8. KAPITEL

Caz zog die Decke über die Schultern und blickte hoch zu Galem. „Es tut mir leid.“

„Was tut dir leid?“

„Ich wollte nicht, dass …“ Plötzlich konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Das war ihr alles zu viel.

„Was wolltest du nicht?“ Sanft nahm er ihr die Decke aus der Hand und deckte sie behutsam damit zu, als wäre sie ein kleines Kind.

„Ich wollte uns nicht in dieses Schlamassel hineinmanövrieren.“

„Das hast du nicht“, beruhigte er sie. Wenn jemand Schuld daran hatte, dann war er es selbst.

„Mich interessiert nur eines, Galem.“

Als er sich zu ihr hinunterbeugte, musste er mit aller Kraft gegen die Versuchung ankämpfen, sie in die Arme zu nehmen. „Was?“

„Hilfst du mir immer noch, Stone Break House wieder herzurichten?“

Eine innere Stimme sagte ihm, er solle es besser lassen, trotzdem antwortete er: „Wenn ich etwas versprochen habe, dann halte ich es auch.“ Und dann fügte er hinzu: „Aber ich werde nicht mit dir schlafen, Caz. Dir geht es nämlich nicht um mich, sondern darum, dass dich endlich jemand entjungfert.“

„Das stimmt nicht!“, rief sie erbost. Ihre Wangen wurden feuerrot.

„Es würde mich freuen, wenn es nicht so wäre.“ Und nach einer kurzen Pause fragte er: „Wie kommt es, dass du so unnahbar bist und gleichzeitig so hitzköpfig? Ist irgendetwas Schlimmes in deinem Leben passiert?“

„Nein. Nichts, was Männer betrifft.“ Mit einer abwertenden Geste versuchte sie seine Sorge abzumildern. Doch ihre Körpersprache sagte mehr. Beinahe unmerklich war sie bei seiner Frage zurückgewichen, so als hätte er einen empfindlichen Nerv getroffen.

„Erzähl es mir.“

„Da gibt es nichts zu erzählen.“

„Okay.“ Er gab sich geschlagen. „Ich dachte nur, dass wir uns etwas besser kennenlernen sollten, bevor wir zusammenarbeiten, das ist alles. Was hältst du davon, mir drei Dinge zu nennen, die dir besonders wichtig sind?“

Erschrocken blickte sie ihn an. Er wandte die gleiche Interviewtechnik an wie Cassandra. Mit dieser Methode wollte man die Leute dazu bringen, sich zu öffnen. Wenn sie sich erst einmal entspannt hatten, sprudelte es meist nur so aus ihnen heraus. Oder, wie Cassandra es auszudrücken pflegte, man köderte den Bewerber mit scheinbar harmlosen Fragen, um anschließend sein Innerstes nach außen zu kehren.

Jetzt aber war sie diejenige, die im Blickpunkt stand, und das gefiel ihr gar nicht. Wie sollte es auch, schließlich war ihr Leben eine einzige Lüge! Im Büro erzählte Cassandra immer voller Begeisterung von ihrer Familie, die sie in allem unterstützte. Außerdem hatte Cassandra eine höhere Mädchenschule besucht, ihre Eltern waren Mitglieder im Tennis- und Golfclub und besaßen ein Ferienhaus in Portugal.

Caz Ryan war schlau, und sie hatte schnell verstanden, worauf es bei den oberen Zehntausend ankam. Zum Glück war ihr Schwindel bisher nicht aufgeflogen. Wie auch? Sie benahm sich entsprechend, kleidete sich schick und teuer und ließ dann und wann die richtigen Namen fallen. Cassandra Bailey Brown war nicht irgendwer, sie war etwas Besseres.

Doch komischerweise zählte das alles plötzlich nichts mehr. Jetzt hätte sie Galem am liebsten die Wahrheit erzählt. Allerdings wusste sie schon vorher, dass er kein Verständnis dafür zeigen würde. Er hasste Lügen, und er würde sie als töricht und dumm bezeichnen.

„Was ist, fallen dir drei Dinge ein?“, bohrte er weiter.

