Honigbienen regeln die Brutnesttemperatur für das Puppenstadium sehr stabil auf circa 35 °C. Dafür setzen sie zwei unterschiedliche Verhaltensstrategien ein.
Entweder Heizerbienen pressen ihren warmen Thorax auf die unter ihnen liegenden Deckel verschlossener Puppenzellen. Oder, was zu einer sehr viel effektiveren Nutzung der Bienenwärme führt, Heizerbienen stecken mit dem Kopf voran in leeren Zellen des Brutnestes. Diese Heizerbienen, die leere Zellen zwischen gedeckelten Puppenzellen besetzen, geben ihre Wärme an die umliegenden Zellen und an die auf der Gegenseite der Wabe liegenden ab. Dabei erreichen die Heizerbienen Körpertemperaturen von bis zu 41 °C. Die Puppen in den beheizten Zellen werden dabei bis auf 35 °C erwärmt. Haben die Heizerbienen die leeren Zellen verlassen, sind die erwärmten Puppen in dieser Zeit selbst Wärmequellen.
Es stellen sich zwei Fragen: Welchen physikalischen Übertragungsweg der Wärme setzen die Bienen ein? Und: Wie kann ein rasches Auskühlen einzelner Zellen gebremst werden?
Eine Wärmeübertragung von den Heizerbienen auf die Puppen kann grundsätzlich auf zweierlei Weisen geschehen: durch Wärmeleitung über die Wachswände und durch Wärmestrahlung. Beide Größen wurden von Marco Kleinhenz im Zuge seiner Doktorarbeit in Würzburg vermessen.
Für die Wärmeleitfähigkeit von Wachs erhielt er dabei Werte von 0,15 Watt/Meter × Kelvin, ein Wert, der mit massivem Holz vergleichbar ist (der Wert für Holzfaserdämmplatten liegt bei 0,05 W/m × K, der Wert für Stahl liegt um die 50 W/m × K). Wachs isoliert also sehr gut, seine Wärmeleitfähigkeit ist demnach zur Wärmeübertragung über die Wabe nicht gut geeignet.
Sehr viel besser steht es um die Durchlässigkeit der Wände der Wabenzellen für Wärmestrahlung, deren Details sogar die spannende Möglichkeit eines Treibhauseffektes im Brutnest eröffnen.
Der Treibhauseffekt tritt immer dann auf, wenn die Durchlässigkeit von Materialien und Gasen für Strahlungen unterschiedlicher Wellenlängen abhängig ist von der Wellenlänge der Strahlung. Im langwelligen Bereich ist Strahlung gleichbedeutend mit Wärme, sodass durch den Treibhauseffekt ein Raum für die Einstrahlung zu einer Wärmefalle werden kann, aus dem es keine oder nur eine geringe Ausstrahlung gibt. Bei den Temperaturen, wie sie auf der Erde normalerweise auftreten, liegt das Maximum der Strahlungswellen im infraroten Bereich und ist somit für unser Auge und das der Biene nicht sichtbar.
Die Durchlässigkeit eines Materials für Wärmestrahlung wird mit einer Apparatur gemessen, deren Kernstück die sogenannte Ulbrichkugel ist, deren Strahlenführung es erlaubt zu bestimmen, welche Wellenlängen die Probe, hier die Wachswände, durchdringen und welche nicht.
Für den Temperaturbereich 30–45 °C, der die im Brutnest auftretenden Temperaturen und die dadurch festgelegten Wellenlängen der Wärmestrahlung beinhaltet, ergab sich ein höchst interessantes Spektrum der Durchlässigkeit (Transmission) der seitlichen Zellwände einer Brutwabe für Wärmestrahlung unterschiedlicher Wellenlängen und damit unterschiedlicher Temperaturen.
Alle Bausteine zum Auftreten des Treibhauseffektes im Brutnest sind vorhanden. Die Heizerbienen sind wärmer als die Puppen, geben also Wärme in Richtung Puppen ab. Die Puppen, die aufgewärmt werden, sind selbst wiederum Wärmequellen, allerdings bei niedrigerer Temperatur als die Heizerbienen. Ihre Wärmestrahlung ist längerwellig als die der heizenden Bienen.
Da die Transmissionskurven des Wachses im relevanten Frequenzbereich und damit bei den Temperaturen im Brutnest sehr dicht beieinanderliegende extreme Sprünge zwischen 0 % und 90 % Durchlässigkeit aufweisen, kann Wärme etwas höherer Temperaturen in die Brutzellen hinein-, solche etwas niedrigerer Temperatur aber nicht mehr hinausgelangen. Es entsteht ein Treibhauseffekt, die Wärme bleibt gefangen.