Mein bester Freund hat mir sein Leben anvertraut, und ich werde nie wieder die Gleiche sein. Als Journalistin stelle ich meinen Gesprächspartner*innen Fragen und höre ihnen zu. Ich recherchiere, checke Fakten und ordne Themen in einen größeren Zusammenhang ein. Ich versuche, eine gesunde Distanz zu wahren und gleichzeitig empathisch genug zu sein, um die Geschichten von Menschen zu erzählen. Das war mein Handwerkszeug für dieses Buch. Aber es brauchte so viel mehr: psychologische Gesprächsführung, gutes Essen, literweise Tee und Kaffee, Umarmungen und Taschentücher.
Die Biographien von Gianni und mir könnten verschiedener nicht sein: Ich bin als Schwarze Frau und Tochter einer alleinerziehenden weißen Frau ganz anders groß geworden als er. Aber in den vergangen zwölf Jahren unserer Freundschaft haben wir immer wieder Gemeinsamkeiten entdeckt. Wir sind gleichalt, wir sind Eltern, wir haben in denselben Clubs gefeiert und uns lange Zeit im Stillen an unseren Rassismuserfahrungen abgearbeitet. Später haben wir uns auf dem Weg unserer Politisierung begleitet. Wir sind unsere größten Kritiker*innen, aber auch Unterstützter*innen, wir sind Vertraute und Geschwister im Geiste.
Weil Gianni seine Geschichte mit mir geteilt hat, sehe ich die Welt mit anderen Augen. Es hat ihn viel Kraft gekostet, zu erzählen – und mich, zuzuhören und zu verstehen. Gemeinsam sind wir abgetaucht in deutsche Vergangenheit und manchmal konnten wir nicht mehr atmen. Doch gemeinsam sind wir auch wieder aufgetaucht.
Für dich, Gianni.