Benjamin fand seinen Vater am Schreibtisch im Büro, er hielt das Foto von ihm und seiner Mutter in der Hand.
»Bleib weg!«
»Bist du okay, Papa?«
»Bleib, wo du bist!«
Benjamin stand in der Tür wie ein Schüler, der zum Rektor geschickt worden war, um sich eine Strafpredigt abzuholen, und der es nicht erwarten konnte, hier wieder rauszukommen.
»Entschuldige«, sagte sein Vater, machte eine Bewegung, als würde er einer vornehmen Person zunicken, die in der Ecke seines Büros stand, und erbrach sich in den Papierkorb.
»Soll ich jemanden holen?«, fragte Benjamin.
Sein Vater schüttelte den Kopf. Zeigte in seine Richtung.
»In der Nacht, in der wir oben auf dem Dach standen und auf den Zaun hinuntergeblickt haben, da dachte ich, ich sollte die Leiter nehmen und dir rüberhelfen.«
Es folgte eine Stille, in der Benjamin die Uhr an der Wand hören konnte. Früher wäre das ein beruhigendes Geräusch gewesen.
»Hätte ich dich entwischen lassen sollen?«
»Das weiß ich nicht, Papa.«
»Doch, das hätte ich. Aber ich wollte keinen Unterschied zwischen dir und den anderen machen. So etwas kann nur schiefgehen: Wenn man nicht mehr jedes Leben einzeln auf der Waage des Lebens wiegt … Aber ich und meine Prinzipien, Benja. Hätte ich dich doch nur abhauen lassen.«
»Ich glaube, du hast das Richtige getan«, sagte Benjamin.
Sein Vater hörte ihm nicht zu, aber er legte das Foto hin, mit dem Rücken nach oben.
»Ich habe nächtelang wach gelegen und darüber nachgedacht, ob es auf irgendeine Weise Sinn ergeben kann – dass die Welt eine Schule opfert –, und in der Dunkelheit, wenn ich ganz alleine war, da gab es Augenblicke, in denen ich dachte: Ja. Aber sobald ich aufgestanden war und mir das erste Kindergesicht auf dem Flur begegnete, schrie alles in mir: NEIN! NEIN! NEIN!«
Sein Vater beugte den Kopf über den Schreibtisch.
»Ich habe versagt.«
Benjamin sah seinen Vater nicht an, sondern fixierte einen Punkt unter dem Schreibtisch: Da war eine Luke im Boden und wenn man den Flickenteppich beiseiteschob und sie öffnete, lag darunter eine Pistole. Er dachte daran, als würde es irgendetwas ändern.