KAPITEL 2

PARTEIPOLITIK

In einer sehr frühen Trilogie, die er vielleicht mit anderen Dramatikern zusammen schrieb, folgte Shakespeare dem verschlungenen Pfad von der gewöhnlichen Politik zur Tyrannei. Die drei Teile von Heinrich VI. gehören heute zu seinen unbekannteren Stücken, brachten ihm aber ersten Ruhm ein und zeigen nach wie vor hellsichtig, wie eine Gesellschaft reif wird für einen Despoten.

Der Ausgangspunkt ist die Schwäche im Zentrum des Reichs. König Heinrich VI. ist noch ein unerfahrener Jüngling, der durch den frühen Tod seines Vaters auf den Thron gelangt ist; die Staatsgeschäfte werden vom Lordprotektor geführt, seinem Onkel Humphrey, dem Herzog von Gloucester. Obwohl dieser sich uneigennützig dem öffentlichen Wohl verschrieben hat, ist seine Macht stark eingeschränkt, und er ist von einem Kreis gewalttätiger, egoistischer Adliger umgeben. Als sie sich beklagen, dass ihr König ein Kind ist, stellt der Protektor ihre verlogene Nostalgie bloß. In Wahrheit sei ihnen doch ein schwacher Herrscher lieber, »den ihr wie einen Schulbub schrecken könnt« (1 Heinrich VI., I, 1, 36). Das Machtvakuum im Zentrum verschafft den Rivalen Raum, um zu taktieren und gegeneinander zu intrigieren. Doch so ein parteiischer Kleinkrieg hat Folgen. Das Gemeinwohl bleibt auf der Strecke, und wie wir bald sehen, verhärten sich die Fronten – aus Widersachern werden Todfeinde.

In einem an die Gebäude der Londoner Rechtsschulen angrenzenden Garten streiten sich zwei mächtige Adlige, der Herzog von York und der Herzog von Somerset, über die Auslegung einer Rechtsfrage. Sie bitten die Zeugen ihres Streites zu entscheiden, wer von ihnen recht hat, die jedoch lehnen es klugerweise ab, sich einzumischen. Dem Stück sind die juristischen Details, um die es dabei geht, nicht zu entnehmen; vielleicht hielt Shakespeare das für letztlich nicht so wichtig. Entscheidend war die fehlende Kompromissbereitschaft, die militante Überzeugung eines jeden, dass seine und nur seine Position vertretbar sei. »Die Wahrheit steht so nackt auf meiner Seite,/Daß sie ein Kurzsichtiger finden könnt«, erklärt York, und Somerset erwidert: »Und steht auf meiner Seite so gut angekleidet,/So klar, so strahlend und so offenbar,/Daß sie selbst Blinden in die Augen glänzt« (II, 4, 20-24). Es gibt hier keine Anerkennung einer Grauzone, keine Bereitschaft einzusehen, dass es für vernünftige Menschen möglich sein könnte, verschiedener Meinung zu sein. Beide halten es für bloßen Starrsinn, nicht zuzugeben, was so unzweifelhaft »offenbar« ist.

In dieser festgefahrenen Situation zeigen sie nicht die geringste Neigung, versöhnlich aufeinander zuzugehen. Stattdessen stellt Shakespeare die Bewegung zu einem Konflikt dar, der über diese beiden Personen und ihre Anhänger hinaus zu einer viel größeren Zahl von Verbündeten reicht. »Es soll der, der als Edelmann geborn ist/Und auf der Ehre der Geburt besteht,/Sofern er glaubt, ich trag die Wahrheit vor,/Mit mir vom Strauch hier eine weiße Rose pflücken«, erklärt York. Somerset hält dagegen: »Es soll der, der kein Feigling ist noch Schmeichler/Vielmehr Partei zu nehmen wagt für Wahrheit,/Vom Dorn hier eine rote Rose mit mir pflücken« (II, 4, 27-33). Es ist den Umstehenden nicht länger möglich, neutral zu bleiben, wie sie es zuerst versuchten. Sie müssen sich entscheiden.