„Natürlich.“ Nacheinander zählte sie an ihren Fingern die drei Punkte ab, während sie Galem standhaft in die Augen schaute. „Meine Familie, Treue und …“ Es lag ihr das Wort Liebe auf der Zunge, doch stattdessen sagte sie: „… und Stone Break House. Ich habe mich vom ersten Moment an in das Haus verliebt.“

Den letzten Punkt hatte sie Galem zum Trotz erwähnt. Auch wenn er noch so sehr versuchte, es zu verheimlichen, sie wusste, dass er Stone Break House für sich haben wollte. Warum eigentlich probierte er ständig, sie über ihr Privatleben auszufragen? Warum war es nicht umgekehrt? Das sollte sich schnellstens ändern! „Und jetzt bist du an der Reihe.“

Erst dachte sie, er würde sich weigern, doch dann zählte er auf: „Okay, mir ist meine Arbeit wichtig, die Leute, die mit mir arbeiten, und alles, was sonst noch zu meinem Leben gehört.“

Caz war ein wenig enttäuscht. Sie hätte sich mehr Romantik in seiner Aufzählung gewünscht und mehr Aufschluss darüber, wer er wirklich war. „Dann hätten wir das also geklärt.“ Solange sie noch einen Funken Stolz in sich hatte, wollte sie dieses Spiel beenden, aus dem Bett steigen und sich wieder anziehen.

„Ja, das wäre geklärt“, stimmte er zu und blickte sie nachdenklich an.

Als Ablenkung schwenkte sie wieder zum Thema Stone Break House über. „Wir könnten uns morgen gegen Mittag noch einmal das Haus ansehen und eine Liste der anstehenden Arbeiten und deren Kosten anfertigen, dann kann ich nächste Woche, wenn ich wieder in Leeds bin, damit zu meiner Bank gehen.“

„Von mir aus.“

Immer noch starrte er sie an, und die Luft war spannungsgeladen. Immer noch sehnte sich Caz nach seinen zärtlichen Berührungen. Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt, es fehlte nicht mehr viel und …

„Caz, nein!“

Galem richtete sich auf und zog seine Arme zurück. Um deutlich zu machen, dass er sie keinesfalls berühren würde, hob er die Hände abwehrend hoch. Caz blieb regungslos liegen. „Warum nicht?“ Ihre Worte klangen wie ein kleiner Hilfeschrei.

Galem sah ihr tief in die Augen. Ihm war, als könne er tief in ihre Seele blicken. Sie war nicht diejenige, die sie vorgab zu sein, das war ihm klar. Aber ihre Gefühle konnte sie nicht vor ihm verbergen.

Caz legte die Hand auf seine Wange und strich bedächtig über sein raues Kinn. Sie war nervös, aber sie wollte, dass er dort weitermachte, wo er unter der Dusche aufgehört hatte.

Da beugte sich Galem über sie. Zärtlich nahm er sie in seine Arme und küsste sie sanft auf Augen und Wangen. Mit beiden Händen umfasste er ihr Gesicht und berührte mit seinen Lippen ihren Mund. „Willst du es wirklich?“, fragte er flüsternd.

Ein heißer Schauer durchlief ihren Körper. Seine Zurückhaltung fachte ihre Leidenschaft noch weiter an. Sie nickte und wollte etwas sagen, doch Galem legte den Finger auf ihren Mund, und dann küsste er sie mit so viel Feingefühl, dass sie all ihre Angst plötzlich von ihr abfiel.

Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Zärtlichkeit erfahren. Tränen traten ihr in die Augen, und sie schämte sich für all den Unsinn, den sie im Büro immer über ihre unzähligen Affären verbreitet hatte. Das hier war etwas anderes. Es war etwas, das ihr Herz berührte.

„Ich will dich spüren …“ Sie zog ihn zu sich heran und ließ die Finger durch seine Haare gleiten. Für sie war es ein großer Schritt, den sie nun machen würde, aber es fühlte sich so an, als sei es genau das Richtige. Nicht der leiseste Funken von Zweifel war da; Caz wollte das Wertvollste, das sie besaß, Galem schenken. Bei ihm fühlte sie sich wunderbar sicher und geborgen.

„Hör auf deinen Körper“, murmelte er. „Es gibt keinen Grund zur Eile …“

Das sagte er so leicht! Ihr Körper schrie nach ihm, sie konnte es kaum noch erwarten. Galem aber verstand es, sie mit seinen Küssen zu besänftigen.

Wie lange würde sie diese Folter eigentlich noch ertragen? Sie stieß einen lustvollen Seufzer aus, als er über ihren Bauchnabel strich und anschließend sanft ihre Schenkel auseinanderspreizte.

„Ich möchte, dass dieser Augenblick etwas ganz Besonderes für dich ist. Halt einfach still, und lass es mit dir geschehen …“

„Was wirst du tun?“

Als Antwort ergriff er sie an den Handgelenken und legte die Arme über ihren Kopf. „Du hast es unbedingt gewollt …“

Er nahm eine ihrer Brustknospen in den Mund und fing an, daran zu saugen. „Ich liebe deine Brüste. Sie sind wunderschön!“ Lachend fügte er hinzu: „Sie sind so schön, dass ich mich auch damit begnügen könnte, dich nur anzusehen.“ Doch Caz wollte nicht, dass er sie nur ansah, sie wollte Taten.

