1 Einleitung
Veränderungen im Umfeld des Handels, unter anderem bedingt durch die Digitalisierung in vielen Lebensbereichen der Konsumenten sowie eine Ausweitung deren Convenience-Denkens, bleiben nicht ohne Wirkung auf den Handel. Von besonderer Bedeutung sind deren Auswirkungen auf die Einkaufsgewohnheiten und die damit verbundene Dienstleistungserwartung seitens des Kunden an den Handel mit einem entsprechenden Einfluss auf die Logistik. Kunden nutzen verschiedene Absatzkanäle und erwarten, insbesondere bei Onlinebestellungen die Lieferung der Waren an einen von ihnen definierten Ort, möglichst innerhalb eines zuvor festgelegten Zeitfensters. Die Händler entsprechen dieser Erwartung in unterschiedlicher Form, wobei eine handelsbranchenübergreifende Analyse der Leistungen von Lieferdiensten in einem größeren Umfang aussteht. Auch länderübergreifend wurde eine solche Untersuchung bislang nicht vorgenommen.
Die Ausarbeitung soll einen Beitrag hinsichtlich der Leistungsübersicht von Lieferdiensten ausgewählter Handelsunternehmen aus unterschiedlichen Handelsbranchen in verschiedenen Ländern leisten. Sie unterstützt das Erkennen von Handlungsfeldern und befähigt Handelsunternehmen durch die Adaption von Leistungselementen auf das eigene Handelsunternehmen zur nachhaltigen Generierung von Wettbewerbsvorteilen.
2 Veränderungsfaktor Digitalisierung
2.1 Evolutionäre Handelsformen und notwendige Anpassungen
2.1.1 Digitalisierung und evolutionäre Entwicklungen
Entwicklungen im Handel, insbesondere Entwicklungen bei den Betriebstypen, können durch veränderte Umfeldbedingungen hervorgerufen werden. Nur solche Betriebstypen werden langfristig am Markt bestehen können, die in der Lage sind, agil auf die neuen Anforderungen zu reagieren und Anpassungen vorzunehmen. Es entstehen neue Betriebstypen (Zentes et al. 2012, S. 320 f.). Anpassungen sind auch dann vorzunehmen, wenn das wettbewerbliche Umfeld Leistungen anbietet, die kundenseitig erwartet werden dürfen, so z. B. Lieferdienste. Beispielhaft sei der Lieferdienst im Food-Bereich genannt (siehe hierzu auch Berens 2015, S. 63 f.; DVZ 2016, vom 16.08.2016). Ein weiterer Ansatz der Erklärung von Veränderungen im Handel ist die Marktlückentheorie. Diese besagt, dass in bestehenden Märkten spezifische Anforderungen der Kunden nicht erfüllt sind, d. h., Marktlücken bestehen. Um diese Marktlücken zu schließen, entstehen veränderte oder neue Betriebstypen und Leistungen (Zentes et al. 2012, S. 322 f.; Tietz 1993, S. 1318). Mit diesen evolutionstheoretischen Ansätzen lässt sich das Aufkommen neuer, kombinierter Betriebsformen mit veränderten Leistungselementen erklären.
Solche Veränderungen bedingende Einflussfaktoren finden sich in einem durch die Digitalisierung geprägten Handelsumfeld. Traditionelle Erscheinungsformen des Handels in Form von Pure-Playern, sei es beispielhaft rein stationär oder rein online, können nicht oder nur bedingt die Vorteile, die sich den Kunden aus der Digitalisierung der Umwelt ergeben, adäquat für den Kunden nutzenbringend umsetzen oder veränderten Kundenanforderungen ausreichend entsprechen. Neue oder adaptierte Betriebsformen bzw. Leistungen entstehen. Eine Umsetzung dieser evolutionären Ansätze findet sich unter der Bezeichnung „Multi Channel Retailing“ (Zentes et al. 2012, S. 53 f.), eine Reaktion der Betriebstypen auf veränderte Rahmenbedingungen und damit einhergehende Marktlücken. Multi Channel Retailing ist der Verkauf von Waren und Dienstleistungen über mehrere Vertriebs- oder Distributionskanäle. Zeitgleich werden Absatzkanäle, wie Fernsehen, Kataloge, der stationäre Handel und/oder das Internet (Müller-Hagedorn 2005, S. 83 f.; ebenso Institut für Handelsforschung 2006, S. 192; ebenso Schramm-Klein 2006 S. 506), unabhängig, ob es sich um einen ehemals Pure Player aus dem stationären oder Onlinehandel handelt, genutzt. Ziel ist es, mit neuen Kundengruppen kostenoptimiert nachhaltig zusätzliche Umsätze zu generieren (Zentes et al. 2012, S. 52 sowie S. 138 f.).
Im deutschsprachigen Handel finden sich neben der Begrifflichkeit des Multi-Channel-Handels weitere Begrifflichkeiten. Diese sind
Cross Channel Retailing und
Omni-Channel Retailing,
auf die hier, bis auf das Multi Channel Retailing, nur bedingt eingegangen wird (Anmerkung des Verfassers: Detailliertere Ausführungen finden sich u. a. bei EHI Retail Institute 2016, S. 6 f.).
Durch das Entstehen von digitalen Verkaufskanälen, u. a. in Form von Onlineshops, verkaufen Händler nicht mehr nur über einen, den angestammten Absatzkanal, sondern nutzen zusätzlich weitere Kanäle, ohne diese miteinander zu verbinden. Die Absatzkanäle können isoliert nebeneinander existieren. Der Kunde muss sich entscheiden, welchem Kanal er den Vorzug gibt und wird bei dem Versuch des Kanalwechsels auf Hindernisse stoßen. In diesem Fall findet der Begriff des Multi-Channel-Handels Anwendung (mehrere isolierte Absatzkanäle). Als weitere Entwicklungsschritte gelten der Cross Channel (verbundene Absatzkanäle, kein barrierefreier Switch zwischen den Kanälen) und der Omni-Channel-Handel (barrierefreier Switch zwischen den Absatzkanälen) (EHI Retail Institute 2016, S. 6 f.). Die Definition und Verwendung der Begrifflichkeiten ist keineswegs einheitlich oder eindeutig, sowohl innerhalb des deutschsprachigen Raums als auch im angelsächsischen Sprachraum.