Die historischen York und Somerset waren mächtige Feudalherren mit Privatarmeen, die Teile der Insel wirksam kontrollierten. Das Stück hätte sie so zeichnen können, dass wir an die Warlords im heutigen Afghanistan erinnert würden. Stattdessen lädt es uns ein, die Erfindung politischer Parteien und die Verwandlung adliger Rivalen in politische Feinde zu beobachten. Shakespeare drückt das nicht genau so aus wie wir; es gab nichts im parlamentarischen System seiner Zeit, was den Parteistrukturen entsprach, die sich später in England und anderswo entwickelten. Dennoch zeigt er etwas seltsam Vertrautes. Die Rosen dienen als Parteiabzeichen, sie markieren zwei gegnerische Seiten. Mit merkwürdiger Plötzlichkeit schlägt der juristische Streit (worum auch immer es dabei ging) in blinde Parteinahme für weiß oder rot um.

Man kann sich durchaus vorstellen, dass politische Parteien als große Ansammlungen unterschiedlicher Menschen die Feindseligkeit ihrer Führer ablenken und Kompromissbereitschaft fördern. Hier aber geschieht das Gegenteil: Sobald die unterschiedlichen Parteizugehörigkeiten hervortreten, scheint jeder förmlich vor Wut zu explodieren. »Nun, Somerset, wo bleibt Ihr Argument?«, fragt York, worauf Somerset antwortet, sein Argument stecke in seiner Schwertscheide, »wo es drüber nachdenkt,/Was Euch die weiße Rose blutrot umfärbt.« York ist ebenso aufgebracht: »Und diese Rose blaß und zornig,/Als Inbild meines blutdurstigen Hasses,/Will ich und die zu mir stehn ewig tragen« (II, 4, 59-61, 107-109).

Als der Graf von Warwick zu Beginn der Szene aufgefordert wird, sich für die eine oder die andere Seite zu erklären, hält er sich zurück. Er verstehe vielleicht etwas von Hunden und Falken, sagt er freundlich, aber bei so speziellen Fragen – »Rechtshaarspalterein« – habe er ein Spatzenhirn (II, 4, 17-18). Am Schluss der Szene, als die Parteien sich gebildet haben, ist seine Zurückhaltung verschwunden. Er hat die weiße Rose gepflückt, dürstet nach Blut und prophezeit:

Heut dieser Streit,
Der zur Entzweiung wuchs in Temple Garden,
Soll zwischen Roter Rose und der Weißen
Zu Tod und Todesnacht vieltausend Seelen reißen.
(II, 4, 124-127)

Die obskure juristische Meinungsverschiedenheit hat sich nicht grundsätzlich verändert, es ist kein neuer Streitpunkt aufgetaucht, und es scheint auch keine tieferliegende Ursache wie Habgier oder Eifersucht im Spiel zu sein. Doch offenbar besitzt der Parteienhass ein Eigenleben. Plötzlich scheint jeder vor geradezu mörderischen Aggressionen überzuschäumen. Es ist, als ob, in Abwesenheit der beherrschenden Gestalt des Königs, die rein konventionellen, bedeutungslosen Embleme einen Rausch von Gruppensolidarität und -hass befördern.

Dieser Hass ist ein wichtiger Teil dessen, was zum sozialen Zusammenbruch und schließlich zur Tyrannei führt. Er macht die Stimme des Gegners, ja, den bloßen Gedanken an ihn fast unerträglich. Entweder du stehst hinter mir, oder du stellst dich mir in den Weg – wenn du nicht hinter mir stehst, hasse ich dich und will dich und all deine Anhänger vernichten. Jede Partei strebt von Natur aus nach Macht, aber dieses Streben wird hier selbst zum Ausdruck rasender Wut: Ich sehne mich nach der Macht, dich zu zerschmettern. Wut erzeugt Beleidigungen, Beleidigungen erzeugen ungeheuerliche Taten, und ungeheuerliche Taten wiederum steigern die Intensität der Raserei. So schaukelt sich das hoch und gerät außer Kontrolle.

