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5. August 1999 – Maisie

Danach ging alles sehr schnell. Ihre protokollierte Aussage wurde ihr zur Unterschrift vorgelegt, bevor sie ihre Meinung ändern konnte – was jetzt natürlich sowieso undenkbar war. Sie hatte die magischen Worte gesprochen; sie hatte ihnen gesagt, was sie hören wollten, und jetzt befand sich alles in freiem Fall …

Die Verhaftung wurde am nächsten Tag bekannt gegeben. Sie hatten Mitchell gerade noch rechtzeitig erwischt; offenbar waren seine Taschen schon gepackt gewesen, und er wollte am selben Tag in den Flieger steigen. Die Zeitungen betrachteten das als klares Schuldeingeständnis – warum sollte er fliehen, wenn er nichts zu verbergen hatte? Kein Wort davon, dass Mitchell und seine Gruppe den Heimflug bereits einmal verschoben hatten, weil sie von der Polizei als Zeugen befragt wurden, und keinen Grund sahen, warum sie nicht endlich nach Hause fliegen sollten. Ganz bestimmt war ihnen nicht klar gewesen, dass sie auf den Titelseiten aller Zeitungen landen würden – mit absurden Schlagzeilen wie »Flucht in letzter Minute vereitelt«. Es war auch die Rede von sichergestellten Spuren, mit denen ihm seine Schuld gerichtstauglich nachgewiesen werden konnte. Maisie jedoch hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handeln sollte, denn schließlich wusste sie, dass er nicht schuldig war. Oder doch?

Sie wurde von Schuldgefühlen überwältigt, als sie von der Verhaftung erfuhr. Natürlich war ihr klar gewesen, dass es so kommen würde. Derek und Claire hatten praktisch die Sektkorken knallen lassen, als sie bestätigt hatte, dass es wahrscheinlich Mitchell war, den sie in jener Nacht mit Seraphine auf dem Wanderweg gesehen hatte. Und das ergäbe auch Sinn, hatte sie erklärt, denn er wäre den ganzen Abend sehr aufmerksam gegenüber Seraphine gewesen … Irgendwann hatten sie sogar sehr eng zusammen vor Seraphines Zelt gestanden – und waren sie nicht sogar für eine Weile miteinander verschwunden? Maisie war allmählich selbst davon überzeugt, dass Mitchell sich an jenem Abend seltsam verhalten und Sera eindeutig bedrängt hatte. Er hatte Seraphine gewollt, in dem Punkt brauchte sie nicht zu lügen, und vielleicht war es so, wie die Polizei annahm: Mitchell und Sera waren zusammen in den Wald gegangen, und vielleicht hatte er sie bedrängt, und sie hatte Nein gesagt. Vielleicht hatte er sie vergewaltigt und sie danach erwürgt, damit sie es niemandem erzählte. So etwas kam vor; Maisies Mutter erzählte ihr ständig Horrorgeschichten über Frauen, die vergewaltigt wurden, als sie abends allein nach Hause gingen oder allein in ein Taxi stiegen. Maisie hatte immer angenommen, dass ihre Mutter ihr mit diesen Schauergeschichten nur Angst einjagen wollte – damit sie die Familie nicht verließ, nicht die ganze Nacht herumzog, sondern zu Hause blieb und damit immer zur Verfügung stand, um das Baby zu füttern, wenn es nachts aufwachte. Und jetzt war es tatsächlich passiert, nur nicht ihr, sondern Seraphine. Nur dass es nicht wirklich so gewesen war, oder? Oder doch? Sie wusste, was mit Seraphine passiert war, oder etwa nicht? Vielleicht hatte Ric ja die Wahrheit gesagt, falls Mitchell Sera vergewaltigt und sie dort leblos liegen gelassen hatte … Vielleicht war Maisie es ja doch nicht gewesen. Geh jetzt, ich kümmere mich darum! Lauf! Und sie wusste, dass die Polizei von Anfang an Mitchell in Verdacht gehabt hatte; das hatte man ihr gesagt. Und offenbar hatte einer seiner Freunde gesehen, wie sie sich geküsst hatten, Seraphine und Mitchell … Und das Foto von Mitchell war in der Ermittlungsakte, weil er Seras Armband in der Hosentasche gehabt hatte. Das Armband, das sie immer getragen hatte. Er hatte angegeben, es sei kaputtgegangen und er habe versprochen, es am Morgen zu reparieren. Doch die Polizei nahm an, dass er es als Trophäe behalten hatte, wie die Serienmörder, von denen immer in den Nachrichten berichtet wurde. Und es gab noch weitere forensische Beweismittel, wie die Zeitungen berichteten. Also war Mitchell es vielleicht doch gewesen, und das, was sie gesehen hatte – was sie glaubte, getan zu haben –, war nur ein Traum gewesen, hervorgerufen durch die Drogen. Ein entsetzlicher Albtraum.

Und so konnte sie sich relativ leicht einreden, dass sie gar nichts mit dem Mord an Seraphine zu tun hatte.