Mit einem zärtlichen Lächeln machte er dort weiter, wo er aufgehört hatte.

„Ich will dich!“, sagte sie. „Lass mich nicht so lange warten!“

„Es mag wohl sein, dass du daran gewöhnt bist, dass die Leute immer das tun, was du sagst, aber in meinem Bett habe ich das Sagen.“

Mit den Bartstoppeln strich er über ihre Brüste, und sie schrie auf vor Lust.

„Sag mir, was du willst, Caz.“

„Du weißt genau, was ich will …“

„Sag es mir!“ Der leichte Befehlston in seiner Stimme erregte sie noch mehr.

„Ich will dich, Galem.“

„Und was genau willst du von mir?“

„Das weißt du doch …“

„Nein, ich weiß es nicht, sag es mir!“

„Du sollst mich lieben.“

„Ungefähr so?“ Er rutschte weiter nach unten und küsste eine heiße Spur über ihren Bauch hinunter zu ihrer empfindsamsten Stelle.

„Oh ja … bitte mach weiter!“ Sie spürte so viel Lust, es war beinahe nicht zu ertragen. Mit beiden Händen hielt sie Galems Kopf fest, damit er nur nicht aufhörte, sie dort zu liebkosen. Dieses Mal würde sie bekommen, was sie sich so sehr gewünscht hatte.

Und dann wurde sie von einer gewaltigen Woge der Leidenschaft erfasst. Sie schrie sie auf, wand sich unter ihm, konnte nicht genug davon bekommen. Es war einfach überwältigend.

Nachdem sie wieder zur Ruhe gekommen war, nahm Galem sie sanft in seine Arme. „War das schön?“

„Hmm.“ Das war alles, was sie hervorbrachte. Zufrieden kuschelte sie sich an ihn und war kurz davor einzuschlafen, als er sie wieder mit sanften Küssen bedeckte. Genussvoll presste sie sich an ihn.

Doch dann stand er auf und ging weg. Sie hörte, wie er eine Folie aufriss, dann kroch er wieder zu ihr ins Bett. Zärtlich strich er ihr über das Gesicht und fragte: „Vertraust du mir?“

Sie blickte ihm tief in die Augen. „Du weißt, dass ich dir vertraue.“

Er übersäte sie erneut mit zarten, feinfühligen Küssen. Sie wollte etwas sagen, doch sie brachte nichts heraus. Ihr Verlangen nach ihm war größer denn je. Galem weckte neue, unbekannte Gefühle in ihr.

Vorsichtig schob er sich über sie, streichelte sie, liebkoste sie. Caz winkelte die Beine an, sie war mehr als bereit, ihn zu empfangen. Ihr Atem ging rasend schnell in Erwartung dessen, was nun kommen würde.

Noch einmal wollte er Gewissheit haben und zog sich von ihr zurück. Frustriert schrie sie auf. Da endlich schob er sich behutsam zwischen ihre Beine, um ihr nicht wehzutun. Als er sicher war, dass sie bereit war, drang er tiefer in sie ein, und sie nahm ihn in sich auf, ohne Schmerzen zu verspüren.

Caz war überwältigt, das Gefühl war unbeschreiblich. Und Galem ging mit so viel Feingefühl vor, man konnte sich keinen besseren Liebhaber wünschen! Voller Zärtlichkeit blickte er sie an, gleichzeitig versetzte er sie mit langsamen, rhythmischen Bewegungen allmählich in Ekstase. Irgendwann verlor sie die Kontrolle und schrie laut seinen Namen, ihr Körper bäumte sich auf, und sie erbebte vor Lust. Erschöpft und glücklich sank sie anschließend in seine Arme.

Eng umschlungen schliefen sie ein. Sie wachte auf, als Galem nach einer Weile erneut anfing, sie zu liebkosen. „Ich glaube, ich kann nicht schon wieder“, meinte sie verschlafen.

„Sicher?“

Sie blickte ihn an. „Nein, nicht sicher. Vielleicht doch?“

Galem streichelte ihren weichen Po, und langsam erwachte Caz wieder zu neuem Leben. Wie von selbst spreizte sie ihre Beine. Behutsam schob er sich über sie und drang vorsichtig, aber dennoch kraftvoll in sie ein. „Tu ich dir weh?“, fragte er besorgt, als sie sich nach Luft schnappend an ihn presste.