Nicht alles bricht sofort zusammen. Es gibt immer noch eine soziale Ordnung. Herzog Humphrey steht zwar unter Druck, bleibt aber im Amt. Unterdessen wächst der Kinderkönig, dem er als Protektor dient, zu einem jungen Mann heran, der erkennt, was für ein gefährliches Problem die streitenden Parteien geschaffen haben, und offen sagt, »daß Bürgerzwist im Land ein Giftwurm ist,/Der tiefst im Innern am Gemeinwohl nagt« (III, 1, 72-73). Seine Beobachtung ist natürlich richtig, leider klingt er eher wie ein salbungsvoller Moralist als wie ein König. Heinrich verfügt nicht über das, was nötig wäre – Charisma, Schläue oder Skrupellosigkeit –, um die erbitterte Fehde zwischen den Fraktionen zu ersticken.

Die Schwäche im Zentrum ist eine Provokation. Verächtlich wirft York Heinrich vor, dass er »England bibelfromm zugrund regiert« (2 Heinrich VI., I, 1, 260), und strebt eine vorteilhafte Position gegenüber seinen Feinden an. Er spielt heimlich mit dem Gedanken, selbst nach der Krone zu greifen, und spürt, dass andere dieselbe Idee verfolgen. Um den Thron zu besteigen, wird er jeden möglichen Konkurrenten vernichten müssen. Unterdessen lässt Heinrich, der sich redlich bemüht, seine verfeindeten Adligen zu befrieden, eine Versöhnungszeremonie aufführen. Ihr Zorn erscheint ihm »hirnverbrannt«; es ergibt keinen Sinn, dass sie einander »aus so läppisch-unsinnigem Grund« bekämpfen und erbittert an Emblemen wie den Rosen festhalten (1 Heinrich VI, IV, 1, 111-112). Doch er ist zu schwach, um mehr als eine leere Geste von Gemeinsamkeit im Kampf gegen die Franzosen zu bewirken.

Ein Teil des Problems liegt in Heinrichs Grundanständigkeit. Er kann nicht sehen, dass Margaret, die schöne französische Adlige, die er geheiratet hat, um Englands Anspruch auf seine überseeischen Besitzungen zu stärken, eine zynische Politikerin ist, die eine Affäre mit dem arroganten Grafen von Suffolk hat. Der arglose junge König appelliert an die sanfte Macht der Vernunft und an moralische Grundwerte, von denen er glaubt, alle Menschen würden sie bereitwillig anerkennen.

Obwohl er selbst kaum erwachsen ist, sieht der König in den starrsinnigen Führern der Fraktionen wenig mehr als verzogene, selbstsüchtige Kinder, deren hitzige Parteikämpfe von den wirklich wichtigen Fragen ablenken.

Seine edle Verachtung für ihr Gezänk ist vollkommen nachvollziehbar, macht die Sache aber nur noch schlimmer. Als Schlüsselposten zu besetzen sind – wer soll etwa den Befehl über die englischen Besitzungen in Frankreich übernehmen? –, erklärt Heinrich: »Für mein Teil, Lords, mir ist ganz gleich, wer’s wird./Ob Somerset, ob York, das ist mir eins« (2 Heinrich VI, I, 3, 101-102). Solche Gleichgültigkeit schafft nur Spielraum für noch schärfere Konkurrenz. Es wäre besser gewesen, er hätte erkennen lassen, wem er den Vorzug geben würde, oder ein klareres Verständnis für die Gefahr gezeigt, die unter der Oberfläche der Institutionen gärt, die seiner Obhut unterstehen.

Das einzige Bollwerk gegen das drohende Chaos ist Herzog Humphrey, der Lordprotektor, aber eine Gruppe zynischer Hof- und Kirchenfunktionäre verbündet sich, kaum überraschend, um ihn zu stürzen. Als er fälschlich des Verrats beschuldigt wird, versucht er den König zu warnen. Wenn, lässt er Heinrich wissen, durch seinen Untergang das Komplott beendet würde, an dem seine Feinde schmieden, so gäbe er bereitwillig sein Leben. »Doch mein Tod ist Prolog nur für ihr Stück;/Zigtausend mehr, die noch nichts spürn von Unheil,/Werden nicht reichen zum Tragödienschluß« (III, 1, 151-153).

