Mikalina
Einige Wochen später
I
ch starrte mich an, und die Frau im Spiegelbild sah zu Tode erschrocken aus.
Große Augen. Bleiche Haut. Rubinrote Lippen. Ein zitternder Körper.
Eine Paarungszeremonie. Ein heiliges Ritual, wenn ein Lykaner seine Gefährtin gefunden hat. Es war wichtig für Ren – für seine Art – und obwohl ich Angst vor dem Unbekannten hatte, war ich aufgeregt angesichts der Aussicht, dieses neue Leben zu beginnen.
Das Kleid, das ich trug, war hellblau, durchsichtig und unglaublich feminin. Das Mieder war spitzenbesetzt, betonte meine Brüste und schrie förmlich Unschuld. Der Stoff floss von dort meine Beine hinunter und sammelte sich am Boden. Meine Füße waren nackt – offenbar das, was eine Frau tun sollte, denn Lykaner entstammten der Erde, ihre Bestien Mutter Natur.
Ich fuhr mit den Fingern an den Perlen entlang, die sporadisch am Rock angebracht waren. Es war das prächtigste Kleid, das ich je gesehen hatte, etwas, das ich mir selbst ausgesucht hätte. Aber was mich am meisten überraschte, war, dass Ren dieses Kleinod schon vor Jahrhunderten speziell für seine Gefährtin – für mich – hatte anfertigen lassen.
Allein der Gedanke daran, zu wissen, dass er sich sein ganzes Leben lang darauf gefreut hatte, mich zu treffen, führte dazu, dass ich mich noch mehr in meinen großen Gestaltwandler-Gefährten verlieben. Ich hatte das Gefühl, dass es sich immer ein wenig surreal anfühlen würde.
Ich strich erneut über den weichen, seidigen Stoff und starrte auf das Mal an meinem Hals. Es war inzwischen verheilt, aber die Narbe würde auf ewig dort sein, und ich spürte einen gewissen Nervenkitzel dabei. Der Gedanke, dass es meinen Alterungsprozess aufhalten und mir erlauben würde, Jahr um Jahr, Jahrhundert um Jahrhundert mit Ren zu verbringen, war … fantastisch.
Mein Herz hüpfte bei dieser Vorstellung in meiner Brust.
Ich spürte ihn, noch bevor er ein Wort sagte, und wandte den Kopf, um meinen großen, starken Lykaner in der Tür stehen zu sehen. Ren nahm den ganzen Raum ein, seine Schultern so breit, seine Brust so muskulös. Er sah so verdammt gut aus, als er mich mit kaum zu bändigender Hitze in seinen Augen beobachtete.
Er trug ein weißes Hemd, die ersten paar Knöpfe am Kragen geöffnet, um seinen maskulinen, gebräunten Hals zu zeigen. Seine graue Hose war nicht auffällig, aber sie war nur für ihn gemacht, ihm auf den Leib geschneidert und verdammt teuer.
Ich wusste nicht, was mich heute Abend erwarten würde, nur, dass es etwas ganz Besonderes und Heiliges für Rens Art war. Und da dies nun meine Welt war, war ich mehr als zufrieden, an allem teilzunehmen, was er wollte. Ich wollte voll und ganz in dieses Leben eintauchen.
„Komm her, Frau.“ Seine Stimme war ein tiefes Grollen. Ich zitterte als Antwort und ging ohne jegliches Zögern auf ihn zu.
Er streckte seine Arme nach mir aus, und ich ließ mich so bereitwillig darauf ein, sank gegen die harten Brustmuskeln, die mein Kopf kaum erreichte. Er hielt mich einfach fest, flüsterte Worte in seiner Muttersprache, von denen ich wusste, dass es Zärtlichkeiten waren, süße Dinge über den Beginn unseres gemeinsamen Lebens, über seine Liebe zu mir.
Er sagte mir, die Paarungszeremonie ginge weit über die menschliche Ehe hinaus. Auch ohne die eigentliche Zeremonie war das Band, das wir hatten, das Zeichen, das er
mir gegeben hatte, unzerstörbar. Wir waren für immer verbunden. Und ich glaubte das – fühlte es – mit ganzem Herzen.
Ihn jetzt nur anzuschauen, reichte, um Röte in meine Wangen steigen zu lassen. Mein Körper merkte auf, das Blut rauschte durch meine Adern. Und mein Herzschlag wurde schneller.
Ich neigte den Kopf zurück und lächelte ihn an. Er hob eine Hand, um meine Wange zu umfassen, und strich mit seinem Daumen über meine Haut, wobei seine Augen blau aufblitzten, als sich sein Tier erhob.
„Ich liebe dich“, flüsterte ich, und er schloss die Lider und stöhnte, als wären diese drei Worte das Allerbeste, was er je gehört hatte.
„Und ich liebe dich. So sehr, dass es mir auf die beste Art weh tut.“
Jetzt war ich an der Reihe zu lächeln und schwindelerregende Freude erfüllte mich.
„Bist du bereit für das hier? Bist du bereit für die Ewigkeit?“
Ich öffnete die Augen und fühlte mich weich und warm, geschützt, während ich an ihn geschmiegt war. „Ich glaube, ich war in meinem Leben noch nie so bereit für etwas.“
Und das stimmte. Er war meine Zukunft … derjenige, auf den ich geduldig gewartet hatte.