Es war Irrsinn. Absoluter Irrsinn. Der volle Mond, der die Szenerie beleuchtete, machte es für Luc umso deutlicher.
Schon auf dem Weg hierher hatten ihn die Menschen angesehen wie einen Außerirdischen. Das lag nicht am Surfbrett, mit dem Luc auf dem Boulevard in den Bus der Linie 31 gestiegen war, nein, es gehörte zum Charme dieser Stadt, dass die Surfer hier einfach den Bus benutzten, das Surfbrett lässig unter den Arm geklemmt. Aber aus ihren Sitzbänken heraus musterten sie ihn, und einer hatte ihn angesprochen, auf Spanisch, Luc hatte kein Wort verstanden, am Ende hatte der Mann kopfschüttelnd aufgegeben. Armer Irrer, hatte sein Blick gesagt, Selbstmörder.
Nun stand Luc am Strand von Zurriola und wusste genau, was sie meinten, mehr noch: Mit ziemlicher Sicherheit hätte er in seinem Surfrevier jeden, der zu dieser Stunde mit einem Brett am Strand stand, sofort gestoppt. Dabei war Carcans-Plage im Gegensatz zu diesem Strand eine gemütliche Spielwiese.
Hier, in der felsigen Bucht, gab es ein Gesetz: Nachts surfte man nicht – und erst recht nicht bei diesem Sturm, der am Abend aufgezogen war.
Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass die Hintermänner gewusst hatten, dass das Wetter umschlagen würde.
Luc beobachtete den gewaltigen Wellen-Swell, der in die Bucht drückte. Zurriola war ein herrlicher Strand, goldener Sand, flach abfallend. Hinter ihm schliefen die Bürger der Stadt in ihren ausladenden Wohnungen, rechts stiegen sanft bewaldete Hügel an, die weiter hinten zu einer schroffen Felsenküste anwuchsen. Es war ein magischer Ort, an dem an Frühsommerabenden normalerweise Hunderte Paare saßen und die Wellen betrachteten, sich küssten, die Nacht genossen. Heute war hier außer Luc niemand. Und das sagte alles, was er wissen musste. Blitzten sonst kleine weiße Schaumkronen auf den Wellen, war heute das ganze Meer weiß, eine einzige Brandung, die Wellen rasten kreuz und quer durch die Bucht. Draußen, auf dem offenen Meer, auch das vom Mond gut beleuchtet, ging es noch wilder zu. Die schwarzen Wellenkolosse waren sicher double overhead, also deutlich über drei Meter hoch. Das hier war Kamikaze.
Er spürte das Gewicht der Reisetasche auf seinem Rücken, er hatte sie über den Wetsuit geschnallt und mit mehreren Riemen gesichert. Links lag der Monte Urgull, ein hoher Berg, der mitten in der Altstadt begann, und auf dessen Spitze eine Jesusstatue stand, angestrahlt von gelben Scheinwerfern. Luc schloss die Augen, dann bekreuzigte er sich, schnallte sich das Brett mit dem Klettband um den rechten Fuß, nahm dann das zweite Klettband, das er wenige Stunden zuvor extra gekauft hatte, und befestigte es am linken. Er wollte überleben.
Mit dem ersten Schritt ins Meer empfing ihn die Kälte, trotz des Neoprenanzugs, das Wasser schien ihn regelrecht fesseln zu wollen. Er hatte sich ganz bewusst gegen Surfschuhe entschieden, für diese Aufgabe brauchte er Gefühl.
Schnell stand er brusthoch im Wasser, und die ersten Wellen griffen nach ihm, er spürte ihre Wucht, er glitt bäuchlings auf das Brett, das ziemlich kurz war, dafür aber auch pfeilschnell, er hatte es noch gut gewachst, nun fand er Halt und legte los, pflügte mit den Armen durch das Wasser und spürte, wie das Board immer weiter beschleunigte, auch gegen den Wind.