Heinrich hört die Warnung, kann aber seinen wichtigsten Ratgeber und Freund nicht retten. Der trugreiche Suffolk erklärt dem Parlament, der aufrechte Protektor sei »voll tiefen Trugs«. Der mörderische Kardinal Beaufort klagt ihn fälschlich an, er habe sich »schlimmste Hinrichtungsarten ausgedacht für kleinste Untat«. Der käufliche York bezichtigt ihn der Korruption. Buckingham höhnt, das sei bloß ein »kleiner Fehl« im Vergleich zu dem, was bald ans Licht kommen werde (III, 1, 57-64). Die ehebrecherische Königin, die verschlagene, sadistische Margaret, nennt Herzog Humphrey einen »Verlierer« (III, 1, 182). Der König glaubt den Vorwürfen nicht – »Es sagt mir mein Gewissen, Sie sind schuldlos« –, kann aber nicht verhindern, dass eine Falle nach der anderen zuschnappt (III, 1, 141). Als der Protektor von Wachen abgeführt wird, um sich zu den Vorwürfen zu äußern, verlässt Heinrich »verschwommnen Blicks« das Parlament, verzweifelt und unfähig, ihm zu helfen (III, 1, 218).

Insgeheim hassen Herzog Humphreys Feinde einander, aber zumindest in einem Punkt sind sie sich einig: Sie alle wollen diese einzigartig aufrechte Gestalt – Heinrich nennt ihn das »Urbild der Treue, Ehr und Redlichkeit« – aus dem Weg räumen (III, 1, 203). Da sie wissen, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe haltlos sind, und fürchten, angesichts der leidenschaftlichen Unterstützung des Königs könnte es schwer werden, ohne echte Beweise einen Schuldspruch zu erwirken, beschließen sie, ihn ermorden zu lassen. Obwohl sie zynisch und skrupellos sind, können sie nicht einmal in ihrem bösartigen kleinen Kreis offen zugeben, dass sie den Lordprotektor beseitigen wollen, weil er ihnen im Weg steht. Vielmehr bekunden sie ihre Sorge um das Wohl des Staates und des allzu gutgläubigen Königs. Heinrich sei »zu voll mit Narrnmitleid«, klagt die gerissene Königin; er könne Herzog Humphreys Gerissenheit nicht durchschauen (III, 1, 225). Ihn als Lordprotektor dienen zu lassen, ergänzt der räuberische York, sei, als bitte man einen hungrigen Adler, ein Huhn zu bewachen. Oder, sagt der schlaue Suffolk, als ließe man einen Fuchs die Herde hüten. Nur weil dieser bestimmte Fuchs noch keinen tatsächlichen Schaden angerichtet habe, ändere das nichts an der Tatsache, dass er ein listiger Mörder sei. Darum sollte er, »lang eh ihm’s Scharlachblut das Maul beschmiert« (III, 1, 248-259), mit List beseitigt werden.

Diese hochrangigen politischen Akteure spielen ein seltsames Spiel. Niemand in der Gruppe glaubt auch nur eine Sekunde lang, Herzog Humphrey müsse ermordet werden, um den König zu schützen oder den Staat zu retten. Jedes Wort, das sie sagen, ist eine Lüge, und jeder Verschwörer projiziert nur sein eigenes Hauptlaster auf das ausersehene Opfer. Da sie unter sich sind, warum sagen sie nicht einfach, was sie denken?

Es gibt mehrere mögliche Antworten. Erstens sind sie alle Politiker, daher liegt ihnen Verlogenheit im Blut; für Shakespeare war das Wort »Politiker« praktisch ein Synonym für Heuchler. (»Kauf dir Glasaugen;/Und, wie ein trüber Intrigant [»politician«], tu, als/Würdst Dinge sehn, die du nicht siehst«, tobt Lear [König Lear, IV, 6, 167-169].) Zweitens misstrauen sie einander und wissen nicht, was von ihrem Gespräch nach außen dringen mag. Drittens hoffen sie insgeheim, alle anderen ließen sich mit ihrer eigenen – und nur mit dieser einen – Lüge täuschen. Viertens fühlen sie sich besser in ihrer Haut, wenn sie vorgeben, tugendhaft zu sein, auch wenn sie wissen, dass sie es nicht sind. Und fünftens beobachten sie alle argwöhnisch, ob einer von ihnen den geringsten Vorbehalt gegen die Verschwörung äußert, irgendetwas, das sie scheitern lassen könnte. Sie wollen, dass alle mit drinhängen.

