»Diese elende Hitze.«
Professor Josef Burger nahm den Strohhut ab, mit dem er sich vor der sengenden Sonne Süditaliens zu schützen suchte, und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das Tuch, das er hierfür benutzte, hatte sich bereits vollgesogen und eignete sich nur noch sehr bedingt für den Zweck, den Burger ihm zugedacht hatte. Dennoch tupfte sich der Archäologe sorgfältig Stirn und Schläfen, ehe er den Hut wieder aufsetzte.
»Sie denken, das wäre heiß, Professor?« Oberleutnant Günther Hoffmann sandte ihm einen ebenso spöttischen wie geringschätzigen Blick. »Das ist nichts gegen die Hitze, die wir in Nordafrika zu ertragen hatten!«
Hoffmann war das, was man zu Burgers Zeit einen Zinnsoldaten genannt hatte: achtundzwanzig Jahre alt, gebildet und mit guten Manieren; die khakifarbene Uniform saß perfekt an seiner schlaksigen Gestalt, das blonde Haar unter der Dienstmütze war kurz geschnitten und streng gescheitelt. Der Blick seiner eng stehenden grauen Augen war dabei voller Vertrauen auf die politische Führung in Berlin gerichtet, aller Unbill zum Trotz, die die Zeit für seine Generation bereithalten mochte.
Dass ein solcher Held des deutschen Volkes in diese entlegene Gegend abkommandiert war, statt sich auf dem Feld der Ehre seine Sporen zu erringen, entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Vielleicht, dachte Burger, hatte Hoffmann einfach nur Glück gehabt. Oder seine Familie verfügte über Beziehungen, die andere nicht hatten – so wie auch Burger keine gehabt hatte, damals, in jenem anderen Krieg, den Deutschland geführt hatte und der ihn einen Arm gekostet hatte …
»Ein deutscher Soldat sollte in der Lage sein, unter jedweden klimatischen Bedingungen zu kämpfen«, schnarrte Hoffmann: ein Satz, der wie ein Zitat aus dem Offiziershandbuch der Wehrmacht klang. »Ob Hitze oder Kälte, spielt dabei keine Rolle.«
»Vielleicht ist das so«, räumte der Professor nickend ein, »Sie scheinen dabei nur zu vergessen, dass ich kein Soldat bin.«
»Früher schon«, beharrte der andere.
»Das ist wahr«, räumte Burger mit dünnem Lächeln ein, »allerdings war es damals nicht nötig, sich an ein anderes Klima zu gewöhnen, da wir über Flandern ja nicht hinausgekommen sind.«
Hoffmann verzog das frisch rasierte Gesicht, wie er es immer tat, wenn Burgers ausgeprägter Sinn für Sarkasmus ihm eine solche Bemerkung zumutete. Es war nicht weiter schwierig, sich vorzustellen, was in dem jungen Offizier vor sich ging. Vermutlich schwankte er zwischen linientreuer Pflichterfüllung, die ihn dazu genötigt hätte, dergleichen die Wehrkraft zersetzendes Verhalten zu melden, und seiner stillen Bewunderung für jemanden, der an der Kriegsfront gewesen und wenn schon nicht sein ganzes Selbst, so doch einen Teil davon im Kampf für das Vaterland gelassen hatte.
Josef Burger, der eine Lehrprofessur für mittelalterliche Geschichte bekleidete, war es ziemlich gleichgültig, welche von beiden Seiten die Oberhand behalten würde. Er hatte schließlich nicht um diesen Auftrag gebeten, im Gegenteil, er war ihm aufgezwungen worden, und sei es nur deshalb, weil es in Deutschland nicht mehr allzu viele Gelehrte gab, die einerseits die nötige Kompetenz besaßen und andererseits noch rüstig genug waren, die rund 1300 Kilometer Flugstrecke zwischen hier und Berlin zu bewältigen. Die kühle Stille der Universitätskorridore mit ihrem allgegenwärtigen Odem von Bohnerwachs und altem Papier war hier, in der Sonne des apulischen Hochsommers, nur eine unwirkliche Erinnerung.