Um ihn war nun wirklich Nacht, Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, doch Luc blickte nur noch nach vorn und paddelte wie ein Besessener. Hier im Weißwasser ging das noch ganz gut, er kam voran, die Wellenberge konnte er mit Schwung überpaddeln, er spürte, wie das Brett angehoben wurde, dann senkte es sich wieder, und er nahm das Tempo mit für die nächsten hundert Meter. Doch schon nach kurzer Zeit wurden die Wellen, die auf ihn zukamen, deutlich höher.
Er sah sich um. Er war allein. Gänzlich allein. Die Lektion seines Surflehrers viele, viele Jahre zuvor hallte in seinen Ohren:
Surfe niemals allein. Sicher, in Carcans ging er auch mal alleine ins Wasser, allerdings am helllichten Tag. Und dann war da auch immer jemand anders, der gleichzeitig im Ozean war – wenn es ein Problem gab, würde derjenige Hilfe holen können. Hier aber, in tiefer Nacht, war niemand.
Luc blickte wieder nach vorne, einer der ersten richtig großen Brecher kam auf ihn zu, er paddelte das Monster an, doch es warf ihn zurück, hob sein Brett an und warf es auf den Rücken, als wäre es ein Spielzeug, Luc konnte noch mit der Hand seinen Kopf schützen, das Brett schlug knapp neben ihm ein. Er griff nach dem Board und zog sich wieder hinauf, er orientierte sich, er hatte bestimmt zweihundert Meter verloren, weil die Welle ihn zurückgespült hatte. Weiter. Er musste weiter.
Er zog wieder an, dort vorne rollte die nächste Wellenwand an. Luc holte tief Luft, dann legte er sich mit seinem Oberkörper auf die Nase des Brettes, stützte sich mit dem rechten Knie auf der Mitte ab, umklammerte das Brett mit ausgestreckten Armen und drückte es genau in dem Moment unter Wasser, in dem die Welle noch ungebrochen genau vor ihm war. Er tauchte ein in diesen dunklen Ozean, seine Augen hielt er ganz weit aufgerissen, er atmete langsam und kontrolliert aus, für einen langen Moment sah er die Welle von unten, während sie über ihn hinwegdonnerte. Er spürte ihre gewaltige Kraft, aber hier in ihrem Wassertunnel war er davor geschützt, er nutzte das Tempo, dann tauchte er wieder auf, paddelte über Wasser schnell weiter, der Duckdive hatte geklappt, so nannten sie das Manöver, das Ententauchen, doch dort vorne kam schon die nächste Welle, er beschleunigte wieder, das gleiche Manöver, abstützen, Brett runterdrücken, untertauchen, der Mond war wieder hervorgekommen, deshalb glänzte das Wasser, als er unter der Oberfläche war, seidig und klar, all die weißen Bläschen um ihn herum, er konnte nicht anders, er musste lächeln. Wieder auftauchen, die Entfernungen abschätzen, er musste weit nach Osten, dort vorne ragten die schwarzen Felsen auf, Schatten nur. Er war wieder in einem Wellental, deshalb hätte er das Boot nicht sehen können, selbst wenn es schon da wäre.
Würde es überhaupt da sein? Er konnte sich nicht zu lange mit dieser Frage beschäftigen, schon musste er die nächste Welle durchtauchen, doch nun hatte er seinen Rhythmus gefunden und beschleunigte immer weiter, er wandte sich um, der Strand war längst weit hinter ihm, er hatte die halbe Strecke zu den Felsen hinter sich gebracht.
Luc begann das Brett zu mögen, das so kurz und schnittig war, spitz zulaufend, der Körper aus gutem blanken Holz, er spürte, wie die Wellen nachgaben, er kam gut voran, doch in seinem Gesicht hatte die Kälte ihre Spuren hinterlassen, er fror, er fror wirklich, der stürmische Atlantik zehrte an ihm.
Als er die Bucht verließ, kam das offene Meer trotz allem unerwartet, die Wellen nahmen an Kraft zu, und sie hatten die Richtung geändert, ein winziges Stück nur, aber sie kamen nun in einem Winkel aus Westen, den Luc nicht vorhergesehen hatte. Er war schon nah an den Felsen, er beobachtete den Horizont, er versuchte es zumindest, doch das Meer war zu unruhig, als dass er seinen Blick hätte fokussieren können – immer wieder wurde er angehoben und herabgeworfen, ein Spielball der Elemente.
