Holly fand, dass Vera regelrecht besessen war von diesem Stephen Bradford, dem geheimnisvollen Professor, Mitglied von Hectors Viererbande. Vera war von seiner Schuld überzeugt, weil er irgendwie zu ihrer Kindheit gehört hatte und der Gedanke an ihn sie ebenso quälte wie der an Hector. Es war die Jagd nach einem Phantom. In der wirklichen Welt begingen Gewinner des T.-S.-Eliot-Preises für Poesie keine Morde. Sie hatte über Bradford im Internet recherchiert und den Titel seines Gedichtbandes wiedererkannt – für eine Englischprüfung hatte sie eins seiner Gedichte analysiert. Auf der Fahrt von Kimmerston gen Süden versuchte sie, mit Charlie über ihre Bedenken zu reden, aber der war Vera seit jeher loyal ergeben. «Aye, uns mag das ja ziemlich verrückt vorkommen, aber die Chefin hat wahrscheinlich recht, weißt du. Das hat sie in der Regel immer.»
Holly hatte Durham schon immer gemocht: Die spektakulären Silhouetten der Kathedrale und des Schlosses, vom Zug aus gesehen, bildeten für sie die Grenze zum echten Norden. Den Anfang dieses merkwürdigen und befremdlichen Gebiets, das zu ihrem Zuhause geworden war. Charlie schien sich in der Stadt auszukennen und parkte auf dem letzten freien Platz in einer Straße in der Nähe des Instituts, zu dem sie wollten.
«Ich habe vorher angerufen», sagte er. «Christine erwartet uns.» Sie stiegen aus dem Wagen, und er drückte auf den Schlüssel, um abzusperren. «Das ist die Kleine, die die Stimme vom Professor auf der Aufnahme erkannt haben will.»
Christine war etwa Mitte vierzig, was Hollys Definition einer «Kleinen» nicht so recht entsprach. Sie war gertenschlank, hielt sich kerzengerade, und ihr Twinset und die Perlenohrringe verliehen ihr eine gewisse Würde. Es stellte sich heraus, dass sie neben ihrer Zuständigkeit für die Verwaltung des Instituts auch selbst Akademikerin war und Charlies Charme gänzlich erlegen zu sein schien.
«Warum unterhalten wir uns nicht im Gemeinschaftsraum der Professoren? Um diese Tageszeit sind wir da normalerweise unter uns.» Charlie und Holly folgten ihr in eine Art großes Wohnzimmer mit Ausblick auf Garten und Fluss, wo sie Kaffee und Kekse gereicht bekamen. An dieser Stelle allerdings endete die Zuvorkommenheit.
«Ihnen ist doch klar, dass ich Ihnen ohne guten Grund keine Informationen über ein ehemaliges Mitglied unserer Professorenschaft geben darf.» Mit stahlharter Stimme.
Holly wollte schon antworten, doch Charlie war schneller, er blieb vollkommen gelassen.
«Er wird mit drei Mordfällen in Verbindung gebracht, Christine.»
Als er die Frau mit Vornamen ansprach, zuckte Holly zusammen. Auch Christine war vermutlich Professorin.
«Aber es gibt keine Beweise, dass er etwas damit zu tun hat. Sie halten ihn doch nicht ernsthaft für verdächtig.» Christine hob die Kaffeetasse an die Lippen.
«Er könnte uns wertvolle Hinweise geben, die zur Verhaftung eines gefährlichen Mörders führen würden.» Charlie hielt inne. «Eines der Opfer war eine junge Frau. Etwa im selben Alter wie viele Ihrer Studentinnen.» Erneutes Innehalten. «Bestimmt möchten Sie nicht den Eindruck erwecken, Sie wollten unsere Ermittlungen behindern.»
«Vor allem möchte ich nicht, dass der Name eines bekannten Dichters, der eng mit unserem Institut verknüpft ist, in der Presse breitgetreten wird.» Ihre Stimme hatte einen leicht schrillen Ton angenommen. Charlie hatte sie sichtlich verunsichert.
