KAPITEL DREIUNDVIERZIG

Ich starre ihn mit offenem Mund an. »Er wusste von euch?«

Tobias nickt langsam. »Kurz nachdem er mich angerufen hat, haben wir uns in seinem Büro in Charlotte getroffen. Ich kannte Matteo und Andre gut. Andre war einer der Ersten, die ich rekrutiert hatte. Und wenn sie einen Mordauftrag angenommen haben, dann haben sie sich persönlich darum gekümmert. Ich wusste also, dass sie Roman hier in diesem Haus oder in Charlotte auflauern würden. Sobald ich davon erfahren habe, musste ich eine schnelle Entscheidung treffen. In Florida gab es bereits eine Kluft innerhalb der Gruppe, man konnte nicht mehr allen vertrauen. Und nun spitzte sich das zu. Roman und ich haben also einen Deal ausgehandelt. Als Gegenleistung dafür, dass dein Dad die Sache weder anzeigen noch in die Medien bringen würde, sollte ich dafür sorgen, dass er und seine Tochter in Sicherheit waren, und das Chaos im Anschluss beseitigen.«

»Er wusste die ganze Zeit von euch?«

»Ich bin mir nicht sicher, wann er es rausgefunden hat, aber ich hatte ihn unterschätzt. Natürlich wäre er nicht dort hingekommen, wo er war, wenn er nicht wachsam gewesen wäre. Es hat eine Weile gedauert, bis ich erkannt habe, dass er uns schon länger im Blick hatte. Erst als ich schon ein paar Wochen auf dem Anwesen war, ist mir aufgefallen, dass er jegliche Security-Maßnahmen zurückgezogen hatte. Warum sollte so ein reicher Mann seine einzige Erbin derart angreifbar machen? Nachdem er dich gehütet hat wie seinen Augapfel, hat er dich auf einmal ungeschützt auf diesem Anwesen wohnen lassen. Das hat keinen Sinn ergeben.«

»Er wusste, dass ich mit euch verbandelt war?«

Tobias nickt. »Nicht nur das, er wusste auch von deinen Plänen, was ihn betrifft. Aber du warst diejenige, die ihn und uns verband, und er hatte längst vor, dir das Ruder zu übergeben.«

»Warum war er mit alldem einverstanden und hat dir vertraut, obwohl er wusste, wer ihr seid und was ihr vorhabt?«

Er sieht mich eindringlich an. »Weil ich ihm an diesem Tag gesagt habe, dass ich seine Tochter liebe.«

Ich habe kaum eine Sekunde, um seine Worte zu verdauen, ehe er weiterspricht.

»Als er erkannt hat, dass unsere einzige Schwäche seine Tochter ist, hat er mit uns zusammengearbeitet, denn er wusste, dass ich meine Pläne verschieben oder sogar ganz aufgeben würde.«

»Er hat mich als Köder benutzt, um seine Firma zu retten?«

»Das musste er gar nicht. Es ist ganz von allein passiert. Um Sean war es geschehen, als er dich getroffen hat. Roman konnte sich also zurücklehnen und zusehen. Damit ist er ein kleines Risiko eingegangen, aber er wusste, wie wertvoll du bist und dass du unter unserem Schutz stehst. Es war wirklich ein Geniestreich.«

Als mir auffällt, dass immer mehr Schnee meine Jacke bedeckt, streiche ich ihn weg und versuche, die Kälte zu ignorieren, die mir in die Knochen kriecht.

Tobias steht auf und zieht seinen Mantel aus.

»Nicht nötig«, sage ich rau, doch er legt mir den Trenchcoat trotzdem um.

»Aber du täuschst dich, wenn du glaubst, dass er nur seine Firma retten wollte.«

»Spar dir die Erklärungen.« Ich ziehe den Mantel enger um meinen Körper.

»Er hatte an dem Tag eine Scheißangst, Cecelia. So große Angst, dass er mich angerufen hat. Er hatte nicht genug Security, um beide Orte zu schützen. Er hat uns um Hilfe gebeten.«

Als ich zu ihm aufschaue, sehe ich Mitleid in seinen Augen.