Burger trat unter das Vordach des Zelts, das am Fuß des Hügels errichtet worden war, und griff nach der Feldflasche auf dem Klapptisch. Im Lauf von beinahe siebenundzwanzig Jahren hatte er hinlänglich gelernt, wie man einen Schraubverschluss öffnete, wenn man nur eine Hand zur Verfügung hatte. Kurzerhand fasste er die Verschlusskappe mit den Zähnen und hielt sie fest, während er die Flasche herumdrehte. Während er in kleinen Schlucken das Wasser trank, das lauwarm war und nach Rost schmeckte, sah er an der mächtigen Konstruktion empor, die sich auf dem Hügel erhob und deren Anblick ihn jeden Tag aufs Neue mit Ehrfurcht erfüllte.
Acht Türme waren es.
Schlanke, achteckige Säulen aus hellem Kalkstein, von denen sich jede fünfundzwanzig Meter hoch in den blauen Himmel Süditaliens reckte. Dazwischen acht fast ebenso hohe Mauern, alles sich vereinend zu einem Oktogon, einem Achteck von absolut vollendetem Gleichmaß.
Dies war das Castel del Monte.
Oder, wie es ursprünglich mit vollem Namen geheißen hatte, das castrum Sancta Maria de Monte.
Seit ziemlich genau sieben Jahrhunderten stand die Burg dort oben auf dem Hügel. Ihr Ursprung gab Rätsel auf, ebenso wie die Identität des Architekten. Über ihren Bauherrn wusste man dafür umso mehr, und nicht wenige behaupteten, dass er auch der Ideengeber des Bauwerks gewesen sei, womöglich sogar sein heimlicher Konstrukteur: Friedrich II., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation … und des alten Barbarossas Enkelsohn.
Burger hatte zahllose alte Quellen studiert, von den Schmähschriften eines Salimbene von Parma bis zu den Monumenta Germaniae Historica, jedoch nirgendwo einen eindeutigen Hinweis auf den Architekten dieser Burg gefunden, die sicher Vorbilder gehabt haben mochte, in dieser vollendeten Form und Erhaltung jedoch im gesamten europäischen Raum ihresgleichen suchte. Ihre Entstehung blieb ein Rätsel – so wie auch ihre Bestimmung.
Welchem Zweck mochte diese kunstvoll erbaute Feste einst gedient haben?
Für eine rein militärische Anlage war sie zu elegant und wenig zweckmäßig, zudem schien ihr Ausbau nie wirklich fertiggestellt worden zu sein; auch war sie zu klein, um den kaiserlichen Hof zu beherbergen, der sich zudem nur rund siebzig Kilometer entfernt in Foggia befunden hatte. Hatte es sich also womöglich nur um einen Ort der Verlustierung gehandelt? Dass Friedrich kein Kind von Traurigkeit gewesen war und die schönen Dinge des Lebens geliebt hatte, war in der Forschung unbestritten; ebenso, dass er gern und oft zur Jagd ausgeritten war und die Falkenjagd über alles geliebt hatte. War Castel del Monte also lediglich ein – wenn auch herausragend konstruiertes – Jagdschloss gewesen?
Burger ertappte sich dabei, dass ihn die Vorstellung enttäuschte. Selbst als profundem Kenner der Geschichte des hohen Mittelalters hatte ihm stets der Gedanke gefallen, dass dieses Bauwerk einst einem höheren Zweck gedient haben mochte als dem bloßen Nutzen, dass der Kaiser mit der Errichtung ein Zeichen hatte setzen wollen, das die Zeit überdauerte.
In mancher Hinsicht war ihm dies gelungen.
