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Erst als er sich hinkniete, um die Fußleisten zu schrubben, merkte er, wie schmutzig sie waren. Sie waren nicht weiß, sondern starrten vor Dreck. Und er wollte es sauber und ordentlich haben.
Irgendwo hatte er gelesen, dass entgegen landläufiger Meinung der Fußboden und sogar die Toilette die saubersten Stellen einer Wohnung waren. Handys, Fernbedienungen und Computertastaturen hingegen strotzten vor Bakterien. Dicht gefolgt von den Fußleisten.
Seine nächtlichen Aktivitäten waren in gewisser Weise auch eine Art Saubermachen gewesen. Es war alles nach Plan gelaufen und eine Last von ihm abgefallen. Der Auftrag war abgeschlossen, und das vorangegangene Fiasko, wenn man es so nennen wollte, war keine offene entzündete Wunde mehr. Sie war gereinigt und desinfiziert und würde sich mit der Zeit in eine schöne Narbe verwandeln.
Schon morgen würde es wieder so weit sein, aber er war nicht nervös. Er hatte alles gut im Griff. Am Morgen hatte er sein Schwimmtraining absolviert und die Strecke zum ersten Mal in weniger als zwei Stunden geschafft. Außerdem hatte er ein Schlauchboot mit Außenborder gemietet, Proviant eingekauft und einen Großteil seiner Ausrüstung gepackt.
Doch als ob es ein Naturgesetz wäre, dass nichts einfach nach Plan lief, ertönte im Flur die Klingel. Diesmal zuckte er nicht einmal zusammen. Diese Polizistin war nun schon so oft bei ihm aufgetaucht, dass er sich fast mehr darüber gewundert hätte, wenn sie nicht mehr alle naselang bei ihm klingeln würde.
Allmählich wurde sie allerdings zum Problem. Das enervierende Läuten störte die Harmonie des Ganzen und die Konzentration, die er durch strenge Disziplin aufgebracht hatte, um weitermachen zu können. Hätte er doch nur darauf scheißen und sie klingeln lassen können. Aber das ging nicht. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Er konnte nicht einmal die versifften Fußleisten putzen.
Vielleicht war es das Beste, dem Ganzen ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Es wäre kein Problem gewesen, einfach die Tür zu öffnen und sie hereinzubitten, sie zu fragen, was sie auf dem Herzen hätte, und sie dann mit der Methode, für die sich der Würfel entschied, in aller Ruhe aus dem Weg zu schaffen.
Da er wenig Zeit hatte, musste zunächst ein einfaches Ja oder Nein auf die Frage genügen, ob er sich dem Problem jetzt widmen sollte oder nicht. Er zog die Putzhandschuhe aus, zog einen der sechsseitigen Würfel heraus, die er immer in der Tasche trug, schüttelte ihn und ließ ihn über den Fußboden rollen.
Eine Drei.
Genau wie die Eins und die Zwei stand sie für Ja, was bedeutete, dass der Würfel wieder auf seiner Seite war. Nun musste dieser nur noch entscheiden, wie die Angelegenheit vonstattengehen sollte, dann konnte er die Tür aufmachen. Er würfelte noch einmal, um zu ermitteln, in welcher Kategorie es weitergehen sollte. Wie immer standen ungerade Zahlen für Mordwaffe und gerade für Todesart .
Eine Fünf.
Da er die durchnummerierte Liste der zwölf möglichen Waffen auswendig kannte, konnte er sofort zu den Vorwürfen übergehen, die darüber entschieden, ob er die Auswahl der Waffe mit einem oder mit zwei Würfeln durchführen musste.
Eine Drei.
Er sollte also mit einem Würfel weitermachen, und er schüttelte ihn ausgiebig, während das nervige Klingeln durch die Wohnung schallte, ließ ihn abermals auf den Boden fallen und blickte ihm hinterher, bis er liegen blieb.
Eine Zwei.
Der Würfel hatte seine Wahl getroffen, und zwar eine sehr durchdachte. Er hatte ihm aufgetragen, ein Seil zu benutzen, was angesichts der Tatsache, dass er sich zu Hause in seiner Wohnung befand, die perfekte Waffe war. Sie würde nicht schreien und auch sonst nicht viel Theater machen können. Es würde auch kein Blut spritzen und keine Sauerei geben. Wo er doch gerade so schön geputzt hatte. Außerdem hatte er sich bereits ein Seil gekauft und es mit der übrigen Ausrüstung für heute Nacht eingepackt.
Er wusste genau, wo er es verstaut hatte, fand es auf Anhieb und ging in den Flur.
Durch den Spion sah sie durchtrainierter aus, als er sie von der Vernehmung in Erinnerung hatte. Es bestand also kein Grund zu zögern. Vielmehr zerrte er sie besser so schnell wie möglich in die Wohnung und trat ihr die Beine weg, bevor sie wusste, wie ihr geschah.
Er legte das Seil auf den Fußboden, damit er, wenn es so weit war, leicht herankam. Anschließend schob er die einzelnen Riegel zur Seite und öffnete die Tür. Kaum hatte er jedoch einen halben Schritt in den Hausflur getan und die Hand erhoben, um sie an der Jacke zu packen, da hatte sein Gehirn den optischen Eindruck ausreichend verarbeitet, um zu begreifen, dass hier etwas nicht stimmte.
»Ui. Sie sind ja doch zu Hause«, sagte die Frau vor ihm. »Ich wollte es gerade aufgeben.« Sie hatte zwar die gleiche Größe und die gleiche Frisur wie die Polizistin. Aber das hier war keine Polizistin, sondern eine Postbotin mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem noch breiteren Paket im Arm.
»Gut, dass Sie es nicht getan haben, denn auf dieses Paket habe ich schon gewartet.« Erleichtert und enttäuscht zugleich, nahm er das längliche Paket entgegen.
»Wenn ich noch um eine Unterschrift bitten dürfte.«
»Natürlich. Kein Problem. Gar kein Problem.« Er schenkte ihr ein Lächeln und unterschrieb.
»Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Tag.«
»Das wird er ganz sicher. Vor allem hiermit.« Er hielt das Paket in die Höhe, lächelte sie noch einmal an und ging zurück in seine Wohnung.
Sobald er alle Schlösser verriegelt hatte, öffnete er das Paket und die Schachtel darin. Dann umfasste er den Griff, zog das blanke Schwert langsam in voller Länge heraus und bewunderte es.