Zwei Tendenzen machen es erforderlich, sich mit der Frage zu befassen, ob und welcher Art Wechselwirkungen es zwischen Honigbienenvölkern und den solitären Wildbienen gibt: Zum einen steigt – regional unterschiedlich – die statistisch erfasste Anzahl an Bienenvölkern, zum anderen wird für Solitärbienen ein Rückgang der Artenzahl dokumentiert.
Die Autoren Mallinger, Gaines-Day und Gratton haben dazu 146 Studien ausgewertet und Ende 2017 in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht. Die analysierten Publikationen wurden unter drei Gesichtspunkten ausgewertet:
Konkurrenz um Blüten und um Nistplätze,
indirekte Effekte durch Veränderungen in Pflanzengesellschaften, z. B. durch die Ausbreitung eingeschleppter Arten zu Lasten einheimischer Arten,
Übertragung von Krankheiten und Parasiten.
Das Bild, das sich ergibt, lässt keine eindeutigen Antworten zu. Die Resultate der Studien, die sich mit einer möglichen Konkurrenz zwischen Honigbienenvölkern und Solitärbienen befassen, finden in etwa der Hälfte der Fälle negative Auswirkungen von Honigbienen, in der anderen Hälfte gar keine oder gemischte Folgen im Zusammenleben, je nach betrachteter Art der Wildbienen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Betrachtung einer Verschiebung in der Zusammensetzung der Vegetation.
Klarer ist das Bild bei der Untersuchung von Übertragungsrisiken von Krankheiten und Parasiten von Honigbienen auf Wildbienen. Hier haben sich in 70 % der Studien negative Auswirkungen auf die Wildbienen gezeigt.
Nicht-staatenbildende Insekten (hier eine Blattschneiderbiene) und Honigbienen besuchen als wichtigste Bestäuber eine riesige Blumenvielfalt. Dabei ergänzen sie sich eher, als dass sie Konkurrenten wären.
Die hohe Variabilität in den Resultaten der Studien erklärt sich aus den z. T. sehr unterschiedlichen Umständen der Untersuchungen. Zum einen ist „Wildbiene“ ein Sammelbegriff für einige hundert Arten, von denen viele sehr unterschiedliche Anforderungen an ihre Umwelt haben. Je nach betrachteter Wildbienenart können die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausfallen. Auch die Beschaffenheit der Umgebung, in der die Studien durchgeführt werden, hat erwartungsgemäß einen Einfluss auf die Resultate. So finden sich auch Studien, die für bestimmte Bedingungen positive Auswirkungen von der Anwesenheit von Honigbienen auf Wildbienen finden.
Es gibt allerdings eine Erkenntnis, die sich durchgehend zeigt: Honigbienenrassen und Wildbienen kommen in den Regionen, für die die betrachtete Rasse heimisch ist, besser miteinander aus, als es bei eingeführten Rassen der Fall ist.
Um einen negativen Einfluss von beimkerten Honigbienen auf Wildbienen zu verhindern oder klein zu halten, empfehlen die Autoren dort, wo es machbar ist, einheimische Bienenrassen zu nutzen, auf eine für die entsprechende Region sinnvolle Dichte an Bienenvölkern zu achten und bei den beimkerten Bienenvölkern Krankheiten und Parasiten sorgfältig zu bekämpfen.
Wenn man nicht nur Honigbienen hält, sondern auch dafür sorgt, dass die Honigbienen eine passende Umwelt vorfinden, werden alle profitieren, auch die Wildbienen. Die Natur und der Mensch brauchen beide als wichtige Bestäuberinsekten!