Kapitel Siebzehn

Jason und Derek fuhren zusammen zum Blockhaus und Jason ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um mit seinem Freund reinen Tisch zu machen, da dieser ihm im Auto nicht entkommen konnte. Er hatte von Dereks Feindseligkeit die Schnauze voll und hätte ihn am liebsten in seinem eigenen Saft schmoren lassen, aber er wollte nicht, dass seine miese Laune allen Beteiligten das Weihnachtsfest verdarb.

Derek gab zu, dass etwas geschehen musste.

„Ich muss wirklich versuchen, darüber hinwegzukommen“, stimmte er zu. „Ich weiß, dass ich ein miesgelauntes Arschloch bin. Du solltest sehen, wie die Leute bei der Arbeit vor mir Reißaus nehmen, wenn sie mich kommen sehen.“

Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen und das gab Jason Hoffnung, dass sich die Dinge bald wieder normalisieren könnten. Sie waren schon zu lange Freunde, als dass sie ihre Freundschaft jetzt einfach so wegwerfen könnten.

„Ich schwöre bei meinem Leben, Derek, ich habe noch nie mit einer deiner Freundinnen was angefangen. Noch nie.“

„Auch nicht mit Amy?“, fragte er. Amy war seine Highschool-Freundin gewesen. Sie beide waren in ihren letzten beiden Jahren in der Highschool ein Paar gewesen und hatten sogar versucht, eine Fernbeziehung zu führen, als Derek in einer anderen Stadt aufs College gegangen war. Ihre Romanze hatte jedoch die Entfernung nicht überlebt.

Jason legte die Stirn in Falten. „Amy? Nein, natürlich nicht.“

Derek zog die Augen zu einem Schlitz zusammen. „Nachdem ich weg aufs College gegangen bin, hat sie sich von mir getrennt. Sie sagte damals, sie hätte jemand anderen kennengelernt. Sie hatte wohl mit dem Kerl geschlafen und meinte, sie könne mich nicht mehr anlügen. Dann, eine Woche später, habe ich ein Bild von euch beiden auf Facebook gesehen. Du hattest einen Arm um sie gelegt und ihr saht sehr vertraut miteinander aus. Zu dem Foto hatte sie geschrieben: „Der sexyeste Kerl in Chicago!“

Das hörte Jason zum ersten Mal. Er erinnerte sich dunkel daran, Amy zufällig in einer Kneipe getroffen zu haben, als sie mit ihren Freundinnen unterwegs war. Sie hatte erwähnt, dass die Sache mit Derek vorbei war, aber sie hatten sich lediglich in einer Gruppe von Leuten unterhalten und ein paar Biere getrunken, bevor sie beide ihre getrennten Wege gegangen waren. Jason hatte sie mit Sicherheit nicht mit nach Hause genommen.

Er schüttelte den Kopf. „Ich habe sie nicht angerührt.“

Derek hob die Augenbrauen. „Der sexyeste Kerl in Chicago?“

Jason zuckte die Schultern und lachte albern. „Sorry, Alter. Wenigstens warst du nicht in Chicago, als sie das geschrieben hat.“

Derek boxte ihn auf den Arm. „Blödmann.“

Jason grinste, bis er die Tragweite von Dereks Geständnis erkannte. Sein bester Freund dachte, Jason hätte bereits vor Jahren seine Freundin gestohlen und sein Vertrauen völlig missbraucht. Und er hatte nie etwas gesagt. Es entschuldigte sein Verhalten in letzter Zeit nicht, aber es erklärte es. Er glaubte Jason nicht, weil er dachte, dass dieser ihn in der Vergangenheit bereits einmal schamlos hintergangen hatte. Und er vertraute Courtney nicht, weil er schon einmal betrogen worden war.

„Hör zu, Alter. Ich habe weder mit Amy noch mit Courtney angebändelt. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich das keinem Freund antun würde.“

Derek beäugte ihn skeptisch. „Das hast du gesagt, aber du hast irgendein Geheimnis, dass du für dich behältst. Das ist offensichtlich.“

Jason verzog das Gesicht. Er wünschte, er könnte ihm von Remy erzählen, aber das ging nicht ohne eine Menge neuen Ärger zu stiften. Er hatte Derek gerade dazu gebracht, einem Waffenstillstand zuzustimmen. Er wollte keinen völlig neuen Kampf vom Zaun brechen.

