1. Kapitel
Jonah
Der Club hält, was die Geschichten darüber versprechen, somit hat sich der Wien-Trip schon mal gelohnt. Trotzdem, oder gerade deshalb klopft mir mein Herz auch bis zum Hals, während ich mich, nachdem ich meine Jacke an der Garderobe abgegeben habe, durch die vor Leben pulsierende Menge auf der Tanzfläche kämpfe. Es ist nicht mein erster Solo-Trip, um das Nachtleben zu genießen, doch so weit reise ich dafür normalerweise nicht.
Einige interessierte Blicke streifen mich, was mir ein wenig die übliche Sicherheit zurückgibt. In der Regel komme ich gut an in unserer Community, etwas, was ich zwar nicht wissentlich forciere, jedoch genieße. Wer liebt es nicht, manchmal im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen?
Ich beginne zu tanzen, tauche ein in den Rhythmus der sich bewegenden Masse und lasse mich mitziehen. Der Geruch von Männerschweiß, gepaart mit süßlichem Parfüm, kriecht langsam, aber nachhaltig in meine Nase und lässt ein erregendes Kribbeln in meinem Körper entstehen. Gleich einem Aphrodisiakum erweckt es mein Gefühlsleben, das ich aus Selbstschutz die vergangenen Monate praktisch ausgeschaltet hatte. Heute will ich fühlen – jedoch nichts, was mich runterziehen könnte. Ich bin es leid, Angst zu haben, und irgendwie bin ich genau deshalb hier. Um der Traurigkeit zu entfliehen, die mich gefangen hält, weil ich keine Energie mehr übrig habe, um dagegen anzukämpfen, geschweige denn, sie zu überwinden.
Ein Körper stößt gegen meinen, der Ruck reißt mich aus meinen Gedanken und ich sehe auf. Direkt in zwei eigentümlich glänzende Augen. Die Farbe kann ich nicht erkennen, dazu ist das Licht hier drin zu gedämpft, außerdem zaubern die wild zuckenden Laserlichter eine mysteriöse Parallelwelt, die auf Kolorierung und scharfe Konturen pfeift.
»Hey, Hübscher.« Der Typ schenkt mir ein aufreizendes Lächeln. Anscheinend gefällt ihm, was er sieht – ich gefalle ihm, was mich regelrecht euphorisch macht. Denn genau dafür bin ich hier. Ich will wahrgenommen werden – mich endlich wieder sichtbar fühlen! –
»Hey«, erwidere ich, versuche, den Größenunterschied von etwa fünfzehn Zentimetern zumindest ein wenig auszugleichen, indem ich meine Schultern straffe. Ich möchte nicht schwach wirken, auch wenn ich das vielleicht bin, dem Typen keine Überlegenheit zugestehen, die ihn dazu bringen könnte, sich genauso zu fühlen. Aber das scheint ohnehin nicht der Fall zu sein. Mit einem Mal wirkt er beinahe schüchtern, wodurch er sich nun endgültig mein Interesse sichert.
Ein weiterer Stoß trifft meinen Rücken, doch dieses Mal reagiere ich nicht. Wozu auch, vor mir steht bereits, was ich gesucht habe.
»Willst du tanzen?« Die Frage ist rein hypothetisch, denn noch bevor der fragende Unterton in meinen Ohren verklungen ist, liegen seine Hände an meiner Hüfte und zwingen mir seinen Takt auf.
Verhalten lächelnd lasse ich es zu, schiebe meine Arme zwischen seine und greife beidhändig seinen Hosenbund. Sein Muskelshirt ist hochgerutscht, wodurch ich seine Haut fühlen kann. Sie ist warm und von einem leichten Schweißfilm überzogen, was mich aber eher anmacht als abstößt.
»Wie heißt du?« Er hat sich hinuntergebeugt, um die Worte in mein Ohr raunen zu können. Der sexy Tonfall, den er dabei drauf hat, lässt mich zufrieden seufzen. Das hier läuft einfach perfekt.
»Tom«, lüge ich, weil es ihn nichts angeht, wie mein Name ist. Ich gebe die Frage auch nicht zurück, denn es interessiert mich nicht. Das ist nicht der Anfang einer romantischen Beziehung. Es ist das, was ich jetzt brauche.
»Du bist heiß, Tom.« Seine Lippen streifen über meinen Hals.
Meine Antwort besteht lediglich aus einem zustimmenden Brummen. Meine Hände sind dabei, seinen Oberkörper streichelnd zu erkunden. Er ist muskulös, fast zu sehr für meinen Geschmack, aber wie bereits erwähnt, möchte ich ihn ja nicht heiraten.
»Warum habe ich dich hier noch nie gesehen?«, geht zu meinem Bedauern die heitere Fragestunde weiter. Um dem entgegenzuwirken, lege ich einen Arm um seinen Hals und übe Druck aus, bis er sich hinunterbeugt, um sich von mir in einen Kuss verwickeln zu lassen. Er scheint ein wenig überrascht, zumindest lässt mich das die fast schon vorsichtige Art vermuten, mit der er darauf eingeht. Doch er erwidert ihn, also ist mir der Rest eher egal.
