Mach mal Pause

Auf dem Weg zum Laufen geht man ja viel.

Zu Beginn bin ich ständig gegangen. Wenn es bergauf ging, wenn ich zu sehr außer Atem kam, kurz: immer dann, wenn es mir zu anstrengend wurde.

Auf Anstrengung hatte ich keine Lust.

Im Gegenteil, ich fand, ich hatte im Leben genügend Anstrengungen gemeistert. Warum sich also jetzt bei einem freiwilligen Thema wie dem Laufen auch noch anstrengen?

Also machte ich viele Gehpausen. Was in Ordnung ist. Auch damit ist man noch aktiver als manch einer, der sein Dasein auf der Couch fristet.

Irgendwann, ich berichtete davon, hegte ich aber den Wunsch, durchzulaufen. Und von diesem Tag an machte ich gar keine Gehpausen mehr. Nie.

Wenn ich eine Pause machte, war es die Beendigung des Laufens. Nie wäre ich dann auf den Gedanken gekommen, noch mal weiterzulaufen.

 

In meinem Kopf war abgespeichert: Du willst durchlaufen, dann tu es auch.

Gehpausen sind ab jetzt tabu!

Ein Lauf mit Pause ist kein Lauf!

 

Dass das eine Regel war, die ausschließlich in meinem Kopf existierte, lernte ich in Italien. Am Gardasee, um genau zu sein. Mitten in der Vorbereitung für den Halbmarathon.

»Ich möchte mindestens eine Stunde laufen«, kündigte ich schon am Abend vorher an.

»Wie du magst. Ich habe uns schon eine Route rausgesucht. Sie ist ganz eben, am See entlang, und da dürften wir ungefähr eine Stunde unterwegs sein.«

Gesagt, getan.

Da wir beide keine Langschläfer sind, waren wir früh auf den Beinen.

Dennoch war es schon warm.

Die Sonne knallte von einem fast makellosen, blauen Himmel.

Ich merkte nach kürzester Zeit, dass es ein Fehler gewesen war, nichts zu trinken mitgenommen zu haben.

Im Vergleich zu meiner Heimatstrecke war »eben« zwar ohne »Berge«, dafür aber auch ohne kühlen Schatten und frische Waldluft.

»Geht’s noch?«, fragte der Liebste.

Ich konnte nach gut 40 Minuten schon kaum noch antworten. Ich japste wie ein Fisch auf dem Trockenen, der dringend nach Wasser verlangt.

»Ich hole uns hier etwas zu trinken«, kündigte er an, verschwand in einem Kiosk und kam kurz darauf mit zwei kleinen Flaschen stillen, kalten Wassers wieder heraus.

Ich wollte meine im Laufen trinken, hörte aber meinen Unterstützer vorschlagen: »Lass uns fünf Minuten gehen, sodass du dich erholen kannst.«

Hä?

Wie, gehen?

Dann ist der Lauf ja vorbei.

»Nee, ich bin im Training«, versuchte ich mich noch zu wehren.

»Ja, genau deswegen.«

Und genau hier lernte ich also, wie unglaublich toll eine kurze – aber Achtung! nicht allzu kurze – Gehpause ist. Erst recht auf dieser für mich sehr anspruchsvollen Strecke.

Das Wasser und die Chance, den Puls wieder einzufangen, hatten etwas von einer Blitz-Regeneration.

Ich kam so schnell wieder zu Kräften, dass wir nach fünf Minuten Gehpause wieder einsteigen konnten und ich die zweite Hälfte wie ein ganz neuer Mensch gelaufen bin.

 

Mein Learning: