Lappius kam nicht richtig in die Gänge. Er war erst um die Mittagsstunde erwacht, doch selbst nach der langen Ruhe fühlte er sich nicht wirklich erholt. Um seine Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet, und jedes unerwartete Geräusch ließ ihn zusammenzucken.
Nach dem Anschlag auf dem Forum war er von seinen Liktoren schnurstracks in sein Privatgemach im Prätorium gebracht worden. Der Schock darüber, dass jemand versucht hatte, ihn, einen Bevollmächtigten Domitians, umzubringen, hatte ihn sichtlich aus der Bahn geworfen. In den letzten hundert Jahren hatte sich in keiner römischen Provinz ein vergleichbarer Vorfall ereignet. Trotzdem hatte er sich um eine würdige Haltung bemüht und mit betont fester Stimme noch einmal seinen Leibwächtern gedankt, ohne deren schnelles und besonnenes Handeln er schon auf dem Weg in den Orcus gewesen wäre.
»Treu bis in den Tod«, hatten die drei Liktoren einstimmig erwidert, bevor sie zur Verabschiedung kurz die rechte Hand gehoben und ihn dann sich selbst überlassen hatten.
Kaum hatten sie die Tür hinter sich geschlossen gehabt, waren Lappius’ Knie weich geworden und Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet, während er nach Luft gerungen hatte. Schnell hatte er zwei Becher Mulsum heruntergestürzt, was sonst eigentlich nicht seinen Gewohnheiten entsprach, und sich auf die samtigen Felle, die auf seinem schlichten hölzernen Einzelbett ausgebreitet waren, fallen gelassen. Er hatte kurz sehnsüchtig an seine Frau und seine Tochter gedacht, die noch in Rom verweilten und ihm erst ein paar Wochen später nachreisen wollten. Er freute sich auf den Tag, an dem er die beiden wieder in die Arme schließen würde. Der Länge nach ausgestreckt, hatte der Prokonsul die Augen geschlossen, noch einmal tief durchgeatmet und war in einen unruhigen Schlaf gefallen.
Jetzt schlüpfte er in eine frische, schlichte Tunika und lief unruhig in seinem Gemach auf und ab. Er ging zu seinem Tisch, der unter einem teuren verglasten Fenster stand, und goss etwas Wasser aus einem Tonkrug in einen der einfachen Becher aus Terrakotta, die dort bereitstanden. Dann widmete er sich dem Frühstück aus Fladenbrot, Eiern und Moretum, das seine Sklaven ihm wie immer am Morgen bereitgestellt hatten. Doch schon nach ein paar Bissen schob er es von sich und begann, die Decken und Felle auf seinem Bett ordentlich zu falten und dekorativ anzuordnen. Gerade als er sich nach einer weiteren Ablenkung umsah, klopfte es an der Tür.
»Ja?«, rief Lappius.
Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, und einer seiner Liktoren steckte den Kopf herein.
»Entschuldige die Störung. Admiral Gordianus ist hier. Darf er eintreten?«
Lappius war nicht nach einem Gespräch zumute, aber Gordianus hatte ihm am Vortag das Leben gerettet. Ihm gebührte Respekt. Lappius nickte und bedeutete, dass der Gast hereinkommen sollte.
Die Tür wurde vollständig geöffnet, und der Admiral trat ein, gefolgt von vier seiner Stadtwachen, die sich sofort in den Ecken des Raumes postierten.
Lappius beäugte das Aufgebot skeptisch, ließ es jedoch unkommentiert.
»Wie froh ich bin, dich lebend zu sehen, Bucius Lappius!«, rief der Admiral. Er war mit Brustpanzer, Helm und himmelblauem Umhang ausstaffiert, damit schon von weitem zu sehen war, dass eine wichtige Persönlichkeit nahte. Heute trug er eine riesige Pergamentrolle unter dem Arm.
»Auch deine Unversehrtheit freut mich, edler Gordianus. Du hast dich todesmutig vor mich geworfen. Ich stehe in deiner Schuld«, antwortete Lappius.
»Ich habe nur meine Pflicht getan – für dich und für Rom«, erwiderte Gordianus mit leicht gesenktem Kopf.
»Hast du schon Hinweise auf die Täter gefunden?«, wollte der Statthalter wissen.
»Nur die Pfeile«, erklärte Gordianus. »Sie waren germanisch befiedert und hatten germanische Spitzen. Was Bände spricht.«
Lappius nickte schwach. Er wirkte nun fast unbeteiligt. Er ließ sich an seinem Tisch nieder und begann erneut, an einem Stück Fladenbrot zu nagen.
Gordianus beobachtete ihn einen Moment lang schweigend und setzte dann mit sanfter Stimme an: »Der Anschlag der Barbaren auf dich ist eine unverzeihliche Missetat. Du bist der Vertreter des Kaisers, und wenn einer die Hand gegen dich erhebt, erhebt er sie auch gegen ihn. Das ist ein Frevel und kommt fast einer Gotteslästerung gleich. Ich empfehle, dass du zu deiner eigenen Sicherheit deine Gemächer vorerst nicht verlässt.«
Erneut taxierte Lappius die Wachen in den Ecken des Raumes. Sie verzogen keine Miene. Sie blinzelten nicht einmal, sondern starrten nur vor sich, als seien sie Statuen.
»Du stellst mich unter Hausarrest?«, fragte Lappius ungläubig.
»Meine Männer sind nur hier, um deine Liktoren zu unterstützen. Zu deinem eigenen Besten, edler Statthalter«, erwiderte Gordianus. »Du bist der verlängerte Arm des Princeps. Eine Verkörperung der Hoffnung in schweren Zeiten. Die Agrippinenser und alle anderen links des Rhenus brauchen dich lebend.«
»Wie kann ich Hoffnung verkörpern, wenn du mich hier einsperrst?«, gab Lappius unwirsch zurück. Zum ersten Mal an diesem Tag regten sich seine Lebensgeister. Und mit ihnen der Widerstand gegen eine derartige Bevormundung.
»Ich verstehe deinen Missmut, verehrter Statthalter, doch offenbar haben es die Barbaren auf dich abgesehen«, sagte Gordianus ernst. Scharf setzte er nach: »Wer sagt uns, dass sie es nicht erneut versuchen werden? Der nächste Pfeil findet vielleicht sein Ziel.«
Lappius’ Augen weiteten sich, seine Hände begannen zu zittern. Schnell griff er nach seinem Becher und trank einige Schlucke. Er hielt das Gefäß fest umklammert, während sich sein Atem langsam beruhigte.
»Ich verspreche dir, es ist nur für eine kurze Zeit«, beruhigte ihn Gordianus. »Bis wir die Lage besser einschätzen können.«
»Nun gut, vielleicht ist es wirklich das Beste. Vorerst«, räumte Lappius schließlich ein.
Der Admiral nickte zufrieden. »Eine weise Entscheidung, Statthalter. Sie gibt uns Zeit, die nächsten Schritte gut zu durchdenken und zu planen.«
»Und die wären?«, fragte Lappius.
»Zuerst einmal habe ich gute Nachrichten. Wir haben bereits gestern Abend mit den Rodungsarbeiten am anderen Ufer begonnen. Die baumfreie Zone gewinnt schnell an Größe, und kein Germane kann sie betreten, ohne gesehen zu werden. Wer es trotz Warnung tut, wird von meinen Männern getötet. Auch die Fähren sind verbrannt worden. Jetzt können diese Barbaren mal sehen, was passiert, wenn man die Hand beißt, die einen füttert.«
»Das ist erfreulich. Doch was können wir noch tun?«, überlegte Lappius. »Die ganze Stadt steht Kopf. Was, wenn die Rodungen nicht helfen? Wenn es einfach so weitergeht?«, sagte er verzweifelt.
Gordianus betrachtete ihn nachdenklich. Dann schüttelte er kaum merklich den Kopf und blickte zu Boden, was Lappius nicht entging.
»Was ist? Ich sehe doch, dass dir etwas auf der Zunge brennt. Spuck es aus«, sagte Lappius ungeduldig.