Mein Shirt wird ein Stück hochgezogen, ich fühle seine Hand, die sich darunter schiebt, meine nackte Haut ertastet, doch auch diese Berührung ist beinahe zu sanft. Ich bin ein wenig enttäuscht. Seine Größe und der muskulöse Körperbau hätten mich auf eine etwas forschere Vorgehensweise tippen lassen.
Er unterbricht unseren Kuss, um stattdessen an meinem Hals zu knabbern. »Du bist doch über achtzehn, oder?«
Ah – daher weht der Wind. Mein verdammt jugendliches Aussehen macht mir gerne mal einen Strich durch die Rechnung. »Ich bin einundzwanzig«, lasse ich ihn wissen, denn in diesem Punkt muss ich zum Glück nicht lügen. Morgen ist mein Geburtstag – und er könnte somit praktisch als mein Geschenk durchgehen.
»Super.« Er wirkt erleichtert, doch zu meiner Enttäuschung lässt er von mir ab, statt endlich richtig ranzugehen. »Ich muss dir da noch etwas sagen.«
Oh Gott.
Okay, er war also doch ein Fehlgriff. Ich will nicht reden. Ich will Spaß, und vor allem will ich geilen Sex! »Was denn?«, erwidere ich trotzdem. Der Nachteil an der Lautstärke hier drin ist, dass wir brüllen müssen.
»Ich habe einen Freund, mit dem ich auch zusammenlebe.«
»Warum gräbst du mich dann an?«, gebe ich gereizt zurück. Wenn er jemandem die Treue geschworen hat, ist das ja großartig, aber mir deshalb den Abend zu versauen, finde ich weniger prickelnd.
Sein Griff verhindert, dass ich abschwirre, außerdem erobert ein verlegenes Grinsen seine Miene. »Bleib hier. Es ist nur … wenn wir jemand anderen haben, dann nur … gemeinsam.«
Meine Augenbraue zuckt hoch. Okay. Das könnte somit doch noch ein interessanter Geburtstag werden.
Wie sich herausstellt, wohnen die Anwärter für meinen Geburtstagsdreier unweit des Clubs, also legen wir den Weg dorthin zu Fuß zurück. Neben der Information über ihre Wohnsituation weiß ich inzwischen auch, dass der Lebenspartner meines Aufreißers, dessen Name übrigens Christian ist, Stefan heißt. Die beiden sind Ende zwanzig und seit fünf Jahren ein Paar. Dinge, die die Welt nicht wissen will, zumindest ich nicht, was die zwei aber nur leider so gar nicht zu interessieren scheint. Stefan ist schüchterner als Christian und auch weit weniger attraktiv, was klarmacht, warum die Rollenaufteilung beim Sexpartnersuchspiel so ist, wie sie ist.
Bei ihnen zuhause angekommen, trifft mich die nächste Ernüchterung. Es ist eine Altbauwohnung, die genauso gut einem spießigen Hetero-Ehepaar gehören könnte. Nur die über die ganze Wohnung verteilten kitschigen Figürchen lassen anmuten, wer hier tatsächlich wohnt, wobei auch das Hinweise auf eine kleine, alte Dame sein könnten.
Das Schlafzimmer übertrifft dann aber wirklich alles, oder besser gesagt, das Bett. Ein Ungetüm aus dunkelbraunem Holz, das jedoch bequemer ist, als es aussieht. Wir entkleiden uns – jeder sich selbst –, und endlich halten die beiden auch mal ihren Mund. Nackt stellen sie dann doch einen ganz guten Fang dar, zumindest, was ihre Schwanzlängen angeht, und Stefans Arsch ist ebenfalls nicht zu verachten.
Mein unbekleideter Anblick stößt definitiv auf Begeisterung, wie die vor Vorfreude glänzenden Augen des Paares verraten. Ich bin schlank, aber nicht dürr. Regelmäßiges Hanteltraining und Ausdauersport halten mich fit, und auch was die kosmetische Pflege meines Körpers angeht, gibt es nichts, was ich vermissen lasse. Und auf mein jungenhaftes Gesicht kann ich ebenfalls setzen. Du siehst aus wie ein Engel , hat mir mal einer gesagt. Und hast die Seele eines versauten Teufels.
»Kommt ihr?« Ich lasse mich lasziv grinsend rücklings auf das Bett sinken. Meine rechte Hand massiert meinen Schwanz, der rasch an Umfang gewinnt.
Stefan leckt seine Lippen, während Christians Adamsapfel unternehmungslustig auf und ab schnellt. Er ist auch der Erste, der einen Schritt auf mich zumacht, doch es ist Stefan, der zuerst neben mir auf die Matratze hüpft. »Du bist so schön.« Seine Stimme ist rau vor Lust.
»Und dein Body …« Christian liegt plötzlich an meiner anderen Seite. Seine Hand streichelt die nackte Haut meines Oberkörpers. »Das Tattoo … so geil. Und das hier …« Sein Mund fängt meine Brustwarze ein, lässt seine Zunge mit dem Ring darin spielen.