„Es gibt da jemanden. Wir schreiben uns größtenteils nur Nachrichten“, sagte Jason wahrheitsgemäß. „Ich bin mir nicht sicher, ob daraus etwas Ernstes werden kann, aber ich hoffe es.“

Derek nickte langsam. „Kannst du mir sagen, wer es ist?“

Jason seufzte. „Nein. Ich wünschte, ich könnte es, aber …“

Derek schnaubte. „Ja klar. Okay, das beruhigt meinen Verdacht nicht gerade.“

Danach drehte sich das Gespräch immer weiter im Kreis, und Derek war nur unwesentlich weniger misstrauisch als bei ihrer Abreise. Und das alles nur, weil Jason ihm nichts über Remy erzählen konnte. Nicht, wenn er vermeiden wollte, dass der jüngste Wells-Bruder ihn endgültig aus dem Bett warf. Er würde sich nur noch etwas länger mit Dereks Skepsis auseinandersetzen müssen. Hoffentlich konnte er Remy, bevor das neue Jahr eingeläutet wurde, davon überzeugen, ihm eine echte Chance zu geben, damit er seinem besten Freund endlich die Wahrheit sagen konnte.

* * *

Remy rollte seinen Koffer ins Zimmer und hievte ihn auf das Bett. Dieses Mal plante er, eine ganze Woche zu Hause zu verbringen, also hatte er mehr Kleidung mitgebracht. Jason würde ihn deswegen aufziehen, dessen war er sich sicher. Wenn er doch bloß schon hier wäre, um es zu tun.

Ohne JJs Anwesenheit fühlte sich das Zimmer leer an, und das ergab absolut keinen Sinn. Remy hatte 23 Jahre allein in dem Zimmer verbracht und nur zwei Tage mit Jason.

Er hatte gehofft, dass sie wieder ein Zimmer teilen würden, aber es überraschte ihn nicht, dass Jason wieder bei Derek einquartiert wurde, jetzt wo es Courtney nicht mehr gab. Obgleich der Tatsache, dass Derek Jason noch immer mit einer gewissen Kälte behandelte, so war er dennoch wie immer mit ihm im Auto angereist und schien daran interessiert zu sein, die Feiertage in friedlicher Stimmung zu verbringen. Remy hatte ihn verschiedentlich gefragt, warum er auf Jason sauer war, aber Derek hatte seine Fragerei völlig ignoriert. Jason behauptete, dass er keine Ahnung hatte, warum Derek ihm die kalte Schulter zeigte, aber ein kleines Zögern ließ Remy glauben, dass es da etwas gab, das Jason ihm nicht sagen wollte.

Sollen sie doch ihre Geheimnisse für sich behalten . Remy hatte genügend eigene Probleme, er musste sich nicht auch noch mit ihren belasten. Aber er würde dennoch Jasons praktische Anwesenheit in seinem Zimmer vermissen. Besonders, wenn sie wirklich ihre ‚Feiertags-Affäre‘ wieder aufleben lassen wollten. Bei dem Wort meldeten sich die Schmetterlinge in seinem Bauch.

Pass bloß auf, dass du dich nicht in etwas verrennst. Vergiss nicht, hier geht es nur um Sex.

Remy öffnete den Reißverschluss seiner Tasche und holte seine Lieblingstrainingshose und ein gemütliches T-Shirt heraus. Sie setzten sich zu einem Outfit zusammen, mit dem er gewöhnlich zu Hause herumhing. Zum Spaß schnappte er sich auch noch das rote Höschen, das Jason so sehr liebte. Dann ging er ins Badezimmer und schloss die Tür hinter sich.

Nachdem er die Dusche angeschaltet hatte, zog er sein enges, durchgeknöpftes Hemd und sein Unterhemd aus. Seine Finger hatten gerade den Knopf seiner Jeans berührt, als sich die Tür öffnete und Jason eintrat.

