Laut einer Studie wählen 40 ,1 Prozent der Menschen im Alter zwischen 18 und 33 Jahren ihren Urlaub danach aus, ob er gute Fotos für ihren Insta-Account hergibt. Und diese Studie ist schon wieder drei Jahre alt. Vermutlich hat sich die Zahl ein bisschen nach oben hin korrigiert.
Über die Motive möchte ich an dieser Stelle mit Ihnen gar nicht reden, da mag es viele Gründe geben, und nicht alle müssen oberflächlicher Natur sein. Ich möchte Ihnen nur von meiner Erfahrung berichten, und vielleicht haben Sie schon eine ähnliche gemacht.
Wenn wir an unserem langersehnten, instagramtauglichen Reiseziel angekommen sind, verbringen wir womöglich einiges an Zeit damit, Erinnerungsfotos für vielleicht auch diese Plattform zu machen. 1990 waren wir noch mit der analogen Kamera unterwegs, heute eben mit dem Handy. Wir schauen uns die Sehenswürdigkeiten durch ein Display an.
Böse gesagt: Das könnten wir auch von zu Hause aus (und tun es).
Also, dafür muss ich nicht wegfliegen. Um mir Sehenswürdigkeiten auf diese Weise anzuschauen, reicht streng genommen ein schöner Bildband. Da muss ich mich nicht mal in die Schlange stellen oder über Köpfe hinweg schauen.
Ich will dieses »Erinnerungen-Festhalten« (für wen auch immer) weder verurteilen noch ganz von mir schieben, denn ich mache ja auch jede Menge Fotos. Aber ich möchte Ihnen jetzt gern von einer für mich neuen Art des Städtetrips berichten.
Es begann am Gardasee, in Sirmione, um genau zu sein. Eine absolute Touristenhochburg. Ich habe mir die Stadt, oder besser gesagt, die ganze Region, erlaufen. Und habe sie durch das Joggen ganz anders wahrgenommen.
Um sieben Uhr morgens, als die Geschäftsleute ihre Rollläden langsam hochzogen, als die kleinen Gassen die Spuren der letzten Nacht hinter sich ließen, als Einheimische sich auf den Weg zur Arbeit machten, da lief ich los. Diese Stimmung pur aufzusaugen war etwas ganz anderes, als sich am Mittag mit Touristen durch eine Stadt zu schieben.
Ich konnte nicht ständig das Handy zücken, weil es mich aus dem Trott gebracht hätte.
Ich erlief mir einen Gesamtüberblick und entdeckte Dinge, die ich mir später am Tag noch mal in Ruhe anschauen würde.
In stark überlaufenen, touristisch sehr erschlossenen Metropolen habe ich mir auf diese Weise die schönsten Gassen, coolsten Geschäfte und Geheimtipps-Restaurants erlaufen. Vor- und Nachteil zugleich: Ich gehe natürlich so verschwitzt in kein Geschäft und probiere ein Kleid an. Oftmals habe ich auch ein Geschäft, das mir beim Dranvorbeilaufen sehr gefiel, später nie mehr wiedergefunden. So blieb das Kleid leider am Gardasee.
Es hat etwas Echtes, Pures und Bleibendes.
»Weißt du noch, wie wir da entlanggelaufen sind?«, schafft eine andere Art der Erinnerung für mich als, »Das haben wir doch vom Bus aus gesehen« oder »Hier haben wir doch das Foto gemacht«.
Es hat nichts mehr von diesem Sehenswürdigkeiten-abklappern- oder Instagramtaugliche-Fotos-schießen-Modus, sondern wird zu etwas viel Intimerem und nebenbei auch etwas sehr Gesundem.