Kaum ein Herrscher des Mittelalters war bereits zu Lebzeiten so geliebt und verehrt worden – und auch so gehasst. Beides, die Zuneigung ebenso wie der Hass, hatten dafür gesorgt, dass das Andenken an Friedrich fortlebte. Ungezählte Male war in den Jahren nach seinem Tod behauptet worden, dass er nicht wirklich gestorben sei und noch leben würde; kein anderer Herrscher fand so viele Nachahmer, die behaupteten, in Wahrheit der verloren geglaubte Kaiser zu sein. Und als sich beim Volk schließlich irgendwann die Erkenntnis durchsetzte, dass der Herrscher den Weg alles Sterblichen gegangen war, da fand er Eingang ins Reich der Legende, die besagte, dass er, ähnlich wie sein berühmter Großvater Friedrich Barbarossa, lediglich ruhen würde, bis die Zeit für seine Rückkehr gekommen sei …
Es war, als ob die Welt nicht von ihm lassen wollte, als ob sie den letzten Stauferkaiser mit aller Macht im Diesseits zu halten suchte – und in gewisser Weise tat sie das nach all der Zeit noch immer. Andernfalls wäre Burger wohl nicht hier gewesen, und diese ganze Expedition in den italienischen Süden wäre niemals finanziert und ausgerüstet worden …
»Wann, denken Sie, können wir Berlin einen Erfolg melden?«, erkundigte sich Hoffmann, an dem die Mittagshitze in der Tat abzuprallen schien wie geschürte Glut von einem Ofenblech.
Burger, der die Feldflasche wieder abgesetzt und sorgfältig verschlossen hatte, lächelte schwach. »Es scheint für Sie festzustehen, dass unsere Suche erfolgreich sein wird.«
»Natürlich wird sie das.« Die dürre Gestalt des jungen Offiziers straffte sich, in seiner Uniform wirkte er wie ein zu groß geratener Hitlerjunge. »Es gibt nur sehr wenig, was deutsche Entschlossenheit und deutscher Forscherdrang nicht zu bewerkstelligen vermögen.«
»Das ist Ihre Überzeugung?«
»Allerdings, Professor.«
»Was haben Sie vor dem Krieg getan?«
Hoffmann sah zu Boden. Die Schulterstücke sanken ein wenig. »Ich habe in Braunschweig Ingenieurswesen studiert.«
»Ein Ingenieur, natürlich.« Burger nickte. »Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, nicht wahr? Alles, wessen es bedarf, ist ein sorgfältig ausgearbeiteter Plan.«
»In der Tat.« Der Offizier nickte.
»Aber das hier ist anders«, widersprach Burger. »Geschichtswissenschaft lässt sich nicht planen, Herr Oberleutnant, und Archäologie ebenfalls nicht. Stattdessen muss man mit dem arbeiten, was einem die Vergangenheit hinterlassen hat – und wenn da nichts ist, dann hilft auch alle Entschlossenheit nichts.«
»Das nennen Sie nichts?« Hoffmanns Blick glitt von den Zelten des Lagers hinauf zu den Türmen der Burg. »Ich würde sagen, die Vergangenheit hat Ihnen mehr als genug für Ihre Studien hinterlassen, Professor.«
»So mag es aussehen – aber wir wissen so gut wie nichts über dieses Bauwerk. Die Menschen jener Zeit waren anders, wissen Sie … sie waren bereit, Dinge aus Beweggründen zu tun, die der moderne Mensch nicht mehr begreifen kann – noch nicht einmal dann, wenn er Reichsmarschall ist.«
Etwas verkrampfte sich in Hoffmanns Gesicht – wie meist, wenn Burger ihren Auftraggeber erwähnte. Der Professor besaß Menschenkenntnis genug, um zu verstehen, dass diese Reaktion nicht aus patriotischen Gründen erfolgte. Es schien eine Verbindung zwischen Hoffmann und Göring zu geben, vermutlich rein privater Natur … Womöglich kannten die Familien einander, vielleicht war es auch Göring gewesen, der dem schneidigen jungen Offizier diesen Posten unter südlicher Sonne besorgt hatte, während andere im Kaukasus zum Ruhme Großdeutschlands bluteten …
»Aber – Sie werden doch alles unternehmen, um den Auftrag zu erfüllen?«, hakte Hoffmann nach. »Der Reichsmarschall verlässt sich auf uns, Professor Burger – vor allem nach den unglücklichen Ereignissen von Palermo.«
Burger nickte und hätte womöglich gegrinst, wäre die Lage nicht so blutig ernst gewesen. Als Amerikaner und Briten im vergangenen Monat auf Sizilien gelandet waren und die deutschen Truppen dort zum Rückzug gezwungen hatten, hatte besagter Reichsmarschall vom kommandierenden Offizier der Garnison von Palermo verlangt, die steinernen Sarkophage der deutschen Kaiser Heinrich und Friedrich aus dem Dom zu entfernen und aufs Festland zu verbringen, auf dass sie nicht in die Hände der alliierten Barbaren fielen.