„Nein, ich brauche nur eine Sekunde … ich kann nicht mehr klar denken …“

„Du sollst jetzt auch nicht denken“, ermahnte er sie. Dann bewegte er sich langsam und vorsichtig in ihr.

Bei jedem Stoß entfuhr ihr ein lustvolles Stöhnen, es war ein herrliches Gefühl, wenn er sie ausfüllte. Doch dann tat er etwas, das sie entsetzt aufschreien ließ. „Du liebst es, mich zu ärgern, nicht wahr?“, meinte sie vorwurfsvoll, als er sich aus ihr zurückzog und erst nach einer schier endlosen Pause wieder in sie eindrang.

„Ich möchte nur deine Lust steigern.“

Dann hob er sie an und zeigte ihr, dass sie ihre Erregung immer noch steigerungsfähig war. Doch als sie schrie, hielt er inne.

„Habe ich dir wehgetan?“, fragte er erschrocken.

„Nicht aufhören!“, rief sie entsetzt. Das konnte er doch nicht machen, so kurz vor dem Höhepunkt!

Mit ungebrochener Leidenschaft bewegte Galem sich weiter in ihr, und schließlich erreichten sie beide noch einmal einen überwältigenden Höhpunkt, der sie alles um sich her vergessen ließ.

Als sie wieder zu Atem gekommen war, war für Caz nichts mehr so wie vorher. Nicht nur, dass sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte, sie war drauf und dran, sich in Galem zu verlieben. Außerdem konnte sie jetzt mit Bestimmtheit sagen, dass auch er den Sex mit ihr genossen hatte. Beide hatten Spaß daran gehabt.

„Wie machst du das nur?“, fragte sie ihn, als sie nebeneinander auf dem Bett lagen.

„Wie mache ich was?“

„Du brauchst mich nur ein wenig anzustupsen, und ich …“

„Du meinst also, ich brauche nur so zu machen, und du bist zu allem bereit?“ Galem streichelte zärtlich ihren Rücken, und augenblicklich war ihre Müdigkeit wieder verflogen.

„Meinst du, umgekehrt würde es auch funktionieren?“, fragte sie unsicher. Schließlich war sie noch eine blutige Anfängerin.

„Warum versuchst du es nicht mal?“

Sie setzte sich auf ihn, all ihre Hemmungen waren plötzlich wie weggeblasen. Dann überhäufte sie ihn mit liebevollen Küssen und nahm ihn vollständig in Besitz. „Jetzt bist du mein Gefangener.“

„Ich ergebe mich …“

„Ist es gut so?“

„Etwas tiefer vielleicht.“

„Wie tief?“

„Finde es heraus!“

„Nichts lieber als das.“ Caz fühlte sich frei und enthemmt. „Ich will dich voll und ganz, Galem. Ich will alles von dir.“

Sie konnte selbst kaum glauben, was sie gesagt hatte. Noch nie hatte sie sich jemandem so geöffnet, und nun, im Taumel ihrer Gefühle, hatte sie Galem die aufrichtigste Liebeserklärung ihres Lebens gemacht.

Sonntagmorgen, als die ersten Sonnenstrahlen auf das Bett fielen, wachten sie auf.

„Ich sollte jetzt besser gehen“, meinte Caz bedauernd.

„Wer sagt das?“

Eigentlich hatte er recht. Hier in Hawkshead hatte sie keine Termine einzuhalten.

„Das, was ich hier am meisten liebe, ist die Freiheit“, sagte er, so als ob er ihre Gedanken weiterführen wollte. Er setzte sich auf und blickte aus dem Fenster auf das endlose Weideland.

War das also der Grund, warum er hier so glücklich war?, fragte sich Caz.

„Wir sollten möglichst bald zum Haus fahren“, erinnerte er sie. „Es sei denn, du bleibst noch etwas länger in Hawkshead.“

Wie konnte sie daran denken zurückzufahren, wenn Galem ihren Nacken küsste? „Ich kann mich doch nicht noch eine Nacht aufdrängen“, sagte sie lachend.

„Aber ich würde mich freuen.“ Sein Mund verzog sich zu dem für ihn typischen schelmischen Schmunzeln.

„Wirklich?“ Mit aller Kraft bemühte sie sich, ihre Gedanken auf das Gespräch zu lenken, doch es war ihr nicht möglich. Galems Lippen wanderten immer weiter nach unten. Schließlich gab sie auf: „Okay, ich bleibe noch.“

Gegen Mittag quälten sie sich schließlich aus dem Bett. Als Caz unter die Dusche gehen wollte, stand Galem bereits darunter und hielt ihr die Tür auf. „Wie wär’s mit einer Dusche zu zweit?“

Das war keine Frage, sondern eine Einladung. Sie stieg zu ihm unter den Wasserstrahl und stieß einen Schrei aus. Das Wasser war eiskalt!