Gordianus zog die Augenbrauen hoch. Ihm gefiel Lappius’ Tonfall nicht, doch er widerstand dem Impuls, ebenso barsch zu antworten. Stattdessen seufzte er und sagte: »Du kennst meine Position.«
»Krieg?«, rief Lappius aus. »Etwas Besseres fällt dir nicht ein? Aber natürlich, was erwarte ich auch von einem Soldaten.«
»Du hast gefragt«, räumte Gordianus entschuldigend ein, »und es tut mir leid, dir dauernd damit in den Ohren zu liegen. Doch glaube mir, auch für mich ist das kein leichter Schritt.«
»Das fällt mir allerdings schwer zu glauben. Du versuchst, mich schon lange zu manipulieren«, entfuhr es Lappius. »Nur damit du deinen Krieg bekommst!«
Der Admiral erstarrte für einen Moment und starrte Lappius an. Dann setzte er ein trauriges Lächeln auf.
»Es tut mir leid, dass du es so empfindest. Ich hatte und habe stets nur das Wohl unserer Stadt und ihrer Bürger im Sinn. Die Feinde der Gerechtigkeit und der Freiheit wollen aus reinem Neid auf unsere Errungenschaften das harmonische Miteinander unter den schützenden Händen Roms zerstören. Das kann ich nicht zulassen.«
Lappius lachte hämisch auf. »Schön gesagt. An dir ist ein Politiker verlorengegangen, Gordianus.«
Der Admiral registrierte den Seitenhieb mit unbewegter Miene. Dann gab er den vier Wachen, die auf ihren Posten verharrten, ein Handzeichen. Sie setzten sich in Bewegung und verließen im Gänsemarsch das Zimmer.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, sagte Gordianus mit samtweicher Stimme: »Verzeih mir, dass ich so offen spreche, doch bitte vergiss nicht, dass du gestern beinahe ermordet worden wärst. In meinen langen Jahren beim Militär habe ich gesehen, was eine solche Erfahrung mit Männern machen kann.«
Es wirkte, als träfe er einen Nerv bei Lappius, und dessen Wut schien zu verpuffen.
»Es geht mir gut«, murmelte er.
Erneut lächelte Gordianus traurig. Er setzte sich Lappius gegenüber an den Tisch und blickte ihn fest an. »Es ist keine Schande, Angst zu empfinden. Ich weiß, wie es ist, plötzlich mit der eigenen Sterblichkeit konfrontiert zu sein. Doch im Gegensatz zu dir gehört es bei mir zum Berufsrisiko. Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse.«
Lappius wich Gordianus’ Blick aus und fixierte ein Stück Brot.
»Was du fühlst, ist normal«, fuhr Gordianus fort. »Doch vergiss darüber nicht, wer Freund ist und wer Feind. Du bist im Moment nicht du selbst, und wenn du ehrlich mit dir bist, weißt du das auch.« Der Admiral lehnte sich zurück und ließ seine Worte wirken.
Lappius schwieg weiter, doch an seinem Blick, der unruhig über den Tisch hin und her huschte, war zu merken, dass seine Gedanken rasten. Es war nicht schwer zu erraten, welch inneren Kampf er austrug. Der Admiral war ein zuverlässiger Mann, der Rom jahrzehntelang verteidigt hatte und der an die Prinzipien des Reichs glaubte wie kaum ein anderer. Sollte Lappius trotzdem auf seine innere Stimme hören, die ihn vor Gordianus warnte? Und das, obwohl er in einer Verfassung war, in der er sich seiner eigenen Urteilskraft nicht sicher sein konnte?
Schließlich nickte Lappius und atmete tief ein. »Es tut mir leid. Was schlägst du vor?«
Gordianus stand auf. Sobald er Lappius den Rücken zudrehte, war auf seinem Gesicht der Anflug eines Lächelns zu erkennen.
