Bei dieser Therapieform werden sowohl die durchblutungsfördernden Mittel, die wir schon vom akuten Tinnitus her kennen, als auch eine Reihe anderer Arzneimittel verwendet. Dazu gehören:
Ganz allgemein ist das Ziel der medikamentösen Therapie, die ohrgeräuschauslösende Funktionsstörung im Bereich des Hörsystems zu beseitigen. Die Auswahl der Medikamente ist noch recht gering, da bis jetzt sehr wenige Mittel bekannt sind, die selektiv im Ohr wirksam sind.
Durchblutungsfördernde Mittel
Beim chronischen Tinnitus werden die durchblutungsfördernden Medikamente in Form der Infusionstherapie verabreicht, können aber auch eingenommen werden. Ihr Einsatz ist zu erwägen
Bei einem Tinnitus, der schon länger als drei bis sechs Monate besteht, liegen die Chancen, mit durchblutungsfördernden Mitteln eine Besserung zu erzielen, längst nicht so hoch wie bei einem frischen Tinnitus.
Es sind heute eine Reihe von Medikamenten bekannt, die sich bei der Behandlung von Ohrgeräuschen bewährt haben.
Außer den durchblutungsfördernden Mitteln ist heute eine Reihe anderer Medikamente bekannt, die sich bei der Behandlung von Ohrgeräuschen bewährt haben. Ursprünglich wurden alle gegen ganz andere Krankheiten entwickelt, ehe sich in Praxis und Forschung herausstellte, dass sie auch gegen Tinnitus eingesetzt werden können.Da die Medizin weiß, dass der Entstehung des Tinnitus Störungen der Verteilung der elektrischen Ladungen an den Nervenzellen zugrunde liegen, setzt man in der Therapie solche Medikamente ein, die auf diese Potentiale an den Zellmembranen wirken. Das funktioniert so: Jede Zelle hat an ihrer Außen- und Innenseite elektrische Ladungen. Sie braucht diese, um normal zu funktionieren, damit ihr Stoffwechsel ungestört ablaufen kann. Wird das Gleichgewicht dieser Ladungen gestört, wird auch die Funktion der Zelle gestört. Dies finden wir nicht nur im Bereich des Ohres beim Tinnitus vor. Auch eine ganze Reihe anderer Störungen im Bereich anderer Organe verläuft nach dem gleichen Prinzip, so etwa die Rhythmusstörungen des Herzens. Unter diesem Aspekt ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Medikamente zur Linderung der Tinnitus-Beschwerden primär gegen Funktionsstörungen anderer Organe entwickelt wurden.
Antiarrhythmika
Vor der Therapie mit Antiarrhythmika (und Antikonvulsiva) wird üblicherweise ein sogenannter Lidocain-Test durchgeführt, um festzustellen, ob und wie der Patient auf diese Medikamente anspricht. Da es bei diesem Test zu erheblichen Nebenwirkungen kommen kann, wird er nur in der Klinik unter ständiger ärztlicher Aufsicht durchgeführt.
Verspürt der Patient während oder nach einer Infusion unter Zusatz von Lidocain eine Veränderung seiner Ohrgeräusche, so ist eine Therapie mit den angeführten Mitteln als sinnvoll anzusehen. Rund 60 % der Patienten mit chronischen Ohrgeräuschen unbekannter Ursache reagieren positiv auf diesen Test.
Bei den Patienten, die eine solche positive Reaktion auf Lidocain gezeigt haben, kommt ein Therapieversuch mit den entsprechenden Mitteln in Frage. Da diese Therapie mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen verbunden ist, wird der Arzt die Verordnung immer sorgfältig abwägen. Wenn der Leidensdruck eines Patienten relativ groß ist, wird er meist einverstanden sein, diese Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. Hier gilt es, Nutzen und Risiko gegeneinander abzuwägen.
Die Therapie mit Antiarrhythmika ist mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.