Er sah sich in diesem Moment von oben, ein schneller Pfeil und dennoch winzig klein im riesigen Schwarz des Ozeans.
War das ein Licht dort vorne? Luc sah genauer hin. Vielleicht hundert Meter entfernt tauchten rechter Hand die ersten Felsen auf. Darüber verpasste Luc die erste Welle der neuen Sequenz, sie war riesig, ein Berg aus Schaum, gänzlich unerwartet, sie hob das Brett an und warf es wieder herunter, ohne dass er sich hätte dagegen wehren können, auf einmal war er unter Wasser und nicht mehr auf seinem Board, sondern darunter, es tanzte über ihm, er sah es mit offenen Augen, die Spitze durfte ihn nicht treffen, bloß nicht, er hielt die Luft an, die Waschmaschine begann, des Surfers Albtraum, dabei kam er direkt in den Strudel der sich entladenden Welle, und die warf ihn unter Wasser herum. Er musste seinen Atem kontrollieren, es konnte sein, dass er durch die Kraft des Sturms über sich für mindestens eine Minute nicht mehr an die Luft kam, er spürte, wie das Brett an seinem Fuß zerrte, spürte, wie ihn die Tasche weiter nach unten zog, irgendwann rollte er sich zusammen wie ein Embryo und überließ sich dem Spiel der Welle, ein Krachen und Donnern, bis sie und auch die nächste Welle vorbeigezogen waren, es waren sicher zwei Minuten gewesen, endlich tauchte er auf, sein Brett wurde durch das Band neben ihm gehalten, er schmiss sich darauf, doch diesmal war er geistesgegenwärtig genug. Da kam der nächste schwarze Brecher, zu spät für einen Duckdive, er hielt sich am Brett fest, umklammerte es mit Armen und Beinen, dann drehte er sich damit auf den Rücken, das Brett wie eine Geliebte über ihm, die Eskimorolle, wenn nichts anderes mehr ging, ging sie noch, ein Schutz von oben, er drückte von unten, und die Welle überrollte ihn, er überstand auch sie und tauchte auf, da war der Mond über ihm, und auf einmal war das Meer ruhiger – und … Doch was war das? Er spürte die Leichtigkeit, und sie war falsch, er griff auf seinen Rücken. Die Tasche, verdammt.
Die Riemen mussten sich in der ersten Welle gelöst haben und dann in der Eskimorolle vollends aufgegangen sein, er blickte hinab ins Dunkel, er schüttelte den Kopf, murmelte, schrie Merde, Merde, Merde – keine Zeit, er sah hinab, er durfte nicht, niemals, aber … Er musste es tun.
Er löste die Leinen von seinen Füßen, die ihn mit dem Brett verbanden. Er trennte damit seine Lebensversicherung. Ein Surfer trennte niemals die Leash von dem Gegenstand, der ihn im Zweifel über Wasser hielt, aber es gab keine andere Möglichkeit. Das Salzwasser verklebte seine Augen.