Letztendlich sind die erforderlichen Veränderungen, Anpassungen oder Anforderungen des Marktes in allen Erscheinungsformen vorzufinden und daher unabhängig von dieser.
2.1.2 Convenience – Orientierung als Strategie zur Profilierung im digitalen Handel
In jüngster Vergangenheit kann die Realisierung weiterführender Optionen der strategischen Grundausrichtung von Handelsunternehmen über die Porterschen Basisstrategien hinaus beobachtet werden. Eine mögliche Option ist die der „Convenience-Orientierung“. Convenience als Synonym für Bequemlichkeit und Komfort für den Konsumenten gewinnt, nicht nur aufgrund des demografischen Wandels (Zentes et al. 2012, S. 52 sowie S. 123 f.), sondern auch und insbesondere durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung digitaler Endgeräte durch die Kunden an Bedeutung. Die Erleichterung des gesamten, auch digital abgebildeten Einkaufsprozesses für den Kunden, führt zwangsläufig zu einer Erweiterung der bisherigen Denkweise. Dies sollte in der Form geschehen, dass neben der Erweiterung der Absatzkanäle oder einer Veränderung der Sortimente (Swoboda und Schwarz 2006, S. 399, ebenso Zentes et al. 2012, S. 124) der Handel zusätzliche Leistungen oder Services, die er kundenwirksam unter Beachtung der Digitalisierung und der damit verbundenen Kundenerwartungen im Sinne des Convenience-Gedankens erbringt.
Die Bedeutung von Services verdeutlicht die Gegenüberstellung der Profilierungsfaktoren aus Kunden- und Handelssicht. Aus Handelssicht wird unter dem Aspekt der Qualität der Schlüsselfunktionen die „Service-Führerschaft“ genannt, während die Kundensicht dem Service unter der Qualität der Umsetzung eine entsprechend höhere Bedeutung zukommen lässt (Moschett et al. 2006, S. 285).
Zu solchen notwendigen Leistungs- oder Serviceangeboten zählt die Zustellung von Waren, die online oder stationär bestellt wurden. Die Abhandlung beschränkt sich auf die branchen- und ländermäßige Gegenüberstellung von Lieferdiensten von im Internet bestellter Ware. Die Möglichkeit der Abholung im Store von im Internet bestellter Ware und damit verbundener Services wird nicht betrachtet.
2.2 Positionierungs- und Leistungsfaktoren im digitalen Handel
2.2.1 Handelslogistik als Wettbewerbs- und Leistungsfaktor
Das begriffliche Verständnis um die Logistik ist keineswegs einheitlich (vgl. Rock 2006, S. 51 ff.). Die verschiedenen Definitionsansätze zur Logistik (weitere Ausführungen hierzu Rock 2006, S. 9 ff.) verfügen über einen gemeinsamen Begriffskern (vgl. Rock 2006, S. 56 f.):
Objekte der Logistik sind Waren sowie Informationen, wobei letzteren meist eine nur unterstützende Rolle unterstellt wird.
Gegenstand logistischer Überlegungen sind nicht die Objekte, sondern deren Fluss zwischen der Quelle und Senke.
Der Warenfluss beinhaltet Transformationen hinsichtlich des Ortes, der Menge, der Zeit und der Handhabungseigenschaften der Ware.
Die Planung, Steuerung, Realisierung und Kontrolle der Transformationsprozesse sind Aufgaben der Logistik.
Logistik ist mit Managementaufgaben verbunden.
Die Logistikkonzeption folgt der systemtheoretischen Sichtweise.
Die Logistik des Handels ist neben der industriellen und der Dienstleistungslogistik Bestandteil der Unternehmenslogistik, die wiederum neben der Krankenhaus- und Militärlogistik sowie der Logistik sonstiger Organisationen zur Mikrologistik zählt (in Anlehnung an Pfohl 2010, S. 15).
In Anlehnung an den Systemgedanken der Logistik umfasst die Handelslogistik alle Aktivitäten zur Planung, Steuerung und Kontrolle des Warenflusses vom Lieferanten bis zum Kunden, d. h. die richtige Ware im richtigen Zustand richtig verpackt, zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, am richtigen Ort, zu den niedrigsten Gesamtkosten des Systems (Henning 1981, S. 4). Definitorisch soll ergänzend der Auffassung von Pfohl gefolgt werden (vgl. Pfohl 2010, S. 16).
Der Logistik des Handels, insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung im Handel und der damit einhergehenden Veränderung der Kundenanforderungen, steigt zunehmend zu dem entscheidenden Wettbewerbsfaktor auf, zumal sich viele andere Handelsleistungen immer weiter annähern. Dies gilt auch und insbesondere für den Bereich des Mehrkanalhandels. Bei zunehmend gesättigten Märkten erwartet der Kunde die schnellstmögliche und bequemste Befriedigung seines Bedarfs.
Die Forderung des Vertriebs oder Marketings von Handelsunternehmen nach sich immer weiter verkürzenden Lieferzeiten ist unüberhörbar (EHI Retail Institute 2013, S. 86 f.). War noch vor wenigen Jahren die Erwartungshaltung der Kunden, dass sie die bestellten Waren innerhalb von 24 Stunden, spätestens innerhalb von drei Tagen zu erhalten (DVZ 2013, S. 16 f.), hat sich dies gewandelt. Der Handel stuft kurze Lieferzeiten höher ein als die Lieferzuverlässigkeit (Pfohl 2004, S. 12). Neuere Erhebungen verdeutlichen, dass dem Endkunden eine pünktliche und versandkostenfreie Lieferung wichtiger ist als eine sehr schnelle Zustellung (EHI Retail Institute 2013, S. 31 ff.). Daher darf die handelsseitige Auffassung, nämlich, dass der Lieferzeit eine ausgesprochen hohe Bedeutung zukommt, diskutiert werden.
Eine Studie hinsichtlich der Aktivitäten von Onlinehändlern zeigt, dass sich 48 % mit dem Thema „hohe Liefertreue“ bereits befassen. 25 % der befragten Händler legen ihren Fokus auf die Belieferung innerhalb von 24 Stunden (Bergmann 2015, S. 222).