«Das wird nicht geschehen, Christine, das kann ich Ihnen versprechen. Wir werden äußerst diskret sein. Außer natürlich Professor Bradford wird verhaftet. Dann wäre es unmöglich, seinen Namen aus der Presse herauszuhalten.»
Die Frau blickte drein, als wäre ihr übel geworden, und schloss die Augen. Holly glaubte, dass sie im Kopf rasch überschlug, wie sie den Schaden möglichst gering halten konnte, und schließlich entschied, dass es nicht so aussehen dürfe, als würde sie polizeiliche Ermittlungen behindern. «Ich muss noch einmal in mein Büro, um Stephens gegenwärtige Adresse zu holen.»
«Das ist sehr freundlich von Ihnen, Christine.» Unmöglich, an Charlies Aufrichtigkeit zu zweifeln. «Aber bevor Sie gehen, könnten Sie uns vielleicht noch ein wenig über ihn erzählen. Wie er als Mensch so ist, meine ich. Was für ein Mann ist er?» Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, ganz offensichtlich fühlte er sich hier ebenso wohl wie in einem der heruntergekommenen Pubs in Shields, wo er sich für gewöhnlich mit seinen Informanten traf. Holly fragte sich, wie sie ihn all die Jahre über, die sie nun schon zusammenarbeiteten, nur so hatte unterschätzen können.
«Bradford ist ein herausragender Poet. Seine Gedichte über die Landschaft Nordenglands sind einzigartig.»
«Voller Hügel und Schafe, nehme ich an?»
Christine musterte Charlie. Sie argwöhnte, dass er sich über sie lustig machte, war sich dessen aber nicht ganz sicher. «Seine Lyrik besitzt nichts Rührseliges, Constable. Sie fängt die Brutalität der Natur ein, diese Ambiguität zwischen geheimen, verborgenen Winkeln und dem gewaltigen Raum.» Sie stand auf und zog einen schmalen Band aus einem Regal. «Bitte, nehmen Sie. Dann verstehen Sie vielleicht, was ich über Stephens Lyrik sagen will.» Sie reichte Holly das Buch, da sie augenscheinlich glaubte, diese würde die Poesie mehr zu schätzen wissen.
Holly warf einen Blick auf den Einband, auf dem der Hadrianswall abgebildet war, der über einen Höhenzug hinweg einem Horizont entgegenstrebte, an dem sich dunkle Wolken ballten. Der Band hieß Mauern und Freiheit. Sie kannte ihn noch aus Schulzeiten. Hinten auf dem Umschlag wurde eine schmeichelhafte Kritik aus dem Observer zitiert.
Charlie warf nur einen raschen Blick auf das Buch und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder der Akademikerin zu. «Aye, aber das war jetzt eher eine Würdigung seiner Arbeit, wenn ich das so sagen darf, Christine. Und davon abgesehen weiß ich auch nicht recht, was genau es eigentlich bedeuten sollte. Über den Menschen erzählt es uns jedenfalls kaum etwas. Wie kam er zum Beispiel mit seinen Kollegen aus? War er hier im Institut beliebt?»
«Er hielt äußerst mitreißende Vorlesungen», sagte Christine. «Seine Studenten verehrten ihn, vor allem die Doktoranden.»
Charlie schwieg. Er wartete darauf, dass sie weitersprach. Holly saß ganz still, sie fürchtete, den Bann zu brechen.
Christine trank ihren Kaffee aus und stellte die Tasse sorgfältig auf der Untertasse ab, die auf dem glänzenden Tisch stand. «Er konnte ein wenig arrogant sein. Bei Besprechungen genoss er den Klang der eigenen Stimme. Damit machte er sich nicht immer beliebt.» Sie nestelte an einem ihrer Ohrringe. «Ich glaube nicht, dass er hier im Institut besonders enge Freunde hatte. Er war mehr so eine Art Darsteller, wenn Sie verstehen, was ich meine.»
«Er gab gern ein wenig an.» In zurückhaltendem Ton.