Luc sprang vom Brett und tauchte unter, keine Ahnung, wie tief der Ozean hier war. Er tauchte und tauchte, dankbar für das Mondlicht, wenigstens das. Er sah das schwarze Etwas erst nach einer Weile, doch, da war sie, es sah aus, als schwebte sie, er beschleunigte, die Arme stießen nach unten, seine Lunge war fast leer, er griff nach der Tasche, einmal rutschte er ab, aber dann hatte er sie und zog sie mit sich, die verdammte Tasche mit dem verdammten Kokain, wie gerne hätte er sie hier unten gelassen, in der Ewigkeit des Meeres, doch es ging nicht, er musste seine Tochter retten, er tauchte auf, da war schon das nächste Ungetüm direkt über ihm, die Wellenlippe schlug genau neben seinem Kopf ein, in seinem Ohr fiepte es, und er wurde unter Wasser gedrückt. Zu spät sah er den Felsen, er war zu nah herangetrieben, spitz ragte er unter ihm auf, die Küste hatte ihre Verlängerung unter Wasser, ein Schlag, ein Riss, er spürte den stechenden Schmerz sofort, in seinem Neoprenanzug wurde es warm und kalt zugleich, er schrie auf, dann kam das Adrenalin, und er tauchte wieder auf, kraulte mit einem Arm zu dem Brett, das ein paar Meter weitertrieb, zog sich darauf, zerrte sich die Tasche über die Schulter und setzte sich auf, dann endlich betrachtete er seinen rechten Arm und sah, was ein schlechtes Zeichen war: Der spitze Felsen hatte erst den Neoprenanzug aufgeschnitten und dann auch seinen Arm, unterhalb der Schulter, der Oberarm, der Bizeps, ein großer Schnitt, der gehörig blutete. Die Wunde ging tief ins Fleisch, Gott sei Dank nicht bis auf den Knochen, er beugte sich ins Wasser und hielt den Arm hinein, es brannte wie Feuer, doch die Kälte stoppte den Blutfluss, er hatte nicht mehr viel Zeit, er sah wieder auf, dort vorne waren die Positionslichter. Leise tuckerte ein ganzes Stück entfernt der Motor des Bootes. Mit seinem gesunden Arm paddelte er wieder los, den anderen versuchte er, ruhig zu halten. Zu seiner Rechten ragte das Ende der Küste auf, eine steile Klippe, die sie Monpas nannten. Er zog daran vorbei, dann konnte er das Boot aus der Nähe sehen: Es war eine schwarze Yacht, ein Luxus von einem Boot, er hielt darauf zu, noch hundert Meter, noch fünfzig, er hielt sich im Schatten des Bootes, das ihn vor weiteren Wellen schützte.
Eines der Bootsfenster war erleuchtet, er paddelte darauf zu, wollte einen Blick hineinwerfen. Doch da trat oben an Deck ein Mann ins Licht. Er erkannte ihn sofort. Der Mann trug eine Waffe in der Hand, einen Revolver. Er sah grimmig zu Luc hinunter, der sich auf seinem Brett aufgesetzt hatte. Der Mann richtete die Waffe auf ihn. Der Commissaire schloss die Augen. Sollte es so enden?
»Los«, sagte der Mann, sein Akzent osteuropäisch.
Luc sah ihn an.
»Tasche …« Er wies mit seinem Kopf zu der Tasche, die Luc über der Schulter trug. Unter Schmerzen warf er sie an Bord.
»Gracias«, sagte der Mann, der ohne Zweifel der Gorilla war, den Luc in der Nacht zuvor verprügelt hatte. Sein Blick sprach Bände. Er hob die Waffe wieder, Luc machte sich auf seinem Board ganz klein. Er schoss. Die Kugel spritzte einen Meter neben dem Commissaire ins Wasser. Luc hob die Hände hoch.
»Was …«
Der Mann zielte wieder, doch dann erklang aus den Eingeweiden des Bootes eine Stimme, die Luc selbst durch das Wellengetöse hörte. Sie sagte ein Wort, ein klares und deutliches »Nein«.
Der Gorilla sah wütend drein, doch dann zuckte er die breiten Schultern, wandte sich um und ging zum Steuerrad. Er legte den Gashebel um, und das Boot machte einen Satz vorwärts.
Die Stimme … Er hatte sie schon mal gehört. Kein Zweifel. Das Boot zog an ihm vorbei, Luc gelang es, doch noch in das Fenster zu schauen. Es war nicht mal eine Sekunde, in der er stutzte, versuchte, genauer hinzusehen, hatte er sich getäuscht? Nein, das konnte nicht sein. Er sah noch den Namen des Bootes hinten auf dem Heck, dann verschwand es in der Dunkelheit, und Luc war wieder den Unbilden des Meeres ausgeliefert.
Der Name aber hatte sich auf seiner Netzhaut eingebrannt. Christine.
Es tat einen Knall in seinem Kopf, als wäre etwas explodiert. Eine Welle schob ihn von hinten an. Er verdrängte den Gedanken. Er musste überleben. Darum ging es jetzt.
Er zuckte zusammen, spürte den Schmerz in seinem Arm wieder. Wie sollte das gehen? Surfen, mit einem Arm?