Die verstärkte Nutzung digitaler Endgeräte durch den Kunden führt zwangsläufig dazu, dass Reaktionszeiten, die der Logistik verbleiben, immer kürzer werden. Dies führt zu der handelsseitig geglaubten Notwendigkeit, logistische Leistungen über den eigentlichen Kundenwunsch hinaus zu dimensionieren, um eine Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern zu erreichen (in Anlehnung an Fugate et al. 2010, S. 43 ff.). Same Day Delivery findet sich mittlerweile in vielen Ländern und Handelsbranchen, mehr oder weniger weit verbreitet. In der Bundesrepublik wird dies u. a. von Amazon oder Media Saturn, vornehmlich in Ballungszentren umgesetzt. Einen Schritt weiter geht das Konzept der Same Hour Deliveries. Beispielhaft sei die Umsetzung in Schweden genannt, bei der mit Uber und einem unabhängigen IT-Provider zusammen mit kleinen Händlern dem Besteller die Option einer EINstündigen Lieferzeit geboten wird, ohne dass für diesen Mehrkosten entstehen. Dies führte bei den teilnehmenden Händlern zu einem Umsatzwachstum von bis zu 500 %. Ergänzt werden sollte, dass die IT-Lösung speziell abgestimmt auf Händler mit geringem Volumen, aber hohem Wert der Waren (Boutique, Juwelier) ist (Glynn, D. 2015, S. 7, 20).
Zunehmend ist festzustellen, dass Lieferdienste bei Multi-Channel-Händlern zu den Hygienefaktoren (nach Herzberg) oder Basisleistungen (nach KANO) bezeichnet werden müssen.
2.2.2 Lieferservice und Liederdienst als Positionierungsfaktor
Die Hauptaufgabe der Logistik, insbesondere der Handelslogistik, besteht in der nach Art und Menge, räumlich und zeitlich abgestimmten Bereitstellung von produzierten Gütern unter Berücksichtigung vorgegebener Lieferzusagen und der zu erwartenden Nachfrage (Ihde 1984, S. 206; ebenso Ahlert 1996, S. 22). Für die Distribution von Waren ergibt sich in dem durch die Digitalisierung beeinflussten Handel, insbesondere bei substitutiven Produkten die Notwendigkeit, eine den Anforderungen entsprechende Versorgungsleistung zu erbringen. Diese logistische Leistung wird als Lieferservice bezeichnet (Wildemann 2001, S. 46). Folgende Elemente lassen sich diesem Service zuordnen:
Lieferzeit,
Lieferzuverlässigkeit,
Lieferbeschaffenheit und
Lieferflexibilität
und sind üblicherweise Bestandteil der Erfüllungsphase (Müller-Hagedorn 2012, S. 727 f.). In der logistischen Literatur werden die Elemente zusätzlich durch die Lieferbereitschaft ergänzt.
Der Lieferservice bildet den zentralen Maßstab der Logistikleistung (Pfohl 2010, S. 35 sowie Pfohl 2004, S. 131). Eine herausragende Leistung beim Lieferservice gewinnt an Bedeutung, wenn durch diese Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitwettbewerbern entstehen oder durch ihn die Gefahr einer Substitution reduziert wird (Prümper 1979, S. 64 ff.).
Die Lieferzeit beinhaltet die Zeitspanne zwischen der Auftragserteilung und der Warenbereitstellung am Bedarfsort, bei digitalen Bestellungen meist am Wohnort. Sie lässt sich in die Komponenten der Auftragsübermittlung an den Versorger, dessen Auftragsbearbeitung und den Transport zum Bedarfsort unterteilen (Prümper 1979, S. 64 ff.). Die Liefer- und Termintreue sind Bestandteile der Lieferzuverlässigkeit (zur Bedeutung und Entwicklung der Lieferzuverlässigkeit zwischen der Industrie und dem Handel siehe Thonemann et al. 2003, S. 55). Sie beschreibt die Einhaltung getätigter Zusagen hinsichtlich logistischer Leistungen (Ihde 1984, S. 49) und damit die Wahrscheinlichkeit, mit der die vereinbarte Lieferzeit sowie die Warenzustellung an einen vereinbarten Ort in dem vereinbarten Zustand eingehalten wird (Pfohl 2010, S. 35 ff. sowie Ihde 1984, S. 49). In einem durch die Digitalisierung beeinflussten Handelsumfeld gewinnt diese Fähigkeit aus Kundensicht wesentlich an Bedeutung. Die Lieferbereitschaft gibt an, inwieweit eine vorgelagerte Stufe der Wertschöpfung in der Lage ist, einen Bedarf über ein Lager oder eine Verkaufsstelle zu befriedigen. Trifft ein „Auslieferungsauftrag“ auf Fehlmengen, so kann im Allgemeinen die normale Lieferzeit zur Bereitstellung der Ware nicht eingehalten werden. Die Lieferbeschaffenheit ist ein Maß der Güte der Anlieferung und erfasst, inwieweit die Lieferung selbst die nachgelagerte Wertschöpfungsstufe veranlasst, eine Beanstandung anzuzeigen. Sie setzt sich aus der Liefergenauigkeit und dem Zustand der Lieferung zusammen. Durch die Liefergenauigkeit wird angegeben, inwieweit die bestellten Waren in der angeforderten Art und Menge ausgeliefert werden. Der Zustand der Lieferung hängt im Wesentlichen davon ab, in welchem Umfang die Verpackung ihrer Schutzfunktion für die ausgelieferten Waren gerecht wurde. Die Fähigkeit eines Logistiksystems auf Kundenwünsche einzugehen, beschreibt die Lieferflexibilität. Wesentliche Elemente dessen sind
Auftragsmodalitäten,
Liefermodalitäten sowie
die Information des Kunden (Pfohl 2010, S. 35 ff.).
Durch die Auftragsmodalitäten werden die Auftragsgröße, die Abnahmemenge, der Zeitpunkt der Auftragserteilung sowie die Art der Auftragserstellung und -übermittlung definiert. Zur Sicherstellung der zeitgenauen und vollständigen Lieferung der bestellten Waren ist es von großer Bedeutung, dass bis zu einem definierten Zeitpunkt, zu dem ein Auftrag erteilt sein muss, auch der Lieferumfang und die Lieferstruktur, d. h. die Art und Menge der zu liefernden Artikel bekannt ist. Die Liefermodalitäten beinhalten insbesondere die Art der Verpackung, die zu benutzende Transportvariante sowie die Möglichkeit der Bereitstellung der Ware auf Abruf vorgegeben. Abschließend ist die rasche und exakte Information des Kunden über die Liefermöglichkeiten, den Stand der Bearbeitung, voraussehbare Verzögerungen sowie die Behandlung von Beanstandungen, die aus der Bereitstellung heraus entstehen, zu nennen (Pfohl 2010, S. 38 ff.).
