Zwei Dinge sind in meiner Kindheit ganz offensichtlich schiefgelaufen: mein Vater und meine Mutter. Das jedenfalls erfuhr ich vierzig Jahre nach meiner Kindheit, als ich mich auf Druck meiner Frau zum ersten Mal mit meinem inneren Kind beschäftigte.
Wäre ich nicht durch meine sehr positiven Erfahrungen mit dem Thema Achtsamkeit für psychologische Themen sensibilisiert gewesen, hätte ich das mit dem inneren Kind wahrscheinlich zunächst einmal für kompletten Humbug gehalten. Alles, was bei einer Vorsorgeuntersuchung vom Proktologen nicht entdeckt werden kann, steckt auch nicht in uns. Das war früher meine Meinung.
Noch vor einem Jahr hätte ich ein Buch über das innere Kind deshalb schlicht für Schwangerschaftsliteratur gehalten. Eines der Bücher, die einem Mann zwar jede Menge Informationen über die biologischen Vorgänge innerhalb seiner Partnerin vermittelten, die aber als Erklärung für sein eigenes Seelenleben ansonsten eher bedeutungslos waren.
Inzwischen weiß ich, dass der psychologische Ansatz des »inneren Kindes« mit Geburtsvorbereitung nicht das Geringste zu tun hat. Er spielt komplett auf der anderen Seite der Gebärmutter. Für beide Geschlechter. Nach der Lehre vom »inneren Kind« sind wir emotional aufgebaut wie eine russische Matrjoschka-Puppe. Wenn es in unserer Erwachsenen-Seelen-Puppe rappelt, ist das in Wahrheit das Geräusch der verletzten Kinder-Seelen-Puppe innen drin.
Nicht wir stehen unserem Glück im Wege. Unser inneres Kind tut das. Weil es mit allen Verletzungen aus unserer Kindheit ein Teil von uns ist. Wollen wir das Rappeln stoppen, müssen wir das innere Kind heilen.
Die Beschäftigung mit meinem inneren Kind stellte sich für mich als die ideale Methode heraus, um die Ursachen der Probleme zu beseitigen, deren Folgen ich täglich mit Achtsamkeit minderte.
In meiner Kindheit gab es noch keine »Siri« und »Alexa«. Die Typen, die zu Hause das Licht an- und ausmachten, die Stereoanlage bedienten und jede noch so dumme Frage falsch beantworteten, hießen »Mama« und »Papa«. Wenn also etwas in meiner Kindheit verkorkst worden ist, dann von diesen beiden.
Das war insofern beruhigend, als ich mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf bequem meinen Eltern die Schuld für meine Eheprobleme, meine Zukunftsangst, für meine generelle Gereiztheit und für mehrere Morde in die Schuhe schieben konnte.
Dass ich erst im Alter von dreiundvierzig Jahren Vater meines inneren Kindes wurde, lag unter anderem daran, dass ich ohne Verhütung mit meiner von mir getrennt lebenden Ehefrau gestritten hatte. Katharina hatte schon immer eine sehr effektive Herangehensweise, um Probleme zu lösen. Für die Lösung ihrer Probleme war immer derjenige verantwortlich, ohne den sie diese Probleme nicht hätte. Für das Verhüten von Streitigkeiten in unserer sich dem Ende zuneigenden Ehe war somit ich verantwortlich.
Und genau das hatte ich im letzten gemeinsamen Sommerurlaub leider vergeigt. Weil ich mich gegen ihren ausdrücklichen Willen in den Alpen mit einem Hüttenkellner angelegt hatte. Das allein reichte ihr als Anlass, von mir zu verlangen, mich endlich mal therapeutisch mit meinen ständigen Stimmungsschwankungen auseinanderzusetzen. Dass der Kellner aufgrund eines kleinen Nachtretens meinerseits im Anschluss unglücklicherweise gestorben war, hatte sie da noch gar nicht mitbekommen.
Als guter Ehemann und Vater, der ich war, vereinbarte ich noch in den Alpen einen Termin mit meinem Achtsamkeitscoach für die Woche nach dem Urlaub. Die Tatsache, dass Katharina umgehend mit unserer gemeinsamen Tochter Emily abgereist wäre, wenn ich das nicht getan hätte, war auch nicht ganz unbedeutend.