Er studierte den Horizont, das Boot war verschwunden. Dort hinten kamen Wellen. Er brauchte nicht irgendeine Welle. Er brauchte eine große, tragende. Er brauchte seine Welle.
Er ließ einige kleinere Exemplare unter sich durchrauschen, ließ sich anheben und wieder von der Welle schieben.
Da, dort draußen, waren große Wellen, eine Sequenz, die funktionieren konnte. In der Ferne sahen die Erhebungen noch klein aus, aber Luc wusste, wie das täuschte, dass sie sich noch aufbauen würden. Er legte sich auf sein Brett, Vorbereitung war alles, er war leichter ohne die Tasche, er sah nach hinten, die Welle wuchs an, er musste schnell sein, schneller als jetzt in jedem Fall. Die Welle strebte nach Westen, in Richtung Strand, er paddelte wie ein Verrückter, erst nur mit dem funktionierenden Arm, dann schnaubte er, steckte den anderen auch ins Wasser, egal der stechende Schmerz und das Brennen, er paddelte und paddelte, nahm Tempo auf, und dann war die Welle genau hinter ihm, er hörte ihr Dröhnen, er sprang in dem Moment auf, als sie ihn anschob, sie griff nach dem Brett, doch nun war sie Lucs Element, er hatte keine Angst mehr, er musste nur tun, was er konnte, er lenkte nach rechts, sauste den Wellenberg hinab, und dann ließ er sich schieben, er durfte nicht herabfallen, nicht hier, so weit draußen, im offenen Meer, aber es gelang. Immer wieder surfte er hinein in die hohe Welle, die sich zu seiner Rechten aufbäumte wie ein Berg, ja, sie war zweimal so groß wie er, also deutlich über dreieinhalb Meter, aber noch brach sie nicht, das Meer war hier noch zu tief, er wurde geschoben und geschoben, in einem Wahnsinnstempo, er hatte ewig gebraucht, um hinauszupaddeln, vielleicht eine halbe Stunde, das hier aber war eine Sache von zwei Minuten. Und mitten in dieser wilden Fahrt begriff er, was er da gesehen hatte in dem Boot, er begriff es mitten in der Welle, und er schrie, schrie seine Angst und Wut heraus, er würde diesen Wahnsinn überleben, diese Hölle, diesen Mann, diesen Mörder, er, Luc Verlain. Merde!
Er sah die Mole aus Steinen wie eine dunkle Wand, sie begrenzte den Strand an seiner Westseite, er dürfte nicht darauf zurasen, doch die Welle entließ ihn nicht, zu viel Tempo, er wollte nicht an diese Steine geschmettert werden, er verlagerte das Gewicht auf die Spitze des Bretts, setzte sich wieder in die Spitze der Welle, sauste den Abhang hinunter, noch schneller, er bremste und lenkte gleichzeitig, es war eine Frage von zehn Metern, keine Ahnung, ob es auch Steine unter Wasser gab, er riss das Brett herum, und dann sauste er rechts an der Mole vorbei, so knapp, dass er die Steine hätte berühren können, und dann war er wo? Er war wirklich in der Mündung des Flusses Urumea, und die Welle schob ihn immer noch, mit verminderter Geschwindigkeit natürlich, aber es reichte, er war aus dem Meer zurückgekommen, jetzt trieb ihn diese Welle in den engen Strom, und er ließ sich ausrollen, riss die Arme hoch, er hatte es geschafft, er trieb unter der Brücke am Kursaal durch, dann löste er die Leash von seine Füßen, sah sich noch einmal um, sprang und landete unter Wasser und ließ das Brett auf dem Fluss allein weiterfahren. Er wollte es nie wiedersehen.
Einige Minuten später stieg Luc die Treppe zur Brücke hoch, auf der einige Nachtschwärmer unterwegs waren, und sah auf das nächtliche Meer und die beleuchtete Stadt zu seiner Linken. Niemand schenkte ihm Beachtung. Er wusste jetzt mehr als vorher. Vielleicht wusste er schon alles. Und: Er hatte überlebt.