Wortlos schloss er die Tür hinter sich und stellte sich dicht vor Remy. Weicher, abgenutzter T-Shirt-Stoff streifte Remys Brustwarzen, während Jasons Augen ihn intensiv anstarrten.

„Hey, mein Hübscher“, flüsterte er.

Remy leckte sich nervös die Lippen. „Was für eine Überraschung, dir hier über den Weg zu laufen.“

Jason lächelte leicht. Er strich ihm zärtlich über die Wange und zog ihn dann wortlos für einen Kuss an sich heran.

Seine Lippen waren weich, aber der Kuss war nicht sanft. Er schlang seinen anderen Arm um Remys Rücken und drückte so fest zu, als wolle er seinen Körper in zwei Hälften brechen, während er ihn tief und leidenschaftlich küsste. Remy öffnete den Mund für ein Stöhnen und erlaubte Jasons Zunge, die seinige zu umkreisen. Es fühlte sich so verdammt gut an, endlich damit aufzuhören, gegen die Anziehung anzukämpfen und sich Jason stattdessen völlig hinzugeben.

Der Kuss schien eine halbe Ewigkeit anzudauern. Er wurde nur von kurzen Pausen unterbrochen, um Luft zu schnappen oder um an den Lippen oder dem Hals des anderen zu knabbern, bevor sich ihre Münder wieder aufeinander pressten.

Der Raum war im Wasserdampf eingehüllt. Die Hitze der Dusche erzeugte eine feuchte Atmosphäre, und Remy wurde bewusst, dass er seinen Körper um Jason geschlungen hatte – ein Bein um seine Hüfte und einen Arm um seinen Hals –, als ob er versuchte, ihn zu erklimmen.

Remy ließ von ihm ab. „Sind wir uns sicher, dass das eine gute Idee ist?“

„Die beste“, antwortete Jason.

Er küsste ihn erneut, und Remy wurden die Knie weich. Das war es, nach dem er sich seit Thanksgiving gesehnt hatte. Und das war es auch, was ihn dazu bewegt hatte, Jason in betrunkenem Zustand anzurufen.

Er griff nach Jasons Reißverschluss, aber sein Handgelenk wurde festgehalten und er konnte sein Vorhaben nicht ausführen. Remy öffnete blinzelnd die Augen. Es kostete ihn einiges an Mühe, seinen Blick auf das Gesicht vor sich zu konzentrieren. Sein Körper bebte quasi vor Verlangen.

„Ich sollte besser gehen, bevor der ganzen Familie klar wird, was wir hier drin treiben“, murmelte Jason, bevor er ihm einen flüchtigen Kuss auf den Hals drückte und einen Schritt zurücktrat.

„Aber …“

„Später, Remy“, versprach er mit einem schnellen Lächeln. „Denk an mich, wenn du dir in der Dusche einen runterholst.“

Jason öffnete die Tür einen Spalt breit, spähte in den Flur hinaus, um sich zu vergewissern, dass dort niemand anzutreffen war, und schlüpfte dann aus der Tür. Remy starrte ihm nach, immer noch verblüfft, dass er ihn in diesen Zustand zurückgelassen hatte.

„Was für ein Arschloch“, knurrte er, während er die letzten Kleidungsstücke auszog. Der Schweiß lief ihm juckend am Rücken hinunter. „Denk an mich? Ein größeres Ego könnte der Kerl wohl kaum haben …“

Sobald das Wasser auf ihn herunterprasselte, griff Remy nach seinem Schwanz und strich mit der Hand darüber. Er biss sich auf die Lippen und versuchte, sein Stöhnen zurückzuhalten, während sexuelle Frustration und Verlangen in einem Höhepunkt endeten. Egal, wie sehr er auch versuchte, sich auf einen heißen Promi wie zum Beispiel Chris Pratt zu konzentrieren, so war es tatsächlich Jason, der ihm durch den Kopf ging.

Du bist wie Wachs in seinen Händen. Erbärmlich, Remy. Einfach nur erbärmlich.

Der einzige Weg, seinen Stolz wieder herzustellen, lag darin, sicherzustellen, dass Jason ihn genau so sehr begehrte wie er ihn. Ein spitzbübisches Lächeln huschte über sein Gesicht.

Oh ja, das Spiel konnte beginnen.