»Roman geht mir am Arsch vorbei.« Ich ignoriere die Sorge in seinem Blick. »Erzähl mir einfach, was passiert ist.«

Er fährt sich mit einer Hand durch sein immer nasser werdendes Haar und nickt. »Obwohl wir wussten, dass die Florida-Crew kommen würde, hatte ich keine Ahnung, dass sie so einen aggressiven Angriff geplant hatten. Weder ich noch Roman hatten diese Information. Also habe ich die Bruderschaft an allen Orten stationiert und bin wieder nach Charlotte geflogen. Ich hatte Angst, weil du total ausgerastet bist, als du dein Tattoo entdeckt hast.«

Die Werkstatt. Der Abend, an dem ich zu ihnen gefahren bin. Indem ich ihre Reifen aufgeschlitzt habe und jeglichen Kontakt unterbunden habe, hatte ich meine eigene Sicherheit aufs Spiel gesetzt. Natürlich habe ich schon früher darüber nachgedacht, aber erst jetzt wird mir bewusst, welche Auswirkungen es hatte, dass ich den Leuten den Krieg erklärt habe, die mich beschützen wollten.

»Alle haben dich gesucht, alle . Dominic und ich haben uns vor der Villa verabredet. Wir hatten nur eine kleine Crew dabei, weil alle ausgerückt waren, um dich zu suchen, oder um das Haus herum Wache standen. Dom hat dich in deinem Zimmer abgelenkt, während ich die Miami-Crew dabei beobachtet habe, wie sie mit zehn Wagen angerückt sind. Ich habe Sean angerufen, um Bescheid zu geben, dass alle herkommen sollen, doch es war zu spät.«

»Andre und Matteo waren schon im Haus.«

Tobias schluckt, und sein Blick wird traurig. »Ich habe so oft darüber nachgedacht, und der einzige Schluss, den ich ziehen kann, ist, dass sie in der Garage gewesen sein müssen. Das ist der einzige Ort, an dem ich nicht gesucht habe, nachdem ich Romans Wagen zum Haus gefahren habe.«

»Deshalb stand er hier.«

»Ich habe versucht, sie herzulocken.« Er hebt seinen sorgenvollen Blick. »Ich habe Roman versichert, dass seiner Tochter nichts passiert. Wir hatten Millionen auf der Bank, genügend Männer, aber auf ein paar verfickte Gangster aus Florida waren wir nicht vorbereitet.«

Es war meine Schuld. In meiner Wut habe ich alle Reifen aufgeschlitzt und bin verschwunden, sodass sie mich suchen mussten. Es war meine Schuld, dass sie sich aufgeteilt haben und überall in den Bergen nach mir gesucht haben, um mich zu retten. Ich bin der Grund dafür, dass wir wertvolle Sekunden verschwendet haben, die Dominic hätten retten können.

»Es tut mir so leid«, schluchze ich heiser.

Er schüttelt den Kopf, nimmt meine Hand und streichelt sie sanft mit seinem Daumen. »Was genau tut dir leid?«, fragt er und lässt meine Hand wieder los. »Dass du von beiden Seiten als Druckmittel benutzt worden bist, von den Männern, die du geliebt und denen du vertraut hast? Dass du keine Ahnung hattest, wem du dein Vertrauen schenkst, und dass du niemals hättest vorhersehen können, wer um dich herum welchen Schachzug machen würde? Dass Dominic sein Leben verloren hat, weil er zu starrsinnig war, logisch zu denken, bevor er den Helden gespielt hat?«

Der Schmerz in meiner Brust wird unerträglich, aber Tobias schüttelt wütend den Kopf.

»Hör mir zu. Hör mir ganz genau zu. Ich gebe dir nicht die Schuld an Dominics Tod. Ich gebe ihm die Schuld. Und mir, weil ich all das in Gang gesetzt habe. Du hast recht. Ich wollte, dass es nach meinem Willen geht. Ich wollte, dass dein Dad leidet, und das hat mich meinen Bruder gekostet – meine Familie. Die einzige Person, der ich niemals richtig verzeihen kann, bin ich.«

»Tobias, so kannst du doch nicht leben.«

»Diese Wichser haben uns hintergangen, weil sie Geld wollten. Ausgerechnet Geld , Cecelia. Und ich bin derjenige, der sie in unsere Gruppe aufgenommen hat, weil sie ein notwendiges Übel waren.«

»Du bist nicht verantwortlich.«

Er schüttelt den Kopf. »Wir haben uns zu sicher gefühlt. Dominic ist zu leichtsinnig mit seiner Macht umgegangen. Ich hab mich zu sehr auf die geschäftliche Seite des Ganzen konzentriert, auf die Suche nach meinem Vater und …« Er wirft mir einen bedeutungsvollen Blick zu.

