Alles schiefgegangen.«
»Nein, Sergio, nicht ganz alles, die Polizei kann dir nichts, du bist weit weg und du hast das Geld von meinem Mann.«
»Zumindest das Geld, das er nach Bolivien mitnehmen wollte, um Luz ihr kleines Rosenabenteuer zu finanzieren. Ein kleines Geschenk für seine Geliebte, so nebenher. Dein Ex spürt den Verlust so einer Summe nicht mal.«
»Sag das nicht noch einmal, bitte …«
»Eine halbe Million ist nichts im Vergleich zu dem, was wir von der Lebensversicherung bekommen hätten, wenn Germán ihn wie geplant umgebracht hätte.«
»Ja, aber Germán sitzt im Gefängnis, und Santiago ist noch am Leben und lässt sich von mir scheiden, damit er Luz heiraten kann. Und du bist mit der schönen halben Million in weiter Ferne. Also bitte, für wen von uns beiden ist die Sache schiefgegangen?«
»Na gut, Ursula, ich habe das alles gemacht, damit wir zusammenleben können.«
»Alles gemacht? Du hast vor allem alles mitgenommen.«
»Aber gegen mich läuft ein Verfahren, Interpol sucht nach mir, und ich werde ein paar Jahre abtauchen müssen und sehen, wie ich mich durchschlage.«
»In einem halben Jahr denkt kein Mensch mehr an dich, hat der Anwalt gesagt.«
»Du kannst deinen Mann verklagen, du kannst das Haus in Carrasco verlangen, oder das in Punta del Este, und dazu ein, zwei Autos und Geld.«
»Von wegen, ich habe keinerlei Ansprüche, das hat mir der Anwalt schon vor Langem klargemacht. Was glaubst du denn, warum ich mich auf so eine komplizierte Geschichte eingelassen habe? Doch nur, weil ich nicht anders an Geld kommen konnte.«
»Das heißt, du hast es gar nicht aus Liebe zu mir getan.«
»Sei nicht so zynisch.«
»Hast du schon mit Santiago gesprochen?«
»Ja, natürlich, wir müssen noch verschiedene Kleinigkeiten klären, gestern habe ich mehrere Sachen aus dem Haus in Carrasco geholt.«
»Glaubst du, er ahnt was?«
»Was mich angeht? Nein, nicht im Geringsten. Er kann es nur immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet du an der Entführung beteiligt warst, sein liebster Mitarbeiter. Aber auf die Idee, dass ich etwas damit zu tun haben könnte, kommt er nicht, auf keinen Fall.«
»Siehst du, für dich ist es wirklich nicht schlecht ausgegangen. Du könntest jetzt auch im Knast sitzen, wie Germán.«
»Ja, schlimmer geht immer …«
»Ursula, ich hab dir schon tausend Mal gesagt, komm mit nach Afrika. Mit dem Geld kann ich ein Hotel aufmachen, oder ein gutes Restaurant.«
»Nerv nicht, Sergio, ich will gut leben, und zwar jetzt. Für irgendwelche langfristigen Projekte bin ich nicht die Richtige.«
»Eins wundert mich – hast du irgendwo in den Meldungen was über die Frau gefunden, die bei dir angerufen hat?«
»Nein.«
»Wer war das wohl? Hast du eine Ahnung? Du hast schließlich mit ihr telefoniert.«
»Ich muss zugeben, beim ersten Anruf bin ich ganz schön erschrocken. Das kam total unerwartet, ich wusste nicht, wie ich reagieren soll.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen, dir fällt doch immer was ein. Aber es stimmt schon, auf so was wären wir wirklich im Traum nicht gekommen. Germán hat sich offensichtlich eine neue Partnerin gesucht, als er gemerkt hat, dass ich ihn habe sitzen lassen. Wahrscheinlich irgendeine Freundin von früher, jemand, dem er vertraut.«
»Ja, das hätte ich Germán niemals zugetraut.«
»In jedem Fall war es ein Fehler, ihn mit ins Boot zu nehmen. Der arme Idiot, kommt nach zwanzig Jahren aus Spanien zurück, und kaum ist er ein paar Tage hier, landet er im Gefängnis. So was nennt man Pech. Der kann sich schon mal auf ein paar Jährchen Knast einstellen. Noch schlimmer sähe es für ihn allerdings aus, wenn er dich angerufen und Lösegeld von dir verlangt hätte, oder wenn sie die Waffe gefunden hätten. Was hat er wohl mit dem Revolver gemacht, den ich ihm besorgt hatte?«
»Den hat er bestimmt irgendwo ins Gebüsch geworfen, oder was weiß ich. Vielleicht hat er ihn auch seiner Partnerin gegeben. Was für eine komische Frau, ganz schön seltsam, wirklich. Weißt du was, Sergio? Sie war entschlossen, ihren Teil der Vereinbarung zu erfüllen – sie hätte Santiago umgebracht. Das weiß ich. Deshalb habe ich fest damit gerechnet, dass das mit dem Geld von der Lebensversicherung klappt, ich war mir sicher, dass sie ihn erschießen würde.«
»Dann ist sie also durchaus gefährlich …«
»Allerdings. Oder verrückt. Darum habe ich der Polizei ja auch nichts von den Anrufen erzählt, ich wollte sie lieber aus der Sache raushalten.«
»Aber das Geld hättest du ihr niemals gegeben, oder?«
»Nein, aber ein bisschen Angst hatte ich schon bei dem Gedanken, sie reinzulegen. Ich habe mir gesagt, eines Tages kommt sie vielleicht und rechnet mit mir ab. Ich stelle sie mir groß und dick vor, wegen ihrer kräftigen Stimme. Eine ganz schöne Furie, würde ich sagen.«
»Und als alles aufgeflogen ist, ist sie verschwunden, spurlos.«
»Ja, keine Ahnung, wer sie ist und wo sie stecken könnte. Das weiß bloß Germán, falls er es überhaupt weiß.«
»Falls er es weiß, hat er jedenfalls nichts gesagt, zu den Bullen, meine ich. Vielleicht weiß er es aber auch selbst nicht. Was anderes: Werden Santiago und Luz heiraten?«
»Ja, ich hab doch gesagt, dass ich gestern in Carrasco war, um Sachen zu holen. Santiago und Luz waren beide da, Luz war gerade dabei, bei ihm einzuziehen. Und ihre Schwester Ursula hat ihr geholfen. Die hat den gleichen Vor- und Nachnamen wie ich, verrückt, was? Ursula López, genau wie ich.«
»Na, so was.«
»Ja, wirklich. Eine seltsame Person. Zur Begrüßung hat sie irgendwas gemurmelt, und danach hat sie, solange ich da war, kein einziges Wort mehr von sich gegeben. Vielleicht war sie heiser, was weiß ich.«
»Ist sie so hübsch wie Luz?«
»Noch viel hübscher. Sie hat ein paar Kilo zu viel auf dem Leib, aber sie ist trotzdem eine wunderschöne Frau.«