Als klar ist, dass es keine Vorbehalte gibt, übernimmt der in weltlichen Dingen erfahrene Kardinal Beaufort die nötigen Vorbereitungen. »Sagen Sie ja und amen nur zur Tat«, fordert er ein letztes Mal jeden zur Zustimmung auf, »und ich beschaffe dann für ihn den Henker«. Dann fügt er noch eine typisch verlogene Bemerkung an, die ihn als treuen Diener zeigen soll: »So sorgt mich meines Königs Sicherheit« (2 Heinrich VI, 3, 1, 276-277). Mit allgemeiner Zustimmung setzt er sein Versprechen in die Tat um: Herzog Humphrey ist schnell erledigt, die vom Kardinal bezahlten Mörder erdrosseln ihn in seinem Bett.

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gelingt es den Verschwörern nicht, ihr Verbrechen zu vertuschen. Der Tatort wurde zwar sorgfältig präpariert, um eine natürliche Todesursache vorzutäuschen, der Zustand der Leiche aber legt etwas anderes nahe. Warwick weist den König darauf hin:

Doch seht hier sein Gesicht, schwarz und voll Blut,
Die Augen vorgequolln wie nie im Leben,
So grausig starrend ganz wie ein Erhängter;
Das Haar gesträubt, gebläht nach Luft die Nase,
Die Hände weit gespreizt, wie wer, der greift
Und um sich krallt und mit Gewalt erstickt wird.

Es bleibt nichts, als daß er ermordet wurde.
(III, 2, 167-176)

Der König ist am Boden zerstört, und das einfache Volk, das den aufrechten Herzog Humphrey liebte, verlangt die Bestrafung der wahrscheinlichsten Täter, Suffolk und Kardinal Beaufort. Trotz der Bitten der Königin schickt der König Suffolk in die Verbannung – er wird schließlich von Piraten getötet –, und der Kardinal wird krank und stirbt, von wilden Fieberfantasien über den Mann geschüttelt, dessen Ermordung er befahl.

Doch der Schaden ist nicht mehr rückgängig zu machen, und das Staatsgebäude wankt. Obwohl vor allem Suffolk und der Kardinal das Wort führten, war die stille Kraft hinter dem Mord am Lordprotektor der brennend ehrgeizige York: »Mein Hirn, hastiger als die flinke Spinne,/Webt enge Netze, Feinde drin zu fangen« (III, 1, 339-340). Als Abkömmling von Edward III. steht York in der gesellschaftlichen Rangordnung ganz oben und ist stolz auf sein königliches Blut. Doch ausgerechnet dieser von Rang und Namen besessene Mann – er trägt seinen Stammbaum in ermüdender Ausführlichkeit vor – trägt, um sein Anliegen voranzutreiben, eine neue Komponente in den politischen Kampf zwischen der roten und der weißen Rose.

Bis zu diesem Punkt, in der Mitte der Trilogie um Heinrich VI., sind die Menschen am unteren Ende der Gesellschaft nur kurz sichtbar geworden. Politik war fast ausschließlich eine Angelegenheit der Eliten, die gegeneinander intrigieren, während die anonyme Masse – die Boten, Diener, Soldaten, Wachen, Handwerker und Bauern – im Schatten blieb. Nun treten plötzlich und unerwartet andere Figuren auf. York sieht die Gelegenheit, ein Bündnis mit der verarmten, abgehängten und ungebildeten Unterschicht zu schließen, und er ergreift sie. Wir erfahren, dass die bis jetzt unsichtbaren und schweigenden Armen vor Wut schäumen. Der Parteienkrieg benutzt zynisch den Klassenkrieg. Ziel ist es, Chaos zu erzeugen; das soll die Bühne bereiten für die Machtergreifung des Tyrannen.