Die Auffassung, auch ursprünglich vertreten vom Autor dieses Buches, dass die Westliche Honigbiene kein geeignetes Mittel hat, um die Luftfeuchte im Bienenstock aktiv zu regulieren, musste in den letzten Jahren überdacht werden. Grundlage sind Experimente und Beobachtungen (Sachs & Tautz, 2017), die hier knapp dargestellt werden.
In der Natur leben Bienen seit Millionen von Jahren in Baumhöhlen, die sich in ihrer Anlage erheblich davon unterscheiden, wie beimkerte Bienen in der Regel untergebracht werden. Die Höhlen in Bienenbäumen sind meist um ein Mehrfaches höher als breit, sie sind umgeben von massivem Holz mit großen Wandstärken und weisen meist nur ein kleines Flugloch im unteren Drittel der Höhle auf. Eine passive Belüftung ist hier nur im geringen Maße möglich. Die Bienen sollten aktiv eingreifen, wenn die Luftfeuchte in der Bienentraube nicht zu Kondensation an den Waben führen soll.
Unsere Messungen greifen erstmals die Idee auf, dass die Bienen in der Lage sind, Einfluss auf die relative Luftfeuchte im Bienennest zu nehmen. Unsere Ergebnisse liefern einen indirekten Beweis für diese Fähigkeit der Bienen.
Durch die Messung von regelmäßigen Schwankungen der relativen Luftfeuchte inmitten einer Bienentraube und die Messung von regelmäßigen Temperaturschwankungen am Rand der Wabengassen werden von den Bienen gesteuerte Luftwechsel belegt, die für die Bienentraube den Effekt der Entfeuchtung haben. In mehreren Schritten wird kalte „trockene“ Luft in den Wabenbau geleitet, erwärmt und dann mit der warmen „feuchten“ Luft ausgetauscht. Die relative Luftfeuchte in der Bienentraube wird so innerhalb weniger Minuten um bis zu 20 % gesenkt, ohne dass es zu Temperaturschwankungen kommt.
Es ist höchst erstaunlich, dass bereits einzelne Honigbienen durch ihre „Ventilatorentätigkeit“ an geeigneter Stelle im Bienennest für diese Art der Entfeuchtung sorgen können.
Eine Arbeiterin „fliegt“ im Stand und erzeugt so mit ihrem Flügelschlag einen Luftstrom.