„Soll ich dich wärmen?“, bot Galem ihr an.

„Das würde ich dir schwer raten“, meinte sie lachend und presste sich fest an ihn.

Trotz des kalten Wassers wurde ihr innerlich heiß, als er sie fest ihren Po umfasste und vom Boden hochhob. Sie umklammerte ihn mit den Beinen, und dann liebten sie sich mit wilder Leidenschaft. Es war unbeschreiblich schön, und Caz fürchtete schon, süchtig danach zu werden. Anschließend setzte Galem sie wieder sachte ab.

„Also bleibst du noch?“, fragte er hoffnungsvoll.

Gab es noch einen Zweifel daran? Sie strich mit einer aufreizenden Geste ihre Haare nach hinten und leckte sich provokativ über die Lippen. „Wenn du noch genügend Energie hast.“

„Darauf kannst du dich verlassen!“

Sie zweifelte keine Sekunde daran.

Galem schob die Duschtür zur Seite. „Aber jetzt sollten wir uns endlich anziehen, sonst kommen wir niemals zum Haus.“

Nach einem schnellen Kaffee schlug Caz vor, zu Fuß zum Haus zu gehen und unterwegs ein Picknick im Grünen abzuhalten.

„Eine tolle Idee“, stimmte Galem zu. Arm in Arm verließen sie das Haus.

Als sie auf der Kuppe eines kleinen Hügels angekommen waren, blieb Caz stehen.

„Was ist?“ Fragend sah er sie an.

„Ich bewundere den wundervollen Ausblick, und außerdem bin ich ziemlich außer Atem.“ Sie brauchte dringend eine kleine Verschnaufpause.

„Ich dachte, du bist fit?“ Sein Lachen war unwahrscheinlich sexy.

„Solange ich nur auf flachen Bürgersteigen gehen muss, schon“, gestand sie. Die frische Luft auf dem Land schaffte sie mehr als das Laufband im Fitnesscenter. Doch als Galem ganz nahe zu ihr trat, war die Anstrengung sofort wieder vergessen. Um nichts in der Welt hätte sie diesen Spaziergang mit ihm missen wollen.

„Sieh mal, man kann von hier aus Stone Break House sehen.“ Er drehte sie herum und zeigte in die Ferne.

Aber anstatt das Haus anzusehen, betrachtete Caz lieber Galems Gesicht. Ja, es war eindeutig: Sie liebte ihn. Das klang so einfach und war dennoch so kompliziert. Ein dunkler Schatten lag über diesem eigentlich so herrlichen Glücksgefühl. Spätestens wenn sie Stone Break House erreicht hätten, würde wieder die Rivalität bezüglich des Hauses zwischen ihnen stehen.

Ich sollte nicht daran denken, sondern den Ausflug mit ihm genießen, ermahnte sich Caz, während sie nach einem geeigneten Platz Ausschau hielt, wo sie sich hinsetzen konnten. Als sie einen gefunden hatte, ließ sie sich nieder.

„Da nicht!“, rief Galem entsetzt.

Doch es war schon zu spät. Ohne es zu merken, hatte sie sich in ein Sumpfloch gesetzt.

Schnell eilte Galem herbei und griff ihr unter die Arme, um ihr aufzuhelfen. „Man kann dich keine Sekunde aus den Augen lassen, Cassandra!“

Caz starrte ihn an. Der Wind hatte seine Haare zerzaust. Sein sonnengebräuntes Gesicht stellte einen starken Kontrast zum hellblauen Himmel dar. In seinen Augen lag so viel Wärme, und zu allem Überfluss hatte er auch noch Humor. Mit einem Mal war es Caz egal, was vernünftig war. „Es ist herrlich, hier im Schlamm zu sitzen, du solltest es auch einmal ausprobieren.“

Argwöhnisch blickte er sie an. Dann warf er lachend den Kopf zurück und ließ sich mit einem vielsagenden Blick neben sie in den Matsch fallen.

Der Boden war weich und warm. Es war ein Riesenspaß, sich mit ihm im Schlamm zu wälzen. „Jetzt kann ich versehen, warum Schlammpackungen so beliebt sind“, sagte sie, als Galem sie auf sich zog. „Glaubst du, unsere Klamotten werden jemals wieder sauber?“

„Bestimmt nicht!“, antwortete er und küsste sie zärtlich.