Leistungsfähige Lieferdienste haben diese Elemente verinnerlicht und zeichnen sich durch die konsequente Einhaltung derselben mit dem Ziel aus, die Zufriedenheit des Kunden mit dem Service nachhaltig sicherzustellen.
2.2.3 Lieferdienst als Wertschöpfungsfaktor
Neue, durch die Digitalisierung bedingte Betriebsformen führen dazu, dass Leistungen, die der Kunde im traditionellen Handel erbracht hat, so sind beispielhaft das Kommissionieren, Verpacken und Transportieren durch ihn zu nennen, durch den Handel selbst oder durch Dritte zu erbringen sind (Zentes et al. 2012, S. 591, ebenso S. 625). Der Kunde erhält die Ware an dem durch ihn bestimmten Ort. Kennzeichnend ist, dass sich die Wertschöpfungskette verlängert und erst mit der Übergabe der Ware an den Kunden bei diesem endet (Zentes et al. 2011, S. 231 ff.; ebenso Zentes et al. 2012, S. 625) und damit nicht mehr der Kunde, sondern der Handel oder von ihm beauftragte Dritte das letzte Glied der Kette sind. Deren Leistungsfähigkeit wird vom Kunden unmittelbar wahrgenommen. Auf Fehlleistungen, die insbesondere hinsichtlich der Elemente des Lieferservices auftreten, kann kaum adäquat reagiert werden.
Der logistischen Kompetenz kommt eine besondere Bedeutung zu, zumal ohne deren effiziente Leistung keine Zustellung der Waren im obigen Sinn erfolgen und damit für den Handel keine Wertschöpfung entstehen kann. Insbesondere im Multi-Channel-Handel ist diese Kompetenz unabdingbar. Neben den vom Multi-Channel-Handel angebotenen Basisleistungen sind betriebstypspezifische Zusatzleistungen anzubieten. Hierzu zählt das Angebot von Zustellservices mit einer schnellen Reaktion auf Bestellungen und kurzen Prozess- und Durchlaufzeiten. Das, was im pharmazeutischen Handel bereits seit einigen Jahren praktiziert wird, erhält zunehmend im B2C-(Multi-Channel)-Handel Relevanz (in Anlehnung an Zentes et al. 2012, S. 174 f.; ebenso S. 625).
Einen ersten rudimentären Einblick hinsichtlich des Leistungsspektrums von Lieferdiensten verschiedener Anbieter aus dem Handel, Pure Player aus dem Onlinebereich liefern die Veröffentlichungen von Schröder (Schröder und König 2015a, S. 20 f., b, S. 20 f.).
2.3 Hypothesen hinsichtlich der Wertungen von Lieferdiensten
Basierend auf obigen Ausführungen lassen sich folgende Hypothesen formulieren:
Innerhalb der Branchen finden sich keine Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung von Lieferdiensten.
Innerhalb einer Branche, beispielsweise im Consumer-Electronics-Handel, dem Handel mit Tierbedarfsgütern oder dem Bekleidungshandel sind die Anforderungen des Kunden gleich. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Handelsunternehmen daran orientieren und ihre Leistungen entsprechend ausrichten, ggf. eine Anpassung vornehmen, um einen Nachteil gegenüber den Wettbewerbern zu vermeiden.
Zwischen den Branchen finden sich keine Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung von Lieferdiensten.
Ähnliches ist bei einem Leistungsvergleich der Lieferdienste zwischen den Branchen zu erwarten, da ein Kunde meist nicht nur Kunde einer Handelsbranche ist, sondern bei mehreren Branchen seine Bedarfe zeitnah versetzt deckt und Erfahrungen und damit Erwartungshaltungen mitbringt. Dass Handelsunternehmen bzw. Handelsbranchen solch eine Erwartungshaltung nicht befriedigen können, ist nicht zu erwarten.
Aufgrund länderspezifisch unterschiedlicher Kundenanforderungen finden sich im internationalen Vergleich Unterschiede bei den Lieferdiensten.
Länderspezifisch ist von unterschiedlichen Kauf-, Konsumgewohnheiten und damit einhergehende Kundenanforderungen auszugehen. Entsprechend der Anpassungsstrategie sind die Handelsunternehmen gefordert, hierauf adäquat zu reagieren. Dies zeigt sich in angepassten Leistungselementen bei den Lieferdiensten. Es wird angenommen, dass ein Vergleich gleicher Branchen zwischen unterschiedlichen Ländern dies bestätigt.
3 Lieferdienste im Vergleich – Ergebnisse der Studie
3.1 Untersuchungsspektrum, Ziele und zu erwartende Ergebnisse
Ausgangspunkt war die Analyse der Charakteristik von Lieferdiensten, wobei diese sich nicht alleinig auf den Onlinehandel, sondern auf den Multi-Channel-Handel bezogen. Hierfür waren branchen- und länderspezifisch Einzelanalysen auf Unternehmensebene durchzuführen. Erforderlich war, neben der Identifikation der relevanten Merkmale und deren Ausprägungen, die bewusste und qualifizierte Auswahl von Handelsunternehmen. Aus der jeweiligen Einzelbetrachtung war eine Gesamtbetrachtung und ein Intra- und Interbranchenvergleich abzuleiten. Das Ziel der Studie bestand darin, eine Übersicht über das handelsbranchen- und länderspezifische Leistungsspektrum von Lieferdiensten bei Multi-Channel-Unternehmen zu erhalten.
Als zu erwartende Ergebnisse sind zu nennen:
die Spezifika von Lieferdiensten innerhalb einer Handelsbranche und
Unterschiede, sofern vorhanden, zwischen den Handelsbranchen zu erkennen.
Des Weiteren sollten länderspezifische Besonderheiten aufgezeigt werden.