»Das wird eine unvergessliche Nacht«, schwärmt Stefan. Er ist tiefer gerückt, haucht saugende Küsse an meine Seite, arbeitet sich weiter hinunter, über meine Hüfte bis zu meinem Schambereich. »Ich mag es, dass du nicht rasiert bist. Heutzutage ist ja praktisch jeder komplett haarlos.«
Ich lege eine Hand an seinen Hinterkopf, zeige ihm so recht deutlich, womit er sich zu beschäftigen hat, egal, ob dieses Körperteil von Haaren umgeben ist, oder nicht.
Er spielt kurz mit seiner Zungenspitze an meinem Intim-Piercing, nimmt mich dann aber brav in den Mund, und ich ziehe mit meiner zweiten Hand Christian näher, um ihn zu küssen. Wie schon vorhin im Club, übt er zu viel Zurückhaltung, doch jetzt lasse ich ihm das nicht durchgehen. Da Stefan meine Führung eher nicht benötigt – er saugt an mir, als gelte es, einen Preis dafür zu gewinnen – benutze ich nun beide Hände, um meinem Kusspartner die nötige Leidenschaft abzuringen. Eine herzhafte Massage seines Schwanzes ist die erste Maßnahme, die er sich stöhnend gefallen lässt, und als netten Nebeneffekt erhöht meine Aktivität außerdem die Intensität unseres Kusses.
Kusslaute, leises Stöhnen, das Klicken einer Gleitgel Tube, das Schnalzen eines Gummis. Irgendwo ist ferne Musik zu hören, und all das vereint sich zu einem Canon der Lust, der mich endlich dorthin bringt, wo ich seit Wochen nicht mehr gewesen bin. Ins Tal des geilen Vergessens.
Wir ziehen das Vorspiel nicht unnötig in die Länge, Christian gibt mir bald zu verstehen, wo er mich in diesem Trio sieht – nämlich vor sich. Sein harter Schwanz ist präpariert, genauso wie mein Anus, um den sich Stefan gekümmert hat, während er mich fast bis zur Besinnungslosigkeit geblasen hat.
Doch auch ich habe so eine Idee, wie ich die nächsten Minuten genießen möchte, weshalb ich Stefan vor mich ziehe, kaum dass ich mich für Christian ausgerichtet habe. »Warte«, bitte ich ihn, meine Stimme ist sinnlich heiser, weil ich es ehrlicherweise nicht erwarten kann, ihn in mir zu spüren. Aber mein Schwanz soll gleichermaßen beschäftigt werden, also ziehe ich mir ebenfalls ein Kondom über, schnappe mir nun die Gel Tube, beträufle Stefans Perineum mit einer guten Portion daraus und versenke anschließend einen Finger in ihm. Vorsichtig zwar, doch wirklich verstecken kann ich meine Ungeduld nicht mehr.
Christian stöhnt auf, woraus ich schließe, dass ihm mein Plan beziehungsweise das, was er sieht, gefällt, und die bereitwillige Art, mit der mir Stefans Arsch entgegen zuckt, bezeugt auch dessen Zustimmung. Schnell zeigt sich, dass er, oder eben sein Besitzer, im passiven Part wohl geübt ist. Sein Anus ist vollkommen entspannt, gibt fast augenblicklich nach, als hätte er nie etwas anderes getan, und gewährt gleich dreien meiner Finger bereitwillig Einlass.
Begeistert richte ich mich halb auf, ohne meinen Hintern aus der Zielgeraden von Christian zu nehmen, schicke ihm über die Schulter einen auffordernden Blick und drücke meine Penisspitze an Stefans Eingang. Es passiert nicht so perfekt fließend, wie ich es mir vorgestellt habe, aber ich dringe, von der Wucht von Christians Stoß getrieben, relativ leicht bis zum Anschlag in Stefan ein. Schwieriger ist es da schon, einen gemeinsamen Rhythmus zu finden, doch auch das gelingt uns nach ein paar eher unbeholfenen Bewegungen. Und dann wird es wirklich gut. Überragend gut sogar.
All meine negativen Gedanken verpuffen im Nichts der Ekstase, das mich auf eine absolut wundervolle Weise verschlingt und dennoch über all den Scheiß erhebt, der mich ansonsten gefangen hält. So vergehen Minuten im ekstatischen Niemandsland, das nur von wirklich gutem Sex erschaffen werden kann. Ich klammere mich an Stefans Hüfte fest, lasse mich gleichzeitig von Christian führen, dessen harte Länge das Jubelzentrum in mir zum Schreien bringt.
Unser dreifaches Stöhnen wird immer lauter, kurz verschwende ich einen Gedanken an etwaige Nachbarn, die sich von unserer lautstarken Nummer gestört fühlen könnten, doch rasch ist das wieder vergessen. Denn ich komme. Und zwar heftig. Und die Art, wie Stefans Anus sich um mich zusammenzieht, verrät mir, dass auch er so weit ist, also stoße ich sanft weiter, nun aber in meinem eigenen, etwas trägen Rhythmus. Christian wird dafür schneller, was ich zu kompensieren versuche, indem ich meine Knie in die Matratze drücke. Und endlich kommt auch er, mit einem gestöhnten »Tom« auf seinen Lippen.