Völlig unabhängig von den Befindlichkeiten meiner Frau war mir zu diesem Zeitpunkt jedoch selbst längst klar, dass ich an mir arbeiten musste. Irgendetwas in mir hinderte mich immer wieder daran, das Leben einfach nur zu genießen. Wären Sorgen eine Flüssigkeit, so hatte ich das Gefühl, als würden die Sorgen im Fass meiner Seele dank Achtsamkeit zwar keine großen Wellen schlagen, aber das Fass war dennoch immer randvoll. Und manchmal, wenn eine überflüssige Sorge dazu kam, schwappte eben doch etwas über den Rand. Und ließ mich wegen Dingen, die für andere Menschen nach Kleinigkeiten aussahen, ausrasten.
Meine Ausraster waren bislang Petitessen:
Ich warf nachts Eiswürfel nach grölenden Assis im Park gegenüber von meiner Wohnung.
Ich beriet Mandanten, die mich nervten, als Anwalt absichtlich falsch.
Ich brachte dem Gefangenen in meinem Keller das Essen einfach mal zwei Stunden zu spät.
Alles Dinge, die in der gleichen Situation jeder machen würde, wenn er genervt ist. Und solange er nicht erwischt wird.
Dass ich einen Hüttenkellner in eine Schlucht stürzen ließ, hatte da allerdings schon eine andere Qualität.
Ich wollte diese Eskalation nicht.
Und so stand ich an einem regnerischen Abend Anfang September wieder vor der Tür von Joschka Breitner. Eine Woche nach meinem Urlaub. Knapp ein halbes Jahr nach meinem letzten Achtsamkeits-Coaching.
Bevor ich die Türklingel betätigte, stellte ich mich zunächst einmal einfach nur so vor seine Tür und spürte in mich hinein. In den letzten sechs Monaten hatte sich viel verändert.
Damals war es Frühling. Der Sommer stand vor der Tür.
Jetzt war es Herbst. Der Winter nahte.
Vor einem halben Jahr hatte ich die Praxis von Herrn Breitner voller neuer Energie bei Tageslicht verlassen. Ich strömte förmlich mit meinen neuen Erkenntnissen über eine achtsame Lebensführung hinaus in eine aufblühende Welt.
Jetzt war ich von der Flut des Lebens wieder zurückgespült worden. Es war bereits dunkel, und zwischen meinen Füßen raschelten die ersten vergilbten Blätter.
Dabei hätte mein Leben eigentlich rundum glücklich sein sollen. Ich hatte mir im letzten halben Jahr mein berufliches und privates Umfeld mit viel Liebe und Achtsamkeit so umgestaltet, wie ich es mir immer erträumt hatte:
Ich hatte eine lähmende Festanstellung in einer Großkanzlei gegen eine finanziell solide abgesicherte Freiberuflichkeit als Einzelanwalt ausgetauscht.
Katharina und ich hatten aus der Sackgasse einer gestressten Alltagsehe zwei parallel verlaufende Lebenswege getrennt wohnender Eltern geformt.
Unsere Tochter Emily genoss ihren von mir hart erkämpften Kindergartenplatz und war ein fröhliches, lebensbejahendes Mitglied der Nemo-Gruppe.
Ich hatte im wunderschönen Altbau des Kindergartens nicht nur meine Kanzlei, sondern obendrein auch meine eigene Wohnung. Das ganze Haus wurde von mir verwaltet. Für meinen Hauptmandanten – Dragan, den abgängigen Chef eines Mafia-Clans.
All diese Veränderungen der letzten Monate hatten viel damit zu tun, dass ich Dragan vor einem halben Jahr getötet hatte. Die Tatsache, dass das niemand wusste, war für mein Glück nicht ganz unbedeutend. Und damit auch in Zukunft niemand davon erfuhr, blieb mir gar nichts anderes übrig, als dessen verbrecherisches Firmenkonsortium in seinem, Dragans, Namen weiterlaufen zu lassen. Und gegenüber Dragans Clan so zu tun, als würde sein Boss noch leben.