»Du darfst auf keinen Fall untätig bleiben«, sagte er fest. »Wir müssen gegen die Bedrohung hart und entschlossen vorgehen. Nicht nur um unser Volk zu schützen, sondern auch dich. Du weißt selbst, welche Bedeutung es für einen Römer von Stand hat, Ruhm und Ehre zu erwerben. Und wie schändlich ein Versagen sein kann. Möchtest du, Bucius Lappius, der erste Statthalter dieser frisch ernannten Provinzhauptstadt, als derjenige in die Geschichte eingehen, der diese Stadt sogleich dem Untergang geweiht hat?«
Lappius schluckte. »Natürlich nicht«, seufzte er.
Er konnte nicht umhin, die Wahrheit in Gordianus’ Worten zu erkennen. Wenn er das Chaos hier nicht ordnen würde, wäre seine Karriere vorbei, und all seine bisherigen Bemühungen, das Ansehen seiner Familie zu mehren, wären vergeblich gewesen.
»Ich bin nach wie vor nicht überzeugt, dass eine militärische Lösung die beste Option ist«, sagte er schließlich. »Ein solcher Schritt wäre ein gewaltiger Einschnitt, der unser aller Leben verändert. Dennoch …« Er hob leicht die Hand, als Gordianus protestieren wollte, und fuhr fort: »Dennoch schulde ich es dir und der mir anvertrauten Provinz, dich zumindest anzuhören. Also, wie würdest du vorgehen? Überzeuge mich.«
Das ließ sich Gordianus nicht zweimal sagen.
»Nun, ich würde es nicht gleich einen Krieg nennen, vielmehr einen militärischen Verteidigungsschlag. Folgende Idee«, setzte er an. Er griff nach der Pergamentrolle, die er neben sich auf den Boden gelegt hatte, stand auf und bugsierte das Frühstückstablett des Statthalters mit einer Hand vom Tisch auf einen danebenstehenden Stuhl. Dann entrollte er mit einer energischen Geste das Dokument. Es handelte sich um die riesige Landkarte, die den Verlauf des Rhenus zeigte. Jene Karte, die normalerweise an der Wand hinter seinem Schreibtisch im Flottenkastell hing.
Auch Lappius erhob sich, um besser sehen zu können, und ließ seinen Blick interessiert über das Dokument schweifen.
»Ich kann die Arbeit unserer Kartographen nur immer wieder bewundern«, sagte er beeindruckt.
»Wir kennen die Standorte der Dörfer im Barbaricum. Zumindest die meisten in unserer Nähe«, erklärte der Admiral und zeigte auf kleine grüne Punkte in der oberen Hälfte der Karte. Daneben standen die Namen der Stämme, die in der jeweiligen Gegend herrschten.
»Unser wichtigstes Ziel muss es sein«, fuhr Gordianus fort, »das Schwert Cäsars wieder in unseren Besitz zu bringen. Es ist tausendmal mehr wert als jede Legionsstandarte. Und auch diese bringen wir stets wieder an uns, sollte es dem Feind einmal gelungen sein, sie in Besitz zu nehmen.«
»Der römische Adler darf nie in der Hand des Feindes bleiben«, nickte Lappius.
»Also werden wir jedes Dorf nach dem Schwert und nach dem anderen Diebesgut aus den Überfällen durchsuchen. Wir werden dabei so friedlich wie möglich vorgehen. Wer kooperiert, wird verschont, doch Widerstand müssen wir mit Gewalt brechen. Und das machen wir so lange, bis sie vor uns im Staub liegen und ihre Beute wieder herausgeben. Ich habe schon mit Tribun Paterculus gesprochen, dem Kommandeur der Legio XXII Primigenia in Castra Vetera. Auch die Infanterie will sich an der Aktion beteiligen. Wir werden viele Männer brauchen, die tausend Marinesoldaten unter meinem Befehl reichen dafür nicht aus.«
»Das kann ich alles nachvollziehen«, sagte Lappius langsam, »und natürlich muss das Schwert zurück in den Tempel …«
Gordianus sah ihn ungeduldig an und wartete darauf, dass er seinen Satz beendete.
