Willow
Fuck .
Ich hasste es zu rennen.
Ich keuchte, als ich mich nach vorne beugte, die Hände auf meine Knie stützte und versuchte, tief einzuatmen. Mit so wenig Sauerstoff konnte ich nicht funktionieren.
Ich konnte nicht denken .
Was hatte Gray zu erreichen gehofft, wenn er mich wegen der Knochen anlog? Indem er sie vor mir verheimlichte? Wenn Susannah mir sagte, ich solle weglaufen, musste mehr dahinterstecken, als dass er mich daran hindern wollte, die Knochen zu finden. Die Angst in ihrer Stimme hatte sich in meine Haut gebohrt und war wie eine heimtückische Bedrohung unter die Oberfläche geschlichen.
Aber anstatt das zu bezweifeln, was sie gesagt hatte, wurde mir immer klarer, dass etwas nicht stimmte. Dass ich etwas übersehen hatte, das mir direkt ins Gesicht gestarrt hatte.
Ein Heulen scholl durch den Wald und die Härchen auf meinen Armen richteten sich auf. Susannah hätte mir die Flucht gestattet, hätte mich dem Schicksal, das mich in Crystal Hollow erwartete, entkommen lassen.
Denn sie wusste, dass meine Überlebenschancen minimal waren. Diese Wälder beherbergten Kreaturen, die weitaus schlimmer waren als Hexen.
Ich schluckte, stieß einen Seufzer aus und stemmte die Füße schulterbreit auseinander in den Boden. Meine Magie loszulassen, war immer wie ein Atemzug, als würde ich einen winzigen Seufzer dieser Macht in die Welt entlassen und sie nach meinem Willen formen.
Ich zückte mein Messer und schnitt schnell in jede meiner Handflächen, bevor ich die Klinge langsam in ihr Futteral zurückführte. Mein Blut tropfte auf den Waldboden und das Geräusch hallte in der Stille um mich herum wider. Es war absolut ruhig um mich herum, denn die Bestien, die sich hier versteckt hielten, pirschten sich lautlos an mich heran, während ich nach ihnen lauschte.
Ich atmete ein, füllte meine Lunge mit Luft und dem Gefühl des Waldes um mich herum. Ich atmete aus und blies einen langen, gleichmäßigen Atemzug in die Bäume. Sie antworteten und der Wald selbst schien sich zu bewegen, als die Bäume zur Seite wippten und mir einen Weg zur Grenze zeigten, wo er auf den Stadtrand von Salem traf.
Die Bestien waren zu meiner Rechten, ihre Schritte dröhnten auf dem Boden und vibrierten an meiner Seele, wo ich mit den Bäumen verbunden war. Ich rannte los, obwohl meine Waden brannten, nahm den Weg, den mir der Wald gezeigt hatte, und weigerte mich, über meine Schulter zu schauen, ob sie mich einholen würden.
Der Boden half mir, er hob und senkte sich und gab mir Schwung unter den Füßen, während ich weiter atmete. Mit jedem Seufzer wurde ein wenig mehr von der Kraft freigesetzt, die ich in meiner Haut gefangen hielt, bis die Luft um mich herum damit aufgeladen schien.
Noch nie hatte ich mich so gründlich damit umsponnen, noch nie hatte ich so viel davon in die Erde und in die Luft abgegeben. Vor mir tauchte ein Bachbett auf und ich hatte nicht genug Zeit, um anzuhalten und abzubremsen, bevor ich in den Bach stolperte. Ein Baum vor mir bewegte sich und schwang einen Ast in meine Richtung, sodass ich ihn gerade noch erwischen konnte.
Die Rinde grub sich in meine Haut und das Blut bezahlte die Schuld zwischen uns, als der Ast nach vorne schwang und mich über den Bach schleuderte.