Das fiel mir als Anwalt theoretisch nicht schwer. Ich hatte den legalen Deckmantel für Dragans Drogen-, Prostitutions- und Waffengeschäfte schließlich selber gestrickt und jahrelang als Berater de facto geführt. Und genau das spielte ich auch weiterhin allen vor. Mehr nicht.
Aber ein einziger Fauxpas, ein unbedachter Ausraster, ein kritischer Blick von außen zu viel auf mein Leben – und dieses ganze von mir konstruierte Lügengebilde würde in sich zusammenstürzen.
Ich musste in allem, was ich tat, unter dem Radar von Mafia und Polizei bleiben. Das versehentliche Töten eines Kellners war da eher kontraproduktiv. Nicht nur für mein Seelenleben. Sondern für mein Leben überhaupt.
Der Fehler an meinem Leben war, dass mir kein einziger Fehler unterlaufen durfte.
Meine Gegenwart mochte schöner sein als meine Vergangenheit. Aber ich hatte eine ungeheure Angst vor der Zukunft.
Das war Stress. Diesen Stress konnte ich mit Achtsamkeit unter Kontrolle halten. Aber ich wurde seine Ursachen nicht los. Achtsamkeit verlangsamte zwar mein Hamsterrad. Aber ich kam irgendwie nicht raus. Deswegen stand ich jetzt wieder hier, vor der Tür von Joschka Breitner. Das Ordnen meiner Gedanken brachte bereits ein wenig Klarheit in die aufgewühlten Schwebeteilchen meiner Seele. Dennoch zögerte ich zu klingeln. Unter anderem auch, weil ich mir noch nicht ganz sicher war, wie viel ich Herrn Breitner von meinen Problemen überhaupt erzählen konnte.
Von den schnippischen Bemerkungen Katharinas, die mir immer wieder klarmachten, wie fragil und ungeklärt unsere Beziehung im Grunde sei, würde ich ihm sicherlich erzählen können.
Von meinen Schuldgefühlen gegenüber Emily, weil wir mit unserer Ehe gescheitert waren, würde ich reden.
Von meinem Wunsch, neben Familie und Mandanten einfach auch mal Zeit für mich selber zu haben, wollte ich sprechen.
Von meinen kleinen Ausrastern würde ich berichten, auch wenn sie mir peinlich waren.
All das würde ich zur Sprache bringen. Und bei alldem würde mir Herr Breitner mit Sicherheit helfen können.
Aber über die Dinge, die mich massiv belasteten, würde ich nicht reden können.
Über die Morde, die ich im letzten Frühjahr begangen hatte, würde ich kein Wort verlieren.
Über das Doppelleben, das ich seitdem führte, würde ich schweigen.
Und ganz sicher würde ich nicht über Boris sprechen.
Boris, den russischen Mafioso, den ich im Keller des Kindergartens gefangen hielt. Boris, den einzigen Menschen, der bereits jetzt sowohl das Wissen als auch das Interesse hatte, meine ganze Heile-Welt-Blase platzen zu lassen.
Boris, den ich vor einem halben Jahr entführt hatte, um mein Leben und das Leben meiner Tochter zu retten.
Boris, den ich nicht töten wollte, weil ich das Morden leid war. Der für mich der lebende Beweis war, dass ich zum Morden auch »nein« sagen konnte. Den ich aber weder lebenslang gefangen halten konnte, noch jemals frei lassen durfte. Für dessen Zukunft ich schlicht noch immer keine Lösung gefunden hatte.
Boris, dessen Tod mich genauso belasten würde, wie es sein Leben bereits tat.
Über Boris würde ich nicht sprechen können.