»Auf mich.«

Er kniet sich vor mir in den Schnee. »Du weißt, dass du in gewisser Weise recht hattest. Wir waren eine Gruppe Kinder, die sich zusammen eine Festung gebaut hatten, aber wir wussten nicht, wie wir sie verteidigen sollten. Wir waren noch nicht bereit.«

Da ist sie, die ganze Wahrheit. Die Wahrheit, um die ich gebettelt habe, die Wahrheit, die ich, ohne es zu wissen, zusammen mit ihm gelebt habe. Die Wahrheit, die ihn befreit und von mir befreit.

Dieses Wissen macht mich fertig. Er studiert mich lange, während ich mir alles durch den Kopf gehen lasse.

»Danke.« Ich strecke die Hand nach ihm aus, aber er weicht zurück, steht auf und blickt erwartungsvoll zu mir runter. Er hat sich an seinen Teil der Abmachung gehalten. Auch wenn er es nicht ausspricht, weiß ich, dass er darauf wartet, dass ich mich nun an meinen Teil halte.

»Willst du das wirklich? Ich soll verschwinden? Du willst mich nicht in deinem Leben haben?«

»Hast du gehört, was ich gesagt habe?«

»Jedes einzelne Wort.«

»Dann solltest du nicht darum kämpfen hierzubleiben, sondern schleunigst davonlaufen.«

»Das würde ich ja, aber du hast den besten Teil deiner Geschichte ausgelassen.«

Er zieht seine Augenbrauen hoch und schüttelt den Kopf. »Hör auf.«

»Uns. Das ist der beste Teil. Unser Teil.« Ich bewege mich auf ihn zu, aber er tritt zurück, einen Schritt, dann noch einen. »Sag mir, was ich dir sagen soll, was ich tun soll.«

Seine Stimme klingt heiser, als er spricht. »Gib mir meinen Bruder zurück.«

Ich schniefe, und ich spüre, dass mein innerer Widerstand wächst, obwohl er einen Schlag nach dem anderen austeilt und ich zusammensinken müsste. »Er ist das Einzige, was ich dir nicht geben kann.«

»Dann halte dein Wort und verschwinde.«

»Also gibst du mir doch die Schuld.«

»Nein, Cecelia, das tue ich nicht. Aber ich werde nicht noch mal die gleichen Fehler machen.«

»Es war kein Fehler.«

»Doch, und das weißt du.«

»Tobias, ich war die ganze Zeit bei dir. Von dem Moment an, in dem ich von hier weggegangen bin, bis jetzt war nichts in meinem Leben echt. Ich habe mich seit der Nacht, in der ich weggefahren bin, nicht mehr so lebendig gefühlt wie jetzt, wo ich dir sage, dass ich dich immer noch liebe, und du mir weismachen willst, dass ich ein Fehler bin. Aber ich kaufe dir nicht ab, dass du das ernst meinst.« Ich hebe das Kinn. »Ich würde mich jederzeit für ein Leben mit dir entscheiden und das Leben aufgeben, das ich bisher geführt habe. Wirf mich nicht weg. Schick mich nicht fort. Tu es nicht noch einmal.«

Er scheint sich ertappt zu fühlen, denn er beginnt, vor mir auf- und abzulaufen.

»Ich habe gestern Abend jedes Wort gehört. Du liebst mich immer noch.«

»Tu me rends tellement fou!« Du machst mich verrückt.

