Es sind noch gut zwei Wochen bis zu meinem 40 . Geburtstag und demzufolge noch gut zwei Wochen bis zu meinem selbst gesteckten Ziel: dem Halbmarathon.
Es ist Wochenende, Samstag, um genau zu sein, und die letzten Tage waren bestimmt nicht die allerbesten, um sich auf einen so langen Lauf vorzubereiten. Also, zumindest so lange nicht, bis Wissenschaftler herausfinden, dass Schokosahnetorte und Rosé für die Kondition unentbehrlich sind. Denn davon waren – aufgrund eines Familienfestes – die letzten Tage geprägt. Und weil die Torte allein zu süß gewesen wäre, gesellte sich noch eine relativ große Menge an Grillfleisch und sonstigen Leckereien dazu. Nicht in schwindelerregenden Mengen, alles genussvoll, aber aus meiner Sicht eben doch latent zu viel, um mich zu Höchstleistungen zu verleiten.
Dennoch klingelt an dem Samstag um 7 Uhr 30 der Wecker.
Und bevor Sie gleich anfangen zu weinen und sagen: UM GOTTES WILLEN , an einem Samstag den Wecker stellen, fürs Laufen … So weit kommt es noch …
Das sind die Prioritäten, meine Damen.
Es ist eine bewusste Entscheidung, die ich treffe.
Und wenn man diese erst einmal getroffen hat, fällt auch das Meckern im Nachgang darüber flach. Denn: Mich zwingt ja niemand.
Vielleicht ist das das Geheimnis des langfristigen Laufkonzeptes: Wer hier die Entscheidung trifft …
Ich laufe los und merke nach vier Schritten: läuft! Heute ist ein guter Tag!
Liebe Wissenschaftlerinnen, bitte nehmt das ernst und checkt vielleicht noch mal die Erhebungen zum Effekt von Sahnetorte.
»Bist du gut drauf?«
»Ja, total!«
»Prima, dann lass uns mal die 16 Kilometer anpeilen«, der Liebste – er nun wieder. Er, der schon drei Millionen Marathons gelaufen ist und auf meinen Wunsch ein bisschen meinen Trainingsplan begleiten soll.
»Okay, schaffe ich!«
Und ich schaffe es tatsächlich. Natürlich merke ich den Rest des Tages, dass ich was getan habe, davon war auszugehen.
Und abgesehen davon, dass ich die 16 Kilometer in einer Pace unter sieben Minuten gelaufen bin, passierte noch etwas anderes. Etwas, was sich vermutlich schwer nachvollziehen und kaum glauben lässt: Ich bin eingedöst.
Anders kann ich Ihnen diesen Zustand nicht beschreiben.
Es war wie eine Art Power-Nap.
Auf einem unspektakulären und ebenen Waldboden, so nach einer Stunde und zehn Minuten, auf einem Stück, auf dem ich länger nicht gelaufen war, driftete ich ab. Ich starrte vor mich hin und war dann wie weg. Als würde das nicht schon strange genug klingen, schwöre ich Ihnen, dass eine innere Stimme mit meinem Unterbewusstsein sprach: Schlaf ruhig, drifte ab, aber achte auf deine Beine! Du musst sie hoch genug heben, damit du nicht stolperst.
Und das tat ich.
Diese beiden Stimmen sprachen miteinander, und ich hatte wenig zu melden.
»Sag, wo bin ich hier?«
»Im Wald, alles ist gut. Lauf weiter.«
»Ja, aber wo im Wald? Das kommt mir so fremd vor.«
»Alles ist gut, du bist daheim.«
Dieser Zustand hielt sich exakt so lange wie der Bodenbelag. Als der Waldboden zum Asphalt wurde, erwachte ich aus meiner Trance und fühlte mich ein bisschen wie nach einer Hypnose. Nur nicht so veräppelt. (Fun Fact am Rande: Ich habe mal Hypnose zum Abnehmen versucht, das Einzige, was schlanker wurde, war meine Geldbörse.)
Ich lief meine 16 ,1 Kilometer durch, in 1 :52 Minuten.
Trotz oder wegen der Sahnetorte, mit einem Lächeln im Gesicht und der tiefen Gewissheit, dass meine Beine ganz ohne mein Zutun laufen können und ich mich dabei sogar noch erholen kann.