Ich würde Herrn Breitner also nicht alles erzählen. Ich würde einfach so tun, als wäre ich für ein ganz normales Anschluss-Coaching da. Als wollte ich nach einem halben Jahr lediglich mal mit ihm gemeinsam schauen, was sich in meinem Leben Neues ergeben hatte. Ein paar Stellschrauben justieren. Wir hatten ja auch so genug zu besprechen, wenn ich ihm ehrlich erzählte, wie ich aus vielen kleinen Alltagsmücken gedanklich große emotionale Elefanten machte. Die durch den Porzellanladen meiner ansonsten gut gelaunten Seele marschierten. Ich würde offen zugeben, dass ich jedes einzelne dieser Probleme mit einer Achtsamkeitsübung wieder relativ zügig auf seinen tatsächlichen Kern zusammenschmelzen lassen konnte. Aber dass nach einem kurzen Moment der Ruhe und Zufriedenheit sich immer wieder eine grundsätzliche Unruhe, Unsicherheit und Kälte in mir einstellte.
Ich würde offen zugeben, dass ich zwar verstanden hatte, wie ich mit Achtsamkeit so gut wie jedes meiner Probleme in den Griff bekam. Aber dass mir nicht klar war, warum überhaupt immer wieder die gleichen Probleme auftauchten.
Das war der Teil der Wahrheit, den es zu besprechen galt. Deswegen stand ich nun wieder vor der Tür von Joschka Breitner. Und klingelte.
Ich hörte, wie im Inneren des Hauses Scharniere quietschten und Holz über Fliesen glitt. Das Licht im Flur ging an und erleuchtete warm das bunte Milchglasfenster der massiven Holztür. Ruhige, gelassene Schritte näherten sich. Wenige Momente später öffnete sich die Tür. Joschka Breitner stand vor mir. Er begrüßte mich mit einer Vertrautheit, als wäre ich nicht vor einem halben Jahr, sondern erst vor zwei Minuten aus der Tür gegangen.
»Herr Diemel! Schön, dass Sie wieder da sind. Kommen Sie rein.«
»Danke, dass Sie Zeit für mich haben.«
Wie gaben uns die Hand. Er trat zur Seite und ließ mir den Vortritt. Ich ging durch den langen Flur in sein Besprechungszimmer. Nichts hatte sich am Ende dieses Weges verändert. Zwei Stühle, ein Tisch, ein Regal mit Büchern, ein Beistelltisch mit einer gläsernen Teekanne. Herr Breitner trug die gleiche legere Kleidung wie immer. Ausgewaschene Jeans, Baumwollhemd, grobe Strickjacke. Seine nackten Füße in Filzpantoffeln.
Er vermittelte dabei nicht den Eindruck, als wäre die Zeit spurlos an ihm vorübergegangen. Er vermittelte den Eindruck, als sei er selbst die Zeit, und die Welt wäre spurlos an ihm vorübergegangen.
Während ich meine Jacke auszog, musterte mich Herr Breitner interessiert.
»Sie sehen verändert aus«, bemerkte er wertungsfrei.
Ich schaute an mir herunter. Vor einem halben Jahr hatte ich noch Maßanzüge und Designerkleidung getragen. Heute trug auch ich Jeans, dazu T-Shirt, Pullover und Sneaker.
»Ja …«, sagte ich mit einem Lächeln und zuckte mit den Schultern. Es war beruhigend, zunächst mal mit den positiven Veränderungen anfangen zu können. »Ich habe jetzt weniger Kleidungszwänge.«
Aber das war nicht die Veränderung, die Joschka Breitner aufgefallen war.
»Ich meine Ihre Augen. Als wir uns das letzte Mal sahen, war da ein Strahlen. Jetzt haben Sie Ringe unter den Augen«, stellte Herr Breitner liebevoll ehrlich fest.
Liebevolle Ehrlichkeit kann brutal sein. Ich war noch keine zwanzig Sekunden bei ihm, und mir wurde bewusst, dass dies eben kein dahinplätschernder Anschlusstermin werden würde. Sondern eine anstrengende Beschäftigung mit mir selbst. Herrn Breitner war dies offensichtlich bereits klar gewesen, als ich ihn um den Termin gebeten hatte. Das war schließlich sein Job. Er zeigte auf einen der bequemen, mit Kord bespannten Chromrohrstühle. Ich hängte meine Jacke über die Lehne und setzte mich, während Herr Breitner mir aus seiner Glaskanne grünen Tee einschenkte. Mein Schweigen auf seine Feststellung war Bestätigung genug.