3.2 „Morphologischer Kasten“ als Tool
Bei der Analyse und Visualisierung von insbesondere komplexen Sachverhalten finden sich nicht immer metrische, quantifizierbare Merkmale und deren Ausprägungen. Es sind Verfahren gefordert, die die Analyse und Visualisierung von nicht-metrischen Sachverhalten unterstützen. Eine Möglichkeit bietet die Anwendung des „morphologischen Kastens“. Bei dieser Methode werden die relevanten Klassifikationsmerkmale des zu analysierenden Objekts aufgelistet und jedem Merkmal die möglichen Ausprägungen zugeordnet. Das Produkt aus der Anzahl der Merkmalsausprägungen für die einzelnen Klassifikationsmerkmale ergibt die Gesamtzahl der theoretisch möglichen Realisationen des zu analysierenden Objektes (Müller-Merbach 1976, S. 70).
Nach Müller-Merbach lässt sich eine solche Vorgehensweise in Phasen einteilen (Müller-Merbach 1976, S. 69):
Analysephase,
Bewertungsphase sowie die
Synthesephase.
Kennzeichnend für die Analysephase ist das Erkennen der Bausteine (Anm. des Verfassers: Merkmale) und deren Ausprägungen, während in der Bewertungsphase den einzelnen Elementen eine Bewertung zugeordnet wird. In der letzten Phase sind die Präferenzen des Anwenders entsprechende Ausprägungen der Bausteine entsprechend zusammenzusetzen (Pfohl und Hebel 1982, S. B123).
Die Anwendung einer solchen Methode eignet sich besonders dann, wenn mehrere nicht metrische Ausprägungen eines Merkmals vorhanden sind, aber nicht zwingend bei dem betrachteten Objekt realisiert werden. Mit dieser Technik lassen sich komplexe Sachverhalte in Teilbereiche zerlegen und aussagekräftig visualisieren.
Auch in anderen Bereichen, so bei der Klassifizierung des Handels, findet sich eine ähnliche Vorgehensweise. Der Handel zeichnet sich durch seine Vielfältigkeit in den Erscheinungsformen aus. Um diese zu erklären und zu systematisieren, bedient man sich ebenfalls der Morphologie (Zentes et al. 2012, S. 323, ebenso Müller-Hagedorn 2012, S. 358 f., insb. 359).
3.3 Untersuchungsdesign und Durchführung
Als erste Herausforderung waren die Multi-Channel-Unternehmen zu identifizieren, die Bestandteil der Untersuchung sein sollten. Orientierung lieferten verschiedene Veröffentlichungen (u. a. die von Berens 2015, S. 64; Schröder und König 2015a, S. 20 f., b, S. 20 f. sowie weitere Umsatzstatistiken von Multi-Channel-Händlern). Hierfür war es erforderlich, Selektionskriterien zu definieren. Diese waren
- Lieferservice
- Lieferoptionen
Expresslieferung
Abweichend Lieferadresse
Teillieferungen
- Lieferflexibiliät
Wahl eines Zeitfensters
Lieferung an Packstation
- Abholung
Drive-in-Prinzip
Pick-up-Station
Click & Collect
- Stationärer und Onlinevertrieb
stationärer Vertrieb
Onlinevertrieb
- Bestellbegleitende Medien
App Shopping
Website in mobiler Ansicht
Katalog
- Kundenservice
Kostenlose Kundenhotline
Chatfunktion
E-Mail-Kontakt
Branchenspezifisch waren bereits bei der Selektion Besonderheiten zu erkennen. Um die Unternehmen der „besonderen“ Branchen nicht zu verlieren, wurden diese entsprechend modifiziert berücksichtigt. Beispielhaft ist die Tiernahrungsbranche zu nennen, bei der durch die Anpassung die Gesamtbewertungspunktzahl gesenkt wurde. Da in dieser Branche keines der Unternehmen eine Abholungsoption anbietet, fällt dieses Kriterium nicht in die Gewichtung.
Der Gegenüberstellung der Profile der einzelnen Unternehmen folgte eine Gegenüberstellung der Branchen. Abschließend schloss sich ein Ländervergleich an.
3.4 Ergebnisse der Untersuchung
Die Ergebnisse der Untersuchung werden im Folgenden für ausgewählte Handelsbranchen dargestellt.
Food
Neben den deutschen Unternehmen Rewe, Edeka und Bofrost wurde der Schweizer Onlinehändler Leshop und Sainsbury’s (England) berücksichtigt. Im Foodhandel findet sich mehrheitlich eine Lieferzeit von 1–2 Werktagen. Es wird den Kunden keine Form der Expresslieferung angeboten. Mit Ausnahme von Bofrost haben alle Unternehmen für Onlinebestellungen einen Mindestbestellwert definiert. Mit 99 Schweizer Franken (umgerechnet ca. 89 EUR) weist LeShop den höchsten Mindestbestellwert auf. Rewe und Sainsbury’s finden sich bei einem Mindestbestellwert von bis 50 EUR, Edeka liegt in der Ausprägung bis 25 EUR.
Bofrost ist das einzige Unternehmen, das immer kostenfrei liefert. Die weiteren Unternehmen stellen ihren Kunden die Lieferung in Rechnung. Ab einem vorab definierten Bestellwert erfolgt die Lieferung kostenfrei. LeShop staffelt die Höhe der Lieferkosten nach dem Warenwert. Auffallend ist, dass die Mehrheit der Unternehmen ihren Lieferdienst nicht flächendeckend anbietet, sondern sich auf ausgewählte Städte und Regionen beschränkt.
Die Mehrheit der Unternehmen berechnet für Kühltransporte oder Getränkekisten keine Zusatzgebühr, limitiert allerdings die Anzahl der Ladeeinheiten. Hinsichtlich der Abholoptionen bieten einige Unternehmen Click & Collect an, wobei die Ausprägungsvielfalt geboten ist. Insgesamt werden von acht möglichen Ausprägungen vier verschiedene angeboten. Das gleiche Bild zeichnet sich bei den bestellbegleitenden Medien ab. Bei den Kundenservices bieten alle Unternehmen den Kunden mindestens eine Kombination aus einer kostenlosen Telefonhotline und E-Mail-Support an. Sainsbury’s hebt sich hier mit einem zusätzlichen Live-Chat von den anderen Unternehmen ab.