«Ja, vielleicht. Und ich hatte immer den Eindruck, dass sein Leben sich hauptsächlich außerhalb des Instituts abspielte. Für sehr viele meiner Kollegen ist das Institut der Mittelpunkt der Welt. In Stephens Fall war das anders. Einige Kollegen hielten ihn für zu frivol und meinten, dass er seine Stellung hier nicht ernst genug nehme. Er kassierte ein ziemlich hohes Gehalt, was ihn aber nicht davon abhielt, seine Seminare im letzten Moment abzusagen.» Offenbar hatte Christine das Gefühl, zu viel ausgeplaudert zu haben, denn nun veränderte sich ihr Tonfall. «Natürlich war er in der literarischen Welt ein sehr gefragter Mann und viel auf Literaturfestivals und Konferenzen oder auf Lesereise, und das alles warf durchaus auch ein gutes Licht auf das Institut. Außerhalb von Durham war sich nicht jeder der Bedeutung seines Werks bewusst.»
Charlie nickte, um anzuzeigen, dass er nun, endlich, verstand. «Hat er Familie?»
«Er ist geschieden, glaube ich, schon seit vielen Jahren. Kinder hat er mir gegenüber nie erwähnt, aber, wie ich ja schon erklärte, über Persönliches hat er mit uns nicht gesprochen. Gut möglich, dass er einen ganzen Stall voller Kinder hat. Für gewöhnlich schneite er herein, trat vor seinem bewundernden Publikum auf, blockierte in der Institutsbesprechung einen vollkommen vernünftigen Vorschlag – einzig und allein um Unfrieden zu stiften, nehme ich an – und verschwand wieder. Ich glaube, er hatte eine Wohnung irgendwo in Tyneside, sein Hauptwohnsitz aber war im Norden von Northumberland, und ihn dort zu erreichen war praktisch unmöglich.» Unvermittelt lächelte sie. «Bitte verzeihen Sie, das ist wahrscheinlich unfair. Wie Sie bestimmt schon gemerkt haben, fand ich den Umgang mit ihm schwierig.»
«Dann waren Sie nicht traurig, als er emeritiert wurde?»
Das Lächeln wurde breiter. «Das, Detective Constable, ist wohl die Untertreibung des Jahres.»
Charlie stand auf. «Wir haben Sie lange genug in Anspruch genommen. Wenn Sie uns jetzt nur noch die Adresse und Telefonnummer von Professor Bradford geben könnten?»
Doch nun schien Christine sie nicht wieder gehen lassen zu wollen. Sie stand ebenfalls auf, blieb dann aber einen Moment lang vor dem Fenster stehen und blickte hinaus. «Ich liebe Durham im Herbst. Bald kommen die Studenten zurück. Das ist immer so eine verheißungsvolle Zeit, der Beginn eines neuen akademischen Jahrs.» Sie drehte sich zurück zu Holly und Charlie. «Vielleicht konnte ich Bradford deshalb so wenig leiden. Er machte sich nichts aus dem Institut. Für ihn war es bloß eine Möglichkeit, ohne große Mühe viel Geld zu verdienen. Wie gesagt, er begeisterte sich für andere Dinge. Für die Natur. Und für seine Bücher. Sein wahres Leben hatte mit uns nichts zu tun.»
Sie saßen im Wagen. In wenigen Wochen würde es hier auf der Straße vor Studenten wimmeln, doch jetzt war alles noch ruhig. In der Ferne läuteten Kirchenglocken. Charlie saß am Steuer, und Holly hielt ein Blatt Papier mit dem Briefkopf des Instituts in der Hand, auf dem Adresse und Telefonnummer von Professor Stephen Bradford standen.
«Was meinst du?» Charlie blickte Holly unverwandt von der Seite an. «Sollen wir aufs Revier zurück und der Chefin das hier geben, oder sollen wir gleich mal bei ihm vorbeifahren und sie danach anrufen?»