»Wir haben uns lange nicht gesehen. Was haben Sie in der Zwischenzeit erlebt?«, fragte er.
Ich trank einen Schluck des lauwarmen Tees und überlegte. Ich hatte vier Menschen ermordet, meine ehemaligen Arbeitgeber erpresst, die früheren Betreiber des Kindergartens gezwungen ihre Anteile zu verkaufen, damit meine Tochter einen Platz bekam, und einen russischen Mafioso entführt. Nichts davon würde Gegenstand dieses Gespräches werden können. Und dass sich im Urlaub ein Kellner wegen mir das Genick gebrochen hatte, würde ich auch nicht explizit erwähnen.
»Ich habe mich beruflich verändert. Ich habe gekündigt und bin jetzt freiberuflich tätig. Meine Tochter ist im Kindergarten. Und wir waren im Urlaub«, druckste ich stattdessen herum.
»Dann zunächst einmal meinen herzlichen Glückwunsch zu der beruflichen Entscheidung.« Herr Breitner wusste, wie sehr ich in der Mühle der Großkanzlei gelitten hatte. »Das erklärt Ihren neuen Kleidungsstil. Was ist der Grund für die Traurigkeit um Ihre Augen?«
Ich sagte nichts. Ich wollte, aber ich konnte nicht. Stattdessen spürte ich, wie sich die Traurigkeit um meine Augen in meinen Augen zu Tränen verflüssigte. Allein schon die Frage überwältigte mich. Wann hatte das letzte Mal ein Mensch festgestellt, dass ich traurig war? Ohne der Grund dafür zu sein? Ich brauchte zwei Atemzüge, um mich zu fassen.
»Ich … Es ist …« Ich suchte nach Worten, die, wenn sie schon nicht die Wahrheit waren, dieser zumindest nicht widersprachen.
Herr Breitner half mir. »Es ist alles gut. Sie sind hier. Verraten Sie mir einfach, warum?«
»Nun, meine Frau meint, dass …«
»Das war nicht meine Frage«, sagte er sanft.
»Bitte?« Ich war irritiert.
»Ich wollte nicht wissen, was Ihre Frau meint«, erklärte mir Joschka Breitner und lächelte sanft. »Würde mich das interessieren, würde ich Ihre Frau fragen. Nicht Sie. Ich wollte wissen, warum Sie hier sind.«
»Weil … nun … weil …« Ich streckte die Waffen. Nicht vor Herrn Breitner. Sondern vor mir selber. Ich war nicht der erfolgreiche, selbstständige Anwalt, der alle Probleme seines Lebens geregelt hatte und jetzt ein kleines Achtsamkeits-Update haben wollte. Das konnte ich weder Herrn Breitner noch mir selber vormachen. Ich war hier, weil ich Angst hatte, dass mir mein ganzes Leben in naher Zukunft um die Ohren fliegen würde. Ich brach so ehrlich wie möglich zusammen.
»Weil ich keine Ahnung habe, wie es mit meinem Leben weitergehen soll … mit meiner Ehe, mit meinem … beruflichen Umfeld … mit dem, was noch kommt. Ich habe keine Zeit für mich in der Gegenwart und Angst vor der Zukunft … Und ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll.«
Herr Breitner schaute mich beruhigend an. Nicht bemitleidend.
»Wissen Sie was? Es wird ja einen Auslöser gegeben haben, der dazu geführt hat, dass Sie bei mir angerufen und um diesen Termin gebeten haben, richtig?«
»Richtig.« Der Vorfall mit dem Hüttenkellner.
Und so begann ich von dem unbeabsichtigten Auslöser für diesen Termin zu erzählen. Nicht ahnend, dass dies der Einstieg werden würde zu einer sehr intensiven Beschäftigung mit meinem inneren Kind. Einem Wesen, das innerhalb kürzester Zeit mit einer unbefangenen Leichtigkeit das fortsetzen würde, womit ich vor knapp sechs Monaten erleichtert aufgehört hatte: das achtsame Morden.