Drogerie
Die Handelsbranche „Drogerie“ unterscheidet sich trotz ihrer Nähe zum Food-Handel in Teilen sehr eindeutig von diesem.
In dieser Handelsbranche wurden die Unternehmen dm-drogeriemarkt, Rossmann, Douglas sowie der US-amerikanische Vertreter Walgreens analysiert. Diese verfügen sowohl über einen stationären, als auch einen Onlinehandel. Sie benötigen für ihre Lieferungen in der Regel 1–3 Werktage. Expresslieferung bieten lediglich Walgreens und Douglas an. Ein Mindestbestellwert besteht nicht, jedoch sind Lieferkosten zu entrichten. Douglas und Walgreens belohnen ihre Kunden ab einem bestimmten Warenwert mit einer kostenlosen Lieferung. dm-drogeriemarkt und Rossmann berechnen bei jeder Bestellung Liefergebühren und verlangen für besonders sperrige Güter zusätzliche Aufschläge.
In dieser Branche werden immer mindestens zwei Zahlungsoptionen angeboten. Zusätzlich liefert die Mehrheit der Unternehmen ihre Waren flächendeckend direkt an eine Packstation, ebenso bieten sie Click & Collect als Abholoption an.
Eine kostenlose Hotline und E-Mail-Support stellen alle Unternehmen bereit, Walgreens tritt zusätzlich über einen Live-Chat mit seinen Kunden in Kontakt.
Consumer Electronics
Analysiert wurden die Handelsunternehmen Media Markt, Saturn und Conrad aus Deutschland, Microspot aus der Schweiz und Best Buy aus den USA. Alle Unternehmen verfügen neben einem stationären Handel auch über einen Onlinevertrieb.
Bei den Lieferzeiten ist festzustellen, dass diese sehr heterogen sind, i. d. R. 1–5 Werktage, selektiv auch Same-Day-Delivery oder eine Expresslieferung. Conrad bietet als einziges Unternehmen einen Overnight-Express an. Ein Mindestbestellwert ist einheitlich nicht vorhanden, jedoch verlangen alle Unternehmen Liefergebühren bis zu einem definierten Warenwert.
Eine Kombination aus verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten wird angeboten. Conrad zeichnet sich dadurch aus, dass das Unternehmen seinen Kunden alle untersuchten Zahlungsoptionen anbietet.
Die deutschen Unternehmen liefern ihre Ware an eine Packstation und bieten dem Kunden auf Wunsch die Wahl eines Anlieferzeitfensters an. Microspot und Best Buy offerieren keine dieser Optionen.
Die Lieferdienste werden flächendeckend im jeweiligen Land angeboten. Conrad und das Schweizer Unternehmen Microspot senden ihre Waren auch länderübergreifend zu ihren Kunden. Alle Unternehmen versenden Sperrgüter und stellen den Versand separat in Rechnung. Zusätzlich offerieren sie einen Montage- und Installationsservice, welcher ebenfalls gesondert berechnet wird.
Abgesehen von Microspot, bieten alle Unternehmen eine App mit Einkaufsfunktion und eine mobile Website an. Microspot stellt seinen Kunden eine mobile Webansicht zur Verfügung, besitzt jedoch keine Shopping App. Conrad ermöglicht es seinen Kunden zusätzlich, über eine Bestellkarte im Katalog einzukaufen. Alle Unternehmen nutzen eine kostenlose Hotline und den E-Mail-Support für den Kundenkontakt. Saturn bietet als einziges Unternehmen die dritte Möglichkeit des Kundenservice, den Live-Chat an.
Textil
H&M, Zalando, Abercrombie & Fitch sowie Modomoto und, als amerikanischer Vertreter, GAP wurden analysiert, wobei Modomoto der einzige Online Pure Player ist.
Auffallend ist bei der Mehrheit der Unternehmen die Dauer der Standardlieferung mit fünf Werktagen. Lediglich H&M und Zalando sind etwas schneller und liefern ihre Sendungen innerhalb von 1–5 Werktagen. Zalando, GAP und Abercrombie & Fitch bieten eine Expresslieferung an. Es gibt keinen Mindestbestellwert für eine Onlinebestellung.
Ein heterogenes Bild findet sich bei den Lieferkosten. H&M sowie Abercrombie & Fitch stellen ihren Kunden immer Lieferkosten in Rechnung, unabhängig von der Höhe des Warenwerts. Zalando und Modomoto liefern immer kostenfrei nach Hause. GAP erhebt die Lieferkosten nur bis zu einem bestimmten Warenwert.
Bei den Zahlungsoptionen ist die Kombination aus drei der beliebtesten Zahlungsmittel am stärksten ausgeprägt. H&M bietet die Kombination aus zwei Zahlungsmitteln an und GAP bietet nur die Kreditkarte als Zahlungsmittel.
Die Mehrheit der Unternehmen bietet keine Leistungen, wie eine Lieferung an eine Packstation und/oder die Wahl eines Zeitfensters, an. Ausnahmen sind Zalando und H&M. Hier können Kunden sich ihre Bestellung an eine Packstation liefern lassen. Abgesehen von diesen beiden Unternehmen liefern alle Textilhändler landesweit und länderübergreifen. Abholoptionen, wie Click&Collect, werden von den betrachteten Unternehmen nicht angeboten.
Eine kostenlose Telefonhotline sowie E-Mail-Support wird ebenfalls von allen vertretenden Händlern angeboten.
Tiernahrung
Teilnehmer der Untersuchung waren die Online Pure Player Zooroyal und Zooplus sowie Fressnapf, welcher beide Vertriebsformen nutzt.
Auf eine Lieferung von Fressnapf und Zooroyal warten Kunden meist 1–3 Werktage, wohingegen Zooplus mit 1–5 Werktagen für eine Standardlieferung mehr Zeit benötigt. Eine Expresslieferung wird von keinem Unternehmen angeboten.
Der Mindestbestellwert liegt bei allen Tiernahrungshändlern bei bis zu 25 EUR. Die Lieferung erfolgt erst ab einem festgelegten Warenwert kostenlos. Eine Lieferung an eine Packstation kann bei beiden Onlinehändlern gewählt werden, wohingegen Fressnapf diesen Service nicht anbietet. Zooroyal und Zooplus liefern flächendeckend innerhalb Deutschlands sowie ins Ausland. Fressnapf beschränkt seinen Lieferdienst auf den deutschen Raum.
