Im Pollentransport von Blüte zu Blüte, der Bestäubung von Blütenpflanzen, liegt die Wurzel der sogenannten Co-Evolution zwischen den „modernen“ Blütenpflanzen und den Bestäuberinsekten wie den Honigbienen. Aus Sicht der Bienen geschieht die Bestäubungsleistung „unabsichtlich“, während sie Nektar und Blütenstaub sammeln.
Pollen stellt für die Honigbienen den essenziellsten Teil der Nahrung dar. Die Körner des Blütenstaubes werden durch die Verdauungsenzyme der Bienen aufgebrochen und so ein Zugang zum wertvollen Eiweißgehalt (Proteinen), zu Fetten, Mineralstoffen und Vitaminen geschaffen. Die Proteine können so in ihre Bestandteile zerlegt werden, aus denen die Bienen dann neue körpereigene Substanzen aufbauen können – besonders wichtig für junge Bienen, die auch noch nach dem Schlüpfen aus ihren Brutzellen Organe, wie die Flugmuskulatur, zu Ende entwickeln und ausbauen. Ohne Pollen gäbe es auch keine Nahrung für die Larven der Bienen, deren Ammenbienen in speziellen Futtersaftdrüsen die „Schwesternmilch“, das Gelée royale, erzeugen. Pollen wird als „Bienenbrot“ mit Nektar vermischt in Wabenzellen gelagert, um so eine Reserve für die genannten Verwendungsmöglichkeiten aufzubauen, wenn das natürliche Blühangebot (die Tracht, wie der Imker sagt), jahreszeitlich bedingt ein niedriges Angebot bereithält.
Das Spektrum an Pollen, das die Bienen einsammeln, richtet sich nach dem Blühangebot im Einzugsbereich der Sammelaktivität eines Bienenvolkes. Wichtig ist dabei eine möglichst große Vielfalt der besuchten Pflanzenarten. Dabei sind 20 und mehr Blütenpflanzenarten keine Seltenheit. Die mengenmäßige Verteilung des eingesammelten Pollens auf die unterschiedlichen Blütenpflanzen kann am gleichen Standort von Bienenvolk zu Bienenvolk und von Tag zu Tag erheblich schwanken. In der Nähe landwirtschaftlicher Monokulturen können 90 % und mehr von den dort angebauten Nutzpflanzen stammen. Das bringt gegenüber natürlichen Vegetationen – neben der Einseitigkeit des Pollens – einen weiteren drastischen Unterschied: Das Blühangebot ist auf einen engen Zeitraum begrenzt, was selbst mitten im Sommer zu dramatischen Hungerzuständen, bis hin zur Todesfolge, im Bienenvolk führen kann.
Werden Bienenvölker unter kontrollierten Bedingungen mit künstlich angebotenen Pollen versorgt, zeigen sich im Vergleich von reinen Maispollen mit Mischpollen folgende Effekte: Die Analyse der Aminosäurekonzentrationen ergab eine auffallend niedrige Histidin-Konzentration in der Versorgung mit Maispollen. Ein Erfassen von Brutaufzucht und Lebensdauer der Bienen ergab für beide Aspekte schlechtere Werte im Falle der Versorgung mit reinen Maispollen. Allerdings zeigte eine Untersuchung der humoralen Aktivität aus Maispollen aufgezogener erwachsener Bienen keine Einschränkung in deren Abwehr bakterieller Infektionen (Höcherl et al., 2012).
Es bleibt die zentrale Erkenntnis: Eine große Artenvielfalt an Blütenpflanzen im Sammelbereich der Bienenvölker ist zum Aufbau und Erhalt starker und gesunder Bienenvölker unverzichtbar.