Er fährt sich mit den Händen in die Haare und dreht seinen Kopf, um mich wütend anzufunkeln. »Und wie stellst du dir das vor? Glaubst du, ich will dich … heiraten ?« Er schüttelt den Kopf, als sei das ein lächerlicher Gedanke. Seine Grausamkeit trifft mich. »Bildest du dir ein, wir fahren einfach in den Sonnenuntergang und vergessen alles? Zu viel ist passiert, du wolltest mir nicht verzeihen. Du wirst die Dinge, die ich dir angetan habe, nicht vergessen. Ich kann die Dinge nicht vergessen, die ich dir und meinen Brüdern angetan habe. Alles ist aus dem Ruder gelaufen, und alles hat sich verändert.« Drohend kommt er einen Schritt auf mich zu und schaut mich resigniert an. »Wir bekommen kein glückliches Ende, Cecelia. Nur ein Ende.«

»Und warum muss es so enden? Wir können …«

»Du glaubst immer noch, dass Liebe und Sex die Antwort auf alles sind. Das ist dein Problem. Du hast selbst gesagt, dass du nie objektiv genug warst, um Wahrheit und Fantasie auseinanderzuhalten. Liebe und Sex sind am Ende nichts. Mein Bruder hat dich geliebt. Er war in dich verliebt, als er gestorben ist, um dich zu schützen, und Sean hatte die gleichen Gefühle für dich. Inwiefern hat das bitte geholfen? Kein bisschen. Es löst nichts, repariert nichts. Es bringt nur Probleme und Komplikationen. Du bist blind, wenn du was anderes glaubst.«

»Nein, du bist blind. Denn sie wussten, dass ich ihre Liebe erwidert habe. Und ich kann sie für das lieben, was sie für mich waren, und für das, was wir miteinander hatten, genauso wie jede andere Frau einen Ex-Freund. Ich bereue nichts, und ich werde es niemals bereuen oder mich dafür entschuldigen. Denn es ist nicht nichts. Und das musst du einfach akzeptieren, verdammt. Doch all das hat sich in Luft aufgelöst, als du zum ersten Mal das angerührt hast, was du nicht hättest anrühren sollen. Und auch das ist ganz bestimmt nicht nichts.«

Der Schnee fällt nun dichter vom Himmel, doch ich wende meinen Blick nicht von ihm ab, bis er ihn erwidert.

»Liebe und Sex sind alles, Tobias. Sie sind alles, was zählt. Wenn ich mich an eine Sache klammern will, dann daran.« Ich schlage mir mit der Faust an die Brust. »Zwischen uns war etwas, und das ist auch jetzt noch so. Du hast mein Herz gestohlen, und du hast zugelassen, dass ich dich liebe. Und du hast sichergestellt, dass ich wusste, wo mein Herz zu Hause ist. Jetzt machst du einen auf unschuldig, stellst mich als Hure dar, die euch in die Quere gekommen ist, aber du bist einfach nur feige. Wobei, das ist zu milde. Du bist ein verlogener Wichser, du wusstest ganz genau, was du tust.«

»Nein! Ich wusste es nicht! Ich wusste nichts! Ich wusste nicht, dass es mich zerstören würde, dich mit ihnen zu sehen, als sie zurückgekommen sind. Ich wollte nicht wissen …« Er schlägt mit der Faust gegen den kleinen Tisch zwischen den Liegestühlen und brüllt wie ein verletztes Tier, stößt ihn um. Sein Blick ist wild vor Eifersucht und Angst. Angst davor, das zuzugeben, was er jahrelang nicht zugeben konnte. »Ich wusste nicht, wie verdammt besessen ich von dir war, bis ich gesehen habe, wie sehr sie dich geliebt haben.«

Ich stehe regungslos da und schaue in seine wütenden Augen.

Eine tiefe Ruhe legt sich über mich. »Ich gehöre immer noch dir, Tobias.«

Er schüttelt seinen Kopf, in dem ein Krieg tobt.

»Ich war immer dir bestimmt. Das hast du selbst gesagt, bevor alles in die Brüche gegangen ist. Und das wussten sie, als sie uns zusammen gesehen haben, genauso wie du es weißt. Deswegen kann ich nicht vergessen, deswegen quält mich mein Herz immer noch.«

Er bläht wütend die Nasenflügel, aber sein Blick wird mit einem Mal viel weicher. »Du musst dir die romantische Vorstellung von uns aus dem Kopf schlagen. Wir waren nie mehr als ein Fehler. Ein Fehler, für den wir beide teuer bezahlt haben. Lass los. Lass mich los.«