Alle betrachteten Unternehmen versenden Güter, wie zum Beispiel Kratzbäume oder Aquarien, die durch ihre Größe und/oder materiellen Eigenschaften ein spezielles Handling benötigen. Für den Kunden entstehen bei Bestellungen dieser Art keine zusätzlichen Transport- oder Frachtkosten. Abholoptionen werden von den betrachteten Händlern nicht angeboten.
Fressnapf und Zooplus ermöglichen ihren Kunden aus allen vier Zahlungsmöglichkeiten zu wählen, Zooroyal bietet eine Zahlungsmöglichkeit weniger an.
Bei Fragen und Problemen sind die Servicemitarbeiter aller Unternehmen über eine kostenlose Hotline oder via E-Mail zu erreichen.
4 Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen
4.1 Interpretation der Ergebnisse und Handlungsempfehlungen
Obwohl die Branchen in Teilen eine sehr ähnliche Charakteristik der Lieferdienste aufweisen, unterscheiden sich diese teils signifikant bei der Umsetzung derselben, der Leistungsfähigkeit und dem damit verbundenen Angebot von Leistungen.
Auffälligkeiten findet sich bei der Lieferzeit und der Option der Expresslieferung. Im textilen Handel finden sich Lieferzeiten von mehr als 5 Werktagen. Sofern eine kürzere Lieferzeit gewünscht wird, wird eine kostenpflichtige Expresslieferung angeboten. Logistisch mag dies sinnvoll sein, da eine schnellere Versendung meist mit höherem Aufwand verbunden ist. Will ein Kunde diesen Service in Anspruch nehmen, besteht meist eine entsprechende Zahlungsbereitschaft, die genutzt werden kann. In einigen anderen Branchen sind die Standardlieferzeiten mit 1–3 Werktagen deutlich kürzer, jedoch bietet nicht jede Branche die Option der Expresslieferung an.
Auffallend sind die kurzen Lieferzeiten im Food-Handel, oftmals kombiniert mit der Wahl eines Anlieferzeitfensters. Bedingt wird dies durch die Charakteristik der Artikel, die i. d. R. keine langen Lieferzeiten zulassen. Erwähnenswert ist, dass bei sperrigen oder speziellen Gütern eine Beschränkung besteht oder Mehrkosten entstehen. In vielen anderen Branchen ist diese Vorgehensweise vorzufinden.
Beim Mindestbestellwert fällt auf, dass der Tiernahrungs- und der Lebensmittelhandel einen recht hohen Mindestbestellwert für eine Lieferung voraussetzen. Ein Erklärungsansatz liefert im Food-Bereich die meist geringe Wertigkeit und Renditeträchtigkeit der Waren, ggf. in Kombination mit einem kostenaufwendigen Transport, besonders bei dem Transport von Kühl- oder Tiefkühlprodukten. Eine Spreizung der Preise zwischen dem stationären Handel und dem Onlinehandel war nicht zu erkennen.
Bei den Lieferkosten zeigt sich ein sehr heterogenes Bild, das von komplett lieferkostenfrei, über lieferkostenfrei ab einem bestimmten Warenwert, bis zu immer erhobenen Lieferkosten reicht. Insbesondere im Food-Bereich wird auf obige Argumentation verwiesen. Bei mehr renditeträchtigen Branchen darf über die akquisitorische Wirkung beim Erlass der Lieferkosten nachgedacht werden.
Insbesondere im textilen Handel ist die Lieferflexibilität als unterdurchschnittlich zu bezeichnen. Sie bieten ihren Kunden weder die Möglichkeit, die Ware an eine Packstation liefern zu lassen, noch ein Zeitfenster für das Eintreffen der Artikel zu wählen. Besonders hervorzuheben ist der CE-Handel. Hier sind meist beide Alternativen wählbar. Dadurch wird die wahrgenommene Qualität des Lieferservice positiv beeinflusst.
Besonderes Augenmerk verdient die räumliche Begrenzung einer Lieferleistung. Räumliche Begrenzungen finden sich u. a. bei sehr kurzen Lieferzeiten, wie Same Day oder gar Same Hour Delivery. Oftmals sind derart schnelle Lieferoptionen nur in ausgewählten Städten oder Stadtbereichen möglich. Auffallend sind diese Begrenzungen besonders im Food-Bereich. Gerade in den Teilen der Bundesrepublik, wo diese Option besonders interessant wäre, wird diese nicht angeboten. Das Argument des Aufbaus einer kostenintensiven Infrastruktur greift nicht, da dies in England, beispielhaft bei Tesco, durch die Nutzung der ausgeprägten Distributionsdichte der Verkaufsstellen bereits umgesetzt ist. Zu erkennen ist eine Verlagerung der Kernkompetenzen. Bereiche der Logistik werden wieder in den Verantwortlichkeitsbereich des Handelsunternehmens zurückgeholt und selbst umgesetzt. Ein aktuelles Beispiel ist die Auslieferung bei Amazon.
Bei der Gegenüberstellung der angebotenen Zahlungsoptionen fallen einige Branchen positiv auf, so der Tiernahrungshandel, bei dem der Kunde eine Auswahlmöglichkeit der gängigen und sicheren Zahlungsmethoden hat.
Eine zentrale Bedeutung kommt, besonders im Multi-Channel-Handel, der Abholmöglichkeit durch den Kunden zu, zumindest aus Handelssicht. Während die Branchen Food, Drogerie und CE zumindest Click & Collect anbieten, gibt es im textilen Handel sowie beim Tiernahrungsbedarf noch große Defizite (Anm. d. V.: Hinsichtlich der Bedeutung dieses Service aus Kundensicht sei auf einen weiteren Artikel des Autors in diesem Buch hingewiesen). Kein Unternehmen aus diesen Branchen bietet eine Form der Abholung an. Auch hier kann der Blick über den Tellerrand eine Belebung des Umsatzes durch eine Ausweitung des Service gegenüber den Kunden hervorrufen.