Der gebräuchlichste Wirkstoff aus der Gruppe der Antiarrhythmika ist Tocainid. Es ist von seiner Zusammensetzung her dem Lidocain sehr ähnlich. Lidocain ist ein lokalanästhetisch wirksames Mittel, das aber auch die Erregbarkeit des Herzens dämpft, gegen Herzrhythmusstörungen wirkt und die Herzschlagfolge verlangsamt. Es wirkt, indem es einen stabilisierenden Einfluss auf die Zellmembran hat, und zwar im Sinne einer Dämpfung der Erregungsübertragung. Tocainid wird in Tablettenform verabreicht.
Leider ist diese Therapie nur bei sehr wenigen Patienten wirksam (ca. 2 %). Zur Besserung des Tinnitus müssen über längere Zeit hinweg sehr hohe Dosen eingenommen werden, die jedoch nur von einer kleinen Zahl von Patienten vertragen wird.
Antikonvulsiva
Diese Gruppe von Medikamenten wirkt ebenfalls stabilisierend auf die Membran der Zellen und mindert so die Erregbarkeit der Nervenbahnen bei der Reizübertragung. In erster Linie finden diese Medikamente Anwendung bei der Behandlung von Epilepsie (Anfallserkrankungen) und von Entzugserscheinungen bei Alkohol- oder Drogenentzug. Wegen ihrer Nebenwirkungen sollte die Einnahme wohlbedacht sein.
Diese Medikamente haben sich besonders bei der Behandlung von objektivem Tinnitus, der durch unwillkürliche Kontraktionen der Gaumenmuskulatur verursacht ist, bewährt. Der gebräuchlichste Wirkstoff ist hier Carbamazepin. Es wird ebenfalls in Form von Tabletten verabreicht.
Calciumantagonisten
Diese Gruppe von Medikamenten hemmt den Einstrom von Calcium in die Zellen. Sie werden bei der Behandlung von verschiedenen Herzerkrankungen wie der koronaren Herzkrankheit oder auch bei erhöhtem Blutdruck angewendet. Da die Funktion der Sinneszellen unter anderem auch calciumabhängig ist, werden Calciumantagonisten bei der Behandlung von Tinnitus mit dem Ziel eingesetzt, den fehlgesteuerten Calciumeinstrom in die Zellen zu normalisieren. Wegen ihrer geringen Nebenwirkungen sind sie bei Tinnitus ein Mittel der Wahl. Am häufigsten werden die Wirkstoffe Flunarizin bzw. Sibelium und Nimodipin verordnet.
Antidepressiva und Tranquillizer
Diese Mittel, die in erster Linie zur Behandlung von Depressionen, Verstimmungszuständen und Unruhezuständen angewendet werden, können das subjektive Empfinden des Tinnitus dämpfen. Es wird angenommen, dass der therapeutische Effekt auf einer allgemein dämpfenden Wirkung beruht, wie auch auf der Hemmung einiger Faktoren, die Tinnitus verstärken können.
Vorsicht: Bei manchen Mitteln besteht die Gefahr der Gewöhnung und Abhängigkeit! Beim Absetzen der Mittel kann aber Tinnitus wieder verstärkt auftreten.
Glutamat
Hierbei handelt es sich um einen Neurotransmitter, also ein Mittel, das die Reizübertragung im Bereich der Nervenbahnen fördert. Man vermutet, dass es durch die Gabe von Glutamat zur Unterdrückung einer bestehenden krankhaften Spontanaktivität im Bereich der Hörbahn kommt. Glutamat wird in Form von Infusionen in speziell für eine solche Behandlung eingerichteten Kliniken verabreicht, wo die Wirksamkeit noch erprobt wird. An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, dass bestimmte Medikamente und Wirkstoffe auch Tinnitus verursachen können! In solchen Fällen gilt es, sie wegzulassen oder nach Rücksprache mit dem Arzt durch andere Arzneimittel zu ersetzen.