Eine Weile lagen sie eng umschlungen da, umgeben von einer Wolke aus inniger Glückseligkeit. In seinen Armen zu liegen und seine Wärme zu spüren, bedeutete ihr mehr als alles andere auf der Welt. Es bedeutete ihr sogar mehr als Stone Break House. Geborgenheit, Zuneigung und Vertrauen, das war es, wonach sie sich immer schon gesehnt hatte. Und obwohl sie sich erst so kurze Zeit kannten, spürte sie, dass sie all das bei ihm finden würde.

„Komm, steh auf“, meinte er schließlich und half ihr hoch.

„Noch nie habe ich so einen schlammigen Kuss bekommen“, meinte sie lachend. Und mit ernster Mine fügte sie hinzu: „Das ist der schönste Tag meines Lebens.“

„Das kann sich schnell ändern“, meine er warnend und zeigte auf eine dunkle Wolke am Horizont.

„Der Wetterbericht hatte aber Sonnenschein angekündigt“, sagte Caz entrüstet.

„Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch zurück, bevor es zu regnen anfängt.“

Schnellen Schrittes machten sie sich auf den Rückweg, doch Caz trug Turnschuhe, und das nasse Laub zwang sie, vorsichtig zu gehen, da sie sonst Gefahr lief auszurutschen.

„Man kann dich wirklich nicht aus den Augen lassen“, stellte Galem fest, als er sie ein zweites Mal auffing.

Unter dem Vorwand, ihre Hose abzuklopfen, wandte Caz ihr Gesicht nach unten, damit Galem nicht sehen konnte, dass ihr Tränen in den Augen standen. Er sollte nicht meinen, sie sei eine Heulsuse. Aber sie spürte, wie sie von Minute zu Minute unsicherer wurde. Wo war nur die starke Cassandra geblieben, jetzt, wo sie sie so dringend brauchte?

„Immer mit der Ruhe“, riet ihr Galem und legte fürsorglich den Arm um ihre Schultern. „Du bist ja völlig außer Atem.“

„Ja, aber der Regen …“ Ohne auf ihn zu hören, rannte sie weiter.

„Pass auf, Caz! Nimm nicht diesen Weg!“

„Warum nicht?“ Der Pfad, den sie sich ausgesucht hatte, schien nicht so steil bergab zu gehen wie der, den Galem nehmen wollte. Irgendwann erkannte sie, warum der Weg der schlechtere war – er war von Disteln und Brennnesseln gesäumt.

„Autsch!“, rief Galem hinter ihr. „Wirst du jetzt endlich bei mir bleiben?“

Am liebsten für immer, dachte sich Caz, aber natürlich behielt sie das für sich.

„Wir müssen gleich einen kleinen Fluss überqueren“, erklärte er, als sie am Fuße des Hügels angekommen waren. „Ich werde dich an die Hand nehmen und dich hinüberführen. Und ich will nicht, dass du von meiner Seite weichst.“

Die Steine waren glitschig, doch Galems feste Hand gab ihr sicheren Halt, und so brachte er sie wohlbehalten ans andere Ufer.

Der Anblick von Stone Break House vom Hügel aus hatte ihn noch einmal bestärkt. Er hing an dem Haus und wollte es für sich haben, schließlich hatte er gewisse Ansprüche darauf. Doch Caz würde es nicht verkaufen. Es war eine ausweglose Situation, und ihre Halsstarrigkeit machte die Dinge nicht einfacher. Und dann waren da noch die Gefühle, die er inzwischen Caz entgegenbrachte …

Allerdings war ihm schleierhaft, warum sie so sehr an dem Haus festhielt. Niemand mit einem gesunden Menschenverstand würde auch nur im Traum daran denken, diese verfallene Ruine als sein zukünftiges Zuhause zu betrachten. Caz hatte überhaupt keine Beziehung zu dem Haus, das konnte nur jemand verstehen, der als Kind darin gelebt hatte.

Und jetzt, wo er Caz näher kennengelernt hatte, wurde alles noch viel komplizierter. Es fühlte sich wundervoll an, sie in den Armen zu halten. Wenn er ihr aber sagen würde, was er für sie empfand, dann würde sie denken, es sei nur eine Masche, um an Stone Break House heranzukommen. Warum musste nur alles so schwierig sein?

„Ich brauche eine kurze Verschnaufpause!“, stöhnte sie.

„Ich warne dich, wenn es hier einmal regnet, dann richtig!“

„Bestimmt auch nicht mehr als anderswo“, entgegnete sie lachend.