Im Angesicht des herannahenden Feindes hatte die Wehrmacht allerdings anderes zu tun gehabt, als die sterblichen Überreste zweier längst verblichener Herrscher zu bergen – ihr Augenmerk hatte Soldaten und Kriegsmaterial gegolten. Von seiner Villa auf dem Obersalzberg aus hatte Göring aus sicherer Entfernung seine Abscheu über die Feigheit der betreffenden Offiziere zum Ausdruck gebracht. Seiner Begeisterung für das staufische Kaiserhaus hatte jener Rückschlag jedoch keinen Abbruch getan. Vielmehr hatte sich sein Interesse an der deutschen Vergangenheit in eine gewisse Besessenheit gesteigert, und er hatte die zuständigen Stellen angewiesen, eine Expedition nach Süditalien zu entsenden, um wenigstens dort noch etwas vom kaiserlichen Glanz zu retten – was indirekt nahelegte, dass auch der nach außen hin noch immer unerschütterlich optimistische Reichsmarschall mit einer alliierten Invasion in Italien rechnete.
Und das wohl schon bald.
Die Zeit bis dahin sollte genutzt werden, um in den Hinterlassenschaften der Vergangenheit nach Spuren zu suchen; nach Hinweisen, mittels deren sich Friedrich II. zur deutschen Ikone stilisieren ließ, zu einem frühen Monument teutonischer Macht, zu dem das Volk aufblicken und an dem es sich aufrichten konnte, wenn alliierte Bomben auf deutsche Städte fielen; zu einer historischen Bestimmung, auf die man trotz herber Rückschläge an den Fronten verweisen wollte; zu einem Stück Ewigkeit, auch wenn das Tausendjährige Reich im zehnten Jahr seines Bestehens bereits wackelte …
Plötzlich waren vom Burgtor laute Rufe zu vernehmen.
Lorenzo, einer der Einheimischen, die Burger in Ermangelung studentischer Hilfskräfte verpflichtet hatte, kam aufgeregt angerannt, das schwarze Haar und die weiten Hosen voller Staub, die dunklen Augen schreckgeweitet.
»Signore il professore! Signore il professore …!«
»Was gibt es?«, rief Burger ihm entgegen.
Atemlos langte der kleine Mann vor ihm an. »Avevate ragione, signore il professore«, stieß er keuchend hervor. »La fondazione … abbiamo trovato qualcosa!«
»Was sagt er?«, verlangte Hoffmann zu wissen.
»Dass es ein guter Gedanke war, in den Turmfundamenten zu suchen«, erwiderte Burger. »Offenbar sind die Gräber in einem der Türme auf etwas gestoßen.«
»Wo?«, verlangte der Offizier mit herrischem Tonfall von Lorenzo zu wissen. »Zeig es uns!«
»Seguimi!«, erwiderte dieser aufgeregt und eilte zum Burgtor zurück, durch dessen Öffnung Staub wie dünner Nebel ans Tageslicht kroch. Burger und Hoffmann folgten dem Italiener den schmalen Weg hinauf.
Die Hitze des Mittags fiel hinter ihnen zurück, als sie ins staubige Halbdunkel des Torhauses traten. Lorenzo hielt sich links, und sie passierten eine Reihe von Gewölben, ehe sie den schmalen Gang zu einem der Türme einschlugen. Von dort drang nicht nur der Staub, der die warme Luft durchsetzte und sowohl Burger als auch Hoffman dazu zwang, durch ihre Halstücher zu atmen, sondern auch aufgeregtes Stimmengewirr.