Das hörte sich fast schon an, als wollte er ihre Loyalität testen, nur dass Holly nicht wusste, ob ihre Loyalität zu Vera auf dem Prüfstand war oder die zu Charlie. Sie beschloss, auf Nummer sicher zu gehen. «Lass uns direkt zu ihm fahren, aber wir sollten die Chefin von unterwegs aus anrufen. Ich glaube zwar nicht, dass Christine ihm einen Wink gibt, dass die Polizei nach ihm sucht – sie schien mir jetzt kein großer Fan von ihm zu sein –, aber vielleicht hat jemand anders im Institut Wind davon bekommen, dass wir uns umhören, und dass er seine Bewunderer hat, liegt auf der Hand. Besser, wir reden mit ihm, bevor die es tun.» Sie zögerte und entschloss sich dann, aufrichtig zu sein. «Allerdings hätte ich echt Schiss, mit ihm zu reden, ohne die Chefin vorher darüber informiert zu haben.»
«Ha! Meinst du etwa, ich nicht?» Er startete den Motor. «Ruf du sie an. Erzähl ihr die guten Neuigkeiten und versüße ihr den Tag.»
Bradford wohnte in einer freistehenden Villa südlich von Seahouses, die nur durch eine vom Sand aufgeraute, mittels einer Bretterwand gegen Stürme geschützte Straße von den Dünen und dem Ausblick auf die Farne Islands abgetrennt war. Während sie an ähnlichen Grundstücken vorbei auf das Haus zufuhren, dachte Holly, dass es, gemessen an allem, was sie bislang über den Professor wussten, recht konventionell wirkte, fast schon spießig. Aber als sie dann direkt davor hielten, erkannte sie, dass es sich von den anderen Villen doch deutlich unterschied. Das obere Stockwerk war so umgebaut und erweitert worden, dass nunmehr zwei riesige Fensterscheiben in spitzem Winkel aufeinandertrafen, der wie der Bug eines Schiffes aufs Meer hinausragte. Im auf diese Weise gewonnenen Zimmer stand ein auf die Bucht ausgerichtetes Teleskop auf einem Stativ.
Vera war in einer merkwürdigen Stimmung gewesen, als Holly sie angerufen hatte, fast schon kleinlaut. «Hier gibt es auch Neuigkeiten. Ich glaube, wir haben die zweite Leiche identifiziert. Es handelt sich definitiv nicht um Mary-Frances. Bei der Besprechung heute Abend werde ich es Ihnen genauer erklären. Bringen Sie den Professor zur Befragung mit aufs Revier. Seine Stimme auf dem AB von Gary Keane gibt uns dafür genug in die Hand.»
Charlie parkte ein Stück weiter die Straße hoch, und sie gingen zu Fuß zurück zur Villa des Professors. Der Asphalt unter ihren Füßen war sandig, und über ihnen schrien die Möwen. Das Wetter schien nun schließlich doch umzuschlagen, dicke Wolken über dem Binnenland filterten das Sonnenlicht und ließen die Reflexionen auf dem Wasser grau glitzern, wie Metall. In der Zufahrt zum Haus stand kein Auto, und als sie durch ein kleines Fenster in die Garage spähten, sahen sie, dass auch die leer war.
«Er ist nicht da.» Was für ein sinnloser Umweg, dachte Holly. Wir hätten doch gleich zurück nach Kimmerston aufs Revier fahren sollen. Sie fühlte sich, als hätte Charlie sie vom rechten Weg abgebracht, und merkte, dass sie jemandem die Schuld für die vergeudete Zeit geben wollte.
«Das wissen wir noch nicht. Vielleicht hat er ja eine Freundin. Die mit dem gemeinsamen Wagen unterwegs ist.» Charlie klopfte an die Tür.
Doch niemand rührte sich, und Holly lugte durch ein Fenster in einen Raum, der ihr mehr wie eine Bibliothek oder ein Museum vorkam und weniger wie ein bewohnbares Zimmer. Alle Wände waren mit dunklen Holzregalen und Vitrinen bedeckt. Ausgestopfte Vögel und Wildtiere standen Seite an Seite mit Sammelbänden von Bradfords eigenen Gedichten. Als hätte er das Gefühl gehabt, sie gehörten zusammen. Auf einem Regal lag eine ganze Reihe von Schädeln, weiß und ausgebleicht, einige davon winzig, andere wiederum so groß, dass sie zu mächtigeren Tieren gehört haben mussten, Rotwild vielleicht. Christine hatte recht gehabt, dachte Holly. Bradfords Sicht der Natur besaß nichts Romantisches oder Sentimentales. Plötzlich hatte sie die aufgehäuften Knochen wieder vor Augen, die sie in dem Rohr bei St. Mary’s Island gefunden hatten, und ihr kam der Gedanke, dass der Professor seiner Sammlung vermutlich nur zu gern auch einen menschlichen Schädel hinzugefügt hätte. Unter dem Fenster stand ein Schreibtisch mit einem Laptop darauf. Charlie klopfte erneut. Noch immer nichts.
