LXIII

In der Zelle war es still. Cavelli saß wie erschlagen da und versuchte mühsam, das Gehörte zu verarbeiten.

»Du ... du hast da ein riesiges Lügengebäude errichtet, um mich ...«

»Nein, Don, es war nichts von mir geplant. Ich hab immer nur auf das reagiert, was du gesagt und getan hast. Es war ... Improtheater. Ich hab dir doch in Rom gesagt, dass ich das mache.«

»Improtheater?« Cavellis Stimme klang bitter. »Ich würde das eher Betrug nennen. Und was schlimmer ist: Vertrauensbruch. Absoluten Vertrauensbruch!«

»Einigen wir uns auf Notlügen, Don«, schlug Cecilia zaghaft vor. »Das hätte alles nicht sein müssen, wenn du die Sache nicht immer weiter vorangetrieben hättest. Sieh es doch mal so: Niemand hat uns verfolgt, niemand ist verletzt oder getötet worden. Es bestand nie eine Gefahr für uns.«

»Immerhin wurdest du von der kubanischen Polizei verhaftet. Das dürfte eine ziemlich ernste Sache sein, denke ich.« Er machte eine Pause und schluckte. »Soll ich dir einen Anwalt besorgen?«

»Das würdest du tun, Don?« Sie sah ihn überrascht an.

Cavelli nickte widerwillig. »Du verdienst es zwar nicht, aber ja, würde ich.«

»Danke. Aber ich brauche keinen Anwalt. Ich möchte, dass du etwas anderes für mich erledigst.«

Cavelli verzog misstrauisch das Gesicht. »Und das wäre?«

»Bitte nimm Kontakt zu Monsignore Mattlin auf. Erkläre ihm, dass die Vatikanbank ihr Geld zurückhaben kann. Die ganzen eins Komma vier Milliarden. Abzüglich ein paar Millionen, die wir ausgeben mussten, um bis hierher zu kommen.«

»Du willst es zurückgeben?«, fragte er mit unüberhörbarem Zweifel in der Stimme. »Einfach so?«

Cecilia schüttelte den Kopf. »Nein, nicht einfach so. Im Gegenzug erhebt der Vatikan keine Anklage gegen mich und erklärt, dass ich das Konto im Auftrag des Vatikan auflösen wollte. Dann dürfte es für die kubanischen Behörden keinen Grund mehr geben, mich festzuhalten.«

»Ich glaube, du stellst dir das alles ein bisschen zu leicht vor, meine Liebe.«

»Das denke ich nicht. Nicht nur ich brauche den Vatikan, der Vatikan braucht auch mich. Vergiss nicht, Don, das Konto lautet auf meinen und Aldos Namen. Wenn ich nicht erkläre, dass es das Geld der Kirche ist, wird der Vatikan es sehr schwer haben, seinen Besitzanspruch geltend zu machen. Da könnte ja sonst jeder kommen und sagen, das Geld auf einem fremden Konto gehört eigentlich mir.«

»Und du meinst, dann ist alles vergeben und vergessen?«, erkundigte sich Cavelli sarkastisch.

»Meine ich. Im Grunde kann der Vatikan doch froh sein. Ohne Aldo hätte das IOR doch seine Immobilien noch ewig weiter viel zu billig veräußert. Nun erhält es das entgangene Geld aus Hunderten miserablen, aber legalen Geschäften als Bonus. Geld, auf dass es normalerweise gar keinen Anspruch hätte. Und für die Zukunft hat das IOR etwas gelernt. Der Heilige Vater müsste mir und Aldo im Grunde einen Orden verleihen.« Sie blickte ihn mit aufrichtigen Augen an, als sei alles ganz simpel und logisch.

»Von dem Orden sag ich lieber nichts«, beschied Cavelli missmutig. »Den Rest werde ich an Mattlin weitergeben. Rückgabe des Geldes gegen Immunität für dich.«

»Ganz genau.« Sie lächelte ihn an.

Dann kam Cavelli noch ein Gedanke. »Und was ist mit Aldo?«

Cecilia zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich hoffe, sie kriegen ihn. Meinetwegen kann er im Knast verrotten!«