sein, und tatsächlich hatte an jenem Abend Prinzregent Luitpold in der Königsloge gesessen. Damals war sie sich in ihrer ersten geliehenen Abendrobe wie eine Prinzessin vorgekommen. Heute trug sie ein maßgeschneidertes Gesellschaftskleid aus weißer Seide mit Silberstickerei und

Antonia hielt sich die goldene Lorgnette vor die Augen und beugte sich etwas nach vorn über den Balkon. Die Matinee am späten Vormittag war fast ausverkauft, wie so oft, wenn ein berühmter Künstler gastierte. Leo Slezak wurde mit tosendem Applaus begrüßt. Der riesenhafte Wiener Tenor besaß mit über fünfzig zwar keine ganz jugendliche Figur mehr, aber sein legendäres Pianissimo hatte nichts eingebüßt. Vor ein paar Jahren, als er in einer Aufführung des «Lohengrin» heldenhaft sein Schwanenschiff besteigen und seine trauernde Bühnengattin verlassen sollte, hatte es eine technische Panne gegeben: In ihrem Eifer hatten die Arbeiter den Schwan ohne den wackeren Lohengrin von der Bühne gezogen. Slezak hatte sich, ohne mit der Wimper zu zucken, an die Kulisse gewandt und laut gefragt: «Bitt schön, Sie da, wann geht der nächste Schwan?» Seither wollte jeder den Tenor mit dem flotten Mundwerk erleben.

«Oskar von Miller war vorhin überrascht, dass ich Sie hierher ausführe», flüsterte Sauerbruch neben ihr. «Er sitzt gegenüber, auf dem Balkon links, nicht weit von der Königsloge.»

«Du meine Güte.» Er hatte recht. Obwohl Slezak unten sein Bestes gab, schien Miller sie und den Arzt weit interessanter zu finden. Der Operngucker war jedenfalls nicht auf die Bühne gerichtet.

Während Slezak sein Programm sang, sah Antonia sich um. In der Wittelsbacherloge saß Rupprecht von Bayern, der ehemalige Kronprinz. Die Oper hatte eine Abmachung mit dem Haus Bayern: In der Loge musste immer jemand sitzen, sonst fiel sie ans Opernhaus zurück. Aber wann hätten mächtige

Slezak sang mehrere Lieder von Wolf, Strauss und Schumann, aber es gelang ihr nicht, die Musik zu genießen.

Auf einmal spielte der Pianist die ersten Takte von Richard Strauss’ Lied Allerseelen.

«Stell auf den Tisch die duftenden Reseden,

die letzten roten Astern trag herbei

und lass uns wieder von der Liebe reden,

wie einst im Mai.»

Antonia starrte auf die Bühne. Ihre Lippen begannen zu zittern.

Sauerbruch beugte sich zu ihr. «Geht es Ihnen nicht gut?»

Antonia presste die Hand auf die Lippen und schüttelte den Kopf. Er war reich und angesehen, und er machte kein Geheimnis daraus, dass er sich für sie interessierte. Die ganze letzte Zeit hatte sie versucht, etwas Neues zu beginnen. Aber die Wahrheit war, sie sehnte sich wie verrückt nach dem, was sie einmal gehabt hatte.

ein Tag im Jahr ist ja den Toten frei:

Komm an mein Herz, dass ich dich wieder habe,

wie einst im Mai!»

Antonia sprang auf.

Sauerbruch wollte ihr nach, aber sie legte die Hand auf seinen Arm. «Lassen Sie. Ich möchte einen Moment allein sein.» Sie öffnete die Tür und lief hinaus.

Aufatmend lehnte sie sich von außen gegen die Tür. Auf dem Gang war es ruhiger, der Applaus aus dem Saal drang nur gedämpft heraus. Wenige Lichter brannten in dem leicht geschwungenen, mit rotem Teppich ausgelegten Flur. An den Wänden hingen Porträts berühmter Sänger und goldgerahmte mannshohe Barockspiegel. Antonia überlegte, ob sie sich auf eine der samtbezogenen Bänke setzen sollte, aber sie brauchte ein paar Schritte. Mit zitternden Händen suchte sie in ihrer Handtasche nach einem Tuch, um sich das Gesicht zu trocknen. Sie atmete tief und blickte auf.

Am Ende des Gangs, wo die große Marmortreppe hinunterführte, stand Melchior.

«Du konntest es auch nicht hören», sagte er.

Antonia schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht wissen, was er hier tat oder mit wem er hier war.

Melchior kam ihr entgegen. Zögernd streckte er die Hand aus. Sie wollte sie nehmen, aber da machte er impulsiv einen Schritt und umarmte sie. «Es tut mir leid!», stieß er hervor. «Ich konnte einfach nicht …» Auf einmal zitterten seine Lippen. Sie hatte ihn nie so gesehen. Nicht einmal in der Nacht, als er nach Thomas’ Tod aus dem Lazarett zurückgekommen war und sie nur wortlos, wie versteinert, in die Arme genommen hatte. «Jedes Mal, wenn ich dich in den Armen hielt, war es, als ob er mich

«Es ist gut!», flüsterte Antonia. «Ist ja gut!» Sie streichelte sein Haar und nahm seinen Kopf in beide Hände. Sie war einfach nur unendlich glücklich, ihn wiederzuhaben. «Ich habe dich so vermisst!»

Melchior zog sie an sich und küsste sie. Kein leichter, hingehauchter Kuss wie in den letzten Jahren, sondern ein leidenschaftlicher, sehnsüchtiger Kuss, als hätte er sechs Jahre warten müssen, sie endlich küssen zu dürfen. Ein Kuss, der wieder den vertrauten Schauer durch ihren Körper jagte, so wie früher. Ihre Lippen suchten einander, er streichelte ihr Haar, ihre Wangen, ihren Rücken, und sie begriff, dass sie ihm ebenso gefehlt hatte. Es musste unerträglich gewesen sein, seine Frau zu begehren und gleichzeitig zu wissen, dass er Gefahr lief, in Tränen auszubrechen, wenn er dem Bedürfnis nachgab, sie zu umarmen.

«Ich wollte dir Halt geben», sagte er. «Nicht hilflos neben dir stehen. Es tut mir so leid.»

Antonia streichelte sein Gesicht. «Ich brauche keinen Halt, Melchior. Nur meinen Mann.»

Sie küssten sich wieder und merkten nicht einmal, dass im Saal erneut Applaus aufbrandete.

«Fahren wir nach Hause?», fragte Melchior endlich zögernd. Er warf einen Seitenblick in einen der großen goldgerahmten Spiegel. «Wir sehen nicht gerade gesellschaftsfähig aus – Seejungfräulein.»

Es war das erste Mal seit Thomas’ Tod, dass er sie wieder bei dem alten Kosenamen nannte. Antonia lachte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. «Natürlich fahren wir nach Hause, du Idiot! Wir haben sechs Jahre nachzuholen.»