Er ging um die Ecke der Villa, und Holly folgte ihm. Zwischen der Garage und dem Haus war ein Tor mit einem altmodischen Riegel, das in einen zugewucherten, üppigen Garten führte, offenbar des Professors privates Naturschutzgebiet. Auf der einen Seite lag ein großer, von der dichten Vegetation fast völlig verdeckter Teich. Hinter dem Garten, getrennt durch Weißdorn- und Holunderhecken, erstreckte sich offenes Ackerland. Charlie blieb einen Augenblick lang stehen und schaute hinaus in die Wildnis, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Villa zu.
War das Arbeitszimmer des Professors nach vorn hinausgegangen, so bildete der rückwärtige Teil des Gebäudes wohl seinen Wohnraum, wenn er sich nicht gerade im ersten Stock aufhielt und von seinem Adlerhorst aus aufs Meer hinausspähte. Um einen einzigen, großen Raum zu schaffen, war offenbar eine Wand entfernt worden, und breite Glastüren führten hinaus in den Garten. Der Küchenbereich ließ auf einen Feinschmecker schließen, der gern kochte – ein Topf Basilikum auf dem Fenstersims, ein Kochbuch auf der Arbeitsfläche –, und im Essbereich stand ein Tisch, an dem ohne Probleme zehn Menschen sitzen konnten. Langsam wurde Holly neugierig auf den Mann.
«Sieht aus, als wäre er heute Morgen noch da gewesen», meinte Charlie. «Auf dem Abtropfbrett an der Spüle steht Frühstücksgeschirr.» Eine kleine Kaffeekanne mitsamt Tasse, Müslischale, Brettchen und Messer. «Vielleicht sind wir doch zu spät, und jemand vom Institut hat ihn gewarnt. Aber wenigstens wissen wir jetzt, wie er heißt und wo er wohnt. Kein Zweifel, das ist unser Mann.» Er probierte es an der Tür in den Küchenbereich, doch die war verschlossen.
Also marschierten sie wieder zurück zum Haupteingang der Villa, wo sie noch einmal stehen blieben.
«Entschuldigen Sie!» Aus dem Nachbargarten näherte sich ihnen eine Frau. «Könnten Sie mir bitte einmal verraten, was Sie hier machen?» Holly hörte einen vornehmen Liverpooler Akzent heraus.
«Wir hofften eigentlich, mit dem Professor sprechen zu können.» Charlie war schneller als Holly. Er hätte Finanzberater sein können oder Vertreter für Kücheneinrichtungen. «Wir hatten eine Verabredung mit ihm.»
«Nun, er ist nicht da. Er ist heute Morgen ziemlich übereilt aufgebrochen, eine Familienkrise offenbar.» Sie rieb sich das Kinn. «Eigentlich sollten wir heute Abend zum Aperitif zu ihm kommen. Die ganze Straße. Er lädt regelmäßig zu sich ein.» Sie klang enttäuscht. Bestimmt ist der Professor ein guter Gastgeber, dachte Holly.
«Erwarten Sie ihn denn heute noch zurück?»
«Er meinte, er wäre mindestens ein paar Tage fort. Hat mich gebeten, den anderen mitzuteilen, dass er heute Abend leider absagen müsse. Vermutlich ist er in seiner Wohnung in Tyneside.» In missbilligendem Ton. Tyneside war wohl keine Stadt nach ihrem Geschmack. Doch Holly fand, dass das Reiseziel des Professors etwas Schicksalhaftes hatte. In Whitley Bay hatten diese Ermittlungen ihren Anfang genommen, und dort würden sie auch zu einem Ende kommen.