Ich ruderte mit den Armen in der Luft und meine Beine rannten weiter, obwohl ich für ein paar Augenblicke keinen Boden unter den Füßen hatte. Ich keuchte, als ich auf der Erde aufschlug, rollte mich vorwärts und kam im nächsten Moment auf schmerzenden Beinen wieder hoch. Das Heulen der Bestien, die mich verfolgten, kam noch näher, und mir wurde klar, dass es nicht reichen würde.
Selbst mit der Hilfe des Waldes würde ich ihnen nicht entkommen. Und sich zu verstecken, war keine Option, wenn sie die Blutspur witterten, die ich hinterlassen hatte. Wenn sie die Magie in der Luft spürten und wussten, dass etwas hier war, das nicht hierher gehörte.
Ich rannte weiter und brachte mich an meine Grenzen. Ich konnte nur noch hoffen, dass ich durch ein Wunder das Ende des Waldes erreichte.
Die Kreatur, die vor mir heranschlich, entsprach genau meinen schlimmsten Vorstellungen. Lange, magere Gliedmaßen, überzogen von grauer, gesprenkelter Haut. Sie ging auf allen vieren und hatte den Kopf eines Wolfes auf den Schultern, obwohl die Hinterbeine eher denen eines Menschen glichen.
Ich kam schlitternd zum Halten und spähte über meine Schulter, als der Rest der Gruppe hinter mir zwischen den Bäumen auftauchte. Die Brust der männlichen Kreatur war muskulös und behaart und die Haare auf ihrem Rücken waren so lang, dass sie die Krümmung ihrer Wirbelsäule verdeckten. Die Finger waren lang, die schwarzen Nägel am Ende sogar noch länger als die Zähne, die im schummrigen Licht des Waldes blitzten, als der vor mir seinen Kiefer aufklaffen ließ und dabei knurrte, als er sich zu voller Größe aufrichtete.
Nur auf seinen Hinterbeinen stehend, war er mindestens einen Meter größer als ich. Ich schluckte, riss mein Messer aus der Scheide und hielt es an meine Seite.
Ich wartete und versank an dem Ort, an dem ich spürte, dass die Erde mit mir kommunizierte. Dort spürte ich jede Bewegung der Füße der Kreaturen im Dreck und im sterbenden Laub.
Der vor mir sprang vorwärts, landete auf den Vorderbeinen und rannte auf mich zu. Ich wirbelte herum und warf mein Messer nach ihm. Ich hielt nicht inne, um zu hören, ob er vor Schmerz aufjaulte, bevor ich mich hinkauerte und unter seinem Körper wegduckte, um auf der anderen Seite auf die Füße zu springen, als er mit den anderen zusammenkrachte.
Ich hielt meine blutenden Hände vor dem Körper und wartete darauf, dass die drei, die noch standen, sich bewegten. Derjenige mit meinem Messer in der Brust lag auf dem Boden. Einer seiner Gefährten schnüffelte an der Wunde und fletschte dann die Zähne.
Der nächste stürzte nach vorne und ich streckte die Arme vor dem Körper aus. Dann verschränkte ich sie und murmelte leise vor mich hin, als die Bäume mir Folge leisteten. Ein dicker, stabiler Ast auf jeder Seite der Lichtung, die uns umgab, kam meinen Worten nach; sie überkreuzten sich und wickelten sich auf der gegenüberliegenden Seite um eines der Vorderbeine des Biests.
Ich presste die Hände zusammen, als er stolperte. Die Äste zogen sich enger um seine Gliedmaßen. Ich kniff bedauernd die Augen zusammen, als er trotzdem näher kam und erst kurz vor mir zum Stehen kam, weil die Äste ihn festhielten.
»Scissura« , flüsterte ich und riss die Arme auseinander.
Die Äste zogen sich schnell zurück und rissen dem Tier die Beine vom Körper. Sein Schmerzensgeheul erfüllte den Wald.
