7
Chloe saß auf einem Barhocker an der Küchentheke und wählte Hannahs Nummer. Was garantiert eine ganz schlechte Idee war. Bestimmt würde Hannah nicht rangehen, wenn sie sah, dass ihre Mutter anrief. Chloe rechnete mit der Mailbox.
»Mum?«
»Hannah?« Chloe umklammerte das Handy.
»Wer denn sonst?«
»Äh, ja, aber ich … schön, dich zu hören.«
Stille. Würde Hannah das Gespräch abbrechen?
»Ist alles okay bei dir, Mum?«
»Ja, alles in Ordnung. Ich wollte nur mal hören, wie es dir und Ruby geht.«
Wieder Schweigen. »Okay. Alles okay«, sagte Hannah dann.
Chloe fand die spürbare Anspannung unerträglich. Sie hörte Geräusche im Hintergrund. Hatte da gerade eine Tür geknallt?
»Ich muss aufhören«, sagte Hannah.
»Warte noch, bitte. Ich … Ist …« Chloe wollte eigentlich fragen Ist er da?, doch das war zu direkt. »Bist du alleine?«
»War ich. Jetzt nicht mehr.«
»Ah, ja.«
»Warum fragst du das, Mum?« Hannah war nicht auf den Kopf gefallen.
»Ach, nur so. Wollte bloß hören, wie es euch geht. Und ob … ob wir uns vielleicht mal treffen könnten? Ich finde es so schlimm … also traurig, meine ich … wie sich alles zwischen uns entwickelt hat.«
Jetzt eine Männerstimme im Hintergrund. »Hannah? Wer ist da dran?«
Das musste Jordan sein. Kontrollierte er Hannah etwa? Drohte ihr womöglich? Chloe wurde flau im Magen.
»Ich muss aufhören, Mum. Ruby weint.«
»Geht es ihr gut?«
»Na klar, warum nicht? Ich kann für sie sorgen.«
Plötzlich nahm das Gespräch wieder diese unerfreuliche Wendung. »Hannah, warte bitte, ich wolle damit nicht sagen, dass …«
»Ich muss aufhören.« Hannah hatte einen verzweifelten Unterton, und Chloe hörte Jordan zwar nicht mehr, spürte aber seine Präsenz.
»Hannah, vergiss bitte nicht, dass du mir jederzeit schreiben oder mich anrufen kannst. Und deinen Vater genauso, wir sind immer für dich da, wenn du uns brauchst.«
»Es geht mir gut, Mum. Jetzt glaub mir doch bitte endlich …« Ein Kind weinte, dann wieder die Männerstimme. Chloe verstand nicht, was gesagt wurde, aber Hannah murmelte: »Ja, ich komme schon!« Dann: »Entschuldige.«
Die Verbindung brach ab. Chloe starrte auf ihr Handy, warf es dann aufs Sofa. Sie schlang die Arme um sich und wanderte ruhelos durch die Wohnung. Es geht mir gut. Das war doch bestimmt eine Lüge. Die sie beide schon benutzt hatten.
Immerhin war Hannah ans Handy gegangen, was bedeuten konnte, dass sie doch eine Versöhnung in Erwägung zog. Aber nach diesem Anruf wusste Chloe kaum mehr als vorher. Hatte Jordan womöglich versucht, das Gespräch mitzuhören? Sie wusste einfach überhaupt nicht mehr, wie sie sich verhalten sollte, und wäre am liebsten sofort nach Bristol gefahren. Aber ihr Verstand befahl ihr, nichts zu unternehmen und darauf zu warten, bis Hannah sich selbst wieder meldete.
Im Vorbeigehen sah Chloe sich im Spiegel. Unter ihren Augen spinnwebartige schwarze Muster, der Mascara war verlaufen. Auf dem Weg ins Bad griff sie nach ihrem Handy, in der Hoffnung, dass Hannah vielleicht noch etwas geschrieben hatte. Natürlich nicht, aber etwas anderes fiel Chloe auf.
Die Uhrzeit.
»Oh, Mist!«
Sie kam zu spät zur Komiteesitzung. Wahrscheinlich hatte sie sogar schon angefangen.