Sie reizte ihn, und er küsste zärtlich ihre warmen, weichen Lippen. Inzwischen herrschte zwischen ihnen ein neckender, vertrauter Umgangston, und das gefiel ihm. Mit Caz war es anders als mit all den anderen Frauen, die er bisher gehabt hatte. Sex, Lust und Leidenschaft, das waren das eine, doch mit Caz war da noch mehr …

Er wartete, bis sie wieder zu Atem gekommen war; unterdessen sinnierte er weiter. Tausend Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf. Diese Frau war ein Rätsel, und gerade deswegen reizte es ihn, mehr über sie zu erfahren. Am Freitag, als er sie das erste Mal getroffen hatte, war sie noch völlig anders gewesen, doch die Caz von heute war ihm deutlich lieber.

„Ist es noch weit, Galem?“

Von der Anstrengung waren ihre Wangen gerötet, und Galem musste lächeln, als er sie ansah. „Wir müssen nur noch über eine Wiese“, sagte er.

Als sie etwas später die Wiese erreichten, half er ihr über die Einzäunung. Ihre Kleidung war nass und schmutzig, doch er konnte spüren, wie wunderbar weich und warm sie darunter war. Er erinnerte sich daran, wie gut sie sich nackt anfühlte. Gerade als er eine anzügliche Bemerkung machen wollte, erstarrte Caz.

„Was ist das, Galem?“

Er folgte ihrem Blick. Inmitten der Wiese standen ein paar Kühe und schauten interessiert zu ihnen herüber. „Keine Sorge, die tun nichts.“

„Bist du verrückt? Ich will hier weg!“, rief sie mit weit aufgerissenen Augen, und noch bevor er etwas sagen konnte, rannte sie wie von der Tarantel gestochen in die falsche Richtung.

„Bleib hier!“, schrie er ihr nach. „Das sind nur Kühe.“

„Aber sie verfolgen mich.“

„Nein, tun sie nicht“, rief er, während er ihr hinterherlief. Dann warf er einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass sie recht hatte. Eine kleine Gruppe von Kühen hatte ihre Verfolgung aufgenommen. „Okay, es stimmt, sie kommen auf uns zu. Lauf dahinten zu den Bäumen.“

Doch Caz lief nicht schnell genug, das Trommeln der Hufe kam immer näher. Geistesgegenwärtig packte er sie mit einem Arm und hob sie hoch. So schnell er konnte, brachte er sie außerhalb der Koppel in Sicherheit.

„Idiot!“ beschimpfte sie ihn, als sie beide völlig außer Atem auf dem Boden lagen.

Er musste zugeben, dass er etwas mehr Dankbarkeit erwartet hatte.

„Wie konntest du mich über eine Wiese führen, wo wildgewordene Bullen auf uns losgehen?“

„Das sind nur Kühe!“ Er packte sie an den Handgelenken und hielt sie fest. „Beruhige dich, Cassandra.“

„Geh weg von mir, du Hornochse!“, schimpfte sie und versuchte vergeblich, sich aus seinem Griff zu befreien.

Zum zweiten Mal lag sie heute mit Galem auf dem schlammigen Boden. Ihre Körper rieben sich aneinander, während sie sich wild fuchtelnd neben ihm wand. „Ich warne dich, Galem …“

Endlich ließ er sie los, und sie beruhigte sich wieder. Sie blickten einander tief in die Augen. Caz musste schlucken. Der gefährliche Zwischenfall hatte sie noch näher zusammengeschweißt. „Ich möchte mich nicht schon wieder mit dir im Schlamm wälzen“, meinte sie schließlich.

„Das glaube ich nicht“, antwortete er mit einem Schmunzeln.

Als er sich über sie beugte, um sie zu küssen, schmolz sie schon wieder dahin. „Es tut mir so gut, dich zu fühlen“, murmelte sie und seufzte tief. „Ich möchte dich am ganzen Körper spüren.“

„Ich mag es, wenn wir das Gleiche denken“, flüsterte er ihr zu.

Dann begann er, ihre Hose zu öffnen. Gleichzeitig knöpfte Caz sein Hemd auf. Als sie endlich beide nackt waren, presste er seinen festen, warmen Körper fest an sie.

Voller Hingabe und Zärtlichkeit liebten sie sich auf dem weichen, schlammigen Untergrund. Es herrschte eine Vertrautheit zwischen ihnen, als würden sie sich schon ewig kennen. So fühlt sich also Liebe an, dachte Caz, als Galem tief in sie eindrang. Sie krallte ihre Finger in seine muskulösen Oberarme und gab sich ihm mit ihrem ganzen Herzen hin.

