Die Pizza!

Die Pizza und ich.

Eine Geschichte voller Missverständnisse.

Ich mag die Pizza. Also die richtig gute vom Italiener. Noch nie die aus der Tiefkühltruhe. Dass da überhaupt »Pizza« draufstehen darf, ist aus meiner Sicht eine Frechheit!

Die gute, knusprige, wohlriechende, leider immer viel zu schnell kalt werdende Pizza vom Italiener, die liebe ich!

Aber diese Liebe beruhte nicht auf Gegenseitigkeit.

Machte sie mich doch stets müde, abgeschlagen und für jede konstruktive Tätigkeit unbrauchbar. Eigentlich konnte ich Pizza im besten Fall immer nur dann essen, wenn danach Feierabend war. Also im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn ich danach nichts weiter vorhatte, als mich mit geöffneter Hose irgendwo hinzulegen.

Daher liebte ich die Pizza auch besonders zu Hause. Wo man diverse Vorkehrungen treffen konnte wie die bequeme Jogginghose und die Coach.

Und die Pizza mochte mich natürlich auch deswegen nicht, weil sie schätzungsweise 7000 Kalorien hat. Wobei das gar nicht stimmt, denn eine gute Pizza vom Italiener hat, je nach Belag natürlich, so um die 1000 Kalorien.

Das Problem war aber, dass die Pizza stets etwas einleitete: den Nachtisch beispielsweise. Oder ungesunde Getränke. Oder vorab 13 Pizzabrötchen.

In meinem Kopf war also Pizza stets mit schlechtem Gewissen verknüpft.

Mit dem Gedanken, »Jetzt ist es eh egal, am Montag fängst du wieder an.«

Und dieses schlechte Gefühl hielt sich leider bis in den nächsten Tag hinein.

 

Es ist Ende April 2022 , als die Pizza und ich eine völlig neue Geschichte schreiben sollten.

Mein Trainingszustand ist für meine Verhältnisse, ich möchte sagen, auf dem Höchststand. In der Woche laufe ich meist so zwischen 25 und 35 Kilometer, ich ernähre mich langweilig gesund, trinke meine drei bis vier Liter am Tag, höchstens am Wochenende mal ein Glas Wein, schlafe genug, bin ohne Schmerzen und demzufolge auch ohne Schmerzmedikamentation. Sprich: Ich bin fit. Rundum fit.

An einem Samstag unternehmen wir mit der (Patchwork-)Family einen Ganztagesausflug nach Köln. Sightseeing, Bummeln, Zirkusbesuch und davor: Pizzaessen.

All diese Gedanken zur Pizza, die ich Ihnen eben dargelegt habe, sind zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr in meinem Kopf. Denn, das berichtete ich Ihnen bereits, dass Essen spielt eine völlig neue, nebensächlichere, natürlichere Rolle in meinem Leben. Und wenn wir zu fünft an einem wundervollen Frühlingstag in eine wirklich gute Pizzeria gehen, dann, so finde ich, darf man sich keinen Salat bestellen. Also, es sei denn, man hat wirklich großen, ehrlichen Appetit darauf. Den habe ich für meinen Teil in einer Pizzeria aber nicht auf Salat. Allein schon des Geruches wegen. Bei der Vorstellung, hier eine Gurke knabbern zu müssen – und ich liebe Gurken –, schießen mir die Tränen in die Augen.

Ich bestelle mir also, wie der Rest der Gang, eine Pizza. Mit Lachs. Und ein Kölsch.

In dem Moment, in dem der Kellner das Kölsch bringt und ich ansetzen will, bricht der Himmel über uns auf, und die Sonne scheint auf uns nieder. Ich schwöre es Ihnen! Vielleicht fällt so etwas nur mir auf, mag sein, aber ich glaube einfach an solche Zeichen. Es sind für mich Zeichen des kleinen Glücks, und wenn ich diese Momente nicht wahrnehme und genieße, wie soll ich denn dann bitte für das (was auch immer das sein mag) »große« Glück parat sein?

Das Kölsch ist schon himmlisch, aber bei der Pizza muss ich mich zusammenreißen, um nicht vor Glück in Tränen auszubrechen.

Nicht nur der Pizza wegen, sondern der drei gesunden Kinder wegen, des Liebsten wegen, der Gesundheit wegen. Weil wir alle zusammen hier sind und das Leben so genießen.

OHNE schlechtes Gewissen, ohne den Hauch vom »Jetzt ist es eh egal, Montag fängst du wieder an«-Gedöns! Das darf doch an solchen Tagen keinen Platz haben, finden Sie nicht auch?

 

Und wenn ich Ihnen nun sage, dass meine innere Einstellung dazu geführt hat, dass diese Pizza das müde, abgeschlagene Gefühl nicht ausgelöst hat?

Dann schmunzeln Sie vielleicht.

Und vielleicht haben Sie recht.

Ich glaube aber fest daran, dass sie ein Teil davon ist, dass ich mich im Anschluss gut gefühlt habe.

Der vermutlich größere Teil ist – und deswegen findet »Die Pizza!« überhaupt in dieses Buch –, dass mein Körper heute Lebensmittel ganz anders verarbeitet. Das Laufen hat meine körpereigenen Kraftwerkzellen – im Fachjargon die Mitochondrien – für eine Pizza bereit gemacht. Sie nehmen ihre Arbeit mit Vergnügen auf. So höre ich regelrecht, wie mein Körper sagt: »Alles gut! Wir kriegen das hin. Das darf sein. Genieße es!«

Und das tue ich.

Ebenso wie das Eis zum Nachtisch und Popcorn, samt gebrannter Mandeln im Zirkus. Mit ganzem Herzen und voller Genuss.

Als ob das nicht schon schön genug wäre, ist auch der Morgen danach kein Wackersteinmorgen.

»Mäuse, wenn ihr morgen früh wach werdet und wir sind nicht da, dann …«

»… seid ihr laufen«, ertönt es aus drei Nachwuchsmündern gleichzeitig.

Und es ist eine wundervolle Laufrunde, weil ich spüre, dass die Pizza jetzt ihrer Aufgabe nachgeht. Sie liefert die Energie für 13 Kilometer in 1 Stunde und 25 Minuten.