Beim länderspezifischen Vergleich innerhalb der Branchen zeigen sich teils deutliche Unterschiede, insbesondere die Schnelligkeit der Lieferung und den damit verbundenen Kosten und Services betreffend. Auch hier bietet sich für die deutschen Handelsunternehmen die Chance, einen Blick über die Grenzen zu tätigen. Die Argumentation „geht nicht bei uns, weil …“ verhindert die Generierung von Wettbewerbsvorteilen. Die Umkehrung der Argumentation in „was müssen wir tun, damit es funktioniert“ eröffnet neue Wege, nachhaltig Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Wird das gedankliche Öffnen gegenüber Lösungen aus anderen Ländern kombiniert mit dem Blick auf die Realisierung von Herausforderungen in anderen Branchen, kann der Effekt der Stärkung der Wettbewerbsposition weiter forciert werden, zumal die Unterschiede der Leistungsfähigkeit von Lieferdiensten zwischen den einzelnen Handelsbranchen teilweise sehr deutlich sind.
Potenzial besteht in der Überprüfung der Standardlieferzeit, besonders im Tiernahrungsbereich und dem textilen Handel, es sei denn, diese ist ganz bewusst gewählt, um bei einem dringenden Bedarf die Zahlungsbereitschaft der Kunden bei einer schnelleren Lieferung abzuschöpfen.
Des Weiteren findet sich nur bei wenigen Unternehmen die Option einer Expressliefervariante, besonders unter Beachtung der obigen Option. Eine weitere Gefahr besteht darin, dass Kunden bei zu langen Lieferzeiten zu Wettbewerbern mit deutlich kürzeren Lieferzeiten abwandern und die gewünschten Artikel dort beziehen.
Eine Ausweitung des räumlichen Bereichs von Lieferdiensten bietet, insbesondere für den LEH, Wachstumsmöglichkeiten, ohne dass eine zu kostenintensive Infrastruktur aufgebaut werden muss. Bewährte Beispiele finden sich sowohl im deutschen als auch im europäischen Raum.
Ein weiterer Handlungsbedarf zeigt sich bei den Abholoptionen, ausgesprochen im Textilhandel und beim Tiernahrungsbedarf. Eine Abholoption wird bislang nicht angeboten, zumal einige der Händler flächendeckend Filialen betreiben.
4.2 Würdigung der Hypothesen
Innerhalb der Branchen finden sich keine Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung von Lieferdiensten.
Zwischen den Branchen finden sich keine Unterschiede hinsichtlich der Ausprägung von Lieferdiensten.
Aufgrund länderspezifisch unterschiedlicher Kundenanforderungen finden sich im internationalen Vergleich Unterschiede bei den Lieferdiensten.
Die erste Hypothese, nämlich dass innerhalb einer Branche keine Leistungsunterschiede bei den Lieferdiensten zu finden sind, ist zu verwerfen. Die Studie zeigt sehr deutlich, dass selbst innerhalb einer Branche deutliche Unterschiede, auch länderbereinigt, zu erkennen sind. Lerneffekte, die sich hieraus für die Unternehmen ergeben, sind gegeben.
Die zweite Hypothese hinsichtlich der Unterschiede zwischen den Branchen ist ebenfalls zu verwerfen. Die Diskussion der Ergebnisse zeigt sehr deutlich, dass zwischen den Branchen teils sehr deutliche Unterschiede zu erkennen sind. Der Transfer und die Adaption der Erkenntnisse auf das eigene Unternehmen bietet die Chance der Generierung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen.
Die letzte Hypothese hinsichtlich länderspezifischer Unterschiede ist zu verifizieren. Unterschiede, die in der Geografie des Landes, den Konsumgewohnheiten der Kunden oder sonstigem bedingt sind, führen zu diesem Ergebnis. Auch die Übertragung, nicht das bloße Kopieren von Leistungselementen, kann zur Generierung eines Wettbewerbsvorsprungs genutzt werden.
5 Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
Die zunehmende Digitalisierung im Handel und in dessen Umfeld, insbesondere durch die kundenseitig vermehrte Nutzung des Internets oder durch eine zunehmende Convenience-Orientierung, wächst die handelsseitige Notwendigkeit, entsprechende Leistungen in Form von Lieferdiensten anzubieten. Die Anzahl der Handelsunternehmen, die diese Leistung anbieten, ist immens. In gleicher Weise besteht eine Intransparenz, welches unternehmensspezifische Leistungsspektrum innerhalb einer Branche angeboten wird und welche Unterschiede zwischen den Leistungen von unterschiedlichen Handelsbranchen bestehen.
Die Analyse der Lieferdienste von 31 ausgewählten Handelsunternehmen aus sieben Handelsbranchen vermittelt einen ersten Überblick über die Verbreitung von angebotenen Leistungskomponenten. Innerhalb der Branchen lassen sich teils erhebliche Unterschiede bei den angebotenen Leistungen feststellen. Einen weiteren Mehrwert liefert der Vergleich der Branchen sowie Ländervergleich zwischen den Handelsbranchen. Visualisiert wurden die Erkenntnisse mithilfe eines „morphologischen Kastens“.
Ein tiefergehenderer Einblick in den homogenen Begriff der Lieferdienste zeigt, dass diese keineswegs einheitlich sind, sondern teils erhebliche Leistungsunterschiede aufweisen. Aus den Differenzen in den Leistungen können sich für die Handelsunternehmen Lernfelder mit einem hohen Erfolgspotenzial ergeben, die es dadurch zu heben gilt, indem nicht die Argumentation die Oberhand gewinnt „es geht bei uns nicht, weil …“, sondern „was müssen wir tun, damit es auch bei uns funktioniert“.
Mit weiter steigenden Umsätzen im Onlinebereich und einer kundenseitigen Ausweitung des Convenience-Denkens ist zu rechnen, damit einhergehend mit einer Ausweitung der Lieferdienste und den damit verbundenen Kosten. Daher scheint es sinnvoll, Leistungs- und Kostensenkungspotenziale frühzeitig zu identifizieren und in der Form zu realisieren, dass diese dem Handelsunternehmen nachhaltige Wettbewerbs- und Wertvorteile erbringen. Dies kann nur dann sichergestellt werden, wenn sich ein Handelsunternehmen bewusst und qualifiziert mit dem Handelsumfeld und den wirklichen Bedürfnissen des Kunden auseinandersetzt.