Der mit großen Steinplatten gepflasterte Boden des Turmes, von dem sich eine ebenso steinerne Treppe steil emporwand, war nach Burgers Anweisung aufgebrochen und Grabungen im aus Sand und Geröll aufgeschütteten Fundament vorgenommen worden.
Und dort, in einigen Metern Tiefe, schienen Lorenzo und seine Leute auf etwas gestoßen zu sein …
»Was ist es?«, fragte Hoffmann, der seine Neugier kaum in Zaum halten konnte. »Was haben die Männer gefunden?«
Die meisten der »Männer« verdienten die Bezeichnung kaum. Es waren noch halbe Kinder, die die Wehrmacht in den umliegenden Dörfern zwangsrekrutiert hatte. Burger wartete, bis auch die letzte der schmächtigen, staubbedeckten Gestalten die rund zwei Meter durchmessende Grube verlassen hatte, dann stieg er selbst die Leiter hinab. Hoffmann folgte ihm.
Der Schein mehrerer Karbidlampen beleuchtete einen rostigen Metalldeckel, der in den freigelegten Fels eingelassen war. Wie alles in Castel del Monte war auch der Deckel von achteckiger Form und schien einen Hohlraum zu verschließen, der sich darunter befand. Burger hob eine der Lampen vom Boden auf und nahm das Gebilde näher in Augenschein.
Ein Schloss befand sich darin, das einst Dieben getrotzt haben mochte. Nach sieben Jahrhunderten hatte der Rost dem Metall allerdings derart zugesetzt, dass schon ein sanfter Stoß genügen mochte, und schon …
In Ermangelung seines zweiten Armes, der 1917 bei Ypern geblieben war, reichte Burger die Lampe an Hoffmann weiter. Dann zückte er das kurze Messer an seinem Gürtel, schob die Klinge zwischen Fels und Metall und hebelte den Deckel kurzerhand auf.
»Was ist es? Was ist es?«, zischte Hoffmann. Die Mütze hatte er abgenommen, jetzt reckte er den blonden Schopf so begierig vor, als wäre in dem kleinen Loch im Boden der deutsche Endsieg versteckt.
Burger steckte das Messer wieder weg und öffnete den Deckel vollends. In der Vertiefung darunter lagen verrottete Stoffreste, die einst prächtiger Brokat gewesen sein mochten. Als der Professor sie vorsichtig anheben wollte, lösten sie sich in Wohlgefallen auf – darunter kamen zwei Gegenstände zum Vorschein. Das eine war ein kurzer Köcher aus gegerbtem Leder, der dem Zahn der Zeit getrotzt zu haben schien.
Das andere war ein goldener Ring.
Burger griff nach dem Kleinod und betrachtete es im Licht der Lampe. Es war ein Siegelring, in den ein Symbol graviert war. Selbst nach all der Zeit war es noch deutlich zu erkennen. »Der einköpfige Adler«, flüsterte Burger.
»Was bedeutet das?«, wollte Hoffmann wissen.
»Das Zeichen der römisch-deutschen Könige«, erklärte der Professor bereitwillig.
»Also … stammt der Ring von ihm?«
»Es wäre möglich.« Burger nickte und nahm sich den Köcher vor. Er war ganz mit Wachs überzogen, was wohl auch der Grund für seinen guten Zustand war. Unter normalen Voraussetzungen hätte ein Archäologe einen Fund wie diesen geborgen, nach Deutschland gebracht und unter wissenschaftlich vertretbaren Bedingungen untersucht. Aber was war schon normal in diesen Tagen, in denen die ganze Welt sich aufzulösen schien?
Hoffmanns bohrenden Blick im Nacken spürend, erbrach der Professor kurzerhand das wächserne Siegel und öffnete den Köcher. Im Inneren befand sich eine Rolle aus Pergament. Sie war in frühgotischer Minuskelschrift beschrieben, der Text selbst in lateinischer Sprache abgefasst.
»Was steht da?«, verlangte Oberleutnant Hoffmann zu wissen. »Können Sie das Kauderwelsch entziffern?«
Professor Burger antwortete nicht.
Aber im fahlen Schein der Grubenlampe begann er zu lesen …