»… aber für mich sieht das nicht nach Verteidigung, sondern nach einem Einmarsch aus, nach einem groß angelegten Angriffskrieg auf Germania Magna, wie ihn zuletzt der Feldherr Germanicus vor siebzig Jahren durchgeführt hat. Vergeblich, wohlgemerkt!«
»Aber keineswegs«, wandte der Admiral ein. »Wenn wir haben, was wir wollen, ziehen wir uns gleich wieder zurück. Unnötige Opfer, vor allem auf unserer Seite, zu vermeiden ist mir ein großes Anliegen. General Paterculus sieht das genauso.«
»Ich weiß nicht«, wog Lappius ab. »Besteht nicht trotzdem die Gefahr, dass Unschuldige zu Schaden kommen?«
»Wer sich nichts hat zuschulden kommen lassen, ist sicher. Doch wenn wir irgendwo Diebesgut finden – und glaube mir, das werden wir –, dann wissen wir, dass das ganze Dorf die Verbrecher deckt. Und das wird seine Konsequenzen haben.«
Lappius schien noch immer nicht beruhigt.
Der Admiral deutete auf die Karte, und sein Zeigefinger zeichnete auf dem dünnen Leder den Verlauf des Rhenus nach.
»Durch die Rodungen bekommen wir tonnenweise frisches Bauholz. Wir werden daraus neue Liburnen zimmern und unsere Flotte vergrößern, damit wir zum Schutz unserer Grenze Bootspatrouillen in höherer Taktung durchführen können. Und auch notfalls über den Visurgis bis tief ins Feindesland vorstoßen können. Wo immer die Räuber ihre Trophäe verbergen, wir werden sie wie Bluthunde aufspüren.«
»Aber das verursacht Kosten«, wandte Lappius ein, »wer soll das bezahlen?«
»Ich hoffe darauf, dass du für unser Vorhaben ein gutes Wort beim Finanzsekretär in Augusta Treverorum einlegen wirst. Er wird die Notwendigkeit sicher einsehen, wenn du ihm berichtest, was ich dir gerade gesagt habe. Die Freiheit Roms wird auch jenseits des Rhenus verteidigt«, sagte der Admiral. Nach einer Pause fügte er mit ergebener Stimme hinzu: »Es ist deine Entscheidung.«
Lappius begann erneut auf und ab zu gehen, die Stirn in tiefe Falten gelegt.
Gordianus setzte sich abwartend auf einen freien Stuhl und folgte ihm angespannt mit seinem Blick. Als Lappius plötzlich innehielt und sich ihm zuwendete, erhellte sich die Miene des Admirals. Doch im nächsten Moment wurde seine Hoffnung enttäuscht.
»Wann brauchst du eine Antwort?«, fragte der Statthalter. Gordianus seufzte. »Glaub mir, Lappius, die Zeit zu handeln ist jetzt«, erklärte er. »Mit jeder Stunde, die wir zögern, wird der Feind stärker. Die Kunde vom Verlust des Schwertes und unserer Untätigkeit werden sich in der Wildnis herumsprechen. Die Barbaren werden Rom verspotten, uns für schwach halten. Sie könnten sich sogar ermutigt fühlen, uns ihrerseits den Krieg zu erklären. Deswegen müssen wir ihnen mit einem Präventivschlag zuvorkommen.«
»Wann brauchst du die Antwort?«, wiederholte Lappius, und Gordianus antwortete ernst: »Nicht später als morgen.«
»Ich werde dir meine Entscheidung übermitteln«, nickte der Statthalter. »Doch nun lass mich allein. Ich muss nachdenken.«
Gordianus nickte höflich. Er ging zur Tür, öffnete sie und verließ das Zimmer.
Lappius blieb allein in seinem Gemach zurück. Erschöpft setzte er sich auf die Kante seines Bettes. Er wusste, dass er eine Entscheidung treffen musste. Bald. Und egal, wie er sich entscheiden würde, er konnte nicht gewinnen. Als irgendwo eine Tür knallte, zuckte er zusammen, und seine Hände begannen wieder zu zittern. Er, der mächtigste Mann des römischen Germaniens, fühlte sich völlig machtlos. Ihm war übel.