ROSIE

Rosie stand mit ihrer Familie in dem hübsch geschmückten Vorraum und hatte das Gefühl, als würde ein Schwarm Schmetterlinge in ihrem Magen Volleyball spielen.

Aus dem Hauptraum ertönten die Klänge des Geigenquartetts und dazu Gemurmel.

Alle warteten auf sie.

»Sehe ich gut aus?« Sie fasste sich ins Haar, das kunstvoll drapiert war, sodass ihr ein paar gelockte Strähnen über die Schulter fielen. »Meine Hände zittern. Wenn ich gestehe, dass ich nervös bin, geht ihr dann alle davon aus, dass ich es mir anders überlege?«

»Wir?« Katie legte sich die Hand auf die Brust. »Wie kommst du denn auf die Idee? Wir sind doch alle vernünftig.«

Es war so gut, darüber lachen zu können. Sie hatte Angst vor einem Zerwürfnis gehabt, doch sie und ihre Schwester würden jeden Konflikt lösen können. Ihre Beziehung war zu wichtig. »Ich kann kaum glauben, dass dies nach alldem wirklich geschieht.«

»Ich auch nicht. Ich meine, ich habe dem Mann eine Scheißangst eingejagt, und er heiratet dich trotzdem? Das muss Liebe sein. Aber denk dran, es ist nie zu spät, es dir anders zu überlegen.« Katie duckte sich, als Rosie mit dem Brautstrauß nach ihr schlug.

Dann lachten sie beide, und Rosie zog Katie in die Arme. »Ich werde dich vermissen, wenn du zurück nach London gehst.«

»Ähm, deswegen …«

»Was?« Rosie trat zurück. »Denkst du daran, hierzubleiben, um mich zu trösten, falls meine Ehe bis Freitag gescheitert ist?«

»Ich denke tatsächlich darüber nach, zu bleiben, ja, aber nicht deinetwegen. Zufällig gefällt’s mir hier. Sehr sogar. Es ist schön, die Luft ist frisch, das Leben ist ruhiger und …«

»Und Jordan wohnt hier.« Rosie lächelte. »Hast du endlich in ein zweites Date eingewilligt?«

»Ich bin nicht sicher, ob ich das Wort Date verwenden würde, aber ja, ich habe vor, eine Weile zu bleiben. Schließlich habe ich noch ein paar Wochen, bevor ich zurückmuss. Ich dachte, ich sollte sie hier verbringen und ein bisschen nachdenken. Vor allem über meine Karriere.« Katie hakte Rosie unter und streckte den Arm nach ihrer Mutter aus, die vortrat und beide umarmte.

»Klingt nach einer guten Entscheidung. Und wenn du es mit mir oder deinem Vater besprechen willst oder aber Freiraum willst – was auch immer du brauchst, wir sind für dich da.«

Rosie schloss die Augen und genoss die Nähe mit ihrer Mutter und ihrer Schwester.

Sie hatte Glück, das zu haben. Sie wusste, dass sie Glück hatte.

Katie schniefte und löste sich. »Wir werden Rosies Make-up ruinieren. Und der Bräutigam könnte eine Panikattacke bekommen.« Sie glättete ihr Kleid und wandte sich an ihren Vater. »Wie sehen wir aus?«

Nick musterte sie, und Rosie hätte schwören können, dass er Tränen in den Augen hatte. »Nicht schlecht für ein Paar böser Mädchen.«

»Ignoriert ihn einfach«, meinte Maggie.

Nick räusperte sich. »Ich bin stolz auf meine beiden Töchter. Ihr seht beide wunderschön aus. Natürlich habt ihr die Gene eurer Mutter geerbt, sodass das zu erwarten war.« Er zwinkerte Maggie zu. »Wie mache ich mich? Gib zu, das war elegant.«

Maggie verdrehte die Augen. »Wenn du nicht nach jedem Kompliment ein dickes Lob erwarten würdest, wäre es noch besser.«

»Du siehst toll aus, Mum«, sagte Katie, und Maggie drehte sich zum Spiegel, um sich anzuschauen.

»Catherine hat mir bei der Auswahl geholfen. Wie sich herausgestellt hat, birgt ein verlorener Koffer durchaus Vorteile. Und apropos Catherine: Wenn ihr drei bereit seid, würde ich gern zu ihr nach vorn gehen. Sie denkt vermutlich an Dans Vater und wie gern er diesen Tag erlebt hätte. Ich möchte ihr beistehen und ihr zeigen, dass wir für sie da sind. Schließlich sind wir jetzt alle eine Familie.« Sie küsste die Mädchen und Nick und ging dann hinaus.

Rosie atmete tief durch.

Sie spürte, wie ihr Vater ihre Hand nahm und bei sich unterhakte.

»Bereit?«

Sie nickte und umfasste den Arm ihres Vaters fester. Gemeinsam gingen sie in den Hauptraum mit seinen Panoramafenstern und dem atemberaubenden Blick über die Berge. Von den Stühlen aus konnte man den verschneiten Wald und die schneebedeckten Gipfel sehen. Die Floristin hatte mit Catherine eine perfekte Winterhochzeit gestaltet. Der Blumenschmuck im Raum nahm die Blumen aus ihrem erlesenen Brautstrauß auf: Silberdollar-Eukalyptus, Silber-Greiskraut und weißen Enzian.

Es war alles, was sie sich wünschen konnte, und sie war froh, dass sie und Dan sich für eine kleine und intime Hochzeit entschieden hatten, nur mit engen Freunden und der Familie.

Als sich die Musik veränderte, drehten sich alle nach ihr um, und sie spürte Nervosität in sich aufsteigen.

Und dann sah sie Dan, der vorn neben Jordan stand.

Er lächelte, und sie ging auf ihn zu, ohne noch etwas anderes wahrzunehmen.

Sie empfand keine Angst, sondern eher das Gefühl, in ein aufregendes Abenteuer zu starten.

Sie sprach ihr Ehegelübde und er seines. Später würde sie über seine Worte nachdenken, doch im Moment stand alles, was sie brauchte, in seinen Augen.

Sie hörte, wie Catherine hinter ihr schniefte, oder vielleicht war es auch ihre Mutter, und dann küsste Dan sie, und sie erwiderte seinen Kuss.

»Jetzt, Rosie Reynolds«, sagte er an ihrem Mund, »ist es zu spät, es dir anders zu überlegen.«

Sie schlang die Arme um seinen Nacken. »Ich werde es mir nie anders überlegen.«

»Gibt es etwas, das du mir sagen möchtest? Ich frage nach, wie wir es vereinbart haben. Ich höre.«

»Ich liebe dich«, antwortete sie lächelnd.

»Ich liebe dich auch. Außerdem bin ich am Verhungern, also wollen wir die Party eröffnen?«

Sie hatte bereits in den Raum gelugt, wo die Feier stattfinden sollte. Die Tische waren mit silbernen Tannenzapfen und weißen Anemonen dekoriert, und zarte Lichterketten wanden sich um Efeuzweige. Es gab eine Tanzfläche und jede Menge Champagner, und der Chefkoch der Snowfall Lodge hatte ein Wintermenü zusammengestellt.

Ganz sicher würde es ein denkwürdiger Abend werden, doch sie wusste, dass sie sich vor allem an diesen Teil erinnern würde.

Sie sah ihre Mutter und Catherine Arm in Arm, verbunden durch die Ereignisse der letzten Wochen. Ihren Vater, strahlend und stolz, und Katie, Hand in Hand mit Jordan.

Sie trat einen Schritt auf sie zu und konnte es kaum erwarten, ihr neues Leben mit Dan zu beginnen.