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Die Japaner nennen dieses Syndrom, das durch einen Liebeskummer, einen Trauerfall oder ein intensives emotionales Schockerlebnis ausgelöst werden kann, Takotsubo, was »Tintenfischfalle« bedeutet, das Herz wird deformiert, die Muskeln werden schwächer und so träge, dass das Herz im wahrsten Sinne des Wortes bricht. Die Schockstarre eines Organs – im Fall des Takotsubo-Syndroms also die Schockstarre des Myokards – findet sich, übertragen auf die geistige Ebene, bei einem Fall besonders ausgeprägter Melancholie wieder, einer ängstlichen Depression, die im letzten Stadium verheerende Auswirkungen hat. Bei dieser psychischen Störung, bekannt unter der Bezeichnung nihilistischer Wahn, kann die Person infolge eines übergroßen Schocks überzeugt sein, dass sie keine Organe mehr besitzt oder dass einige von ihnen verfault sind, dass sie aber nicht sterben kann, weil sie nie geboren wurde. Ich bin sechsundzwanzig Jahre alt. Die Krankheit schlägt schon in früher Jugend zu, in einem Alter, in dem die Gesellschaft Sie auf die Welt bringen möchte. Anders gesagt, in einem Alter, in dem man von Ihnen die Bestätigung erwartet, dass das Leben fröhlich ist und frei, in dem Sie vor den entzückten Blicken der Eltern und Freunde das Schauspiel Ihrer gesunden und lebendigen Organe aufführen sollen, und am Ende dann das Schauspiel des großen Welttheaters, in dem Sie die Rolle des optimistischen, leistungsstarken und eroberungswilligen Managers der eigenen persönlichen Legende spielen.