»Liebst du sie?«

»Ich vertraue ihr. Ich respektiere sie.«

Beide Aussagen treffen mich hart, lassen mich unvorstellbaren Schmerz empfinden. Doch die Wahrheit, die in dem Teil liegt, den er ausgelassen hat, ist so klar, dass ich ein wenig Trost daraus ziehe. »Aber du liebst sie nicht.«

»Ich bin mit ihr zusammen. Das genügt.«

»Nein, das genügt nicht. Du kannst sagen, was du willst, aber du hängst immer noch genauso sehr an uns wie damals. Ich spüre es. Jeden verdammten Tag spüre ich es. Du hast mich genauso wenig vergessen wie ich dich. Und ich will deine Vergebung nicht, weil ich dir auch nie vergeben werde. Aber ich gehöre dir. Die beiden haben einen Platz in meinem Herzen – aber dir gehöre ich. Alles gehört dir – mein Geist, mein Körper, meine geschundene, tief verletzte Seele. Du bist der Sieger, und das ist dein Gewinn, aber du bist so ein Scheißfeigling, dass du ihn ausschlägst. Du versteckst dich hinter deinem ach so wichtigen, ach so großen Ziel und hinter dem Tod deines Bruders. Du hast mich nicht zufällig für dich gewonnen, Tobias, ich habe längst dir gehört. Du hast mich für dich beansprucht, bevor dein Bruder gestorben ist.«

Er zuckt zurück, als hätte ich ihn geohrfeigt, und in gewisser Weise habe ich das auch. Wir stehen nebeneinander an der imaginären Grenze, die er gezogen hat und die uns verbietet zu glauben, dass wir den jeweils anderen verdient haben – nicht nach diesem Verlust.

»Einer von uns muss es aussprechen. Wir wussten es. Wir wussten, was wir aneinander gefunden hatten, aber wir wussten nicht damit umzugehen, weil es auf die falsche Art begonnen hatte – mit dem Betrug zweier Männer, die wir beide geliebt haben. Und du glaubst, du kannst oder darfst nicht mit mir zusammen sein, weil du diese Schuld mit dir herumträgst. Aber das ist jetzt unsere Realität, und du bist nicht der Einzige, der etwas verloren hat. Er ist tot, Tobias, und er kommt nicht mehr zurück. Das können wir genauso wenig ändern wie die Wahrheit: dass wir uns immer noch lieben.«

»Verdammt, Cecelia. Lass die Vergangenheit los!«

»Dominic wusste es, Tobias. Wenige Sekunden, bevor er gestorben ist, hat er mir gesagt, dass er dich noch nie so glücklich gesehen hat.«

Tobias schüttelt den Kopf, seine Augen werden trüb.

»Ich bin zurückgekommen, um Frieden zu schließen«, sage ich eindringlich. »Um den Verlust zu betrauern, um Antworten zu bekommen. Aber jetzt erkenne ich, dass ich auch zurückgekommen bin, um das Leben einzufordern, das ich will. Mit dir. Denn trotz aller Schuldgefühle weiß ich, dass wir es verdient haben, den Rest unserer Strafe zusammen abzusitzen. Wir sind die einzigen Menschen, die einander heilen können. Ich sage nicht, dass es einfach wird, ich sage nicht mal, dass es funktioniert, aber wir haben die Chance verdient, es zu versuchen. Denn auch wenn die Wahrheit schmerzt, das mit dir war echt. So echt wie nichts, was ich vorher oder hinterher je hatte. Es ist stärker als dein Drang, dich zu rächen, oder dein Versprechen gegenüber irgendwelchen anderen Menschen. Richtig oder falsch, mein Platz ist bei dir, und du gehörst genauso zu mir. Gib es einfach zu.«

Abrupt zieht er mich zu sich heran und krallt sich in meiner Jacke fest. In seinen Augen erkenne ich, dass ihn meine Worte berührt haben. Ich sehe, dass sich seine Schultern entspannen, dass ein Widerstand in ihm bricht und sich etwas in seinem Inneren löst.

»Ich liebe dich«, sage ich leise. »Es ist noch nicht zu spät.«

»Cecelia?«

Ich erstarre.

Tobias schaut erschrocken über meine Schulter und lässt mich los. Dann tritt er von mir weg und dreht sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen ist.

Collin.