Meine Unterlippe zitterte, ich hasste den Tod und die Gewalt, als der Boden das Blut des Monsters aufsaugte. Er nahm das Opfer, das ich dargebracht hatte, auch wenn es nicht mein Blut war, das ihn ernährte. In diesem Moment der Ablenkung, stürzte sich die nächste Bestie auf mich, und ich warf mich, so schnell ich konnte, nach hinten, um den Klauen auszuweichen.
Ein brennender Schmerz durchfuhr meine Wange und verfehlte nur knapp mein Auge, als drei Krallen durch mein Fleisch zogen. Meine Finger arbeiteten vor mir und knüpften Knoten in die Zweige wie in ein Netz. Als ich mit dem Rücken auf der Erde aufschlug, war das Maul der Kreatur nur noch wenige Atemzüge von meinem Gesicht entfernt. Da schoben sich die Zweige zwischen uns und bildeten eine Barriere, als sie das Biest zurückstießen.
Es sprang rasch auf, stürzte sich auf die Äste und riss mit Zähnen und Klauen an ihnen. Ich drehte mich um und sprintete in den Wald.
Mein Gesicht pochte schmerzhaft und das Blut an meinen Händen begann zu gerinnen. Ich hatte zu viel gegeben und mein Körper bewegte sich träger als normal. Der Atem, der vorher so leicht auszustoßen schien, war nicht mehr zu bändigen, die Magie verlangte nach der Freiheit, die ihr so viele Jahre verweigert worden war.
Ich schnappte nach Luft, als ich versuchte, sie zurückzuholen, während ich rannte, denn ich brauchte die zusätzliche Energie, um meine Beine zu bewegen. Die Magie kitzelte meine Haut, ein Necken und ein Reizen, und ich zuckte zurück.
Etwas krachte mir in den Rücken, sodass ich mit dem Gesicht in den Dreck stürzte. Ich rollte mich schnell herum und starrte auf das Tier, das um mich herumschlich und seinen Körper über meinen bewegte.
Seine Beine waren so lang, dass wir uns nicht einmal berührten, als es mit allen vieren über mir stand. Mit tiefen, dunklen Augen blickte es auf mich herab, seine Zähne waren gefletscht und Speichel tropfte auf mein Gesicht, als es seinen Mund an mein Gesicht heranführte. Sein Atem stank nach fauligem Fleisch. Der Gestank wurde noch stärker, als es seine Kiefer öffnete.
Es zog den Kopf leicht zurück und öffnete das Maul. Ich kniff die Augen zu und wartete auf das Ende. Ich grub die Finger in die Erde unter mir, auf der Suche nach Sicherheit in meinen letzten Momenten und wartete auf den Schmerz der Zähne, die sich in mein Gesicht bohrten.
Doch der Schmerz kam nicht.
Die Bestie jaulte auf. Meine Augen flogen auf. Hände hatten die Kreatur an der Schnauze gepackt, eine hielt den Oberkiefer, die andere den Unterkiefer fest. Ich starrte direkt in den Rachen des Ungetüms. Es war so unglaublich nah dran gewesen, mich zu beißen.
Die Hände, die die Kreatur festhielten, zogen, und ein Brüllen erfüllte die Luft, als sich der Kiefer der Bestie löste und knackend zerbrach. Die Hände rissen und zerrten, bis das Blut explosionsartig aus der Kreatur herausspritzte. Es regnete auf mich herab und bedeckte mich. Ich blinzelte es weg und blieb zitternd auf dem Boden liegen.
Schließlich rappelte ich mich auf meine Ellbogen und starrte auf das, was von der Kreatur übrig geblieben war. Der Mann, der sie festhielt, riss sie in der Mitte durch, teilte ihren Körper vom Kopf bis zur Leiste in zwei Hälften.
Er warf die Hälften auf den Boden, zu einem Haufen verstümmelten Fleisches, während seine stahlblauen Augen meinem schockierten Blick begegneten.
Fuck.