Als sie nach einer Weile atemlos in seine Arme sank, konnte Galem nicht glauben, dass sie sich erst so kurze Zeit kannten. Sie war so anders als die anderen Frauen. Sie war mutig, sexy und aufsässig, das gefiel ihm. Er musste es zugeben: Er hatte sich Hals über Kopf in sie verliebt. Als sie sich am Freitag das erste Mal getroffen hatten, war sie noch seine Rivalin gewesen, weil ihr Stone Break House gehörte. Und nun war sie ihm plötzlich wichtiger als das Haus.

„Kennen wir uns wirklich erst seit drei Tagen?“, murmelte er. „Mir ist, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen.“

Caz wischte sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht, und Galem ergriff ihre Hand, führte sie an seine Lippen und küsste sie zärtlich. „Ganz egal, seit wann wir uns kennen, für mich ist es lange genug“, fügte er liebevoll hinzu.

Was meint er wohl damit?, fragte sich Caz. Wieder machte sich Unsicherheit in ihr breit. „Lange genug wofür?“ Sie hielt den Atem an, während sie auf seine Antwort wartete.

„Lange genug, um zu wissen, dass ich dich nicht wieder gehen lassen werde“, sagte er und drückte sie fest an sich. „Und lange genug, um noch viel mehr über dich herausfinden zu wollen …“

Nachdem sie sich wieder angezogen hatten, setzte er sich auf einen Stein und zog sie zu sich auf den Schoß. Wie ein hilfloses kleines Kind nahm er sie in seine beschützenden Arme.

Caz blickte zu ihm auf. „Es gibt nichts Schöneres, als in deinen Armen zu liegen“, sagte sie.

Als Antwort darauf küsste er sie. Zwischen ihnen herrschte eine innige Verbundenheit, als wären sie schon viele Jahre zusammen, und jeder Augenblick, den sie miteinander verbrachten, schweißte sie noch mehr zusammen.

Ein neuer Horizont hatte sich für Caz aufgetan. Galem erweckte ganz neue Träume in ihr, und diese Träume bestanden aus weit mehr als einem alten Haus. Gerade als sie ihm ihre Liebe gestehen wollte, fragte er: „Sollen wir wieder aufbrechen, Cassandra?“

Mit einem harten Aufprall fiel sie wieder auf den Boden der Realität. Das alles war nur ein einziger Selbstbetrug. Galem hatte sie geliebt, weil er Stone Break House haben wollte. Außerdem wollte er nicht sie, sondern Cassandra, eine Frau, die überhaupt nicht existierte. Wie hatte sie das vergessen können?

Weil sie es hatte vergessen wollen! Der Fairness halber musste sie zugeben, dass Galem seinerseits nie das Wort Liebe erwähnt hatte. Vielleicht setzte sie zu hohe Erwartungen in ihn, vielleicht erwartete sie überhaupt viel zu viel vom Leben …

Sie versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, doch während sie nebeneinander hergingen, spürte sie, wie sie wieder die kühle, abweisende Cassandra wurde. In seinen Armen hatte Galem ihr für kurze Zeit das Gefühl gegeben, sie sei für ihn die wichtigste Frau auf der ganzen Welt.

Aber sie durfte sich nichts vormachen! Sie durfte dem, was zwischen ihnen dieses Wochenende passiert war, nicht zuviel Bedeutung beimessen. Für sie mochte es sehr bewegend gewesen sein, aber für ihn war sie bestimmt nichts weiter als ein willkommenes Abenteuer.

„Warum gehen wir nicht jetzt gleich zu Stone Break House, du musst doch bestimmt bald wieder zurück nach Leeds?“, fragte er.

Eine tiefe Traurigkeit nahm von ihr Besitz. Das Wochenende neigte sich dem Ende zu, und sie wollte am liebsten gar nicht daran denken. „Du hast recht“, meinte sie, und verfiel wieder in Cassandras vernünftigen Tonfall. Tief in ihrem Herzen aber wollte sie gar nicht mehr die Frau sein, die sie noch am Freitag gewesen war.

Sie erreichten das Tor zum Haus. Als ob er ihre Ängste spürte, legte Galem beruhigend die Hand auf ihre Schulter. Es drängte sie, die Hand zu ergreifen und zu küssen, und sie tat es. Egal, wie seine Gefühle für sie aussahen, sie jedenfalls liebte ihn. Es blieben ihr nur noch wenige Stunden mit ihm, und die wollte sie in vollen Zügen genießen.